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v'e ,EMenS irfer Zeitung" Erscheint t-irnstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch di« Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode, Annahm« n»n Jnsreat« bis vs»«Mag l» Nh». Inserat« werden mit ,o p fit» di, Spalt,,tle berechnet Tabellarischer Satz nach besonderem Taris Druck und Verlag von Hermann Rühl« m Groß-GErilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 12. Sonntag, den 26. Januar 1908. 7. Jahrgang. Oertlichrs und Sächsisches. Vitendorf-Dkrilla. den 25. Januar ,gag —* Die neuen 25 Pfennig < Stücke. Nach den bisherigen Ergebnissen der Versuchs- Prägungen mit den neuen 25 Pfg-Stücken bei der zuständigen Behörde kann, wie der „Jas." mitgeieilt wird, erwartet werden, daß die Größe des Durchmessers des neuen Geldstücks zwischen der des 10 Psg.- und Markstückes festgesetzt werden wird. Da diese Münzen einen Durchmesser von 21, bezw. 24 Milli meter besitzen, so kann man annehmen, daß das neue Geldstück zirka 22. bezw. 23 Milli meter Durchmesser erhalten wird. Die Doppelkrone mißt bekanntlich 22 ^/g Milli meter, das alte Zwanzigpfennigstück maß 23 Milimeter im Durchmesser. Die neue Nickelmünze soll, wenn es sich ermöglichen läßt, dünner als die 10 Pf.-Stücke gehalten werden. —* Nach einer Ankündigung der Königlichen Salinen wird das Salz teurer. Mit Anfang dieses Jahres haben 200 Zentner um 60 M. ausgeschlagen, sodaß der Sock (1^/i Zentner) statt wie bisher aus 10,60 M. aus 11 M. zu stehen kommt. Die Preiserhöhung wird auch im Detailhandel zum Ausdruck kommen, indem das Pfund Salz künftig 1l Pfg. statt bisher 10 Psg. kosten wird. —* Die ganz- Menschheit steht zurzeit unter dem Banne der Witterung, die mit ihrem steten Wechsel Erkrankungserscheinungen aller Art mit sich bringt. Husten und Schnupfen sind immer noch die leichteren Erkrankungen. Ernster wird die Sache aber schon, wenn sich daraus andere Infektions krankheiten entwickeln. Die Jnflu-nza tritt wieder ziemlich häufig auf. Ganz besonders wird darüber auch von den Schulbthördcn ge klagt- Selbstverständlich wirkt das Zusammen, sitzen so vieler Kinder leicht anst-ckend. Es ist darum nur recht und billig, wenn von den Lehrern auf die Gefahren der Ansteckungs krankheiten hingewiefen wird- Aber auch in den einzelnen Familien kann in gewissem Maße vorgebeugt werden. In serster Linie ist es bei allen Erkältungskrankheiten gut, -s mit einem tüchtigen schweißtreibend n Mittel zu versuchen und die erkrankten Kinder ein oder zwei Tagt im Bett liegen zu lasten. Weichen dann die Krankheitserscheinungen noch nicht, so muß sofort ärztliche Hilse in Anspruch ge- nommen werden. Heiße Zitronen-Limonade ist ein tüchtig treibendes Schwitzmittel. Bei Erkrankungen des Halses soll man mit warmen Saljwaster tüchtig gurgeln lasten. Dresden. Am Freitag früh gegen 6 Uhr wurde der Wagenrücker Thriemer von einem Güterzuge tödlich überfahren. Pulsnitz. Hier ist am Mittwoch der aus Großröhrsdorf gebürtige, 29 Jahre alte Paul Erwin Kunath aus dem AmiSgerichtsgefängnis entwichen. Er war zuletzt in Dresden wohn haft und dort wegen SittlichkeitsverbrechenS in Untersuchungshaft genommen. Bautzen. Das hiesige städtische Elektrizitäts werk, weiches erst vor drei Jahren mit einem Kostenaufwand von 600 000 Mark erbau Mw den ist, hat sich bereits als zu klein er wiesen und kann den wider Erwarten be deut nden Ansprüchen nicht mehr genügen. Ganze Ortschaften der Umgegend haben um Anschluß an das Leitungsnetz nachgesucht, so z. B. Kl-in- und Großwelka Tomritz, Seidau Und so weiter. Infolge dieser enormen In anspruchnahme des Betriebes macht sich be reits wieder eine bedeutende