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Siilh fischt Elheilmg. Amts- und Anzeigeblatt für das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. Die „Sächsische Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch nndSonnabend und ist durch alle Pollanüalteii. sowie durch die Erpediiiou dieses BlatteS lür kO Ngr. viertel- jährlich zu beziehen. - Inserate siir das Mittwochöblat, werden bis Dienstag früh tt Uhr, lnr das SonnabendSbl.ru spätestens bis Freitag früh i) Uhr er- beten. - Preis für die einmal gespaltene CorpuSzeile oder deren Nanni l Ngr. - AuSwärtS werden Inserate für die Elbzeitnng angenommen in Hohnstein bei Herrn Hesse, in Dresden und Leipzig in den Annoncen.Bureaur der Herren W. Saalbach, Rud. Mosse und Haasenstein L Vogler. n 1874. Schandau, Mittwoch, den 4. Februar Politische Weltschau. Morgen wird der zweite Reichstag dcö deutschen Reiches in Berlin crösfnct. Mit Spannung sicht inan seinen Verhandlungen entgegen. Es ist nicht die Furcht, als köuutcu die rcichsfcindlichcu Elemente die Oberhand gewinnen, sondern die sichere Aussicht auf hitzige Gefechte und lebhafte Kämpfe, welche jene Spannnng hcrvorruft. Die Wahlcrfolgc der Social- dcuiolratcu haben diese Partei bereits in einen Paro- xiSinns versetzt, der gar nicht schlimmer sein kann, als er ist. Nnft doch der „Nene Socialdcmokrnt" in einer seiner letzten Nummern mit Mnth und Begeisterung nuö: „Es lebe die Commune!" Wahrlich, es stünde schlimm nm Deutschland, wenn cs jemals da- hin kommen könnte, hier Experimente zn wiederholen, wie sie in Paris und Karthagcna zur Schande des Jahrhunderts und zur Schmach für alle Zeiten sich vollzogen haben. Man lese mir in den Zeitungen dcr letzten Wochen die haarsträubenden Scheußlichkeiten dieser Weltbcglücker in der spanischen Seestadt nach; man erinnere sich der Unthaten jenes revolutionären ZigcnncrthnmS, welches erst niedergeschlagen wnrde, nachdem Paris in ein unermeßliches Lcichcnfcld und in eine riesige Brandstätte verwandelt war. Wenn das Motto:. „Es lebe die Commune!" dahin zn ver stehen ist, daß das dentsche Proletariat demnächst ver suchen will, die französischen und spanischen Vorgänge nachznahmcn, so tritt an die übrigen Klassen der bür gerlichen Gesellschaft die Pflicht heran, sich gegen die ÄnSführnng solch kolossaler Tragödien in der geeig netsten Weise noch rechtzeitig sicher zn stellen. Dcr Socialismus, wie er hier zu Tage tritt, ist nichts als ein Zeugnis; der entsetzlichste» moralischen und sittlichen Verwilderung. Nein, das kann nimmer der Weg sein, ans welchem die menschliche Gesellschaft znr Verwirk lichung dcö Grundsatzes der Gerechtigkeit für Alle ge langen kann. Der Nnf: „Es lebe die Kommune!" oder wie Bebel sich anszndrückcn beliebt: „Krieg den Palästen!" ist ganz genügend, nm alle Diejenigen, deren Existenz nnd Besitz durch derartige Vorspiele bedroht werden, zn den äußersten Anstrengungen an- znsporncn, nm die Anstellung solch barbarischer Gleich- hcitscxperimcutc zn vereiteln. Es ist gar nicht abzu- sehen, wohin cS mit unserer bürgerlichen Freiheit kom men soll, wenn nicht Vorsorge getroffen wird, der artige wilde Drohungen einmal recht gründlich aus der Welt zu schaffen. Im Reichstage, wie gesagt, wird es mit den So- cialdcmokrntcn zn heftigen Auftritten kommen. Im Bunde mit den Ultramoutaucu, Partilülaristcn, Wcl feu, Polen, Dänen nnd andern rcichsfcindlichcn Ele menten können sie die Ncichscinheit schwer bedrohen, wenn nicht die entsprechende Remedur gegen diese Ge fahr geschaffen wird. In Oesterreich dreht sich die ganze innere Politik gegenwärtig um die koufcssioncllcn Gesetze. Wie tief dieselben ciuschncidcn, erhellt aus der erbitterten Sprache der nltramontancn Organe, die »och immer der Selbst länschnng huldigen, als ob der Kaiser nicht mit dem Herzen darauf cingcgaugcu sei. Dcr österreichische Klerus rüstet sich zu einem energischen Feldzüge. Ein Schreiben Mallinckrodts an den Obmann des tälho- lisch-politischcn Kasinos in