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Wöchenblatt fm UMM «nö Amgegenö. Amtsblatt 68. Jahrg Sonnabend, den 16. Juli 1SV9 No. 77 Erscheint wSchevtlich dreimal und zwar Dienstag», Donnerstags and Sonnabends. .Bezugspreis vterteljShrlich 1,35 Ml., in Wilsdruff 1,33 Mk., durch die Poff bezogen 1,54 Ml. Fernsprecher Nr. S. — Telegramm-Adreffe: Amtsblatt WilSdruff. Jnsersate werden Montags, Mittwochs und Freitag- bi- spätestens 12 Uhr angenommen. JnsertionSPreis 15 Psg. pro vicrgespaltene KorpnSzeile. Außerhalb deS Amtsgerichtsbczirls Wilsdruff 20 Psg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit SO '/, Ausschlag. Mr die Lgl. Lmtshauptmannschaft Meilsen, Mr das Lgl. Lmtsgericht und den Stadtrat w Wil«dr»N sowie Mr da» Kgl. Forkrentamt ru Thacandr Lokalblatt für Wilsdruff, Altta»«ebera, Birkenhai», Blankenstein, Braunsdorf, BnrkhardtSwalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, HelbigSvorf, V-rzogswaloe mir «aufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz.Roitzschen, Munzig, Neukirchen, N^ PohrSdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bet Keffelsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wtldberg. Mit der wöchentlichen Geitage „Welt im Vild" und -er monatlichen Geilage „Unsere Heimat". Druck und Verlag von Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für Politik und Inserate verantwortlich: Arthur Zschunke, sür den übrige« Teil: Johannes Arzig, beide in Wilsdruff. 498/lV politische Rundschau lieber wesentlichen Bundesrat Vor der Auslosung der Geschworenen erklärte sich einer der Geschworenen für befangen und wurde entlassen. Während der Untersuchung im Grrichtssaale fiel der An- geklagte vor den Geschworenen, dem Gericht und den Zeugen, die sämtlich zugegen waren plötzlich in einen sehr heftigen Krampfzustanv. Nachdem das Bewußtsein des Angeklagten zurückkehrt war, wurde die Verhandlung eröffnet. Professor Krauß, eine bekannte Autorität auf dem Gebiete der Herzkrankheiten mit einer ungemein reichen Erfahrung erklärte, einen derartigen Krankheits- zustand noch niemals beobachtet zu haben. Der Angeklagte hatte während des Anfalles einen stark erhöhten Puls» schlag und starre Pupillen. Allerdings erklärte der Professor gleichzeitig, daß der Angeklagte unter diesen Um- ständen nicht verhandlungsfähig sei. Es sei indessen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß in den nächsten Tagen die Fähigkeit zur Verhandlung wieder eintretcn könne. Jedenfalls sei der Angeklagte jetzt nicht im Besitze der volle» geistigen Kraft, um sich in jeder Weise verteidigen zu können. Diesem Gutachten schlossen sich die anderen Aerzte a«. Es wurde sodann das Obergutachten der wissenschaftlichen Station sür das Medizinalwcsen in Preußen verlesen. Hierin spricht die aus hervorragenden Aerzten bestehende oberste Mediziualbehörde in Preuße« sich dahin aus, die untersuchende Untersuchungsstation hat den Eindruck gehabt, daß Fürst Eulenburg Krankheit simuliere, daß er den Atem künstlich anhalte, Schmerzen simuliere, insbesondere auch den Anschein erwecken wolle, als ob er nicht gehen könne. Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Strathmann, der dieses Gutachten nnt auS- gearbeitet hat, gibt die Erklärung ab, daß er den Inhalt dieses Gutachtens vollständig vertreten müsse. Nach dem vorgestrigen Anfalle halte er allerdings den Angeklagten indessen gleichfalls jetzt nicht für verhandlungsfähig. Der Vorsitzende wies dann darauf hin, daß Staatsanwalt, Richter und Geschworene, Verteidiger und Zeugen bei dem Anfälle zugegen gewesen seien. Einer der Geschworenen erklärt, er müsse es ablehnen, unter diesen Umständen bet einer etwaigen weiteren Verhandlung mitzuwirken, da er den Angeklagten nicht für verhandlungsfähig halte. Hierauf ergreift Oberstaatsanwalt Preuß das Wort und führt aus, daß sein Amt heute besonders schwierig sei; er müsse, nachdem das Gutachten der Aerzte nach diesem Anfälle stch gegen eine Verhaftung ausspreche, seinen dahin« gehenden Antrag zurückzuziehen. Er müsse weiter, weil der Angeklagte verhandlungsunfähig sei, den Antrag stellen, die Verhandlung auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Das Gericht entsprach, ohne sich zu einer Beratung zurückztehen, diesem Anträge. Damit hat die Verhandlung ihr Ende errreicht. Der Prozeß Eulenburg ist wiederum auf unbestimmte Zeit vertagt. Fürst Bülow und die evangelische« Arbeitervereine. Aus Anlaß des Rücktritts des Fürsten Bülow hat l-tc Dr. Weber, der Vorsitzende deS Gesamtverbandes der Evangelischen Arbeitervereine an den Reichskanzler folgendes Schreiben gerichtet: „Ew. Durchlaucht wollen gestatten, daß ich im Namen meiner Kameraden vom Gesamtverband der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands Ew. Durch, lauckt die tiefe und aufrichtige Betrübnis ausdrücke, daß Sie von Ihrem Posten zurücktreten wollen. Wir werden Ew. Durchlaucht stets für das freundliche Wohlwollen dankbar sein und bleiben, daß Sie unserer Sache und der ganzen christlich-nationalen Arbeiterbewegung zugewaudt haben. Möge Gott der Herr Ew. Durchlaucht nach der Masse von Arbeit, Mühe und Sorge, die Sie im Dienste des Vaterlandes getragen haben, einen gesegneten, friedvollen Lebensabend bescheren!" — Fürst Bülow hat darauf wie folgt geantwortet: „Euer Hochehrwürden danke ich auf- richtig für das freundliche Schreiben vom 30. v. M. Die christlich-nationale Arbeiterbewegung nach Kräften zu fördern, Wilsdruff, den 9. Juli. Deutsches Reich. Zur Reichsstnauzreform. ein neues Ersatzsteuerkowpcomiß ist in Teilen eine Einigung erzielt worden. Der wird stch einverstanden erklären, die vor Standesamtsbezirk Limbach verpflichtet worden. „ E Meißen, am 1. Juli 1909. Die Königliche Amtshauptmannschaft. geschlagene Steuer auf Feuerverstcherungspolicen durch die Talonsteuer (Ztnsleiste»stewvel) za ersetzen, deren Ertrag auf 20 Millionen geschätzt wird. — Die Ab geordneten Freiherr v Gamp (Rp), Müller-Fulda (Zentr.) und Graf Westarp (kons) haben zur zweiten Lesung der Novelle zum Reichsstempelgesetz einen Antrag gestellt, die Regierungsvorlage bezüglich der dem Scheck gleichgestellten Quittungen wieder herzustellen. Der „Lok-Anz." gibt eine Zusammenstellung der finanziellen Ergebnisse de- Kompromisses zwischen Bundes rat und der neuen Reichstagsmehrhett. Bis jetzt sind bewilligt insgesamt 352 Millionen. Davon entfalle» auf die Grundstücksüberlragung 40, Glühkö.per 20, Kaffee- und Teezoll 37, Wechselstempel 2, Bier 100, Tabak 43, Branntwein 80, Schaumwein 50 und Züsdwaren 25 Millionen. Der