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Ottendorfer Zeitung. Vie ,D:t«nd>rfer Seitung' erscheint t-lrn»tag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen t,»0 Mark. Annahme »»» Inserate bi, »»»mittag t« Uhr. Inserate werben mit io p für bi« Spaltzeil« berechnt Latellarisch« Satz nach besonderem Laris Lokalzeitung für -le Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode." Druck und Verlag vor; ^ermann Rüb!« -n Groß-Mkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla No. 24. Sonntag, den 23. Februar 1908. 7. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Dkrilla, den 22. Februar iyos. Am vergangenen Mittwoch Abend hielt der Gemischte Chor im Gasthof zum schwarzen Roß ein gut besuchtes Konzert ob. Die unter der bewährten Leitung d>S Herrn Kantor Georgi gebotenen Gesänge, als auch die zwei Solos des als guten Tenorsänger be kannten Herrn Kantor Georgi fanden reichen und wohlverdienten Beifall. Sehr begeistert wurde auch der Ländler, gespielt von den Herren Kapellmeister Löhnert (Violine) und Albert (Zither), ausgenommen und erntete reichhaltigen Applaus. Das zum Schluß der gesanglichen Darbietungen zur Aufführung ge langende Theaterstück „Im Rusengebirge" erregte große Heiterkeit und wurde von allen Mitwirkenden in vorzüglicher Weise gespielt Ein darauf folgender fröhlicher Ball hielt Mit glieder und Gäste bis in die frühen Morgen stunden beisammen. U— Auf der Elbe hat mit vergangenen Mittwoch, den 19. Fcbruar der Schiffahrts betrieb wieder seinen Anfang genommen Der während der Wintermonate fast still gelegene Elbstrom bekommt dadurch mit einem Schlage wieder ein lebhafteres Bild. Besonders sind rS jetzt viele Schleppzüge, die hier du- chkommen und stromaufwärts fahren In den ver schiedenen Winterhäfen harren aber auch noch eine große Anzahl Zillen und Kähne, die dort überwintert haben und nun nur darauf wartm, bis sie Gelegenheit finden, wieder in den böhmischen Häfen und Stapelplätzen ihre Frachten aufzunehmcn. Zurzeit ist der Wasserstand der Elbe dem Frachtschisfahrls- verkehr auf der Elbe ziemlich günstig und lange wird es nicht dauern, bis wieder be ladene Zillen aus Böhmen herein hindurch- passieren. —* Die Aussichten für eine Besserung des herrschenden Wetters, die wohl allseitig sehnlichst erwünscht werden, sind so ungünstig wie nur möglich. Da« Hoch im Westen, das Tief im Osten, das ist eine Lage, die regelmäßig Regen bringt. Die Ausbreitung des Hochs über das Festland vollzieht sich sehr, sehr langsam, das Tief im Nordosten übt immer noch seine Kraft und so ist wenig Aussicht, daß Sachsen aus der Westströmung herauskommt. Dresden. Dem Landtage ist Donnerstag das königliche Dekret Nr. 38, betreffend mehrere Eisenbahnangelegenheiten, zugegangen. Es werden zur Ausgabe vorgeschlagcn: 1. eine vollspurige Nebenbahn von Theuma i. V. nach Plauen i. V.; 13,7 km Baulänge, Bau aufwand rund 2850 000 M. abzüglich der Arealtosten 2500 000 M., 2. eine vollspurige Nebenbahn von Cunewalde nach Löbau von 10,9 km Länge Baukosten 1809000 M abzüglich der Arealkosten 1615000 M., 3. eine schmalspurige Nebenbahn von Klingen berg nach Oberdittmannsdorf mit 17,6 km Baulänge, Kostenaufwand rund 1606 000 M. abzüglich der Arealkosten 1437 000 M., 4. Fortsetzung der vollspurigen Nebenbahn Beucha-Seelingstädt bis Trebsen-Pauschwitz 3,3 km Länge, Kostenaufwand 414 000 M. abzüglich der Arealkosten 370000 M, 5. Fort setzung der vollspurigen Güterbahn Zwickau- Niederplanitz bis Oberplanitz mit 1,334 km Länge, Bauaufwand ca. 160000 M., 6 Her stellung einer vollspurigen Nebenbahn von Gaschwitz über Rötha nach Espenhain mit 10,7 km Länge, Bauaufwand 1719000 M., 7. Herstellung