Obcrösterrcich fordert zur Bildung einer „fertigen", stnrkgcglicdcrtcn Partei .nnf; desgleichen hat dcr Fürstbischof Zwcrger cin Coudolimz- schrcibcn an LcdochvwSky in Poscn, wie Kardinal Rauscher eine aufmuntcrndc Belobigung an den Erz bischof von Köln gerichtet. Schon erklärt der schnei digc Bischof Rüdiger von Linz, daß das Konkordat noch vor Gott und dem Gewissen zn Recht bestehe. Dies Alles dcntct ans einen lebhaften Kampf. — Dcr Wicucr „Börsenkrach" fordert noch immer Opfer; das jüngste derselben ist Baron Gablenz, österreichischer Kavalerie- Gcnernl, dcr sich einc Pistolcnkngel durch den Kopf jngtc. Ju Ungarn steht wieder einmal cmc Mnnstcr- krisis vor dcr Thüre. Der Ministerpräsident verlangt Geld zum Baue dcr ungarischen Oslbahu und will zurücklrctcn, wenn ihm dasselbe verweigert wird. Nun sind aber die Herren Magyaren nirgends empfind licher, als im Gcldpnnkte. Sobald cs „bcwilligcu" oder „zahlen" heißt, braust ihre sittliche Entrüstung hoch ans. Es ist abzuwarlcu, ob sic den vorgelcgtcn Gesetzentwurf über dcu Ban dcr nngarijchcn Oslbahu aus Staatsmittel» nimchme» oder ablch»cu werde». I» dcr Schweiz dauert die militärische Besetzung des Jura fort und ist ncncrdiugS noch verschärft war- den. Die abgesctztcn renitenten Pfarrer sind meist in benachbarte französische Ortschaften gezogen, nm von da ans ungestört ihr.Hetz- und Wühlergcschäft betreiben zn können. — Ein Mitglied des schweizer Nationalrathcö — Vnillcrat heißt der Ehrenmann -- hat sich nicht gescheut, zu Bar le Duc iu Frankreich einen Anfrnf an die auswärtigen Mächte drucken zn lassen, in welchem er die JMervcnlion derselben für die Schweizer Ultramoutaucu nachsucht. In einer dcr letzten Sitzungen dcö NationalralhcS konstatirtc .Bmidcspräsidcnt Schenk, daß Unllriebc znr Einmisch ung einer fremden Macht in die schweizerischen Vcr hältnissc bereits zn Gcgcnmaßrcgcln dcr Rcgicrung geführt hätten. Die Versammlung sprach darauf die Erwartung ans, daß Vnillcrat unverzüglich sein Man dat nicdcrlegcu werde. Den neuesten Nachrichten zu folge ist bereits seitens der Regierung Anklage gegen ihn erhoben. Die italienische» Volks-Vertreter, welche ihre Wcihnachtöfcricn bis znm 20. v. M. anSdchntcn, ha ben die Disknssion über den Schnlzwaug hinter sich. Nächstens beschäftigt sic dic Papicrgeldfragc. Dic neulichcn Erklärmigcn des Fürsten Bismarck über La- marmora wirbeln noch immer in Italiens Prcßorgancn viel Stand auf. Die Liberalen beklagen, daß ihr General überhaupt ciu Buch geschrieben; die Kleri kalen dagegen hoffen, dasselbe werde noch zn recht viel ärgerlichen Auftritten Anlaß geben. Lamarmvra soll nämlich beabsichtigen, im Parlament gegen Bismarck losznlcgcn. Dic gcbühreiidc Antwort wird ihm dann nicht amöbleibcn. In Frankreich machen die Gesetze über die MaircS (Bürgermeister) und über die geistliche Organisation der Armee wieder viel böses Blut. Ein Amendement znm letzteren Gesetze, welches der Armee die Ge wissensfreiheit znsichcrn sollte, wnrde verworfen. Bi schof Dnpauloup zeichnete sich bei dieser Gelegenheit wieder durch eine Rede ans, in welcher er den reli giösen Dienst als die Sichcrhcitsklappc für den obli gatorischen Dienst der französischen Armee anpries. Selbst das Amendement des Abg. Andre's, daß dic protestantischen und israelitischen Soldaten dispensict werden möchten, an den gottesdienstlichen Handlungen des katholischen Kultus lheilznuehmeu, fand keine Gnade vor dcr Nationalversammlung. Man nahm das Gesetz, eine wahre geistliche Zwangsjacke für die Armee, schließlich mit 345> gegen 263 Stimmen an. Aber trotz dieser offenen klerikalen Reaktion befestigt sich dic Stellung dcr Rcgicnmg keineswegs. Der alte voltairianische Geist vereinigt sich mit der Besorgnis; dcr nnbcfangcncn Liberalen, daß dieses breitstiruigc Vorgehen dcr Nationalvcrsammlnng im Innern dic Erbitterung gefährlich steigern und das Ansehen eines Kabincts im AnSlande nicht heben werde, nachdem es jüngst erst gegen seinen speeifisch-klcrikalen Charakter