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„Mn-W- »kfer Ariwng« erscheint ^»e.lstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich > Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Ilmgegend. Alit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Hande! und Wandel", „Feld und Garten", „öpiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahme von Inserate bi, vormittag „ Uhr. Inserate werden mit ,o p für di« Spaltzttlt berechn«, Tabellarisch« Satz nach besonderem Taris Verlag vor, Hermann Rühle in KroK-Gknlla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühls in Groß-Vkrilla No. 85. Mittwoch, den 17. Juli 1907. Bekanntmachung. Tie Katholischen Kirchenanlagen sind von den BeitiagSpfllchtigen in der ihnen herein» bekannt gegebenen Höhe bis längstens den 20. Juli dieses Jahres Sn die Orlösteuereinnahme (Gemeindeamt) zu bezahlen. Nach Fristablauf beginnt das geordnete Beitreibungsverfahren. Otttzoävrk Llorilräorf, den lt. Juli 1907. ——Der Gemeindevorstand. Oerttiches und Sächsisches. Vttcndorf-Dkrilla, den zü. Juli 1907. */ Ueberschtvemmungen überall. Die aus ihren Ufern getretene, sonst so ruhiges Röder hatte der wie am Sonnabend so auch am Sonntag mit großer Heftigkeit andauernde Regen zum wilden Strome anwachsen lassen. Die anliegenden Wiesen und Felder glichen einem großen See. In verschiedenen an dem Flusse gelegenen Häusern drang das Wasser bis in die Stuben. In Cunnersdorf und bei Medingen überschwemmte es die Straßen, sodaß ein Verkehr nach Radeburg woselbst gerade das Heimatsfest abgehalten wurde, nur mit großen Umwegen möglich war. Auch im Seifersdorfer Tal hatten die Grund- und Marienmühle, sowie auch die Seifersdorfer Papierfabrik schwer unter dem Unwetter zu leiden; in Radeberg mußte die Bergmühle geräumt werden. In Groß röhrsdorf stürzte im Unterdorfe, durch den fortwährenden Regen unterwaschen, der un gefähr b Meter hohe Eisenbahndamm ein. Ein kurze Zeit darauf kommender Personen- zug wurde durch Allarmschüsse zum Halten gebracht und mußte nach Arnsdorf zurück- fahren. Die Strecke ist vorläufig gesperrt. Ferner sind die Gebirgsbäche infolge der an. dauernden Niederschläge stark angeschwollen Und teilweise aus ihren Ufern getreten. Die Gottleuba überschwemmte zwischen Pirna und Rottwerndorf die Straße und auch den Bahn damm der Pirna—Rottwerndorfer Bahnlinie. Königsbrück. Wie verlautet wird der bis- herige Herr Obersteueraufseher Zische in Königsbrück unterm 1. August d. I. als Untersteuereinnthmer nach Glashütte i. S. ver setzt und als sein Nachfolger wird der Herr Obergrenzausseher Klimpel m Zittau genannt. Pirna. Eine hier viel besprochene Wasser- frage hat nach langen Verhandlungen nunmehr ihr Regelung gefunden. Es handelt sich um die sog „Altberechügten", die früher das Wasser unentgeltlich bezogen und die auch nach der Schaffung der kostspieligen neuen Hochdruck leitung eine Aenderung nicht anerkennen wollten. Ein Ausweg ist nun insofern ge funden, als bei denjenigen Allberechtigten, die weder zu einer Aufgabe noch Ablösung ihrer veralteten Rechte bereit waren, die in einer Entscheidung der Kreishauptmannschaft für zu lässig erklärten „Kaliberscheiben" eingesetzt Wurden, durch welche bewirkt wird, daß den betreffenden Grundstücken nichi mehr Master iufließt, als dies vor Schaffung der neuen Einrichtungen der Fall war. Unter den ge gebenen Verhältnissen kann eine solche Be schränkung nur gebilligt werden. Riesa. Eine Mordtat versetzte am Sonn lag früh die Bewohnerschaft des kleinen Dörfchens Pahrenz, das zwischen hier und Lommatzsch liegt, in nicht geringe Aufregung. Früh