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Ottendorfer Zeitung. Die „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Rioritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag Uhr. Inserate werden mit ,v ps. fiir die Spaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach br. sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß.Dkrilla. Nr. 1. Montag, den I.Ianuar 1906 5. Jahrgang. Flüstern ihm leise von Reichtum und Schätzen Die ihm die Zeit noch, die flüchtige, bringt, Zeigt für die Zukunft nur Lust und Ergötzen, Zeigt wie der Gichtige tänzelt und springt. Zeigt ihm des Weibes Anmut und Holde Daß ihm im Leibe das Herz nur so lacht, Zeigt ihm Paläste vom feurigsten Golde, Dazu die Lüste von Herrschaft und Macht! Und doch so oft schon hat ers erfahren, Wie ihn Sylvesters Versprechen genarrt; Aber die Weisheit kommt nicht mit den Jahren Sie ist nicht immer mit Alter gepaart. Unsere Wünsche erfüllen sich selten Gft auch bringt ihre Erfüllung nicht Heil; Doch darum soll man die Hoffnung nicht schelten Die uns meist gängelt am Narrenseil. Eilt auch die Zeit auf den flüchtigen Schwingen Eilen wir mit ihr doch immerdar; Füllet die Gläser und laßt sie erklingen, Laßt uns begrüßen das neueste Jahr! Wenn es auch berge im dunkelen Schoße, Immerdar find es uns wacker und stark; Darum, Du Neujahr, nun schüttle die Lose Und bei der Ziehung treibs nicht gar so arg! Wenn im Sylvesterpunschs dampfender Wolke Neckische Geister sich winden und dtehn, Zählet der Mensch zu dem lustigen Volke, Das man bisher auf Erden gesehn. Hängt ihm der Himmel doch gleich voller Geigen Feurigste Hoffnung belebt seinen Blick, Tanzt ihm das Leben den wonnigsten Reigen, Täuscht ihn mit Bildern von künftigen Glück. Füllet die Gläser und laßt sie erklingen! Freut euch des Lebens und zukünftig auch; Lasset dem Neujahr ein „Prosit" uns bringen, Denn so verlangt es der uralte Brauch. Wollen nicht weiser sein, als unsere Alten, Die auch stets Bessres vom Neujahr erhofft, Und die ja auch von der Vorsehung Walten Sahen getäuscht ihre Sehnsucht so oft. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, der z;. Dezember 1905. — Von der hiesigen Sparkasse wurde am vergangenem Donnerstag das 1000. Spar kassenbuch ausgestellt. — Unsere Postbezieher, die ihre Blattbe stellung für das erste Vierteljahr 1906 noch nicht erneut haben, werden hierdurch gebeten, dies umgehend nachzuholen, und zwar beim nächsten Postamt oder beim Briefträger. Nur bet Bezugserneuerung kann darauf gerechnet werden, daß beim Vierteljahrswechsel in der Zustellung keine Unterbrechung eintritt. — Zur Beachtung für Absender von Neu jahrskarten. Offene gedruckte Karten, An sichtskarten oder Karten mit aufgedruckten Glückwünschen, auf denen die ursprüngliche Bezeichnung „Postkarte« beseitigt oder durch den Vermerk „Drucksache ersetzt ist, sind gegen die Drucksachentaxe zugelassen. Auf solchen Karten darf nur der Tag der Absendung, die Unterschrift sowie der Stand und Wohnort des Absender handschriftlich angegeben sein. Bei jedem weiteren Zusatz, insbesondere der Worte „sendet", „wünscht", „und Frau" „und Familie" verliert die Karte die Eigenschaft einer Drucksache und werden nicht befördert oder wenn der Absender nicht zu ersehen ist, als gewöhnliche Postkarte behandelt. Des Weiteren ist es die Pflicht eine» jeden Absenders im eigenen Jntresse, stets auch seine genaue Adresse auf die Sendungen zu schreiben. Gerade vom Neujahrsbriefverkehr werden tausende Briefsendun m, deren Em pfänger nicht aufzufinden und deren Adresse nicht richtig angegeben ist, nach Lagerfrist von 3 Mon. bei der Ober-Postdirektion ver brannt. — Ein Wort für die Neujahrskarte! Hierzu schreiben die „Leipz. N. Nachr; „Seit mehreren Jahren ergeht um die Weihnachtszeit vielfach durch Armenkassen - Verwaltungen, Wohltätigkeitsvereine usw. die Aufforderung, sich durch eine Geldspende für die Armen von der zum allgemeinen Brauch gewordenen Versendung von Neujahrsglückwunschkarten ab zulösen. ES wird damit eine Anregung ge geben, die ohne Zweifel gut gemeint ist und nur Anerkennung verdienen würde, wenn deren Befolgung nicht mit einer äußerst empfindlichen Erwerbsschädigung für eine sehr große Zahl