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Nr. 40. Mittwoch, dLN 4. April 1906 5 Jahrgang Stein, Gemeinde-Vorstand. nach der der der an der Jagd des unglücklichen Besitzers der entflohenen Behauptung zu ergötzen. — Keine 4. Klasse an Sonntagen I In Zweiten Kammer des Landtags lehnte Finanzminister Dr. Rüger die Einführung sie Dauer von fünf Jahren als unfähig zur Bekleidung eines öffentlichen Amtes erklärt. — Flüchtig geworden ist nach Unterschlagung von 700 Mk. der Kontorist Otto Julius Mühl hausen, geboren am 24. Dezember 1886 zu Rossen. Er war bis 31. März in einem Ge schäft in der Ritterstraße in Stellung, wo ihm die Frachtkasse anvertraut war. In seiner Be gleitung befindet sich vermutlich ein 29 Jahre altes Mädchen. Mühlhausen ist mittelgroß, schlank und hat hellblondes Haar. Die Klei dung bestand u. a. aus dunklem hellgestreiften Jaketlanzug, ebensolchem Winterüberzieher, schwarzem, weichem Filzhute, roter Kravatte. Markanstädt. Einen verheirateten Ge schirrführer der Bergerschen Brauerei in Merseburg ereilte jäh ein trauriges Mißgeschick. Der Mann brachte mit einem vierspännigen Wagen Heu in die ehemalige Blaßnigsche Brauerei. Beim Einbiegen in den Torweg hatte er das Unglück, mit dem Wagen einen Pfeiler umzureißen, der dem bedauernswerten Manne Rückgrat und Becken zertrümmerte, so daß der sofort herbeigerufene Arzt nur den bereits eingetretenen Tod feststellen konnte. Brandis. Ein Famiücndrama ereignete sich Sonntag nachmittag hier in der Kshkn- straße 48 i. Der daselbst wohnende, am 12. Juni 1876 geborene Steinbruchsarbeiter Karl Robert Biesel gab, wahrscheinlich in einem Anfälle von geistiger Störung, auf seine nichts ahnende Ehefrau mittels eines Revolvers zwei Schüsse ab und verletzte dieselben glücklicher weise nur leicht in der Halsgegend. Niesel schoß sich hierauf selbst zwei Kugeln in den Kopf, so daß er in das Leipziger Krankenhaus übergeführt werden mußte. Die Frau befindet sich bei ihren hier wohnhaften Eltern. Der Mann soll schon seit einiger Zeit ein eigen tümliches Benehmen gezeigt haben. Der Tag des Dramas war gleichzeitig der erste Jahres tag der Ehe. Plauen. Die Stadtgemeinde vermachte dem 134sten Regimente eine Stiftung von 5000 Mk., deren Zinsen alljählich am 1. April nach An hören des Kommandeurs und des Offizierkorps an einige ältere Unteroffiziere verteilt werden sollen. Um bereits heute die Zinsen verteilen zu können, erhielt das Regiment außerdem uoch 200 Mk- Die Verwaltung der Stiftung be hält die Stadtgemeinde. Die Stiftung gehört dem Regiment, solange es in Plauen garnisoniert. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, den z. April igos — Im Monat April leben wir seit Sonntag. Er bildet nach dem römischen Kalender den zweiten, nach unserem Kalender den vierten Monat des Jahres. In ihm eröffnet Mutter Erde aufs neue ihre Schatzkammer, um uns Blumen und Blüten in Hülle und Fülle daraus zu spenden. Auch im Mittelalter finden wir für diesen Monat die Bezeichnung Aprellin resp. Abrüll, während Karl der Große dem April den Namen Ostermanoth (Ostermonat) verlieh, da das Osterfest ja zumeist in diesen Zeitabschnitt fällt. In älteren Schriften wird der April seiner unbeständigen Witterung halber auch häufig Wechselmonat oder Wandelmonat genannt. Für den Landmann bringt der April reichliche Arbeit. Hat der Landmann doch in ihm die Saat für den künftigen Sommersegen auszustreuen. Da dieser Monat in seiner zweiten Hälfte meist schon die Baumblut her vorzaubert, ist er auch für den Imker von Be deutung. denn das erfolgreiche Einträgen der Bienen kann nun beginnen. Freilich: Es ist kein April so gut» er schickt dem Schäfer