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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode." Lnnahm« »»» Inserat« bi, »„mittag t« Ms«.) Inserat« w«rd«n mit w p fkr di« Lpaltz«tl« d«r«chn« Labellarischrr^Satz nach b«s*nder«m Laris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 19. Mittwoch, den 13. Februar 1907. 6. Jahrgang. Bekanntmachung. Der 1. Termin Staatsgrundsteuer ist am 1. Februar dieses Jahres fällig gewesen und zur Vermeidung der zwangsweisen Bei treibung bis längstens den 20. Februar dieses Jahres an die hiesige Ortcsteukt-Einnahme (Gemeindeamt) abzuführen. OttovdorkLIorilrckork, den 8. Februar 1907. Der Gemeindeborskand. Oerttiches und Sächsisches. Vttcndorf.Vkrilla, den p. FebHuar M?. Wie anderwärts, so hat man auch hier die Absicht, durch Zusammenschluß aller national- gesinnter Männer eine Vereinigung zu! gründen, die auch verschiedene Veranstaltungen (wie be lehrende Vorträge u. s w.) den patriotischen Sinn wecken und pflegen, sowie die klaffenden StandeSunterschiede soweit als möglich auS- gleichen und überbrücken will. Alle reichstreuen Männer unserer Gemeinde werden daher für heute Mittwoch, den 13. Februar, abends 8 Uhr zu einer Besprechung im Gasthof zum schwarzen Roß in Ottendorf auch hierdurch ein- geladen. /X Freitag, den 15. d. M. feiert der hiesige Landwirtschaftliche Verein im „Gasthof zum schwarzen Roß" sein 5. Stiftungsfest, bestehend aus Tafel und Ball. —* In der Zeit vor Ostern ist sowohl die Abhaltung öffentlicher Tanzmusiken, als auch die Veranstaltung von Privatbällen und Bällen geschloffener Gesellschaften, auch wenn diese in Privathäusern oder in Lokalen geschloffener Gesellschaften abgehaltrn werden, nur bis mit Sonntag Lätare, welcher in diesem Jahre auf den 10. März fällt, gestattet. Dagegen ist die Abhaltung von Konzertmusiken und anderen Mit Musikbegleitung verbundenen Vergnügungen insbesondere auch von Theatervergnügungen, auch weiterhin» jedoch mit Ausnahme der Zeit vom Gründonnerstag einschließlich desselben bis mit Sonnabend vor Ostern, nachgelaffen. Dresden. Der Akkumulatorenbetrieb bei den städtischen Straßenbahnen wird nach und nach verschwinden und durch oberirdische Strom- zuführungsanlagen auch in den Straßen der inneren Stadt ersetzt werden. Bisher durften die Straßenbahnwagen durch die Pragerstraße, WilSdrufferStraße usw. nur mittels Akkumulatoren fahren, da die Anbringung von Leitungsdrähten bisher hier nicht gestattet war. Nachdem kürzlich die Genehmigung zur Anlage der ober irdischen Slromzuführung seitens der maß gebenden Oberbehöcden erteilt worden ist, werden die schweren Akkumulatorwagen. die den Betrieb außerordentlich verteuerten, außer Dienst gestellt werden. — Die Schmalspurbahn Mügeln- Geising - Altenberg hatte am Montag anläßlich des Sportfeste» de« Deutsch-österreichischen Touristen- klubS in Geising einen für die winterliche Jahreszeit ganz ungewöhnlich starken Verkehr zu bewältigen. Die Zahl der beförderten Personen dürfte auf rund 2000 zu schätzen sein. Freiberg. Sonnabend früh 6 Uhr brach in den Lagerräumen der Drogerie von Mehner und StranSky auf der Petersstraße Feuer aus, dem große Mengen von Drogeriewarcn sowie der Dachstuhl des Hauses zum Opfer fielen. Die Lager befanden sich in zwei übereinander liegenden Dachräumen und enthielten größere Mengen von Streichhölzchen, Kerzen,Parfürmerien Tee, Chemikalien aller Art und namentlich auch Karbid, so daß die Umgebung sehr ge fährdet war. Es gelang jedoch, das Feuer zu lokalisieren. Niederschöna b. Freiberg. Der Mühlen