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KchMM flr MWM «nd Amgegen-. Fmrspricher Nr. S. — Telegramm-Adreffe: Amtsblatt WUSdniff. Dienstag. 0e« 3. August ISSN No. 87 Erich «tut wöchentlich dreimal und zwar DiurStagS, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich 1,88 Mi., in Wilsdruff 1,30 Ml., durch die Pop bezogen 1,84 Mi. «8. Jahrg. -tnierate werden MontagS, Mittwochs und FrettagS bis spätestens 12 Uhr angenommen. Insertion? Preis 15 Psg. pro vlergelpalteue KorpuSzeN«. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Wilsdruff 20 Big. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 °/, Au^ch.ag. AMauneberg, Birkenhai«, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grun» bei Mohorn, Helbigsborf.Hcrzogsw^ «aufbach, Keffelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirche«, Neutanne^ PohrSdorf, RöhrSdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach vet Moyor«, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Mit -er wöchentlichen Beilage „Welt Lm Vilö" un- der monatlichen Beilage „Unsere Heimat . Druck und Verlag von Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für Politik und Inserate verantwortlich: Arthur Zschunke, für den übrigen Teil: Johannes Arzig, beide in Wilsdruff. . Amtsblatt für die Kgl. NmLshauptmannschäft Weitzen, Mr das Kgl, Amtsgericht und den Stadtrst m WilsnrpM. sowie für das Kgl. Forstrentamt ru Tharsni^ Ein Stimmungsbild aus der Landtagswahlbewegsng. Dir bevorstehende Ganz-Erneuerung des Landtages hat alle Parteien zur Entfaltung einer rührigen Agitation gezwungen. Mitttlstandsvercinigung, Konservative und Reformer, Natwnalliberale und Freisinnige, sowie die Sozialdemokraten stehen einander gegenüber. Ursprünglich war man der Anschauung, daß es sich auf ordnungs- parteilichcr Seite dieses Mal in erster Linie um einen Entscheidungskampf zwischen Konservativen und National- liberalen handeln würde. Die Situation ist aber völlig verschoben worden durch das selbständige Eingreifen der Mittelstandsvereinigung in die Wahlbewegung. Die von dieser Seite ausgegebene Parole der Sammlung der großen Massen des nationalen mittelstäuoischcn Bürger- Iums zur Verteidigung seiner bisher arg vernachlässigten Interessen, findet überall eine derart günstige Ausnahme, daß die Parteiführer ihre ursprünglichen Absichten nicht mehr durchzuführen vermögen. Der Kampf wird sich in Wirklichkeit vorwiegend adspiclen zwischen mittelständischem Bürgertum, daß die großkapitalistische, mittelstandsfeindliche Tendenz in unserem öffentlichen Leben bekämpft sehen will, und seinen großkapitalistischen und sozialdemokratischen Gegnern. Wer vielleicht an die Richtigkeit dieser Auf fassung noch glaubte zweifeln zu dürfen, der wird eines besseren belehrt durch den Ausfall der zahlreichen Ver- trauensmänne:v?rsammlungcn, die jetzt in allen Stästen des Landes von dem Mittelstands-Generalsekretär Fahren bach und von den Vorstandsmitgliedern der Mittelstands- Vereinigung abgehalten werden. Bis jetzt haben in fast allen Städten, wo derartige Versammlungen stattfanden, die Innungen, kaufmännischen Vereine, Hausbesitzer- Vereine, Gewerbevereine usw. sich ohne Ausnahme auf den Boden der Mittelstandsvereinigung gestellt. Alle Angriffe der mit dieser Entwickelung nicht einverstandenen Parteien gegen die Mittelstandsvereinigung haben daran nichts