in der 5. Stunde wurde in der Haus flur des Gemeindehauses die nur notdürftig bekleidete 50jährige Ehefrau Schmeißke mit durchschnittener Kehle ausgefunden. Mit einem Neben der Schwerverletzten liegenden Rasier- nnsstr war ihr die Verletzung beigebracht worden. Als Täler kam nach allen Umständen ihr Mann in Frage, der geflüchtet war. Die prau, die noch Lebenszeichen von sich gab, Wurde nach dem hiesigen Krankenhaus« ver bracht, doch ist sie hier abends ihrer Verletzung erlegen. Zu ungefähr derselben Zeil wurde man des GaltenmörderS in Niedermuschütz jabhaft. Er gab die Tat zu und wurde in das Riesaer AmtügerichtSgefängnis eingeliefcrt. Der Grund zu dec schauerlichen Tat soll in Eifersucht des 'Mannes mit zu suchen sein, der übrigens die Tal unter dem Einflüsse des Alkohols, dem er stark huldigte, begangen saben mag. Seine Leidenschaft für den Schnaps brachte ihn früher schon um seine Stelle als Briefträger. Seine Frau wird als eine strebsame, fleißige Person geschildert. Die Kinder des Ehepaares find erwachsen und Pils verheiratet. — Die unaufhörlichen, ausgebrciteten Niederschläge im ganzen sächsischen und nord böhmischen Elbstromgcbiet haben ein starkes Anwachsen d-r Elbe zur Folge gehabt. Der hiesige Pegel an der Brücke zeigte am Sonn tag Vormittag bereits 130 Zentimeter über Normalnull, doch besteht da von dem Gebiet der Oberelbe und den dortigen Nebenflüssen bisher noch kein Wuchs gemeldet worden ist, vorläufig keine Hochwassergefahr. Roßwein. Der anhaltende Regen hat die Mulde zum Strom anwachsen lassen, dec am User gelegene Straßen und Wege, Wiesen und Felder überschwemmt hat. Auch der Schulfest- platz, auf dem die Baulichkeiten für das in acht Tagen geplante große Schulfest errichtet werden sollten, steht unter Wasser. Seit 1897 ist das Muldenbelt nicht so gewaltig ge wesen als Sonntag. Döbeln. Infolge des anhaltenden Regens trat in der Nacht zum Sonntag die Mulde an verschiedenen Stellen über die Ufer und über flutete besonders den Schützenplatz, auf dem vaS Schützenfest beginnen sollte. Statt mit einer fröhlichen Reveille mußte Sonntag morgen 5 Uhr mit dem Rettungsdienste auf dem Fest platze begonnen werden, wozu die Freiwillige Feuerwehr alarmiert wurde. Das Master flutete fast 1 Meter hoch über den Platz hin weg und die Zeltinhaber und Schausteller mußten sich beeilen, ihr Eigentum in Sicherheit zu bringen. Ter Feuerwehrmann Helbig, der mit half, geriet Mit dem Kopfe zwischen zwei mit abgebrochenen Zelten beladene fahrende Wagen und erlitt mehrere Kopfwunden. Der Schützenvorstand beschloß, wegen der Ueber- schwemmung den Beginn des Königsschießens um zwei Tage zu verschieben und programm gemäß vom Dienstag bis Donnerstag abzuhalten. Oschatz. Der langanhaltende Regen hat die Döllnitz in einen reißenden Fluß verwandelt, der mehrfach aus seinen Ufern getreten ist' Bäume entwurzelt und Erdmassen mit sich jortgeführt. Die Oschatzer Stadlwiesen stehen unter Master und in dem benachbarten Zschöllau ist das Gebiet der Strehlaer Sekundärbahn vollständig überschwemmt, so daß daselbst dis Passagiere aussteigen und von einem Lahnbeamten nach dem Oschatzer Bahn hofe geleitet werden müssen. Grimma. Das Master der Mulde ist durch die Regengüsse zu gefahrdrohender Höhe gestiegen. Alle am Flußufer gelegenen Niederungen sind überschwemmt. Nach 8 Uhr früh wurden von den Fluten die Anlagen des Militärbadeü unter der Eisenbahndrücke los- gcristen und fortgeführt. Kurze Zeit vor Abgang dieser Badeanlagen war es gelungen, die Tonnenbrücke an der Gattersburg ans Ufer zu ziehen, sonst wären sie sicher demselben Schicksal