einer schmalspurigen Nebenbahn von Bahnhof Schweinitzthal nach Deutsch-Neu dorf mit 8,6 km Länge, Kostenaufwand 1196 000 M Ferner werden zur Er weiterungen der Werkstätten in Chemnitz und Dresden-Friedrichstadt 975500 M. aus noch vorhandenen Miiteln des vorjährigen Etats gefordert. — In der letzten Sitzung des Bezirks ausschusses der Amtshauptinannschaft Dresden Neustadt kam es zu einem bemerkenswerten Konflikt zwischen dem Amtshauplmann Geh. Rat Freiherrn v. Salza und Lichtenau und dem Gemeindevorstand Hanns aus Nieder lößnitz. Die Gemeinde Bühlau suchte um Genehmigung zur Aufnahme eines Darlehns von 18 000 M. zu Beschleusungszwecken nach und erbat mit Rücksicht auf die schon vor handene Schuldenlast um eine 59jählige Tilgungsfrist. Der Amtshauptmann befür worte das Gesuch, trat aber für eine 45 jährige Tilgungsfrist ein, weil sich die Lebensdauer einer Beschleußungsanlage schwer voraussagen lasse und außerdem die Belastung der kommenden Generation als ungerecht erscheinen müsse. Der Gem-indevorsland trat diesen Ausführungen entgegen und wollte eine Aeußerung des Amtshauplmunns über das Schuldenmachen der Gemeinden gehört haben, der er energisch widersprach. Obwohl der Amtshauptmann ausdrücklich feststellie, daß er die betreffende Aeußerung nicht getan hätte, nahm der Gemeindevorstand seine Aussagen nicht zurück, auch dann nicht, als der Amts- Hauptmann ihn nochmals darum ersuchte. Man darf gespannt sein, was dieser Vorgang für Folgen haben wird. — Der hier in der Königsbrückerstraße 40 wohnende Kaufmann Friedrich Mugust Klotz wurde in seiner Wohnung erschaffen auf- gefundcn. Was den im 56. Lebensjahre stehenden lebensfrohen, sich eines guten An sehens erfreuenden Mann in den Tod ge trieben hat, ist nicht bekannt. Sem Eisen - Warengeschäft, das er seit 27 Jahren betrieb, ist gut fundier t und hatte eine feste Kundschaft Herr Klotz war vor einiger Zeit der un glückliche Schütze, der auf der Jagd Herrn Kommerzienrat Pfund durch einen Prellschuß im Gesicht dera t verletzie, daß der Getroffene ein Auge verlor. — In der letzten Zeit ist hier wiederholt ein unbekannter Mensch aufgetreten, der ein verabschiedeter Matrose der Kaiserlichen Marine sein will und bei Leuten, die Verwandte bei dieser dienen haben, Grüße ausrichtet. Schließlich rückt der Mensch damit heraus, daß er in Geldnot geraten s<i und bittet um Reisegeld nach seiner Heimat, als die er in der Regel Bautzen nennt. Der Mensch ist etwa 23 Jahre alt, von mittelgroßer, schmächtiger Gestalt, hat dunkles Haar und blasses Gesicht. Bekleidet ist er mit einer abgetragenen Matrosenuniform An der Mütze «rügt er die Bezeichnung „Prinz Eitel." Vor dem Schwindler sei eindringlichst gewarnt. Eisenberg-Moritzburg. Der hiesige Roß- und Viehmarkt wird am Dienstag, den 3. März abgehalten. Coswig. Ein an der Johannesstraße gelegenes, den Zimmermann Bischoff gehöriges Haus wird seit Montag abend mit Einbruch der Dunkelheit bis tief in die Nacht hinein regelmäßig mit Steinen und Kohlen beschossen, auch Nachbargrundstücke wurden in Mit leidenschaft gezogen. Am Mittwoch früh mußte der Hausbesitzer das zweitemal 18 Fenster scheiben ersetzen lassen. Für den folgenden Abend organisierte die Polizei mit Hinzu nahme von Zivilpersonen einen umfänglichen Sicherheitsdienst. Nachdem am Abend aber mals das Manöver begonnen, wurde in allen Grundstücken eifrig, leider ohne Erfolg, nach dem unbekannten Schützen gefahndet. Man nimmt an. daß das Schleudern der ver schiedenen Geschosse durch Katapulte ausgeführt wird Kötzschen broda. Die hiesige Gendarmerie verhaftete am Montag in Niederlößnitz einen Kaufmann, Inhaber einer Versandstelle von Frauenschutzartikeln und