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Zweites Blatt. «MAMMW Warandt, Wossen, Sieöentehn und die Umgegenden. Amtsblatt Ur die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdors, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Juscrtionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in WilSdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 127. Sonnabend, den 2V. Oktober 1SS1. 6V. Jahrg. Znm 21. Sonntage nach Trinitatis. Hebr. 13, 9: Lasset euch nicht mit mancherlei und fremden Lehren umtreiben; denn es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, welches ge schiehst durch Gnade. In Straßburg ragte vor zwei Jahren der 30. Kon greß für Innere Mission. Wenn das Hauptthema des ersten Tages lautere: „Die Forderung unserer Zeit an christliche Charaktere, eine Beichte und ein Gelübde au der Wende des Jahrhunderts", so war auch darin deutlich genug die Klage ausgesprochen, daß „feste Herzen" und charaktervolle Persönlichkeiten heute nicht gar zahlreich zu finde« sind. Es entspricht das freilich dem Gesammtbilde unserer Zeit! Wo man sich im wesentlichen von materiellen In teressen bestimmen läßt, schwankt man hin und her in seinen Entscheidungen. Bald hält man starr am Recht und treibt es bis zum Aenßersten, bald läßt man fünf ge rade sein. Bald hält man unerschütterlich fest am Wort, bald heißt es: was nicht schriftlich gegeben ist, gilt nicht. „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen." So das charaktervolle Wort des großen Refor mators, der in diesen Tagen mit gewaltigen Hammer schlägen an die Thür seines vielfach schlafenden Volkes donnern wird. Und viele in ihm haltens für eine große Lebensweisheit, zu sagen: „Ich kann auch anders," und darnach zu handeln. Fest ist nur, wenn eine große, reine Gesinnung tief ins Herz geprägt ist; wer die hat, ist ein Charakter. Und das wird der Mensch am besten, wenn ihm das Bild Jesu, des vollkommensten aller Menschenkinder, ins Herz geprägt wird durch die Gnade des, der ihn uns gab, und den Geist, der ihn uns kennen lehrt. Wer sein Bild in sich prägen läßt, dem ist dann für immer und für jede Lage seine Stellung vorgezeichnet. Was würde Jesus hier thun? ist seine Frage, und demgemäß entscheidet sich seine Stellungnahme — voller Lauterkeit, Festigkeit, Liebe. Hast du schon ein festes Herz? Briefe vsn -er See. Von SchiffSarzt Or. msu. L. dl. VI (Nachdruck verboten.) Buenos Aires, 16. März 1901 Heute soll der verehrte Leser nun Einiges hören über Len Aufenthalt in Buenos Aires, dem Hauptziele unserer Reise. Freilich giebt es da nicht so viel zu erzählen, wie über eine afrikanische oder indische Stadt; denn Buenos Aires ist völlig eine europäische Großstadt und enttäuscht den, der fremdartiges Leben vorzufinden hoffte. An einem schönen Sommertage, am 1. März, liefen wir m die herrlich angelegten Docks ein, hatten die Emigrantenflagge gehißt, um schon von Weitem der Behörde die Anwesen heit von meist aus Polen und Russen bestehenden Aus wanderern anzuzeigen, und konnten nun nach Erledigung der üblichen Formalitäten mit Gesundheits-, Einwanderer und Zollbehörde, die Passagiere ihrem Ziele übergeben. Man trank noch einen Abschiedsschoppen, dann trennten sich die Wege. An Bord begannen die Krähne die Lad ung zu löschen und an den Luken lärmten argentinische Schauerleute. Uns gegenüber lag ein großes argentinisches Transportschiff, dem stolz die Kriegsflagge, die goldene Sonne auf blau-weiß-blauem-Grnnde, auf dem Heck wehte. Dem mußte unsere Nachbarschaft bittere Erinner ungen an Hamburg wachrufen, denn es war das Schiff, das vor einigen Jahren an die Kette gelegt wurde, weil es bei seinen Munitionseinkäufen in Deutschland einige kleine Rechnungen nicht bezahlen konnte. Unser erster Weg führte nach der Calle Piedad, der Straße, in der die verschiedenen Banken ihre