ändern können, weil die weiten Bürgerkreise, die dadurch gewonnen werden sollten, diese Anfeindungen als gegen sich selbst gerichtet ansehen mußten, da sie doch selbst in den fraglichen Wahlkreisen die Mittelstandsvereinigung bilden und selbst über deren Tun und Lasten bestimmen. Zweifellos gehen die Masten des Mittelstandes mit großer Begeisterung in den Kampf; widerstrebende Elemente werden von der allgemeinen Strömung mit sortgeristen und die Lauen und Gleichgültigen werden aufgerüttelt. Die wenigen Handwerker und Kaufleute, die ihre Namen noch zum Kampfe gegen die Kandidaten des Mittelstandes hergeben, sind derart vereinsamt und finken derart in der Ächtung ihrer StandeSgenosten, daß sie sicherlich früher oder später bestrebt sein werden, sich nicht mehr in einen unnötigen Gegensatz zu den Anschauungen ihres Berufs- standes zu setzen. Aber auch die Beamten, Angestellten, Werkmeister, vielfach auch die Lehrer fühlen sich in den mittleren und kleinen Städten derart mit dem Mittelstände verwachsen, daß sie ein Zusammengehen mit ihm als ganz selbstverständlich auseheu. Sie würden eS gar nicht ver- strhen, wenn man sie in einen Kampf gegen das mittel- ständische Bürgertum hineinhetzen wollte. Ermutigt §"den dÄ' Schichten zu einem geschlossenen und selb- ständigen Vorgehen noch durch den Umstand, daß nach Fertigstellung der Wählerlisten überall die Tatsache be- kannt Wird, daß ^st Städten die Entscheidung bei dem Mittelstände liegt, sodaß er bei festem Zusammen- halten tatsächlich in der Lage ist, eine Wendung in seinem Sinne herbeizufuhren. Tatsächlich haben die Mittel- schichten die Wichtigkeit der Situation begriffen. Sie wissen ganz genau, daß die wirtschaftlichen Forderungen des Gesamtmittelstandes mit einem Schlage in der öffentlichen Meinung eine ganz andere Beurteilung als bisher finden werden, wenn es ihnen gelingt, eine ziemliche Anzahl von Abgeordnetensitzen zu erringen. Gegenüber dieser Aussicht findet das leidige Parteigezänk zwischen Liberalen und Konservativen wenig Beachtung, weil praktische, handgreifliche Dinge die Menschen mehr packen und festhalteu, als theoretische Streitereien um Dinge, die man nicht steht und von denen die Wenigsten sich eine Vorstellung machen können. Man wird also bei den kommenden Wahlen damit rechnen müssen, daß das große mittelständische Bürgertum seine eigenen Wege geht. Ueberraschungen sind deshalb nicht ausgeschlossen. Jedenfalls ist es ein ganz eigen- artiger Zustand, daß orünungSparteiliche Kandidaten, die stcy in einen direkten Gegensatz zur Mittelstandsbewegung und zur Wirtschaftlichen Vereinigung stellen, fast nirgends die Unterstützung einer mittelständischen Körperschaft staden, wodurch ihre Aussichten bedeutend herabgemindert werden. Diese Tatsachen sind cs, die die liberalen Parteien veranlaßt haben, ein Wahlbündnis anzudahnen. Aber trotz dieses Zusammenschlusses wird man Erfolge der Mittelstandsbewegung nicht verhindern können, weil durch das neue Wahlgesetz die Verhältnisse für den Mittelstand in ollen städtischen Kreisen außerordentlich günstig liegen. Politische Run-schan. Wilsdruff, den 2. August. Deutsches Reich. Das russische Kaiserpaar auf der Fahrt «ach Cherbourg. Das russische Katsergtschwader hat am Donnerstag früh seinen Ankerplatz bei Eckernförde verlassen und über Kiel die Fahrt durch den Kaiser Wilhelm-Kanal