führte ihn der Dresdner Staatsanwaltschaft zu. Es wurden durch eine Haussuchung Beweise gefunden, welche mit einem auswärts vorgckommenen i Verbrechen in Verbindung stehen. — In einer hiesigen Buchhandlung wurden zwei Fortbildungsschüler bei Ausführung von Diebstählen ertappt. Beide kamen wiederholt in das Geschäft. Der eine stahl wertvolle Bücher, während der andere den Verkäufer mit einem Einkäufe beschäftigte. In drei Fällen gelang es den beiden jungen Burschen, ihren Plan durchzuführen. wofür sie nunmehr der Bestrafung entgegensetzen. Pulsnitz. Zu dem gemeldeten Brande des Wohnhauses des W rtschaftsbesitzers Philipp in Obersteina wird noch Nachstehendes mitgeteilt: Als Brandstiftei in fand man die Ehefrau des Philipp notdürftig bekleidet am Brandherde auf dem Oberboden, wo sie bereits Brand wunden erlitten hatte Dieselbe ist geistig gestört und stand ihre Ueberführung in eine Heilanstalt bevor. Vom Inventar konnte alles gerettet werden. Den Besitzer trifft jedoch immerhin empfindlicher Schaden. Bautzen. Wie sicher verlautet, ist bei den an Genickstarre und sonstigen Erkrankungen darniederliegenden Soldaten und Dienstgraden des hiesigen Infanterie-Regiments eine zwar langsame, aber sichtliche Besserung zu be merken. Bernstadt. Die verwitwete Frau Schmiede meister Beyer mußte infolge Erkrankung in das hiesige Krankenhaus ausgenommen werden. Das von ihr bewohnte Grundstück am Sand mühlplatz mußte auf polizeiliche Anordnung aus hygienischen Gründen gereinigt werden. Dabei fand man geradezu unglaubliche Zu stände vor. Die Wohnstube, wie das ganze Haus, in dem die Frau mit ca. einem Dutzend Hühnern (früher auch mit Ziegen) gehaust hat, glich einem Durcheinander einer von einem Brande heimgesuchten Wohnung. Es waren auf dem Tische faulige Eier, Möhren, Kraut, Kartoffeln, mitunter getrennt durch schmutzige Taschentücher und anderen Lumpen, daneben nicht gerade „appetitanregendes" Geschirr und viele andre schmutzige Dinge, ebenso sah es auf dem Sofa, den Stühlen, der Ofenbank aus. Auf dem Fußboden, wo neben dem Ofen die Asche 40 Zentimeter hoch lag, war eine starke Zchmutzkruste, andere Stellen waren durch Hühner exkremente gedüngt und verendete Hühner lagen in mehreren Exemplaren herum. Um das Grundstück gründlich zu reinigen, werden die damit beschäftigten Arbeiter mehrere Tage zu tun haben. Der Schmutz muß fuhrenweise sortgesckafft werden. Die eigenartige Frau ließ niemanden in ihr Haus. Wie verlautet, soll man auch einen ansehnlichen Geldbetrag ge funden haben Meißen. Der über 7 Monate anhaltende Streik in den Granitwerken von Oswald Köhler ist nunmehr mit einer völligen Nieder lage der Arbeiterschaft beendet, die jetzt ver geblich nm Wiedereinstellung sogar unter dem Anerbieten des Austritts aus ihrer Organisation gebeten hat. Dem Streik lag die Weigerung der ziemlich 300 Mann zählenden Arbeiterschaft zugrunde, sich der üblichen Kontrolle durch Blechmarken zu unterwerfen. Leipzig. Der Rat hatte bekanntlich eine Verordnung erlassen, durch die den Fleischern der Aushang eines Preisverzeichnisses ihrer Waren auferlegt wurde. Die Fleischer-Innung sprach diesem Verlangen die gesetzliche Be rechtigung ab und ließ es deshalb auf gerichtlichen Entscheid ankommen, als Be strafungen erfolgten. Vor dem Schöffengericht hatten die Meister Glück, vor dem Landgericht aber wendete sich das Blatt, denn letzteres er kannte die Rechtsmäßigkeit der Ratsordnung an, sodaß die betreffenden Fleischer je 5 Mark Strafe zu erlegen haben. — Die Saalinhaber Leipzigs beschlossen, durch den Landesverband der Saalinhaber Sachsens eine Eingabe an den Landtag richten zu lassen, in der um eine zeitgemäße Fassung der Sonntagsruhe