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Nationale Tageszeitung für (anbwirtschast und "Das «Wilsdruffer Tageblatt» erlcheim an ollen Werlttagen nachmittag» 4 Uhr. Be,ugrprei» monatlich 2,— NM. frei Haus, bei Postdcstcllung >.«u AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern IO Ausg. All- 'Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. , ... —.. Geschäftsstelle, nehmen zu jederzeit Bestellungen enl- Wllchenhllltt für WllIdkUff u. Umütlienü gegen. Im Falle höherer »Gemalt, Krieg od. sonstiger — - - — Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieserung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises, «üchsendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Aückvorto deiliegi. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, Des StadL- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt III alle anderen Stände des Wilsdruffer Äezkrks Anzeigenpreise laut aufliegendem Tarif Nr. 4. — Nachweisungs-GebSher M Npfg. — Dorgeschriebenv Erscheinungstage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Anzeigen» Annahme» bis vormittags W Uhr. Für dis Aichtigkett de^ durch Fernruf übermit, Fernsprecher: Amt Wllsdruff Nr. 6 »elken Anzeigen übernehm men wir keine Gewähr. -- > -- — Jeder Aabattanspruct^ erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden- muß odev der Auitraggebev t» Lonkur« gerät. Nr. 177 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdrutk-DreKden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 1. August 1934 Zer ReWWer Sei WeMg. Das Sefin-en de- Reichspräsidenten Vormittag 8.3V Uhr wurde in Neudeck folgendes Bulletin ausgegeben: Trotz ruhiger Nacht nimmt die Schwäche zu. Der Herr Reichspräsident ist bei klarem Bewußtsein und fieberfrei. Puls schwächer. Für die behandelnden Aerzte (gez.) Professor Sauerbruch. » Reichskanzler Adolf Hitler hat sich heute vormittag 10.13 Uhr im Flugzeug nach Neudeck begeben. Englische Anteilnahme an der Erkrankung des Reichspräsidenten. Die Nachricht von dem ernsten Befinden des Reichs präsidenten von Hindenburg erregt in der gesamten eng lischen Öffentlichkeit die größte Anteilnahme. Alle Blätter veröffentlichen auf der vordersten Seite Bilder des in ganz England hoch geachteten und verehrten Mar schalls und drücken angesichts des hohen Alters des Reichs präsidenten Besorgnis aus. Reich-Parteitag vom s. dis io. September Wie der „Angriff" mitteilt, findet der Reichspartei' tag der NSDAP, von Mittwoch, dem 5. bis Montag, dem 10. September 1934 statt. Der GA.-Ltrlaub ist zu Ende. Tagesbefehl des Chefs des Stabes. Der Chef des Stabes hat folgenden Tagesbefehl an die SA. erlassen: Am 1. August ist der SA.-Urlaub zu Ende. Mit diesem Tage setzt der volle Dienstbetrieb wieder ein, gleichzeitig entfallen alle mit dem Urlaub zusammen hängenden Einschränkungen, z. B. bezüglich der Arbeit in den Stäben, des Tragens des Dienstanzuges usw. Damit tritt die SA. in unserem Volke wieder voll in Erscheinung, um sich ihrer Aufgabe mit Entschlossenheit in vorderster Front hinzugeben. Allerdings in einem anderen Sinne, als das in den Urlaubsverfügungen der nunmehr beseitigten Verräter zum Ausdruck kam. Die SA. will und muß zurückzu bemalten Kurs, der sie groß und stark werden ließ -und von dem sie künstlich gegen ihren Willen abgelenkt wurde. Schlichtheit, vorbildliche Haltung in und außer Dienst, Verbun denheit mit Volk und Bewegung sind die Grundsätze der SA., in denen sie sich mit dem Führer ver bunden weiß und die sie zum kraftvollen, unzerbrechlichen Instrument