verfallen, wie im Vorjahr, wo sie durch das bei Hochwasser antreibende städtische; Bad lokgeristen, entführt und samt dem Bade zum großen Teil zertrümmert wurde. Wurzen. Die anhaltenden Regengüsse jaden im Gebiet der Mulde Ueberschwemmungen jerbeigeführt. Die Muldenaue bei Wurzen ist überflutet. Das Master hat eine Höhe von 2,85 Meter über Null erreicht. Die Königliche Amtshauptmannschaft Grimma ver bot infolgedessen die beabsichtigte Regatta des Mitteldeutschen RuderverbandeS bei Schmölen. Chemnitz. Ein bereits vorbestrafter un gefähr 20 Jahre alter Schlosser aus Hannover riß auf dem Wochenmarkte einer Lackierers ehefrau das Portemonnaie mit über 53 Mark Inhalt aus der Hand und ergriff damit die Flucht. Der Dieb wurde verfolgt und von zwei Männern aufgehalten und einem Schntz- mcmve übergeben, der für seine Unterbringung ins Polizeigefangenhaus sorgte. Borna. Infolge des Regenwstters ist die Wyhra in der Nacht zum Sonntag bis 2 Metern, einem Wasserstand, der hier seit längeren Jahren nicht zu verzeichnen gewesen ist, gestiegen. Die schlammigen Wastermasten haben die angrenzenden Wiesen, Gärten und teilweise auch Felder überflutet. Leipzig, Ein äußerst betrübender Un glücksfall, der einen tödlichen Verlauf nahm, hat sich gesten nachmittag gegen 6 Uhr in der Gundorferstraße zu Leipzig-Lindenau er eignet. Der 10 Jahre alte Tischlerssöhn Artur Kurt Scheibig, wurde in besagter Straße von einem Straßenbahnwagen erfaßt und überfahren. Der Tod war gleich danach eingetreten. Die traurige Kunde von dem Tode ihres Sohnes wurde den Eltern über mittelt, nachdem die Persönlichkeit des Knaben festgestellt worden war. Werdau. Am Montag Nachmittage gegen 3 Uhr enlstand in dem Wohnhause Weber straße 29 ein größeres Schadenfeuer. Die drei Familien, die das Haus bewohnten, konnten ihre Habseligkeiten zum Teil retten. Das Haus brannte vollständig bis auf den Grund nieder. Zwickau. Bedeutendes Hochwasser hat hier gewaltigen Schaden angerichtrt- Dec Silberhof Pölbitzer Straßenteile und Plätze wurden überschwemmt. Das Militärbad ward in zwei Teile zerrissen und fortgetrieben, ebenso wurde die große Baggermaschine über das Wehr ge schwemmt. Nus der Woche. Die Aufsehen erregenden Meldungen über stürzen sich in diesem Sommer zu einer Zeit, da sonst die Politik sommerlicher Ruhe-pflegte. Im Vordergründe der Ereignisse steht in den letzten Tagen nicht mehr die Haager Friedens konferenz, sondern ein Geschehen kriegerischer Art. Fern im sStillen Ozean drohen die Interessengegensätze auseinander zu stoßen. Die Ver. Staaten, die seit geraumer Zeit schon mit Japan auf gespanntem Fuße stehen, haben zum Schutz ihrer bedrohten Interessen im Stillen Ozean dorthin ein Geschwader zu senden beschlossen, das fast ihre gesamte Streit macht umfaßt. Es ist begreiflich, daß man in Japan diesen Vorbereitungen nicht untätig zu sieht. Die japanische Regierung hat bereits in Chicago umfangreiche Proviantbestellungen vorgenommen und Amerika hat diese Maßregel mit dem Transport von Granaten und Tor pedos nach den Philippinen beantwortet. In zwischen versichern allerdings die Regierungen daß ihre Beziehungen zueinander die denkbar besten seien. Im Haag aber, w» die Friedens konferenz tagt, heißt cs, Japan habe bereits vor längerer Zeit den Ver. Staaten eine energische Note gesandt, die in Form eines Ultimatums die völkerrechtliche Gleichstellung der Japaner in Amerika verlangt. Wer der 6. Jahrgang. Ereignissen nicht ganz nahe ist, vermag schwerlich vorauszusagen, wie sich die Dinge entwickeln werden. — Das beliebteste Thema aller Friedensträumer war in den