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Ans Kachßen. Wilsdruff, den 26. Mai. Dr. Pleißner benchtiqt. Aus dem UmersuchungS- ge^ängniffe in Leipzig ließ Herr Pleißner den „Leipziger Neuesten Nachrichten"' eine Berichtigung zugehen. Danach ist nicht richt'g, daß Dr. Pleiß er die Wohnung der Frau Wagner durch einen Schlosser öffnen ließ; dem Dr. Pleißner wurde die Zimmertür zur Wohnung der Wagner durch die Wirst» der Wagner geöffnst. Es sei nicht richtig, daß Dr. Pleißner von Wagner oder irgend welchem Dritten 1500 Mark erhielt. Richtig sei aber, daß Dr. Pleißner zur Deckung seiner Ausgaben und für seine dreiwöchige Hamburger Tätigkeit im Interesse des Justizrats Zieger von diesem ein vereinbanes, geringer Honorar aurqezahlt erhalten hat. lieber einen tragischen Vorfall wird aus dem Vogt» länrischen M«i»z-Her« berichtet. Dort wohne« die schlichten Bauersleute Richter, die ein kleines An- wcsen mit landwirtschaftlichem Betrieb ihr Eigen nennen. Der cinji-e Sohn der Eheleute ist nun bei der diesjährigen Musterung zum Militär auszehoben worden, waS dem kränklichen Vater und dkl Mutter unruhige Stunden be reitete. Da der Sohn die Wirtschaft der Eltern über nehmen sollte ging der Vater mit dem Plane um, seinen Sohn vom Militär freizubekommen. Er legt« dem Sohne nahe, daß er zunächst em entsprechende- Gesuch an die Aushebungsbehörde und da« Generalkommando richten werde. Der Soh», der sich schon auf das Et»- treffe« zum Heeresdienst freute, wehrte das Vorhaben seines Vaters stets ab. Der Sohn geriet darüber in Auf regung, ging auf den Boden des Vaterhauses und machte seinem Lede« durch Erhängen ein Ende Als die Eltern beim Mittagsbrot den Sohn vermißten und auf die Suche gingen, fände« sie ihn auf dem Boden als Leiche. Den unglückliche» Eltern, die es gut mit ihrem Kinde gemeint hatten, wendet sich allgemeine Teilnahme zu. In Ellefeld wurde die 84 jährige Frau Meißner erstickt in ihrem Bette aufgefunden. Sie hatte beim LEpenanzünden wohl ein Streichholz achtlos beiseite geworfe«, daS in den mit Kleidern gefüllten Schrankk«sten fiel. Der Stoff fing «n zu glimmen u»d kohlte weiter und der Rauch hat dir im Bett liegend« Frau jedenfalls erstickt. Die Hausbewohner bemerkten das Feuer erst, als er zu spät war. Emen dummen Streich hat sich in Niederschl«G bei Bärenstein i E. ein Lehrling geleistet, indem er einem 16jährigen Mädch n einen vorher ungebrannten sogt» Frosch (Feuerwerkskörper) in die Kleider steckte. Der Frosch explodierte und setzte die Kleidung dr» Mädchens in Bra- d, der zum Glück von hinzukommenden Personen gelöscht weiden konnte. Ein entsetzliches Ereignis hat sich am Sonntag nach mittag in Le«»ef-lv im Erzgebirge abgespielt. Dort erstach der Wirtschaftsbesitzer Emil Morgenstern seine Ehefrau mit einem Fleischermesser und durchschnilt sich hieraus die Kehle. Morgenstern war dem Trünke ergeben, weshalb stets Ehczwistigkeiten herrschten. Kurz voc der Tat war noch der Geistliche bei der Familie, um »ie Ehefrau, die vier unversorgte Kinder hinterläßt, mit ihrem Ehemann zu versöhnen. Pfarrer Packe in Waldkirche« bei Zschopau hatte dem Fürsten Bülow zum 60. Gebu Mag einen Glück wunsch gesendet und darin betont, daß er sich als Ver ehrer Bismarcks freue, daß der Reichskanzler mehr und mehr Bismarcks Geist in seinen politischen Bestrebungen durchleuchte» lasse m d ihm zugleich