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MchWe WMiiW. Amts- unö Anzeigeblatt für das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zn Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. Die „Sachs. Clb-Zcit»iig" erscheint Mittwoch »nd Svnuabcnd und ist durch alle Pvstanstalten, solvie durch die Expedition dies. Bl. für I Mark dierteljährl. zu beziehen. — »LL- Inscratc für das MittwochSblatt werden bis Dienstag früh i) Uhr, für daS Sonnabendsblatt spätestens bis Freitag früh it Uhr erbeten. — Preis für die ge spaltene CorpuSzeilc oder deren Naum Itt Pf., Inserate unter 5 Zeilen werden mit 60 Pf. berechnet, (tabellarische oder evmplicirte nach Nebereinlunft.) — Inserate für die Elbzeitung nehme» an in Hohnstein Herr Bürgcrmstr. Hesse, in Drcödc» und Leipzig die Annonccn-BürcauS von Haascnstein L Bögler, W. Saalbach, Judalidendank nnd And. Mosse. M!» Schandau, Mittwoch, den 5. Februar Politische Wcltschan. Unsere unerquickliche iuucre politische Lage, hcrvorgcbracht durch die Zersplitterung auf dem Ge biete dcö politische» nnd wirthschaftlichcn Wollens nnd Könnens, dauert leider noch immer an, da kein ucncS Ncformprojcct anftauchtc und die alten Rcformplänc jetzt ebensowenig als früher sich eines allgemeinen Beifalls erfreuen. Doch cS wird wohl nun bald Hel ler werden iu unserer inneren Politik; der Kaiser hat den Reichstag znm 12. Fcbrnar cinbcrnfcn nnd wäh rend der nahegcrücktcn Ncichölagöscssivn ist die Ur sache und Gelegenheit gegeben, unn endlich einmal eine Entscheidung in den Fragen unserer inneren Po litik hcrbciznführcn. In der wirthschaftlichcn Reform sind neuer dings noch zwei Factorcn in den Vordergrund gedrängt worden. Es sind dies die vom Reichskanzler geplan te» Gctrcidczöllc und die Regelung des EiscnbahMarif- wcscnö. Hinsichtlich der Getrcidezvlle unterzieht mau die muthmaßliche Höhe derselben einer umfassenden Diskussion nnd soll Fürst Bismarck der Tarifcommis sion vorgcschlagen haben, daß die Besteuerung bei dem cinzufnhrcndcn Weizen 50 Pfennige pro Ccntncr nnd bei allen anderen Landcöproductcn 50 Pfennige pro Ccntncr betragen soll; dicö wäre offenbar eine Be stcncrung, die an den bestehenden Brodprciscn so gut wie nichts ändern wird, denn auf ein Pfnud Mehl käme da ja nicht einmal Pfennig. Die Regelung der deutschen Eisc»bahntarife hängt naturgemäß mit der Reform der Zolltarife zusammen und steht eine Erhöhung der sogenannten Differentialtarife, welche dem Auslände eine außergewöhnliche billige Fracht gewähren, offenbar in Aussicht. Merkwürdig für unsere wirthschaftlichcn Ncformbcstrcbungcn ist cin Bericht deö englischen Bot schafters Lord Odo Nnsscll in Berlin au seine Nc- gicrnng. Der Botschafter führt in diesem Berichte aus, daß die in Deutschland geplante Zollcrhöhnng ans vom Auslande kommendes Eisen, das englische Eisen vom deutschen Markte wahrscheinlich ganz ver treiben werde. Vom Jnstizanöschnß des deutschen Buudeö- rathcö wurde über deu StrafgcwallScutwurf für den Reichstag schriftlicher Bericht au das Plenum erstat tet und hält man sich überzeugt, daß das Letztere die AuSschnßautrüge einfach aunchmen und die ursprüng liche Vorlage nicht wieder Herstellen werde, znmal Baicrn für unbedingte Ablehnung des Gesetzes ciugc- trctcn ist, und dasselbe von Württemberg und Baden zn erwarten steht. Obgleich die Pcstgcfahr für die an Ruß land grenzenden Ländern eigentlich nicht so zn fürch ten ist, wie man in letzter Zeit anzunchmen versucht war, so hat dcuuoch auch dcr deutsche Aundeöralh sich mit Maßregeln gegen die Einschleppung dcr Pest beschäftigt und ist cinc von dcr NcichSrcgieruug er- »anntc „Commission zur Bcrathung von Schntzmaß- rcgclu gegen die Pest" imtcr dem Vorsitze deö Geh. Ncgiernngörath Or. Finkelnburg zu wiederholten Sitz ungen zusammcugctrctcn. Die betreffenden Berathun- gcil bezogen sich hauptsächlich auf die Aufgabe der nach Rußland zu sendenden Sauitätscommission nnd ans die Vorsichtsmaßregel» im Grc»zverkehr mit Nnß- la»d. Deutschland, Oesterreich nnd Rumänien senden übrigens eine