besitzer Funke aus Naundorf geriet nachts im Nebel mit seinem Schlittengespann in den Dorsbach, wobei er ein Brin brach. Er mußte mehrere Stunden an der Unqlücksstelle durch näßt liegen bleiben, ehe Hilse kam. Zittau. Beim Schneeschuhlaufen verunglückte am Sonntag vor acht Tagen ein etwa 20 jähriger unger Monn aus Rumburg Namens Augustin. Seine Leiche wurde erst jetzt auf Nixdorfer Gebiet von einem Jäger aufgefunden. Augustin )ürste gestürzt, dann liegen geblieben und er- roren sein. Meißen. Die Löbelsche „Millionenerbschaft", die vor einigen Monaten die Presse beschäftigte, wird nun wohl aus der öffentlichen Diskussion ausscheiden. Wie das Meißner Tageblatt mit eilt, ist es zu einem Vergleich zwischen der Anwärterin auf die Erbschast und der Stadt Meißen gekommen; di- erstere hat zugunsten rer Stadt Meißen, gegen Zusicherung einer ihr von dieser zu zahlenden lebenslänglichen auS- ömmlichen Rente, auf ihre Ansprüche verzichtet. Die strittige Summe — zwar keine Million, aber doch 105000 M., mit den ausgelaufenen Zinsen 120000 M., geht mit Genehmigung des VormundschaftSgericht« in die Verfügung )er Stadt über. Die andre Hälfte der Erb. chaft ist schon im Besitz der Stadt. Die strittige Hälfte war da« Pflichtteil, dnß dem Sohne der Erblasserin, dem Kupferschmied röbel, oder dessen Ehefrau, der erwähnten Anwärterin, zugefallen wäre, falls der Sohn >eim Tode der Mutter noch am Leben gewesen wäre. Trotz mehrfacher Ausschreibungen und der Aussetzung einer Belohnung von zuletzt 3000 M. hat sich über diesen Punkt keine Gewißheit schaffen lasten. Wahrscheinlich ist rer Gesuchte längst gestorben. Schandau. Um einesteils bei Tetschen- Lauba ein Anwachsen des StauwafferS zu ver hüten, ganz besonders die dort im Eise stehenden Deckkähne noch vor Eintritt der EiS- fahrt in Sicherheit zu bringen, will man nächster Tage die Eisdecke von oberhalb Herrnskrelschen an der linken Elbseite sprengen. Auf diese Weise können die Eistafeln zutal treiben, es wird eine Furt entstehen, in der das Stauwaffer abfließen und die obenerwähnten Käbne talwärts an eine sichere Userstelle be fördert werden können. Die 26 Kilometer lange Elbeisdecke, welche bei Herrnökretschen- Niedergrund beginnt, weist gegen acht offene Stellen auf, unter denen sich einige befinden, die über 1 Kilometer Wasserfläche zeigen. Mittweida. Festgenommen wurde eine 18 Jahre alte Fabrikarbeiterin aus Chemnitz, welch? in Waldkirchen ein Sparkassenbuch mit 1700 M. Einlage gestohlen hatte. Die Diebin hatte hiervon einen größeren Betrag abgehoben und in Schmucksachen umgesetzt. Lichtentanne. In einer der verflossenen Nächte wurde hier ein Lehrer von zwei Un bekannten, die ihn in der Nähe seiner Wohnung abgelauert hatten, überfallen, zu Boden ge worfen und durch Faustschläge erheblich miß handelt, ihm dabei auch die Brille zerbrochen und den Hut zerrissen. Die beiden Uebeltäter sind in zwei jüngeren Fabrikarbeitern aus Thaudors ermittelt worden, die schon am Abend vorher in einer Schankwirtschaft, in der auch der mißhandelte Lehrer als Gast anwesend war sich ungeziemt betragen hatten und von diesem zurechtgewiesen worden waren, Chemnitz. Die kiesige Falschmünzerbande, von der wir kürzlich berichtet haben, daß es der Chemnitzer Kriminalpolizei gelang, nicht weniger als vier ihrer Mitglieder festzunehmcn cheint jetzt vollzählig in „Nummer Sicher" zu ein. Am Sonnabend nachmittag erwischte man hier einen aus dem nahen Bernsdorf lammenden 17 jährigen Eisendreher, al« er in einem Laden der Sevesklder Straße versuchte ein falsches