eine glückliche Lösung der Reichsfinanzreform gewünscht; auch hatte er dem Fürsten daS von ihm versaßte Buch „Geschickte des säch sischen Landtagswahlrechtes" als GeburMagsgabe ge- widmet. Der Fürst hat dem Pfarrer in einem Hand schreiben gedankt und ihm sein Bildnis mit Unterschrift geschenkt. Am Sonoabend abend gegen 7 Uhr sprang in der Nähe des Bahnhofes in Lichtenberg vor dem von Bienenmühle kommenden Güterzug ein ungefähr 13 Jahre alter Knabe mit der Absicht auf die Schienen, sich über fahren zu lassen. Mit schwerer Kopfverletzung wurde der LevenSmüd'! aufgehoben und dem Freiberger Kranker-Hause zu,«führt. Al» der Gemein-evorstand Hartmarn in GoeS bei Pir«« am Sonnabend auf dem Exerzierplatz der Artillerie zu tu» haste, sah er, w'e bei den Uebus-gen ein Artillerist vom Geschütz fiel und üverfahren wurde. Als er zu dem Verunglückten trat erkannte er zu seimm Schrecken, daß der Verunglückte sein eigener Sohn war Der Soldat, der bei der 1. Batterie des 64. Artilleste- Regimeut» die«r, trug einen komplizierten Unterschenkelbruch, einen Rippenbruch und mehrere innere Verletzung,n davon. Ma» brachte ihn nach dem Garnisonlazarett. Ein schwerer Unglücksfall hat sich am Sonnabend abend im X«P«1wiker Steinbruche ereignet. Daselbst waren drei Steinarbeiter mit Laden eines SprengschuffeS beschäftigt; der Schuß ging vorzeitig los und verletzte die Arbeiter schwer; dem 57 Jahre alten verheirateten J»han« Kschieschang au» Seidau wurden beide Hände zum Teil weggerissen und der 24jährige noch ledige Johann August Schier aus Kreckwitz und der 51 Jahre alte Andreas Herzog erlitten furchtbare Bra> dverletzungen an Brust, Armen und im Gesicht. Alle drei fanden Auf- nähme im Bautzner Stadtkrankendame. Die Zukunft der Zeppelin-Luftschiffe. Der Direktor der Zeppelin Laftschiff-Baugenoffenschaft Colsma»» hat in Straßburg einen Vortrag über die Zukunft der Luftschiffahrt gehalten, in der er die einander bisherigen mehr oder wenwer widersprechende« Axgaben über die Bildung von regelmäßigen LustschiffahrMinien i» bemerkenswerter Weise ergänzte. Die Zeppelin-Luftschiff.Ballgesellschaft, so führte Direktor C»lsmann nach einem Berichte der „Straßburger Post" au-, hat nicht nur für militärische Zwecke, sondern vor allem auch für Verkchrszwecke de« weiteren Bau von Luftschiffen beschlossen. Es.wird st« zwar in erster LiMe nicht um regelrechte Verkedr-wege handeln, sondern um regelmäßige Sportfahrten. Vorläufig sind bei der Gesell schaft zwei Luftschiffe bestellt. Vom Kriegsmimsterium ist der Bescheid geworden, daß an den Bau eines weiteren Zeppelin-Luftkreuzers nicht gedacht ist. Die Zeppelin- ^uftschiff-Baugesellschaft muß sich daher an die Städte und Kapitalisten wenden. Es hieß, daß einem Luflschiffahrts- veretn im rheinisch-westfälischen Jndustriebezirk bereits die Korzession für den Bau von Lufischiffen erteilt worden sei, nachdem auf meine Veranlassung der Abgeordnete Bassermann im Reichstag darüber eine Interpellation eingebracht hatte, diese aber zurückziehen mußte, weil von der Regierung auch das Material, um eine genaue Aus kunft geben zu können, in so kurzer Zeit nicht hätte bearbeiten km nen Schließlich wurde der Zeppelin-Gesell schaft vom Ministerium zugesichert, daß über unsere Köpfe hinweg keine Konzession erteilt werken würde. Wir wandten uns infolgedessin an die Städte und Kapnalfften, um