gemeinschaftliche Sanitätscvmmission nach Rußland und trafen die zn diesem Zwecke crnauMcu Aerztc, Professor Hirsch für Deutschland, Medieinal- rath Oscr für Ocsterrcich nnd Or. Feliz für Nmuü nicn, mit ihrem Assistenzpersoual in Breslau zusam men, von wo aus sic ihrc Ncisc nach Rußland an- tratcu. In Rußland selbst werden sic von Eonsnlar- agcntcu und Vertretern dcr russischen Regierung be gleitet werden. Durch Kaiscrl. Erlaß wurde inzwi schen die Einfuhr von leicht den KrcmkhcitSstoff über tragenden Produkten aus Rußland verboten, cS sind dies hanptsüchlich: Felle, Häute, Haare, Federn, Filz, Hadern n. A. m. Wenn anch vielleicht diese Maß regel im Hinblick auf den Handelsverkehr als etwas zn scharf erscheinen mag, so ist dabei doch nicht zn vergessen, daß der Feind, welcher in weiter Ferne droht, furchtbarer ist, als alle Geißel», welche die Mensche» treffen können. Der deutsche Landwirthschaftörath hat nun seine diesjährige Session beendet und kann mit Befriedigung auf seine Thätigkeit zurückblickcu. In letzter Session wurde dcr Entwurf des NeichSgcsctzcS zur Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen bc- rathcn, und die übrigen Gegenstände — darunter anch die Kanalfragc für die Tagesordnung dcr nächsten Session zurückgestcllt, mid so war damit der materielle Theil dcr Tagesordnung erledigt. Dcr Vorsitzende thciltc dann mit Rücksicht ans die Beschlüsse in Sachen dcr Zoll- nnd Stcncrfrage mit, daß dcr Ausschuß beschlossen habe, für den Fall, daß dcr Land- wirthschaft — waö nicht unmöglich sei — Gefahren aus dcr Zollgesetzgebung drohen, die Mitglieder dcS LandwirthschaftSrathö zn einer anßcrordcutlichen Ses sion zufammcnjttbcrnfcn, »m mit aller Kraft für dic Interessen dcr dcMschen Landwirlhschafl cinzntrcten. Der bayerische Landtag hat sich in letzter Woche mit einer interessanten Angelegenheit beschäf tigt. Dcr Abg. Krämer stellte den Antrag, daß dcr völlig Ludwig dic bayerischen BundcsrathSmitgliedcr anwcisen möge, dem Gesetzentwürfe des Reichskanzlers, betreffend die Strafgcwalt dts Reichstags, ihrc Zu stimmung nicht zn ertheilcn. Dcr Ministerpräsident v. Pfretzschner erklärte dicscm Anträge gegenüber, daß dic Regierung auf diese. Angelegenheit hier gar nicht cingchcn könne, da die Affaire Verhältnisse dcü Reichs tages berühre, daher könnte dic Regierung auch keiuc bindende Aussage darüber machen. Dcr Antrag dcS Abg. Krämcr wurde hierauf jedoch mit 130 Stimmen gegen eine einzige angenommen. — In dcr zweiten bayerischen Kammcr wurde dcr Antrag dcS RcichS- rathS zn 8 ü5> dcS AnSführnngSgcsctzcö zum Gcrichtö- vcrfassuugsgcsctz mit großer Majorität angenommen nnd daö ganze Gesetz hierauf einstimmig genehmigt. Dcr Gesetzentwurf über Besteuerung der Wandcrlagcr wurde auf deu Antrag des Abg. Ruppert ciucm aus 14 Mitglieder» bestehenden Ausschüsse überwiesen. Dcr Finanzmiuister bcfürwvrtctc und crläntcrte dcn Gesetzentwurf, welcher loyal auSgcführt werde» »ud das Rcichsgcsctz keineswegs nulcrgraben solle, sonder» lediglich bezwecke, de» Gewerbebetrieb »ach Recht »ud Billigkeit znbesteuern. Der österreichische Ncichö- ralh ist nach außerordentlich hitzigen Bcrathimgcn dcS Berliner Vertrages, in welche» de» Minister» dic härtesten Dinge von einigen Abgeordneten an dcn Kopf geworfen wurden, in cin rnhigcrcö Stadium gclangt uud dic fast nutzloscn Debatten werden dnrch die dcmnächstige Genehmigung deö Berliner Vertrages im österreichischen Abgcorductcnhcmse ihrc Ende cr- rcichen. Dic politische Lage in Frankreich hat sich iu wenigen Tagen in cclatantcr Wcisc geändert, ohne daß dadurch dic Nnhc dcS Laiidcs im Geringsten gestört worden wäre. Dcr Präsident Marschall Mac Mahon hat anläßlich seiner Weigerung, die höheren Kommaudostcllcn im französischen Heere mit repu- blikanischen Generälen zn besetzen, am 30. Januar seine Entlassung gegeben, am selbigen Tage wurde aber auch bereits Julcö Grcvy, der bisherige Präsident der Dcputirtcukammcr und cin sehr maßvoller Poli tiker, zum Präsidenten dcr Republik auf die Dauer von sicbeu Jahren mit