herrlichen großen Gebäude stehen hatten; in der deutschen übersee ischen Bank tauschten wir unser Geld ein und erhielten „Ich werde aber doch Tag und Nacht an ihn denken müssen, Mama!" klagte Marianne herzbrechend. Die Mutter blickte hilfesuchend auf den Gatten, der soeben in's Zimmer trat, und deutete auf das noch auf dem Fußboden liegende Blatt. Ec hob es auf und warf einen Blick hinein. „Ja so, Du weinst um den Harald," sagte er, die Wange der Tochter sanft streichelnd. „Ja, meine Kleine, das betrübt uns ebenfalls sehr tief. Da wir jedoch felsen- Auf Iulianenhsh. Roman von Emilie Heinrichs. (12) (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Am zweiten Tage nach Haralds Verhaftung brachte, wie schon bemerkt, das Wochenblatt die sensationelle Nach richt. „Mama! Mama!" schrie Marianne entsetzt, „höre, was hier steht. O, die schrecklichen Menschen, wie können sie ihm das nur zutrauen?" Sie brach in Thränen aus und warf das Blatt, als ob sie sich daran verbrannt habe, auf den Fußboden. „Ist es denn wirklich wahr?" schrie sie schluchzend, als die Mutter sie zu beruhigen suchte. „Ja, mein Kind, man will Beweise seiner Schuld ge funden haben, an die aber weder Papa noch ich glauben." „Nein, nein, es ist ja auch ganz unmöglich, und wenn er's selber eingestehen sollte, ich würde es doch nicht glauben. Harald ein o, es ist nicht anszudenken." „Gewiß, davon sind Deine Eltern doch auch fest über zeugt, liebes Kind! — Beruhige Dich nur, Deine Thränen können ihm nicht helfen." daß kein Unberufener ihn störte. Daß sie nicht umsonst Wache hielten, sollte sich gleich zeigen. Kaum hatten wir uns dem Zage anzeschloffen, als das feierliche Trippeln der Corsopserde übertönt wurde durch den Hufschlag eines galoppirenden Pferdes, auf dem einer der Pampassöhne mitten zwischen den Schlangenwindungen der CorsoS daher gestürmt kam. Er hatte kein festtäglich Kleid an, sondern stürmte, wie er ans der Prärie kam, mit schmutzigen weiten Kleidern und breilkrampigem Hat auf seinem ungesattelten Gaul durch die geschmückte Menge. Jetzt hatte ihn das wachsame Auge eines Schutzmannes bemerke, ein Pfiff, und im Nu sauste ihm das kleine Heer der Polizisten nach und bedeutete ihm höflichst: „Freund, wie bist Du hereingekommen, und hast doch kein hochzeitlich Kleid an?" Er verstand den Wink, schlug sich seitwärts in die Büsche und der Corso nahm seinen Fortgang. Als es dunkel wurde und im dunklen Laube der blühenden Palmen die weißen Bogenlampen zu leuchten begannen, löste sich der Zug auf, und nun begann die übliche tolle Wettfahrt zwischen den einzelnen Gefährten. Da habe ich Achtung bekommen vor der Sicherheit und Geschicklichkeit der argentinischen Rosselenker, wie sie haar scharf aneinander vorübersausen, zwischen anderen Wagen hindurchschießen, blitzschnell gegen Barrieren anstürmen, daß man im nächsten Augenblicke mit zerschmetterten Knochen unter einem Trümmerhaufen zu liegen fürchtet, und handbreit vor dem Hinderniß die Pferde zurückreißen. Wahrlich, ein mitleidiges Lächeln muß über das Gesicht eines argentinischen Droschkenkutschers gleiten, wenn er in unseren Großstädten den müden Gaul dahintreiben sieht! Den Sonntag-Abend verbrachte ich im Kreise einer argentinischen Familie, es wurde fröhlich geschmaust und lustig musizirt, und es that mir leid, als die Trennung herankam. Im deutschen Klubhause der „Concordia" wurde noch eine Parthie Kegel geschoben, man trank im kühlen Garten noch einen Eryolungsschoppcn, dann trennten wir uns auf mehrere Tage; denn am Dienstag ging die Fahrt nach Rosario weiter, wo wir längere Zeit, als uns lieb war, zu bleiben genöthigt waren. statt des schönen Goldes eine Handvoll schmutziger, weiß- i getränkter Papierlappen, nach deren Anfassen man immer ! das Gefühl hatte, sich die Finger waschen zu müssen. Nach einem Erfrischungstrunke in