Erweiterung de» Elektrizitätswerkes notwendig, welche einen Kostenaufwand von 275 000 Mark verursacht. Diese Summe soll durch eine Anleihe gedeckt werden. Zittau. Als der Gartenbesitzer Wilhelm Müller in Gommerou nach Hause kam, fan er seine Haustür verschlossen. Um in seine Wohnung zu gelangen, legte er eine L-iter nach dem ersten Stockwerk seines Hauses an und stieg empor. Als er von der Leiter in )as Fenster einsteigcn wollte, glitt er ab und rel herunter, wobei er sich solche schwere Ver- etzungen zuzog, daß er bald darauf starb. Schandau. In dem elbaufwärts ge- egenen Grenzorte Schöna-Elbhäuser verun glückte am Donnerstag nachmittag beim Schlittenfahren das 11jährige Töchterchen des Bahnsteigschaffners Hamisch tödlich. Das Mädchen fuhr mit ihrem 4 jährigen Brüderchen auf der Straße an der Elbleite, Der Schlitten bog bei der Glätte von derselben ab, und sauste mit den Kindern die Leite hin unter und überschlug sich dabei. Nach einigen Stunden verstarb das Kind in der elterlichen Wohnung an erhaltenen inneren schweren Ver- etzungen. Merschwitz. Auf einer Eisscholle trieb im Fahrwasser der Elbe ein Mann durch den riesigen Ort. Er hatte zur schnelleren Fort- rewegung sich sogar eines Stakens bedient und man muß den großen Mut des Eis- chollensahrers bewundern, der sein Leben so eichtfertiger Weise aufs Spiel setzte. Wie weit er gefahren ist, konnte man hier nicht in Erfahrung bringen. Riesa. Offenbar in einem Zustande nervöser Ueberreizung hat sich am Freitag vormittag der Obertelegraphenassistent R. von hier auf der Riesa—Chemnitzer Eisenbahnstrecke kurz hinter Riesa von einem Eisenbahnzug überfahren lasten. Er war sofort tot, da ihm die Räder den Kopf vom Rumpfe trennten. Der Unglückliche hatte um 10 Uhr seinen Dienst verlasten und kurz darauf die unselige Tat auSgcführt. Man sand bei ihm einen Brief, in dem er noch seinen letzten Willen kundgibt. Leipzig. In absehbarer Zeit wird sich nun auch die Stadt Leipzig der von einem großen Teil der Einwohnerschaft schon lange ersehnten Leichenwrbrennungsanlage erfreuen können. Die Stadtverordneten haben dem endgültigen Projekte nunmehr zugestimmt und die erforderlichen Gelder in Höhe von 113750 M. bewilligt. - In den ersten Tagen dieses Monats ist in einer Leipziger Bankfiliale ein Scheck von 340 Mark vorgelegt und eingelöst worden, der sich später als gefälscht erwiesen hat. AIS Täter sind hier der Diener Carl Erichsen aus Dänemark, der den Scheck in einem Loschwitzer Sanatorium gestohlen und gefälscht hat, und als Helfershelfer der Mechaniker Anker Lenander aus Kopenhagen verhaftet worden. Crimmitschau. In der Fahrrad- und Luftpumpenfabrik von Paul Pippig entstand ein größeres Feuer, das mit Schnelligkeit um sich griff, obgleich es sofort bemerkt und be kämpft wurde. Durch die Oeffnungen der DampsheizungSrohre breitete -s sich vom Parterre nach dem eisten und zweiten Stock werke aus und richtete an Materialien, Apparaten und Arbeitsbänken Schaden an. Zwenckau. In der Kiesgrube zu Kotzschbar ist aus unbekannten Gründen eine Wand ein gestürzt. Dec Sohn des Gärtnercibesitzers Friedrich wurde dabei von den niedergehenden Masten getroffen und blieb tot auf dem Platze. Ebmath. Im klelnen Grenzverkehr wurden zeither fast ausschließlich Mehl und Fleisch aus Böhmen nach Sachsen eingesührt. Neuerdings kommen hierzu noch Petroleum und Zucker, vom ersteren dürfen 1^/2 Pfund, von letzteren 3 Pfund auf der Zollstraße während der Amtsstunden eingesührt werden, und zwar so wohl zoll- als verzehrungSsteuerfrei. Plauen i. V. Auf der Station Pirk er eignete sich am Freitag vormittag ein schwerer Unfall. Bei dem Verladen von Langholz glitt der Auslader