Bewilligung harren noch 95 Millionen und zwar Quittungen und Schecks 20, Kuxe und Effekten« stempel 22 V». Talonstempel 27 V„ Erhöhung der Matrikularbeiträge 25 Millionen. Aufrecht erhalten bleiben: Fahlkartensteuer mit 20 und Zuckersteuer mit 35 Millionen, also zusammen 55 Millionen, so daß die Schlußrechnung stch wie folgt stellt: bereits bewilligt 352 Millionen, noch zu bewilligen 95 Millionen, Fahr- ckarten- und Zuckersteuer 55 Millionen, insgesamt 502 Millionen. Aufräumen im Reickstaa. Der Senioreukonvent des Reichstags trat Mittwoch nachmittag während der Plenarsitzung zusammen, um sich über die Geschäftslage zu verständigen. Man wollte die zweite Lesung der Finanzreform gestern auf jeden Fall beenden. Heute sollen dann kleine Vorlagen erledigt werden: das Abkommen mit Dänemark, der Handels vertrag mit Venezuela, das Gerstenzollgesetz, der Kommisfionsbeschluß über die Gewährung von Beihilfen an Kriegsteilnehmer und wenn möglich auch noch Wahl- Prüfungen. Die Besoldungsvoclage, deren Beratung die Budgetkommsston in ihrer Abendsttzung am Mittwoch erledigte, kommt morgen zur zweiten Beratung ins Plenum. Der Kommissionsbericht gelangte heute zur Verteilung. Am Montag beginnt die dritte Lesung der Finanzreform, an die sich die dritte Lesung des Be- soldungsgesetzes anschließt. Man hofft, am Mittwoch fertig zu sein. Es wurde der Wunsch ausgesprochen, daß mit Rücksicht auf die noch unerledigten Vorlagen, Gewerbenovelle, Arbeitskammergesetz usw., der Reichstag nicht geschlossen, sondern nur vertagt werde. Bekanntlich hat dies nicht der Reichstag zu entscheiden. Nach Erledigung mehrerer kleinerer Vorlagen hat der Reichstag vorgestern die Mühlenumsatzsteuer mit einer Mehrheit von acht Stimmen in zweiter Lesung abgelehnt. Auch der KohlenauSfuhrzoll wurde abgelehnt. Fürst Eulenburg vor dem Schwurgericht. Der neue Meineidsprozeß gegen den Fürsten Eulen- bürg nahm am Mittwoch vormittag vor dem Schwur gericht seinen Anfang. Der Angeklagte war bereits um 8 Uhr in Begleitung seines Sohnes vor dem Kriminal- gericht erschienen und sofort nach dem großen Gerichtssaale gebracht worden, wo die Verhandlung stattfand. Fürst Eulenburg nahm zunächst auf der Zeugenbank, später in einem bequemen Lehnsessel neben dem Tisch der Verteidiger Platz. Er steht verhältnismäßig wohl aus. Um V«9 Uhr eröffnete der Landgerichtsdirektor Kanzow die Sitzung. Der Kaufmann, Herr Andreas Metzler in Limbach, ist als Standesbeamter und der Gutsbesitzer, Herr Max Jeremias ebenda, ist als stellvertretender Standesbeamter für den zusammengesetzten habe ich immer für meine Pflicht gehalten, weil ich ihr Bedeutung für die gesunde Entwicklung unseres politischen und sozialen Lebens wohl zu würdigen weiß. Mit der Versicherung besonderer Hochachtung Euer Hochehrwürden sehr ergebener Bülow." Der neue Bauernbund. Auf einer von mehr als 3000 Bauern besuchten Versammlung deS neu gegründeten Bauernbundes wurde an der Haltung der konservativen Partei scharfe Kritik geübt, im übrigen jedoch betont, daß der deutsche Bauern» bund agrarisch sei und nicht etwa eine freihändlerische Politik treibe, auch keiner Minderung der Schutzzollpolitik zustimme. Man bekämpfe nicht den Bund der Landwirte, sondern dessen Leitung, und werde mit dem Bunde