letzten Tagen die Annäherung Deutschlands und Frankreichs. Die freundlichen Worte, die der deutsche Kaiser in Kiel an den ehemaligen französischen Kriegsminister Eiienne gerichtet hat, haben einen Erfolg gehabt, den wohl keiner der Be teiligten vorausgesehen hat. Täglich ist in Wien, Petersburg, Paris, London und Berlin zu lesen: Das deutsch-französische Freundschafts verhältnis, das so oft als notwendig erklärte, ist da. Bei dieser allgemeinen Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse ist es notwendig, auf die Blätterstimmen im Nachbarlande zu verweisen, auf welche entscheidendes Gewicht gelegt werden muß, weil sie der Regierung in Paris nahe stehen. Sie sagen übereinstimmend, daß an ein freundschaftliches Verhältnis nicht gedacht werden kann, wenn auch in kolonialen Fragen ein Zusammengehen mit Deutschland nicht unzweckmäßig ist und bei der Interessen gemeinschaft sogar notwendig erscheinen mag. Das klingt anders als die Freudenstimmen, die hier und dort laut wurden, zeigt aber dem deutschen Volke, daß man jenseits der Vogesen n dieser Generation noch nicht auf dem Traum der Wiedererweckung der verlorenen Provinzen verzichten wird. Immerhin ist es erfreulich, daß sich in Frankreich die Stimmen mehren, die in einem Einverständnis der leiden Nachbarvölker eine Bürgschaft für den Frieden sehen. — Mehr wie sonst ist in der gesamten Presse jetzt von den Beziehungen der Völker zu lesen. Machts der Einfluß der Friedenskonferenz, oder liegtS in der Unsicherheit Zer politischen Lage, daß man sich durch halb amtliche Aeußerungen zu verständigen sucht. Da ist nicht uninteressant, was man in Rußland jetzt von dem russisch-französischen Bündnis hält. Die amtlichen Stimmen (in den führenden Zeitungen) sprechen sich an gesichts der Meutereien im französischen Heer ziemlich abfällig aus. Man hätte mit Recht erwarten dürfen, daß Frankreich diese An zapfung mit einem Hinweis auf die trostlose Lage der militärischen Organisation Rußlands beantworten würde — weit gefehlt. Von Paris aus erfolgte nur die Versicherung, daß man alles tun werde, die russische Freundschaft zu erhalten. Alles, d. h. man wird den Beutel auftun, damit Väterchen wieder einmal Hineingreifen kann. Das ist der ganze Zweck der Uebung, den man ja auch glücklich erreichen wird. In Wien haben in diesen Tagen aber mals die schon nahezu berüchtigten Ausgleichs- Verhandlungen mit Ungarn begonnen. Seit 1867 wird an diesem Ausgleich herumgearbeitct, ohne daß etwas erreicht worden wäre. Minister und ganze Kabinette kamen und gingen darüber. Es muß daher durchaus fraglich er scheinen, ob diesmal der Ansgleich zustande kommen wird. — Die drohende Revolution in Portugal hat der König mit einem Machtwort beschworen. Er hat dem Volke ans einer Rundfahrt durch das Land versprochen, im Herbst das Parlament der Verfassung gemäß zu berichten. Infolgedessen wird wahrscheinlich der Ministerpräsident Franco abdanken, aber die Krise kann als überwunden gelten. — Schlimm stehen die Dinge in Marokko, wo der ehemalige Gouverneur von Tanger, Raisuli, um wieder Einfluß auf die Staats- geschafte zu gewinnen, den Abgesandten des Sultans gefangen gesetzt hat. Man hütet sich vor einem bewaffneten Eingreifen, um das Leben des Gefangenen nicht zu gefährdeten, aber man kann, will man die Sicherheit des ganzen Landes nicht aufs Spiel setzen, di- Forderungen des kühnen Räubers nicht be willigen. Wer den beteiligten Regierungen aus dieser Klemme helfen könnte, würde sich nicht nur eine angemessene Belohnung erwerben sondern auch den Ruf eines besonders ge wandten Diplomaten davontragen.