von Gewerbetreibenden und Arbeitern, die bei der Herstellung, und dem Vertriebe von Glückwunschkarten beschäft sind, verknüpft wäre. An diese bedauerliche Folge wird von denen, welche zur Ablösung der Neujahrskarten an regen, und von allen, die sich dazu bereit finden lassen, so wenig gedacht, wie daran, daß die jenigen Kreise, welche von der Ablösung Gebrauch machen, dem bester und bestsituierten Teile der Bevölkerung angehören, es also nicht notwendig haben, das eine zu lasten, um das andere zu tun. Man übersieht auch ganz, daß durch Veröffentlichung einer Liste, in welcher die Namen der an der Ablösung Be teiligten verzeichnet werden, der Zweck, den der Kartsnversender im Auge hat, nnd der Eindruck den eine Glückwunschkarte auf den Empfänger macht, gar nicht erreicht werden kann, Gebe jeder dem Armen so viel er vermag und jeder der sich dazu gedrängt und berufen fühlt, rege zur rechten Zeit und in rechter Weise zum Wohltun an, nie aber sollte dies geschehen zum Schaden für einen der zur allgemeinen Wohl fahrt erforderlichen Nahrungszweigel — Eine Zählung der Eisenbahnreisenden ist auf den sächsischen Staatseisenbahnen für den 21., 22., 23. Januar, 21., 22., 23. Februar 17., 18., 19. März, 3., 4-, 5, April 1906 in Aussicht genommen. — Man erleichtere den Postbeamten ihren schweren Neujahrsdienst soweit als möglichst. Beim Herannahen des Jahreswechsels ist wiederum darauf aufmerksam zu machen, daß es sich dringend empfiehlt, den Einkauf der Freimarken für Neujahrsbriefe nicht bis zum 31. Dezember zu verschieben, sondern schon früher zu bewirken, damit der Schalterverkehr an dem genannten Tage sich ordnungsgemäß abwickeln kann. Ebenso liegt es im eignen Interesse des Publikums, daß die Neujahrs briefe frühzeitig zur Auflieferung gelangen und daß nicht nur auf den Briefen nach Groß städten, sondern auch auf Briefen nach Mittelstädten die Wohnung des Empfängers angegeben werde. Für Berlin ist außerdem die Angabe des Bestell-Postamtes dringend wünschenswert. Königsbrück. Aus Furcht vor Strafe gab sich der 22 Jahre alte Fahrer Emmrich von der reitenden Abteilung des 1. Feld artillerie-Regiments Nr. 12 durch Erhängen selbst den Tod. Klotzsche. Bei dem früh 5 Uhr 55 Min- von Arnsdorf nach hier verkehrenden Personen zuge ereignete sich auf dem Bahnhose Klotzsche ein Unfall. Der Arbeiter Wendler aus Klotzsche wollte in einem Wagen vierter Klaffe des noch langsam einfahrenden Zuges einsteiqen und kam zu Falle, so daß ihm der Brustkorb von der linken Schulter aus ein gedrückt wurde. Sern Tod trat kürz darauf ein. Dresden. Beint Klettern aus der am Striesrner Landgraben befindlichen Barriere stürzte am Sonntag ein sieben Jahre alter Knabe zu Boden und zog sich einen kam- pliezirten Bruch des linken Ellbogengelenkes zu. Jakobsthal b. Riesa. Drei Berliner hatten am Sonntag einen Jagdausflug nach dem Walde des Reichsfiskus gemacht. Durch einen Waldwärter wurden sie aber bei ihrer Arbeit beobachtet, am Abend auf hiesigen Bahnhofe durch Gendarme verhaftet und dem Amtsgericht Riesa übergeben. Sie hatten eine große Anzahl Netze sowie 3 Frettchen. Die Jagdbeute bestand in 23 wilden Kaninchen. Oschatz. Ein schreckliche Weihnachtsfests wurde der Familie de» Wirtschaftsbesitzers Reinhold Schindler in Mügeln zu teil. Schindler war am Sonnabend vom Hause fort über Land gegangen, kehrte aber nicht zurück. Am folgenden Tage, am heiligen Abend, wurde plötzlich die nichtsahnende Frau zur Rekognoszierung der entsetzlich zugerichteten Leiche ihres Mannes geholt, Der Unglückliche war in der Dunkelheit auf die Schienen und unter den Zug geraten, wobei ihm Kopf, Arme und Beine abgefahren wurden. Ob wohl das Zugspersonal das Hindernis bemerkte und die Strecke absuchte, konnte man wegen der herrschenden Finsternis nicht finden. Erst am anderen Morgen stieß ein Streckenarbeiter auf die Leichenteile. Der auf so schreckliche W-ise um» Leben Gekommene hinterläßt eine Frau und 4 Kinder. — Der Arbeiter Robert MecuS in Oschatz verunglückte dadurch, daß er in der Trunkenheit an abschüssiger Stelle in die schmake Döllnitz fiel und ertrank. Die Leiche, die von den reißenden Master fortgeschwemmt wurde, ist trotz eifrigen Suchens nicht gefunden worden.