in seiner Hand machen. Es lebe der Führer, es lebe Deutschland! Der Chef des Stabes: Lutze. Zwei ZeitWWttMe. BerNn. Die „Deutsche Wochenschau" wurde auf Veranlassung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda wegen grober außenpolitischer Taktlosigkeit in der Nummer 30 auf acht Tage verboten. — Die „DeutscheZei- tung" wurde wegen eines zu der Erkrankung des Herrn Reichspräsidenten herausgegebenen äußerst taktlosen Kom mentars in ihrer Abendausgabe vom 31. Juli auf acht Tage verboten. Die fragliche Nummer wurde beschlagnahmt. Dem verantwortlichen Schriftleiter wurde sofort bis auf weiteres die Pressekarte entzogen. Wie Holzweber mb Planem Men. Heroischer Opsertod der beiden Anführer des Putsches. Amtlich wird aus Wien mitgeteilt: Holzweber und Pla- netta wurden nacheinander hingerichtet, zuerst Holzweber, der nach der Verkündung der Abweisung des Gnadenanlrages ries:. „Ich sterbe für Deutschland! Heil Hitler!" , Auch Planetta rief vor der Hinrichtung: „Heil Hitler!" Dazu wird noch bekannt, daß beide Angeklagte eine außerordentlich ruhige Haltung einnahmen. Sie baten um geistlichen Beistand, und bald erschienen ein katholischer und ein protestantischer Geistlicher im Gefängnis, mit denen beide zum Tode Verurteil ten lange sprachen. Die Personen, die bei der Hinrichtung an wesend waren, erzählen, daß beide wie wahre Männer gestorben sind. Holzweber wiederholte, schon den Strick um den Hals, immer wieder den Ruf: „Heil Hitler!" Er sagte es so lange, dis ihm sterbend der Ausruf in der Kehle erstickt wurde. Der Abschluß der Prozesses. Am zweiten Berhandlnngstage vor dem Militär gericht hatte die Vernehmung der militärischen Sach verständigen ergeben, daß man von den im Bundes kanzleramt aufgcfnndencn 70 Pistolen der Aufständischen nur zwei Waffen als abgeschossen betrachten konnte, darunter die Waffe des Planetta. Von einem anderen Sachverständigen wurde sodann die Todes ursache des Bundeskanzlers mitgeleilt. Dollfuß ist da nach durch zwei Schüsse getroffen worden, von denen der erste unbedingt tödlich wirken mußte. Der Sachverständige erklärte, daß auch bei sofortiger Pflege des Bundeskanzlers nur sein Leben verlängert, nicht jedoch hätte gerettet werden können. Der Sach verständige zeigte dann dem Gericht das tödliche Geschoß, das eine neunfach wirkende Energie gehabt habe, und auf Grund der Pulverwirkung aus einer Entfernung von 15 bis 20 Zentimeter abgcschossen worden fein müsse. Die Beweisaufnahme wurde dann geschlossen. Nach einer Pause wurden dann die Plädoyers der Staats anwaltschaft und der Verteidiger gehalten. Oie letzten Worte der Angeklagten. Hierauf sprachen die beiden Angeklagten einige Schlußworte. Planetta sagte: Ich bin kein Mörder, ich wollte Dr. Dollfuß nicht töten, ich bitte Frau Dollfuß um Verzeihung. — Holzweber sagte: Ich bin an dem Mord unschuldig. Es war der ausdrückliche Auftrag ge geben worden, es dürfe kein Blut fließen. Wir glaubten, daß Dr. Rintelcn sich im Bundes kanzleramt befinden werde, als wir cindrangcn; so wenigstens war uns am Tage vorher gesagt worden. Ich kann nur noch das eine sagen, ich habe aus glühender Vaterlandsliebe gehandelt. Die Urteilsbegründung. Das Urteil des Standgerichts mußte nach dem geltenden Standrcchtsvcrfahren drei Stunden nach der Urteilsverkündung vollzogen werden. Die Verkündung des Urteils erfolgte um 13.45 Uhr, das Todesurteil mußte daher bis 16.45 Uhr vollzogen sein, da keine Begnadigung erfolgte. Beide wurden durch den Strang hingerichtet. Zunächst Holzweber und dann Planetta. In