Schnee auf den Hut! Doch was schadet dasl Und wenn sich der Schnee in Regen wandelt, so ist dies dem Landmann noch lieber. Verheißen doch kräftige Regenschauer in diesem Monat eine gute Ernte und einen fruchtreichen Herbst. Hinsichtlich der Witterung erweist sich der April launenhafter als die verwöhnteste Schöne. Kaum hat er uns mit klarblauen Himmel und lachen dem Sonnenschein aus der Siube gelockt, so läßt er kurz darauf in hämischer Schadenfreude einen weißen Flockentanz oder einen heftigen Regenguß aus den ahnungslosen Spaziergänger hernieder gehen oder er reißt ihm in frevent lichem Uebermute den Hut vom Kopfe, um sich traktierte sie mit Fußtritten. Aehnlich erging es auch dem Sohne, welcher seiner Mutter zu Hilfe eilte. Nun zog der Sohn das Messer und stieß es dem Vater in die Brust. Der Stich traf die Lunge und führte eine Blutver giftung herbei, welcher der Verletzte nach fünf Wochen erlag. Drescher jun. wird wird wegen gefährlicher Körperverletzung mit tödlichem Aus gange zu 3 Monaten Gcfängns, der Mindest- strase verurteilt. Radeburg. Ans Anlaß seines ersprießlichen Wirkens als Stadtrat hiesiger Sjadt erhielt Herr Döring hier beim Ausscheiden aus diesem Amie den Titel „Stadtrat" auf Lebenszeit verliehen, Radebeul. Die Bewegung in der Metall industrie gewinnt immer mehr an Ausdehnung. Zu den schon in den Ausstand getretenen zahl reichen Arbeitern in Meißen, Dresden usw. sind nun gestern auch diejenigen bei der um fangreichen Firma Gebr. Gebler getreten. Tort verließen infolge Verabredung früh 9 Uhr sämt liche organisierte Former, Gußputzer, Kernmacher und Gießerei-Hilfsarbeiter die Arbeitsstätte, und nur wenige Arbeiter blieben zurück. Sonn abend abend fanden hier und in der Umgegend neun Versammlungen in dieser Angelegenheit statt- Man kann aber kaum irgendwelche posi tive Schritte erwarten, denn die Aussperrung sämtlicher organisierter Metallabeiter in der Dresdener Kreishauplmannschast steht für den 4. April bevor, und bei der Gespanntheit auf beiden Seiten ist an ein vorheriges Einlenken nicht zu denken. Schandau. Ein eigentümlicher SchiffSun- fall ereignete sich auf der Elbe bei der Nord bahnbrücke in Tetschen. Ein Schleppdampfer, der vier Kähne im Schlepptau hatte, fuhr tal wärts. Plötzlich riß das Tau und zwei Kühn wurden vom Schleppzuge abgerissen und gegen die Brücke getrieben. Versehentlich hatte man die Masten der Kähne nicht niedergelegt. Die Kähne rannten infolgedessen mit den Masten in voller Wucht gegen die Brücke. Die Masten wurden zertrümmert und bohrten sich zum Teile in den Körper der Kähne ein. Nun trieben die Kähne gegen die Kettenbrücke, wo sie An ker warfen. Auch hierbei passierte ein Unfall, indem dis Anker die Elbkette faßten. Erst nach längerem Bemühen gelang es, die Kähne freizumachen. Ein Eisenbahnzug, der in dem Augenblicke des Unfalls über die Nordbrücke fahren wollte, konnte noch rechtzeitig zum Stehen gebracht werden. Bautzen. In Radibor brannte in der Nacht von Sonnabend bis Sonntag der Gasthof voll ständig nieder. Bei dem Brande erlitt ein Mädchen schwere Brandwunden. Zittau. Seine Liquidation beschloß der Lehrer-Spar- und Vorschußverein infolge der von seinem Kassierer, dem Oberlehrer Ludwig, verübten namhaften Unterschlagungen. Ludwig sitzt noch im Bautzner Landgerichtsgefängnis in Untersuchungshaft. Leipzig. Der beim Postamt in Wurzen als Gehilfe angestellt gewesene Rich. Baum, welcher zu Anfang dieses Jahres mi! amtlichen Geldern flüchtig wurde, und diese in Berlin und Hamburg mit „schönen Damen" verjubelte, ward vom hiesigen Schwurgericht zu zwei J-::^ 'Gefängnis verurteilt. Außerdem wurde er fü. gen Die ganze Küste soll