großer Majorität von deu vereinigten Kammern gewählt. Gambetta war es wohl, welcher die Republikaner zur Ausnutzung ihrer gegenwärtigen siegreichen Stellung drängte, doch ver schwand Gambetta während der ganzen Affairc klug hinter den Coulisscn, da sonst sein zn Tage tretender Ehrgeiz ihm jedenfalls viele Feinde bereitet hätte. Als Präsident dcr Dcputirtcnkammer wird aber jeden falls Gambetta auf dcr politischen Bühne Frankreichs wieder anftrctcn. Dic scithcrigcn französischen Minister haben dem »cugcwähltcu Präsidenten Grcvy anch ihrc Entlassung gcgcbcn, doch dürsten füglich nur einige derselben ans ihrem Amte scheiden. Daö russische Nicscnreich wird gegenwärtig außer vou der Pest am empfindlichsten von dcr Gcld- noth bedrängt nnd muß dic russische Negierung mit schwerem Herzen an eine nmfasseudc Stcuercrhöhnng Herangehen, was bei dcn heutigen politischen und socialen Verhältnissen Rußlands seine großen Bedenken hat. Dic Auszahlung der türkischen Kriegsentschädigung an Rußland würde, selbst wenn die Türkei die Zahl ung auch in dicscm Jahrc noch lcistcn könnte, auch nicht zur Deckung deö russischen Deficits hinrcichcu, da dasselbe den Betrag vou 300 Millionen Papicr- rubcl oder 170 Millionen Silbcrrubcl weit übertrifft. In dcr Türkei treten jetzt dic alten Klagen von Roth und Elend in gesteigertem Maße auf nnd viele türkische Staatsmänner fürchten eine Revolution. In dieser Furcht, oder vielleicht auch in einer angeb lichen Verschwörung, die dcr Großvczicr Said Pascha in Umlanf brachte, um seine Herrschaft zn befestigen, muß mau auch dic Ursache dcr Krankheit dcS Sultans suchen. Dic afghanische Affairc Englands ist immer noch nicht zn einem Abschlusse gelaugt, indessen scheint eö, daß cS mit dcr Sache dcr Afghanen immer mehr abwärts geht. Jakub Khau, der Sohn des Emirs von Afghanistan, bekämpft gegenwärtig nicht die Eng ländcr, sondern den rebellisch gewordenen Stamm der Ghilzaiö; uud Vali Mohamed, ein Halbbruder deö Emirs, soll gcucigt sein, sich den Engländern zn unterwerfen. Daö uciigcwähltc dänische Folkethiug ist am Freitag zur ersten Sitzung zusammcugctreten. Wenn bei den 'Neuwahlen dic Rcgierungöpartci anch einige sitze gewann, so dürfte cö bei den Bndgelberathuugen doch wieder zn harten Kämpfen zwischen Rcgicrnngö- und Oppositionspartei kommen. Der Prnsidentschaftswechsel in Frankreich. Ziemlich rasch und nnvcrmuthct hat in Frankreich in vergangener Woche ein PrüsidcntschaftSwcchscl statt- gcfnndcn. Dcr Marschall Mac Mahon, wclchcr früher mehrmals sein Vcrblcibcn auf dem Präsidcntcnstuhle mit dcn Wortc» ,.z'z- suis, rasto" (Hier bin ich, hicr blcibc ich), betont hatte, hielt sein Scptenuat, welches bis zum Jahrc 1880 hätte dauern müssen, nicht anü nnd gab plötzlich nm 30. Januar seine formelle Entlassung, worauf die zum Cougreß ver einigten Kammern sofort den Präsidenten der Depu- tirtcnkammer JuleS Gravy znm Präsidenten dcr frau- zösischcu Republik mit einer bedcntcuden Stimmen mehrheit wichlteu, denn von 710 wahlberechtigten anwesenden Stimmen wurde» 536 für Gravy, 00 für Chamy und 43 »»gültige oder unbeschriebene Stimmen abgegeben, und Gravy hierauf unter stürmischem Beifall zum Präsidenten der Republik auf siebe» Jahre proklamirt. — Waö die Ursache des Rücktritts des Präsidenten Mac Mahon anbc- trifft, so hat cr als dieselbe die von den Kammer» gewüuschtc »nd dem Ministerium gebilligte Besetzung der höchsten Kommandostellcn durch republikauischc Generäle angegeben, welche Neubesetzung Mae Mahon als der Reorganisation der Armee zuwider nicht ver antworten könne. ES mag sei», daß der Marschall Mac Maho» als Militärkcmicr sachlich diesc vo» dcr Ncpublik gcwünschtc Umänderung in der Armee vcrnrthcilt, wahrscheinlich ist cö auch, daß eö Mac Mahon nicht übcr sich gewinnen konnte, sich vo» seinen alten Generälen und Waffcugefährteu, die doch noch zum großen Theile die Armcekvmmaiidoö inne hatten, zn trennen, die richtigere nnd tiefere Ursache dcr Demission Mac Mahons liegt aber wohl in seinem politischen Standpunkte. Durch de» Sturz