dergestalt ersucht werden soll, daß die stille Zeit vor Ostern auf höchstens eine Woche oder, wie in Preußen, auf vier Tage verkürzt wird, ferner daß die Bestimmungen über die Sonntagsruhe für die Bußlage und den Totensonntag gemildert werden. — Selbstmord durch Erschießen verübte am Donnerstag mittag ein 49 Jahre alter Kassierer in seinem Geschäftszimmer in der Promenadenstraße. Krankheit soll der Beweg grund zu der Tat gewesen sein. Der Entseelte wurde nach der ebenfalls in der Promenaden- straße gelegenen Wohnung gebracht. — Einen guten Fang machte die Kriminal polizei in der Person eines hier wohnhaften, schon schwer mit Zuchthaus vorbestraften 36 Jahre alten Arbeiters, der kürzlich hier festgenommen wurde. Die in seiner Wohnung vorgenommene Durchsuchung förderte eine große Menge Sachen zutage, die von auswärts ver übten Einbruchsdiebstählen herrühren. Oederan. Um seine Lehrerschaft in Haft pflichtfällen genügend schützen zu können, hat der hiesige Stadtrat folgenden Beschluß ge faßt: Jeder Lehrer (Lehrerin) fungiert bei Veranstaltung von Ausflügen, Unterrichtsgängen, Turnspielen, Schulreisen usw. — wie bei seiner amtlichen Tätigkeit überhaupt — nicht als Unternehmer, sondern als Beauftragter der Stadtgemeinde. Werdau. Beim Tummeln auf dem Eise des Teiches am Kranzberge brach der elf jährige Sohn der Familie Oskar Hinze ein und ertrank, da der Unfall nicht bemerkt worden war. Limbach. Am Donnerstag Abend lauerte nach Feierabend der an epileptischen Anfällen leidende Maler Keller aus Werdau seiner Geliebten, der Zwickerin Adele Krüger, auf. Als diese erklärte, den Verkehr mit ihm ab brechen zu wollen, stach er mit einem Messer auf das Mädchen. Keller wurde verhaftet. Zwickau. In das Depot der Zwickauer Straßenbahn zu Bockwa ist eingebrochen, dabei eine Kasette aufgesprengt und der Betrag von 180 Mk. gestohlen worden. Chemnitz Geflüchtet ist der Inhaber eines hiesigen Zigarrengeschäfts Hans Paul Opitz. Er hat 40000 M. Schulden hinter affen. Das vorhandene Bargeld hat Opitz mitgenommen, seine Familie aber mittellos zurückgelaffen Wohin sich Opitz gewendet jat, ist noch nicht bekannt. Untersachsenberg. Im hiesigen Gasthofe hält sich zurzeit ein junger Mann aus Spring walley (Illinois) aus, der eigens zu dem Zweck die weite Reise von seiner Heimat nach Deutschland angetreten hat, um sich in dem durch seine Musikinstrumente bekannten Vogt lands eine (ausgerechnet eine einzige) Zug harmonika bauen zn lassen. Die Harmonika — ein sog. Bandoneon — soll gegen 300 M. kosten und eigens nach Angaben des Aankees angefertigt werden. Während der Lieferzeit — drei bis vier Wochen — wohnt der junge Mann im Untersachsenberger Gasthofe und wartet geduldig, bis er mit seiner recht kost spieligen Harmonika unterm Arm glücklich wieder die Heimreise antreten kann. Pon der böhmischen Grenze. Am Nebenzollamte in Pelerswald ist eine Kund gebung angeschlagen, aus der zu ersehen ist, daß das weitere Herüberschaffen von Waren aus Sachsen nach Böhmen auf Grund der bis jetzt bestandenen Begünstigung nicht mehr ge stattet ist und zwar wegen des mit der Be günstigung getriebenen Mißbrauchs. Die Zollerleichterung bestand — wie unlängst er wähnt — darin, daß bei einer großen Anzahl von zum Haushalte unentbehrlichen Gebrauchs gegenständen, wie Zucker, Petroleum, Seife, Heringe, Graupen u. a. je dreierlei zu 1 r/, kx per Partei ein- als zweimal wöchentlich zollfrei über die Grenze geschafft werden durfte. Die Verordnung, die jetzt außer Kraft gesetzt wurde, stammt aus den sechziger Jahren. Die arme Bewohnerschaft der böhmischen Grenzorte wird durch diese Verfügung der österreichischen Zoll behörde schwer getroffen.