angetreten. Es wird darüber berichtet: Am Donnerstag morgen 6'/, Uhr traf der russische Panzerkreuzer „Admiral Makarow" im Kieler Hafen ein und ging, ohne Aufenthalt zu nehmen, durch den Kana', nach Brunsbüttel weiter. Gleich darnach folgte die rusfiche Kaiserjacht „Polarstern", auf der sich Minister Iswolski und ein Teil des kaiserlichen Gefolges befand. Die Jacht „Standart" mit der russischen Kaiserfamilie traf um 9 Uhr, von Eckernförde kommen, mit zwei russischen Torpedo bootszerstörern ein. Die deutsche Torpedobootsdiviston und der Kreuzer „Undine" geleiteten die Kaiserjacht bis zur Kanaleinfahrt. Bei den Schleusen warStationSchef Admiral v. Prittwitz und Gaffron mit einigen hohen Marineoffizieren erschienen. Außerdem hatte das MustkkorpS und eine Kompagnie der ersten Matrosendiviston als Ehrenwache Aufstellung genommen. Kurz vor Ankunft der „Standart" erschienen auch Prinzessin Heinrich von Preußen, die Großherzogin von Hessen, Prinzessin Luise Battenberg und Prinz Waldemar von Preußen in Begleitung des Hofmarschalls Freiherr v. Seckendorfs in Automobilen von Hemmeimark. Beim Einlaufen der „Standort" in die Schleuse spielte die Kapelle die russische Nationalhymne und die Mannschaften präsentierten. Nachdem der „Stand- art" festgemacht hatte, begaben sich die von Hemmeimark gekommenen fürstlichen Personen an Bord, wo sie vom russischen Kaiserpaare herzlich begrübt wurden. Nach einem Aufenthalt von etwa 20 Minuten erfolgte die Weitrrfahrt nach Brunsbüttel. Wenig Freude am Zarenbesuch haben, wie mau aus Kiel schreibt, die Eckernförder gehabt. Nicht nur, daß selbst im Hafen kein Verkehr mit Ruder- oder Segelbooten gestattet war, eS wurde sogar in dem eine halbe Stunde von Hemmeimark entfernten bekannten Seebade Borby daS Baden am Strande untersagt! Auch beim Passieren des Kaiser Wilhelm-Kanals waren für die Sicherheit des Zarenpaares die rigorosesten Maßnahmen getroffen. Außer je zwei Schwadronen der Wandsbecker und der Schleswiger Husaren, sowie den in Schleswig garuisonierden Bataillonen des SchleSw. Jns.-Regts. Nr. 94 war auch noch das in Neumünster stehende SchleSw.-Holst. Jnf.-Regt. Nr. 163 zur Bewachung herangezogen worden. Abgesehen von den Streifpatrouillen waren alle Zugangsstraßen nach dem Kanal durch Unteroffiziers- und Doppelposten besetzt, die Hochbrücken mit Offiziersposten; auch waren sämtliche Privatschiffe, die im Kanal liegen, mit Militär besetzt. Am Kanal standen alle 300 Schritt Posten und zwischen je zwei benachbarten Posten patrouillierte ein Soldat hin und her, während außerdem die Husaren die Flottille den ganzen Kanal entlang zu beiden Seiten reitend eskortierten. Zuschauer durften sich dem Kanal auf ebener Fläche höchstens bis auf 10 Meter, auf hügeligem und waldigem Terrain höchstens bis auf 70 Meter nähern. Zeppelins Fahrt nach Frankfurt a. M. Das Luftschiff Z. H hat Sonnabend früh 3 Uhr 45 Minuten die Fahrt zur Internationalen Luftschiffausstellung in Frankfurt a. M. angetreten. Das Luftschiff schlug zunächst die Richtung nach Ulm ein und landete nachm. 