einer deutschen Kneipe, deren es auch in Buenos Aires nicht wenige gab, ging ich au Bord zurück, bekam aber bald den Besuch zweier, auf an deren Dampfern hierher gelangter Kollegen, die der Sitte gemäß den später angekommenen bewillkommneten. Es lagen ja immer deutsche Dampfer im Hasen, sie kamen und gingen, und den Willkommengruß, der heute mir ge boten wurde, brachte ich schon morgen einem anderen. Der eine Kollege trat anderen Tags die Heimreise an, die letzten Papierpesos mußten noch aufgebraucht werden, drum ging's noch einmal in die Stadt zu Einkäufen und Erfrischung.... Der nächste Tag, ein Sonnabend, fand feinen Abschluß nach gut deutscher Weise in einem Bierkonzert im Rathskeller. Das war ein echtes deutsches Knciplokal,durcheinebunte,mitButzenscheibengszierteLaterne von außen gekennzeichnet, im Kellergeschoß gelegen, mitHol;- täfelung, deutschen Plakaten unddeutschenBilderngefchmückt. Da spielte jeden Sonnabend Abend eine Kapelle echt deutsche Biermusik, „Die Mühle im Schwarzwald", Pot pourris, Studenten- und Volkslieder und das dankbare Publikum sang kräftig, in Tabaksnebel gehüllt, die Lieder mit, zu denen die Texte vertheilt worden waren. Wenn nicht die Ventilationsräder an der Decke, die mit ruder förmigen Schaufeln die heiße Luft in Bewegung setzten, an den Süden erinnerten, konnte man sich in der Heimath sitzend wähnen. Nur das argentinische Bier war minder gut, man hatte sich aber bereits gewöhnt, im Auslande mit seinen Ansprüchen an das Bier bescheidener zu sein. Die deutschen Kneipen waren so ziemlich der einzige gemüthliche Aufenthaltsort; die französischen Cafss waren elegant und vornehm dekorirt, aber nicht zum längeren Ver weilen geeignet; das Varistö-Theater langweilig und heiß und brachte fast nur Sachen, deren Europa müde geworden war, und die Oper, die sich durch wenig gute Kräfte, aber sehr hohe Preise auszeichnete, war der Sommerszeit wegen geschlossen. So machte man also am Tage seine Spazier fahrt durch die Stadt, mit ihren endlos langen, ewig rechtwinklig sich kreuzenden Straßen und suchte am Abend, müde durch das Tuten der Straßenbahnkutscher, die bei jeder Straßenecke auf einem Nachtwächterhorn einen langen Lers erschallen ließen, durch das Schreien der Obst- und Cigarettenverkäufer, der Cigarreros, und der schmutzigen Straßenjungen, die Staatslotterieloose, verbotene und ge stattete, feilhielten und jedem Vorübergehenden anboten, durch das Raffeln der Droschken und Privatwagen, bei einem Schoppen echten Pschorrs oder argentinischen „Kry stalls" in einem deutschen Bierlokale Erholung Interessant wurde dagegen der Sonntag-Nachmittag, au dem allwöchentlich der berühmte Wagenkorso in Palermo stattfand. Mil einem Freunde zusammen hatte ich eine möglichst anständig aussehende, mit zwei guten Pferden bespannte Droschke genommen und war durch die prächtige unabsehbar lange Avenida de Mago, der Glanzstraße von Buenos Aires, hinausgefahren nach Palermo, dem Protzen viertel der argentinischen Hauptstadt. In der breiten Pal menallee des prachtvollen Parkes bewegte sich schon feier lich langsam in polonaiseartigen Windungen ein aus Hun derten von Equipagen und Miethdroschken bestehender Zug. Wir lenkten in den mittleren Arm des Wagenstromes ein, sodaß sich rechts und links die endlose Reihe vorüberbe wegte, bis der Mittelarm sich theilte und in die zwei Außenreihen überging. Da sah man die „Schönen der Hauptstadt strahlend in eleganten Toiletten und blitzenden Brillanten, dem Lieblingsschmnck der Argen tinierin, das bräunliche Gesicht stark gemalt und weiß gepudert, eiugehüllt in eine Wolke stark duftenden Parfüms. Schutz leute in schwarzer Uniform mit weißen Handschuhen und weißen Gamaschen, den Tropenhelm auf dem Kopfe, hielten hoch zu Pferde die Ordnung des Zages aufrecht,fest von seiner Uifchuo non-zmzt sind, so dürfen wir