Hager auSi Bösenbrunn aus, stürzte auf eine Schiene und zerschmetterte sich den Kops, so daß das Gehirn hervorquoll. Ec war sofort tot. Der Verunglückte hinter läßt eine Witwe und zwei Kinder. Platten. Auf der Rodelbahn am Plattner Berge wurde der 11jährige Schulknabe Karl Suchomil von einem Rodelschlitten überfahreu und erlitt einen Arm- und einen Beinbruch. Abends fuhr ein Rodelschlitten, auf dem sich vier Personen befanden, an die Mauer des BahndurchlostcS der Karlsbad-Johanngeorgen- tädter Bahn mit solcher Wucht an, daß der Schlitten vollständig zertrümmert wurde und alle vier Rodler schwer verletzt wurden. Steindöbra i. V. Ein Schulmädchen uhr mit Schlittschuhen eine steile Anhöhe herab und geriet dabei in einen nur mit schwacher Eisdecke versehenen Teich. . Der Vorgang war von Erwachsenen beobachtet word-n, man legte eine Leiter über das Eis und gelangte so bis zu der Einbruchstelle, aus dem man das Mädchen hervorzog. Es war bewußtlos ge worden, konnte aber ins Leben zurückgerufen werden. Schöneberg i. V. Einen eigenartigen Scherz, dem leider ein Menschenleben nach träglich zum Opfer gefallen ist, haben sich einige Leute geleistet. In einem Restaurant äßen mehrere Gäste, unter ihnen befand sich auch der Landwirt Sachs. Da Letztgenannter chlaftrunken war, fanden verschiedene Gäste ein Vergnügen daran, denselben stark an geheitert zu machen. Als dieses geschehen, üllte man noch beide Stiefel voll Bier. Die Folge war, daß die Stiefel enger wurden und nicht mehr paßten. Sachs ging nun in der älten Nacht barfuß nach seiner Wohnung. Die Müdigkeit übermannte ihn, und er schlief vor seinem Hause ein. So fand ihn ein Sohn am andern Morgen. Am Abend darauf ist der Unglückliche an den Folgen der Erkältung gestorben. Für die Beteiligten dürste die Sache ein gerichtliches Nachspiel haben. Elsterberg. Mit dem Eintritt der ge linderen Witterung ist das hiesige Elsterbett mit den Trümmern der mächtigen Eisdecke be deckt. Wenn dir Eistrümmer, die im ganzen Mittellauf weit vor Plauen schon und bis Gera und weiter hinunter den Fluß über decken, abtreiben, dann ist eine Ueber- schwemmung nicht ausgeschlossen. Die Ufer anwohner sind bereits vor der Gefahr gewarnt worden. Bei dem Rittergut Neumühl bei Berga bracht- der Eisgang sechs Menschen leben in schwere Gefahr. Auf dem neu er bauten Elstersteig standen in der Mittags stunde 6 Arbeiter aus der nahe gelegenen Seidenweberei und sahen dem Treiben der Eisschollen zu. In demselben Augenblick aber schlug eine besonders große Scholle den Steg mitten auseinander und sämtliche Arbeiter stürzten in die Fluten. All- sechs konnten gerettet werden, der letztere nur mit größter Mühe. — Ein Menschenleben hat das Treibeis be reits gefordert. In Rosenthal traten drei etwa 9 Jahre alte Knaben beim Spiel am Elster wehr auf die Eisschollen, wobei der sechs« jährige Sohn des Stuhlmeisters Michel in ein Eisloch stürzte und ertrank. Die beiden kleinen Kameraden liefen davon. Die Leiche des Kindes war trotz allen Suchens noch nicht zu finden. „Volkstüchtijikeit und ihre Mehrung durch Leibesübung.^ Mit Recht hat man in den letzten Jahren der Säuglings- und ersten Kinderzeit die öffentliche Fürsorge mehr als je zuzuwenden versucht, Liegt doch immer noch die be schämende Tatsache für uns vor, daß in Deutschland von 100 lebend geborenen Kindern nicht mehr wie 80 das erste Lebensjahr er reichen. 