3'/, Uhr glatt auf dem Ausstellungsplatz in Frankfurt. Die R-ichstagsstichwahl in Neustadt-Landan. Bei der am Freitag stattgefundenen Reichstags ersatzstichwahl im 2. pfälzischen Wahlkreise Neustadt-Landau wurde der sozialdemokratische Kandidat Huber mit 12719 Stimmen gegen den nationalliberalen Dr. Ochlert, der 11765 Stimmen erhielt, gewählt. Ein Vergleich der Ziffern der Ersatzwahl mit der gestrigen Stichwahl ergibt, daß die Bündler in der Hauptsache für den Nationalliberalen eingetreten find, obwohl nicht zu verkennen ist, daß durch die intensive Agitation, welche die Nalionalliberalen in den letzten zehn Tagen entfaltet haben, noch viele Liberale, die bet der Ersatzwahl nicht gestimmt haben, am Freitag an die Wahlurne getreten sind. Das Zentrum ist trotz der von der Partei proklamierten Wahlenthaltung für den Sozialdemokraten eingctreten. Zentrumslüge«. Den Konservativen, die ihre Haltung zur Finanreform eilendes zu rechtfertigen suchten, ist jetzt das Zentrum ge folgt. Im Verlage der „Germania" ist soeben eine Bro schüre über das Zentrum und die Reichsstnanzreform er schienen, von der auf dem Titelblatt behauptet wird, daß sie „im Auftrage des Vorsitzenden der Zentrumsfraktion des deutschen Reichstages" geschrieben sei. Dann wird man diesen also und die gesamte Zentrumsfraktion für die bündelweis ausgestreuten Lügen verantwortlich zu machen haben, von denen schon die „packenden" Kapitel, Überschriften einen so angenehmen wie deutlichen Borge- schmack geben Sie lauten u. a.: Die neuen Steuern sichern dem Arbeiter die Existenz, dienen auch sozialen Zwecken, sind sozial gerecht. Die mittelstandsfeindlichen Steuern sind abgelehnt. Mittelstandsfreundliche Bestimm ungen in den Steuern. Ruhe und Sicherheit im Erwerbs leben. Eine gerechte Verteilung der Steuerlast. Ein neuer Kulturkampf wurde verhindert. Die Zertrümmerung des Blocks. Die liberale Aera verhindert. Völlig kongenial ist auch der erquickende Schluß: „Fürst Bülow gestürzt. Eine nicht unerfreuliche Nebenwirkung der Verabschiedung der Reichsfinanzreform ist der Sturz des Blockretchskanzlers Fürst Bülow, der am 28. Oktober 1908, 11. März und 28. Juni 1909 seine Entlassung eingereicht hatte, und am 14. Juli 1909 sie genehmigt erhielt. Unter seiner Reichskanzlerschaft von 2,2 Milliarden auf 4^ Milliarden gestiegen; er ist unter den modernen Staatsmännern der — größte Schuldenmacher." Und wer ist im Zentrum der größte — Aufschneider? Diamantfunde in Deutsch-Südwestafrika. Einem Telegramm des kaiserlichen Gouverneurs von Deutsch-Südwestafrika zufolge sind nach mehreren vom Prospektoren gleichzeitig gemachten, vom Distriktsamt in Warmbad und vom Bezirksamt in Lüderitzbucht als zu- verlässig erklärten Meldungen nahe dem Gouchassib-River, östlich vom Fischfluß bei Aiais im Bergwerksgebiet der South African Terrttory, reichliche Diamanten gefunden worden. Ueber 1200 Felder sind schon belegt, der Ver- treter der South African Territory hat dem Distriktsamt in Waruibad gute halbkarättge Steine vorgezeigt. Ausland. Die Prager RSHrenlieferungs-AffSre. Die vielbesprochene Prager RöhrenlieferungS-Affäre endet mit einer furchtbaren Blamage sür die Tschechen In der Sitzung des Verwaltungsrates der gemeinschaftlichen Wasserwerke in Prag wurde mitgeteilt, daß die Lieferung von geschweißten Rühren, welche bekanntlich seinerzeit an die französischen Werke in Pont-ä-Mousson vergeben A^en, von diesen wiederum an ein deutsches Haus in Düsseldorf weürrvergeben worden sei. Diese Mitteilung erregte ungeheuere Bestürzung. Ein Sachverständiger wurde damit betraut, das Material in dieser sür die Tschechen so leidigen Angelegenheit zu beschaffen.