Hand in Hand gehen. Der deutsche Bauernstand werde stch re» organisieren und seine Interessen und damit die gesamte Landwirtschaft stützen; jede Uebertreibung von agrarischer Seite schade aber der Landwirtschaft. Landwirt Harte» Tecklenburg ging auf die Stellung deS neuen Bauern bundes zum Bunde der Landwirte ein. Es gereiche dem Bunde der Landwirte nicht zur Ehre und eS stehe nicht in Einklang mit dem lauteren Patriotismus, dessen er stch immer rühmt, wenn er im Verein mit der konservativen Partei für die Schaffung von Rest-ütern und für Abgaben an den Großgrundbesitz tingetreten ist. Durch solche Handlungen huldige er nicht dem Grundsätze: DaS Vater land über die Partei! Jetzt mache der Bund der Land wirte in Gemeinschaft mit den Konservativen, dem Zentrum und den Polen eine Finanzreform, die auf die Interessen des kleinen Bauer« gar keine Rücksicht nimmt. (Sehr richtig!) Er habe die Erbanfallsteuer, die für den kleinen und mittleren Besitz gar nicht so unannehmbar war, zu Fall gebracht. Er habe dadurch den Sturz unseres alle verehrten Reichskanzlers, der unser volles Vertrauen besitzt, mit herbeiführen helfen. Ein neuer Block ist gegründen eia Block, an dem die Polen teilnehmen. Ich brauche, um die Situation zu charakterisieren, wirklich nur den Namen des Grafe« Westarp zu nennen. (Sehr gut!) Einstimmig beschloß die Versammlung dann die Absenkung folgenden Telegramms an den Fürsten Bülow: „Der ia Gnesen versammelte, von mehreren Tausend deutsche« Bauern besuchte deutsche Bauerntag bedauerte aufs leb hafteste die inncrpolitische Lage, wie sie durch Ablehnung der auf die Bedürfnisse der deutschen Landwirtschaft in jeder Beziehung Rücksicht nehmenden allgemeinen Besitz- steuern geschaffen worden ist. Wir stehen vor der Zer trümmerung des nationalen Blocks, die eine schwere Erschütterung der deutschen Ostmarkenpolitik zur Folge haben muß und das deutsche Volk eines so hervorragenden Staatsmannes, wie des Fürsten Bülow, beraubt. Fürst Bülow hat stch um die Befestigung deS Ansehens des deutschen Volkes in der Welt, sowie um die deutsche Land wirtschaft die größten Verdienste erworben." Ausland. Wieder einmal Skandalszenen im österreichischen Abgeordnetenhause. Zum Schluß der gestrigen Sitzung brachte der Abg. Dr. Slama als Obmann deS JmmunitätsausschusseS einen energischen Protest gegen die Weigerung der ge» ladenen Polizeifunktionäre, vor dem JmmunitätsauSschusse zu erscheinen, vor. Präsident Dr. Pattat erkärte, der Minister des Innern habe stch im Gespräch mit ihm darauf berufen, daß die Protokolle über die Angelegen heit, die außerdem bereits gerichtlich anhängig sei, dem Ausschüsse vorlägen. Weiter habe stch der Minister auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung berufen, wonach jeder Verkehr zwischen dem Hause oder seinen Ausschüssen und den Behörden lediglich auf dem Wege über die Zentralstellen zu erfolgen habe. Die Sozialdemokraten und Tschechisch-Radtkalen begleiten die Ausführungen des Herr Brandverstcherungsinspcktor Seelig, hier, ist vom 17. Juli bis mit 13. August dieses Jahres beurlaubt. Während dieser Zeil ist seine Stellvertretung Herrn In- spcktorats-Assistent Frank, hier, übertragen worden. Meißen, am 7. Juli 1909. E Nc 442 ix Di- Königliche Amtshauptmannschaft.