der Begründung des Urteils gegen Planetta und Holzweber heißt es u. a.: Der den beiden Angeklagten zur Last gelegte Tatbestand des Verbrechens des Hochverrats sei einwandfrei erwiesen. Die- Angeklagten seien Mit glieder der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und seien geständig, an der Aktion auf das Bundeskanzler- Das Gericht des 2. August. X8L. In der Nacht zum 2. August wird es sein, daß die Geister der unbekannten Soldaten des großen Krieges wieder die Signale hören und erschrocken auffahren aus ihren Gräbern: Mobilmachung. Und wer in dieser Macht das feine Ohr für das übersinnliche Empfinden auftut, der wird es hören, wie der Marschtritt der end losen Kolonnen, das Knarren der Bagagen, das Rattern der Geschütze über das Pflaster geht und wie von fern der Jubel der Begeisterung des Volkes diese Ereignisse begleitet. Der wird dann wieder das rauschende Singen hören und die Hast der Jungen spüren, nicht zu spät zu kommen. Und auch das stille Weinen der Ver lassenen ip einsamer Kammer. Ganz gleich, ob das nun in Berlin, Paris, in Moskau, in Wien oder in London ist. Es wird ihn das Fieber wieder fassen, das damals durch die Völker ging. Und in dieser Nacht wird ein großer Gerichtstag sein. Die gefallenen Soldaten werden richten über die Nachlebenden und über die junge Generation von heute. Zugrunde liegt das ungeschriebene Gesetz des Front soldatentums aller Völker. Angeklagt sind alle, die heute in diesen Völkern leben. Zengen sind die politischen Ereignisse der vergangenen zwanzig Jahre. Und das Gesetz hat nur einen Artikel, der lairtet: Die Völker des großen Krieges sind verpflichtet, weiterzuwirken im Sinne der für diese Völker gestorbenen Soldaten. Sie haben daher die Pflicht zu erfüllen, wofür diese Soldaten das Opfer ihres Lebens brachten: für einen dauerhaften Frieden der Ehre und der Gerechtigkeit. Und wenn sie auf den Schlachtfeldern des großen Krieges zusammentrctcn und der namenlose Soldat zu Gericht sitzt vor dem Schatten der Millionen, die damals voll heiligen Ernstes ausgezogen sind, dann wird die Frage lauten: „Ist nun wirklich Frieden in der Welt oder nicht?" Und die Millionen der Schatten werden grollen: „N e i n". Und eine gewaltige Empörung wird durch diesen Geisterchor dröhnen und rollen, daß man ihr ungeheures Opfer, das sie dem Frieden brachten, in diesen zwanzig Jahren so mißachtet hat. Und nach der Reihe Werden die politischen Ereignisse dieser zwanzig Jahre aufstehen und Zeugnis ablegen von dem Geist, aus dem sie entstanden sind! Es wird nicht viel sein, was in die Waagschale des Frontgeistcs fallen wird, und schwer wird die Schale nach unten ziehen, in die all das gelegt wird, 4vas aus der Sünde Wider den Geist der Front sich ereignet hat. Das Urteil fällt nicht schwer, und dieses Urteil Wird keine Ausreden gelten lassen. Es wird vernichtend sein für viele von denen, die verantwortlich waren für die Politik dieser Zeit. Es wird lauten: „Die Völker der Welt sind verurteilt zum Untergang — wenn sie nicht in heiligem Eifer danach trachten, das Gebot der Front von einst zu erfüllen, einen Frieden der Ehre und Gerechtigkeit herauszuführen. Die Toten haben Zeit zu warten, die Lebenden nicht." Und dann wird sich der unbekannte Soldat, der zu Gericht sitzt, erheben, von dem keiner weiß, vb er einmal den deutschen, französischen, den englischen Dder russischen Waffenrock getragen hat, und wird das jsagen, was in dieser Nacht jedem im Gewissen brennen «ruß: „Fürchtet die Rache der Toten, solange ihr nicht -mit freiem