wieder von be waffneten Dschunken wimmeln. Die Amerikaner haben infolgedessen mehrere Kriegsschiffe nach Schanghai geschickt. - Der stille erbitterte Kampf zwischen dem oppositionellen Ungarn und der kaiserlichen Regierung in Wien wird mit Hartnäckigkeit fortgesetzt. Das Ministerium Fejerwary hat dem Kaiser dringend vorgeschlagen, die Neuwahl nach Möglichkeit hinaus zu schieben, da die Stimmung der Bevölkerung einstweilen immer noch der Kossuthpartei eine große Mehr heit im neuen Parlament sichern würde. In Ungarn selbst sind nicht nur die Teile der bis herigen Opposition stramme Gegner des Kaisers von Fejervary sondern auch der sehr mächtige lieberale Hochadel beginnt sich für Ungarns Unabhängigkeit zu organisieren. Man faßte die Sache nicht ungeschickt an. Die Damen des Feudaladels haben unter sich einen Bund gegründet, dessen Devise lautet: „Ungarn den Magyaren" und dessen Hauptzweck ist: Hebung heimischer Industrie. Sie nennen sich „Bund der naiionalen Tulpe" und tragen als gemein schaftliches Abzeichen eine emaillierte Tulpe in Landesfarben: rot-weiß-grün. Sie legen wieder die alte nationale Tracht an, woraus ihren bis herigen Kleiderlieferanten, den österreichischen und besonders Wiener Schneidern, ein kolossaler Schaden entstehen würde. Nicht für eine Krone aus dem Auslande, was, wenn auch nur in annähernder Güte, in Ungarn selbst erzeugt werden kann. — Über Rußland läßt sich schwer etwas Zutreffendes sagen. Die Dumawahlen haben bereits begonnen, die Radikalen und Sozialisten beteiligen sich aber nicht daran. Sie haben kein Vertrauen zu Wittes Regierung. Ob die alte revolutionäre Kraft ganz gebrochen und niedergeschlagen ist oder sich nur für pas sendere Zeit aufspart, — wer vermag es zu sagen. Von Gewalttaten hat man in den letz ten Tagen nichts mehr gehört. Dagegen wird in allen politischen Kreisen die kolossale Undank barkeit Rußlands gegen Deutschland eingehend empfunden und besprochen. Es ist zugunsten seines Bundesgenossen Frankreich nicht nur von Deutschland abgerückt, sondern hat diese Tat sache noch in einer ziemlich verletzenden Form in Berlin mitgeteilt. Das also ist der Dank für die ungeheure Unterstützung während des Krieges und während der Revolution, die Fürst Bülow dem darniederliegenden Nachbarreiche geleistet hat, durch Maßnahmen, die ihm nur in verschwindend wenigen Fällen die Zustim mung seiner Landsleute eingetragen hat. Man spricht nicht gern davon. — Hatten wir in der vergangenen Woche als besonders interessante soziale Erscheinung die Hilfsleistung der deutschen Bergleute in Courriäres zu berichten, so zeigte uns die Berichtswoche ein ähnliches Beispiel deutscher Tüchtigkeit. Zwei Militärluftschiffer Görgen und Plep waren mit einem kleinen Ballon zu einer Erkundigungbfahrt aufgestiegen. Der Ballon nahm seinen Weg über die Ostsee, wo er seinen Lauf verlangsamte und allmählich sank. Die Nacht brach herein und die Ärmsten wußten nicht einmal, wo sie sich befanden, hörten aber unter sich das Rauschen des Meeres. Sie waren nach und nach genötigt, allen Ballast über Bord zu werfen, auch die Ihnen lieb ge wohnten Instrumente, und da das noch' immer nicht half, sich auch ihrer Stiefel zu entledigen und die Gondel abzuschneiden und sich an den Ballontauen festzuhalten. Endlich nachts um 1 Uhr landeten sie auf schwedischem Boden, Kopenhagen gegenüber. Sie wickelten sich in die seidene Ballonhülle und schliefen mehrere Stunden lang den Schlaf der Gerechten. Neu gestärkt erhoben sie sich und wateten mehrere Stunden barfüßig bis zu einem bewohnten Orte, von wo aus sie auf bequeme Weise nach Berlin zurücktransportiert wurden. Jeder Stand hat seine