Fünsmarkstück auszugeben. Als der Ladeninhaber den Schwindel merkte, ergriff der Gauner die Flucht, er wurde aber sofort eingeholt und der Polizei übergeben. Ek ist bereits festgestellt, daß der Gauner mit den vier hier eingelieferten Falschmünzern in Verkehr gestanden hat Stötteritz. Der hier an der Probstheidaer Straße wohnhafte Produktenhäudler Franz Ferdinand Lorenz wurde in dem Augenblicke, als er den Rolladen zu seinem Geschäft in die Höhs zog, von einem früheren Bekannten mittels Revolvers in den Hinterkopf geschossen. Wie sich bei der näheren Untersuchung herauS- 'tellte, soll der Tat ein Racheakt zu Grunde regen. Der Verletzte wurde nach Anlegung von Notverbänden in das Leipziger Stadl- 'rankenhaus gebracht. Der Täter, ein in L.-GohliS wohnhafter Arbeiter, kam in Hast. Sommerfeld. Ein frecher Einbruch wurde in der Nrcht zum Sonntag im hiesigen Gemeindeamt verübt. Der Dieb stieg um die drill- Morgenstunde durch ein Fenster ein und verriegelte die Tür von innen. Er zündete ich das Gas an und begann seine Arbeit an )en Schreibtischen, welche er erbrach, und am Geldschranke, der ihm jedoch hinreichenden Widerstand entgegensetzte. Er wurde durch den Nachtwächter gestört, der ihn dann durchs Fenster entfliehen sah und bis an den Garten weg der neuen Schule verfolgte, ohne ihn edoch fassen zu können. Ter Dieb trug einen veichen, schwarzen Hut, weißen Kragen, einen chwarzen Ueberrock. Geyer. Die Gemeinde Wiesa, der von fier aus das Angebot der Zuleitung elektrischen Lichtes und elektrischer Kraft gemacht wurde, rat das Anerbieten endgültig abgelehnt, da der dort ansässige Fabrikant Kühne für seine An lage eine elektrische Station errichtet. An diese soll die Gemnnde Wiesa angeschlossen werden. Plauen. Beim Feueranmachen erlitt die Ehefrau des Malermeister« Uhler entsetzliche Brandwunden. Die Schürze der Frau fing Feuer, und im Nu stand die Frau in Flammen. Sie rannte auf die Straße und wälzte sich in den Schnee, wodurch es ihr gelang, die Flammen zu ersticken. Die Aermste erlitt trotzdem schwere Brandwunden am ganzen Körper. Sie dürste jedoch mit dem Leben davon kommen. Aus der Woche. Die Wahlzeit mit all ihreu Erregungen ist endgültig abgeschlossen: Das Ergebnis der Wahl 'kann man mit rein politischen Worten kurz dahin zusammenfassen. Die Regierung hat einen Sieg davongetragen, (wie man vielfach im Jnlande und im Auslande ihn nicht er wartet hatte. Die Mängel des neuen Parlaments denn alles hat neben seinen guten, auch schlechte Seiten, werden sich erst zeigen, wenn am 19. d. M. die gesetzgeberischen Arbeiten be ginnen. Der Kaiser hat mit großer Be friedigung Kenntnis von dem Wahlergebnis genommen und die Folge war, daß der Monarch die sonst nicht hochgeschätzten Berliner zu mitternächtlicher Stunde durch eine ^Ansprache auszeichnete, die mit brausendem Jubel aus genommen wurde. Wie die Zeiten sich doch ändern! Von jenem Balkon des Berliner Schlosses au« hat ein andrer Hohenzoller (in den Märztagen des Sturmjahres 1848) zu seinen Berlinern gesprochen, die ihm den Schloßhos und die Treppen seines Hauses mi den bei den Barrikaden kämpfenden Gefallenen belegt hatten, Damals erschien der König, um den Zorn zu dämpfen, der da» Schloß bedrohte und in der fünften Februarnacht erschien au demselben Balkon Kaiser Wilhelm, um dem Jubel Einhalt zu tun, der ohne Ende da» Schloß umbrauste. Der Kaiser sprach zu wenigen Tausenden — der Ruf aber drang ins Deutsche Reich und überflog mit Gedanken» chnelle die Grenzen. „Wir werden niederreiteu, vaS sie uns in den Weg stellt!" — In