Gewissen sagen könnt, ihr habt den Geist der sFront zur Richtschnur eures Handelns gemacht. Denn wir swissen mehr vom Leben der Völker als ihr, die ihr nicht ,im Kriege gewesen seid. Wir haben nicht mit Noten und Presse st immen gegeneinander gekämpft, son dern sind uns Auge in Auge, den Tod in der Faust, gegen- Lbergetreten. Wir wissen, was ihr nicht wißt, was nach Dem Tode ist, die ewige Verantwortung vor dem, von dem chür gekommen sind. Er will nicht, daß diese Erde voll Elend, Neid, Haß und Not ist, sondern daß sie voll kommener werde, als sie ist. Es ergeht daher der Befehl: Die Geister der gefallenen Soldaten haben zurückzukehren, woher sie einmal aus- ünarschierten in den Tod, zurück in die Familie, in die Gemeinde, in ihr Land, und daß sie allen denen, die ver messen haben, was sie taten für ihr Land und ihre Familie, Dauernd als stummer Mahner des Nächtens an Den Betten stehen und bei Tage an den Tischen sitzen sollen. Der Geist der Front ist u n st e r b l t ch, ihr Menschen. Uns kann man nicht irreführen, wir sehen durch all das Äußerliche, was'an den Menschen hängt, durch bis zu Dem Geist, der in ihm lebt. Für uns gilt nicht Rang Noch Würde, denn alle, die wir einst gegeneinanderstanden, sind im Geiste Kameraden. Wir haben auch im Kriege gelernt, daß Worte nichts sind, und die Taten alles. Drum wollen wir nicht immer wieder-schöne Worte hören an den Gräbern unserer Kameraden und an den Denkmalen, die ihr ihnen kn der Heimat aufgestellt habt. Wir trauen diesen Worten nicht, weil ihnen die Taten nicht folgen. Es empört uns, daß die Völker so undankbar unseren, ins Leben zurückgekehrten Kameraden gegenüber sind, daß solche, die niemals Pulver gerochen haben, Ne niemals im Tosen des Trommelfeuers standen und die niemals das Magen eines Sterbenden in ihr Herz schneiden spürten, daß von diesen Nichtsoldaten nur zu gern mit der Drohung des Krieges Politik gemacht wird. Wir sind nicht vor zwanzig Jahren ausgezogen, um die Welt mit Hatz und Rachsucht zu erfüllen, sondern um einen besseren Frieden nach Hause zu bringen. Kameraden aller Völker, ist es nicht so?" Und der grollende Chor der Schatten wird antworten in tosender Zustimmung: „Jawohl, so war es!" Bis der un bekannte Richter wcitersprechen kann: Nur zu leicht läßt sich die Jugend der Völker von den Rattenfängern der politischen Parteien mit klingenden Phrasen und dem billigen Feuerwerk der Begeisterung von der Tollwut des Kriegsgeschreis ansteckcn. Sie soll besser die Über zeugung gewinnen, daß schöner als die Kugelsaat eines Maschinengewehrs das Ausstreuen einer Handvoll Körner für s Brot ihres Volkes ist. Wir haben einmal vor zwanzig Jahren furchtlos dem Tod in sein unbarmherzig beinernes Gesicht geschaut. Wir wollen, daß die Jugend den Mut hat, ebenso furchtlos dem Tod in sein hartes, unbarmherziges Gesicht zu sehen. Erst wenn sie das kann, dann kann sie einmal auch Sol dat und Krieger sein. Die soziale Not bei allen Völkern der Erde kommt nicht vom Krieg, sondexn nur von dem schlechten Willen derjenigen, die wir nur zu gut kennen, die auch in unserem Kriege aus dem Schweiß und dem Blut der Soldaten gleißendes Gold gemacht haben. Zwei Wege sind euch offen. Der eine führt über Haß, Mißgunst und Neid zu neuem und schlimmerem Ver derben als vor zwanzig Jahren. Der andere aber führt über Arbeit und Kameradschaft zum ehrenvollen Frieden für alle, die eines guten Willens sind. Das Gericht kommt wieder! Denn wir sind das ewige Gericht der im guten Glauben für ihre Heimat gestorbenen Sol daten, - r '