Helden und man sollte mit den Kränzen für die Helden der Industrie und Technik nicht allzu sparsam sein. Nus der Woche. Man zerrt sich noch ein bißchen aber in einigen Tagen wird sich alles eingerenkt haben; so gab sich am Donnerstag das Bild der Kon- serenz. Ganz plötzlich kommt es aber wie eine Störung von einer Seite, von der man es am wenigsten hätte erwarten sollen: Die Marok kaner empfanden bei irgend einer Gelegenheit, ihr großmächtiges Oberhaupt sei nicht genügend fctiert worden; sie protestierten und verließen zugleich den Saal. Also Obstruktion in bester Form. Man wird ihnen natürlich zureden wie kranken Schimmeln und das wird auch schließ lich helfen, aber es sind doch wieder ein paar schöne Tage verplempert. — In Deutschland gibt es nur wenige engumgrenzte Kreise, die für Kolonialpolitik sind. Aber sie haben eine starke Vertretung im Parlament und so ging denn am Donnerstag der Kolonialetat im Reichs tage glatt durch: dasgleiche geschah mit der Flottenvorlage. Damit sind ein paar, die De batten stark verlängernde Streitobjekte auSge- schieden. Am Freitag genehmigte endlich der Reichstag auch mit knapper Mehrheit die For derung eines selbständigen Kolonialamtes und alle damit verbundenen Kosten. (Bisher unter standen bekanntlich die Kolonien dem Auswär tigen Amt.) — Da in China nach und nach wieder die alte „Ruhe und Ordnung,, einge zogen ist, halten es die hartbedrängten See räuber für zeitgemäß, ihr einträgliches histo risches Handwerk wieder in Schwung zu brin 4. Klaffe an Sonntagen, die von der Finanz deputation 8 als erwünscht bezeichnet worven war, strikte ab. — Der sächs. Kreiöturnrat gibt bekannt, daß Herr Bankdirektor Emil Greif in Oederan, durch besondere Umstände (Greif ist bekanntlich nicht einwandfreier Bank-Geschäftsführung be schuldigt) veranlaßt sein Amt als Kreiögeldwart niedergelegt hat. Das Verhältnis des Kreises mit der Ländlichen Spar- und Vorschußbank in Oederan ist durch den Rücktritt Greifs ge löst und das Vermögen des Turnkreises Sachsen an den Kreistucnrat zurückgegeben worden. Durch Beschluß des KeistururateS ist bis zur erfolgten Neuwahl eines Kreisgeldwarts der erste Kreisvertreter mit der Kaffenführung be traut worden. Dresden. Den eigenen Vater erstochen hat der etwa 16 jährige Arbeiter Robert Her mann Paul Drescher aus Copitz. Am 14. Januar ging der Angeklagte mit seiner Mutter an einem Pirnaer Gasthause vorüber, wo der Vater des Burschen weilte. Drescher sen. kam heraus und forderte seine Frau auf, ein Glas Bier, mitzutrinken, was die Frau aber ablehnte. Darüber aufgebracht, versetzte Drescher sen. seiner Frau mehrere Orfeigen, warf sie zu Boden und Wegesperrung. Der von Lunnersclork nach sVleäingen führende Kommunikationsweg wird in der Flur Cunnersdorf wegen IVlallens^üttungen Vom 6. bis mit 11. April dss. I. für den öffentlichen Fährverkehr gesperrt. Letzterer wird über Hermsdorf verwiesen. Zuwiderhandlungen werden nach Z 1 der Verordnung vom 9. Juli 1872, den Ver kehr auf den öffentlichen Wegen betr., bis zu 30 Nik. bestraft. Ounnersäork, am 2. April 1906. Ottendorse ltmg Druck und Verlag von Hermann Rühle m Groß-Okrilla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsdlatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „öpiel und Sport" und „Deutsche Mode". Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Gkrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Vie „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich l Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Annahme von Inseraten bis vormittag w Uhr. Inserate werden mit w Pf für die Spaltzeile berechnet Tabellarischer Satz nach besonderem Tarif