397 000 Kinder im ersten Lebens jahr starben im Jahre 1904 gegenüber etwa über 2 Millionen Neugeborener. Welche Summe schöner Hoffnungen für die Zukunft ist damit zu Grunoe gegangen Nun hat der eine oder andere sich über diesem doch recht! traurigen Zustand mit der Vorstellung zu vertrösten gesucht, es fände hier eine Art natürlicher Auslese statt. Die Schwächlinge gingen in der Hauptsache zu Grunde, die kräftigeren und widerstandsfähigeren Kinder blieben aber am Leben. Da» klingt zwar leidlich — ist aber ganz und gar nicht wahr. Auch der bestentwickelte Säugling kann zu grunde gehen bei unzureichender oder fehler hafter Ernährung, ja auch bei Uebersütterung. Umgekehrt wird besonders schwächlichen Kindern auch häufig eine ungewöhnlich sorgfältige Pflege zu teil, die deren Dasein weiterfristet. Blöd« Unkenntnis und Aberglauben, besonders aber Sorglosigkeit und sträfliche Nachlässigkeit morden jahraus jahrein Tausende von jungen hoffnungsfrohen Menschenleben. Ganz be sonders kommt in Betracht die Leichtfertigkeit mit der zahllose junge Mütter sich ihrer vor nehmsten Mutterpflicht: der Ernährung ihres Kindes am eigenen Busen entschlagen. Durch Belehrung in sogenannten „Beratungsstellen" für gesunde Mütter, durch Einführung von Stillprämien u. dergl. hat man in vielen unsrer Städte die natürliche Ernährung des Säuglings an der Mutterbrust auch bei der ärmeren Bevölkerung wieder zu heben versucht. Wo aber künstliche Ernährung mit der Flasche nicht zu umgehen ist, da liefern städtische Milchanstalten diese Nahrung wenigstens in richtiger dem Alter des Kindes angepaßte Mischung von bester und keimfreier Be schaffenheit. Es steht zu erwarten, daß sich der Erfolg dieser Einrichtungen bald in einer weiteren Abnahme der Kindersterblichkrit zeigen wird. Aber es ist nicht genug damit, daß die Kinder überhaupt am Leben bleiben, sie sollen auch lebenssrisch bleiben und sich in allen Organen kräftig entwickeln. Dazu gehört neben entsprechender Ernährung vor allem auch eine reichliche regelmäßige Bewegung in Licht und Luft. Wie die Planze bedarf auch das Kind zum vollen Gedeihen des Sonnenschein», aber nicht nur des Sonnenscheins von außen, sondern auch des Sonnenschein» der Freude von innen. Da» Siechtum bei unsern Kindern: Blutarmut, Muskelschwäche, Skrofulose, Rachitis u. dergl. wuchert am leichtesten in engen, 'licht armen Wohnungen und in den schachtartigen engen Höfen, wie sie zwischen den Miet»» kasernen der Städte bestehen und oft den einzigen Tummelplatz der hier aufwachsenden Jugend bilden. Auch hier muß die öffentliche Fürsorge einschreiten. Neben allen ^Be mühungen zur Besserung der Wohnungs verhältnisse für die arbeitende Bevölkerung muß da vor allem Bedacht genommen werden auf die Einrichtung freier sonniger Kinderspielplätze die planmäßig über die verschiedenen Stadt teile zu verteilen sind und vor allem mitten in die dichtbebauten Wohnviertel hineingehören. Gewiß, das kostet viel Geld — und unsere Stadtverwaltungen haben immer mehr und ge waltige Aufgaben zu erfüllen- Da» ist so in jeder Zeit kulturellen Fortschritte» und darum eine erfreuliche Sache. Aber wenn eine amerikanische Großstadt wie Chicago zur An lage von Spiel- und Erholungsstädten für die Jugend, planmäßig über das Südgebiet der Stadt verteilt, nicht weniger als 4 Millionen Dollars, das sind 16 Millionen Mark, vor kurzem mit einem Male ausgeworfen hat, so mögen unsere Städte sich an solch großzügigem Vorgehen ein Beispiel nehmen. Auch die Einrichtung von Kindergärten steckt bei uns, im H-imatlande Friedrich Fröbels, meist noch ganz in den Kinderschuhen. Von unsern privaten, in der Hauptsache von konfessioneller Seite eingerichteten „Kinderbewahranstalten" entsprechen nach meinen Erfahrungen sehr viele in keiner Weise auch nur bescheidenen gesund heitlichen Anforderungen. Und doch sind diese Anforderungen, wo e» sich um die ganz Kleinen handelt, das allerwichtigste! (Fortsetzung folgt.)