Verwahrung cinznlegcn sich gcuöthigt fand. Dazn kommt dic Sorgc, das; die legitimistischcn Kreise wiederum iu ihren Blättern nm Scptenninm (sieben jährige Regierung) rütteln und Mae Mahon als blo ßen Lückenbüßer bis zum Triumph des KönigthnmS vou Gottes Guadcu bchaudcln. Um Broglie, dessen Noyalismnö noch Verdacht erregt, zu neuen Bcthcucr- uugeu zu nöthigcu, hat die Nationalversammlung eine Interpellation Gambclta'S zugclasscn, nnf deren Ver- lanf man nm so gespannter ist, als Rechte nnd Linke mit dem Kabinct unzufrieden sind. Dic Rcchtc stützt cs znr Zeit allerdings, um nicht mit dem Sturz Broglic'ö auch den Triumph vom 24. Mai iu die Brüche gehen zn sehen. Die Verfolgungen gegen republikanische Blätter erheischen täglich neue Opfer. Dic Nachrichten ans Spanien lauten für die Re gierung Serrano's nicht 'günstig. Dic Karlistcn ha ben durch die Einnahme von Portngalete einen gro ßen Vorthcil erlangt nnd bedrohen ernstlich die volk reiche biScay'schc Hauptstadt Bilbao. In Paris ging das Gerücht, daß Bilbao schon gefallen sei, doch be darf eö der Bestätigung. Die Negierung Scrrancrö macht alle Anstrengungen, um dcu Karlisteu dic er- ruugeuen Vortheilc wieder abzujngcn. England ist durch die Auflösung des Unterhauses plötzlich aus der tiefsten politischen Ruhe iu dcu höchsten Grad der Wahlanfrcguug versetzt worden. Das neue Parlament sott in der ersten Märzwoche znsammen- tretcn; die allgemeinen Wahlen stehen also hart vor der Thür, nnd cin nncrwartctes Lebcn ist in die Ab - geordnctcn gefahren, die ihre Wiederwahl wünschen. Die Blätter wimmeln von Wahlschrcibeu, Kandidatnr- bcrichtcn nnd Artikeln über die imvorhergesehenc Maß regel der Negierung. Inmitten dieser Aufregung fand am vorigen Dienstag das große Meeting statt, dessen Zweck bekanntlich war, dic Sympathien Englands mit Deutschland im Kampfe gegen den UltramoiilaniSmnö knndzugebcn. Wir haben darüber bereits in voriger. Nnmmcr berichtet. Ju Rußland fand am 23. v. M. die Vcrmäh- lnug der Kaisertochtcr Großfürstin Maric mit dem englischen Prinzen Alfred, Herzog vou Edingburg, mit großer Feierlichkeit statt. "Die Trauuug wurde zu nächst »ach orthodox-griechischem nnd dann anch nach anglicauischcm Nitns vollzogen. Nach dem solennen Festmahle, bei welchem die Toaste vom Kanonen donner begleitet wurden, begab sich das junge Paar nach Zarskojesvla, um dort drei Tage zn verweilen. Am 27. kehrte cs nach Petersburg zurück. Bis zum 3. Februar ist uuu Nacht für Nacht Ball, dann bc- giebt sich der Hof uach Moskau. Tage ü g e s ch i ch L e. X Dresden, 1. Fcbr. Die letzte Iamiar-Woche war fast täglich mu Sitzungen unserer Stänkere,- sammluug auögefüllt. Ein hervorragendes Interesse bot die Verhandlung der I. K. über die Forderung von 843,864 Thlr. znr Errichtung von fünf Landgerichten. Die Fmanzdepulanon sagt in dem vom Nef. Pfotenhauer erstatteten Bericht, daß sic den Zeitpunkt »och nicht für gekommen erachte, um endgültig über dic Errichtung von Landgerichten zu beschließen. Sodann wirft sie ein ernsthaftes Ange auf die Höhe des außerordentlichen Budgets (23 Millionen Tblr.) und sagt: Die Deputation tveM zwar dic vom Finanzminister bei der mit demselben Mcruntcr gepflogenen Verhandlung ausgesprochene Ansicht, daß bei dem Staatshaushalte solche Ans- gaben, welche für die laufende Verwalning sich noih- wcudig machen und zu Bestreitung des gewöbnlichen Bcbaifeö des Staats erforderlich sind, dem ordeui- lichcn Staatsbudget, solche Ausgaben aber, welche ini Allgemeinen mit dein Namen „Vermögeusausga- bcn"zu bezeichnen sind, dem außerordentlichen Staats budget zu überweisen seien, sie hat sich aber dennoch im vorliegenden Falle' einiger Zweifel nicht zu ent- chlagen vermocht, der Zweifel nämlich, ob die in Zrage befangenen Postulcue unter die Vermögens- auSgabcn im obigen Sinne zu rechnen, also im außer ordentlichen Staatsbudget aufzunchmen oder als ge wöhnliche Bedürfnisse der laufenden Verwaltung dem ordentlichen Staats Budget zu überweisen seien. Diese