Pari» hats Clemenceau, Hata der Herzog von Lancaster (hinter dem sich Eduard VII. von England verbirgt) gehört. Dir Blätter am Scinestrande sprechen von einer Krieg»drohung, a sogar in Rom, der Hauptstadt unsere» Ver» ründeten, schrieb man: „Die deutschen Reich»« agswahlen bedeuten die Mobilmachung." Au» allen Auslandsstimmen aber spricht die Heber« raschung. Im Dezember de« Vorjahres froh» lockten die Kanalnachbarn — der 25. Januar und der 5. Februar haben sie nachdenklich ge stimmt! — Vielleicht geschah e» schon in neu« gieriger Erwartung, al« der bequeme Sech« und« echzigjährige London verließ, um am Seine« strande sofort die Gegenwart zu besprechen und sie Zukunft in einem Plane festzulegen. Jeden alls reist man nicht mitten im unangenehmen Winter aus acht Tage nach Paris, wenn nicht ristige Gründe vorliegen. — Der Zwiespalt m französischen Ministerium ist in der breiten Oeffentlichkeit ausgeglichen worden, angeblich ind Clemenceau und Briand wieder Freunde wie ehemals. Aber in der Kammer will man nicht mehr so recht an diese Freundschaft glauben Zudem aber haben sich rasch, wie die schnell- begeistertea Franzosen es lieben, zwei Parteien gebildet, die eine um Clemenceau, die andre um den „Schalmeienbläser" Briand. Und was sich im Schoße der Kammer seit Wochen vorbereitet hat, wird mehr und mehr zur Virklichkeit — Clemenc-au Ansehen sinkt- Im Untergründe machen sich die Anhänger de» ehemaligen Ministerpräsidenten Combe» schon bereit, die Erbschast anzutreten. Ja, in der Kammer werden schon die Nachfolger Clemenceau» genannt, u. a. Briand, Combe« (der Urheber des TrennungSglsttze») und Rouvier (der vor einem Jahre Ministerpräsident war.) — In Rußland sind die Vorwahlen zur Reich-duma fast beendet und soweit sie einen Schluß auf die Hauptwahlen zulasten, bestätigten sie mehr die Annahme, daß auch di« zweite Duma ein Bild aufweisen wird, gleich der ersten. Stolypin hat falsch gerechnet und die Hungerdebatte in der neuen Duma wird, wenn nicht alle An zeichen trügen, einen stürmischeren Verlauf nehmen, als die in dem ersten russischen Parlament. Im Südosten Rußland» sind Hundertausende dem Hungertode nahezu preis gegeben. Beamtenwillkür und die frühere Lotterwirtschaft vereinen sich, um das Elend auf den Gipfel zu treiben. — Die Beziehungen zwischen den Ver. Staaten und Japan, die schon seit einiger Zeit nicht die besten sind, haben sich in den letzten Tagen so zugespitzt, daß Kriegsgerüchte die Welt erfüllten. Im Augen blick b«steht solche Gefahr nicht (die nicht au»« geschlossen wäre, wenn Amerika» Panamakanal, der gleich unserm Kaiser Wilhelmkanal, eine unerläßliche Vorbedingung für da« schnelle Zusammenwirken der amerikanischen Geschwader verbände ist), aber überm Stillen Ozean stehen Unwetterwolken und Europa weiß, daß sich dort ein Gewitter zusammenballt, das früher oder später sich entladen wird. — Die gelbe Raste erwacht. Der Traum von der Ueberlegenheit der weißen Rass« ist seit dem Zusammenbruch der russischen Heeresmacht auf den Schlacht feldern der Mandschurei ein für allemal au«- geträumt. Daher kommt es auch, daß sich China nicht länger der gänzlichen Erschließung wehren, daß es au« eigenen Mitteln (mit Hilfe einer inneren Anleihe) die Mehrzahl seiner Häfen ausbauen und dem internationalen Handel erschließen will. Wenn auch nicht di« Gefahr besteht, daß die gelbe Rasse einst ver suchen wird, sich zum Herrn der weißen Raste zu machen, mehr und mehr aber gewinnt die Mahnung an Ernst und Berechtigung: „Völker Europa», wahrt eure heiligsten Güter!"