diese für den Ausbau von Luftschiffahrts- linien zu interessieren. Köln erklärte sich zu einer Be teiligung in Höhe von einer halben Million bereit. Diese Tatsache bestimmte Düsseldorf ebenfalls, seine Bereitschaft zu erklären. Die Betriebssicherheit der Zeppelinschen Luftschiffe ist zur Genüge erwiesen, so daß der Gedanke, sie zu Ver kehrs- bezw. Sportsfahrten zu verwenden, woh! durch- iührbar ist. An 300 Tagen im Jahre sind sicherlich Jähsten zu unternehmen. Bis zum Frühjahr 1910 sollen auf der Luftschiffahrtswerft in Friedrichshafen zwei Schiffe festiggestellt werden, bis zum Mai könnten vier gebaut sein. Zum Betrieb eines diesen Zwecken dienenden Luftschiffes würde eine Mannschaft von fünf bis sechs Personen notwendig sein. 20 Fahrgäste können mitgeführt werden. Die Fahrt selbst -st auf eine Dauer von sechs bis sieben Stunden berechnet Da die Schiffe auch mit stärkeren Motoren versehen werden, können selbst Winde, wie sie bei der Münchner Fahrt hindernd auftraten, leicht überwunden werden. Aus technischen und finanziellen G ünden werden die Fahrten zunächst von Friedrichs. Hafen ausgehen Vor allem, da hier allein ein aus gebildetes Führcrpersonal zur Verfügung steht. Diese Zentrale ist auch für eventuelle Reparaturen, mit denen gerechnet werden muß, notwendig. An den Kaisermanövern, das sei hierbei erwähnt, wird der .Zrppelin" nicht teilnchmen, da man in Berlin der Ansicht ist, über seine Leistungsfähigkeit und die des Personals vollständig orientiert zu sein. , Geplant ist an erster Stelle eine Luftschiffahrtslinie Düsseldorf—Luzern. Für die Strecke würde auch von militärischer Seite estu Unterstützung zu erwarten sein. Der Betrieb wird mit zwei Luftschiffen durchgeführt, ein drittes ist zur Umkreisung des Rigi bestimmt. Als weitere Linien kommen in Frage, eine die ihren Ausgangspunkt in München, eine dritte, die ihn in Berlin haben würde. Für die Rentabilitätsberechnung sind wir angewiesen auf wenige bis jetzt aus geführte Fahrten. Der Berewuung ist eine vierstündige Dauer der Sportsfahrtcn in einer Höhe von etwa 70 Meter zugrunde zu legen. Die Gesamlkosten für den Betrieb mit drei Schiffen, die zu- sammen jährlich 600 Fahrten unternehmen sollen, würden sich auf etwa 1700000 Mark belaufen Hierbei sind die Amortisastonsquoten, sowie die Gehälter für das Personal eingerechnet. Die Einnahmen setzen sich zusammen aus der eventuellen militärischen Subvention und den Erträgen aus den Fahrpreisen. Der schwache Punkt dieser ganzen Berechnung liegt vor allenk darin, ob für alle Fahrten genügend Fahrgäste vorhanden sind, um die Kosten zu decken. Wenn in München, Straßburg,. Luzern und Auf dunklen wegen. 27) Roman von E. Wagner. Nachdruck verboten. Am Vormittag des ihrer Abreise von London folgenden Tages kam Alexa Strange mit ihrer Begleiterin im Gasthofe zu Montheron an. Sie waren erst spät am Abend in Penzance angelangt und genötigt gewesen, dort zu übernachten; am andern Morgen hatten sie einen Wagen bestellt, der sie nach Mont Heron brachte. Hier nahm ihre Begleiterin, Mrs. Tomkins, von ihr Abschied. „Nur ungern lasse ich Sie unter Fremden Miß," sagte die gute Frau. „Ich wünschte, ich könnte bei Ihnen bleiben, bis sie ein passendes Mädchen gefunden haben; aber ich werde zu Hause erwartet. Sehen Sie sich vor, bei der Wahl einer Dienerin. Und nun leben Sie wohl, Miß! Ich hoffe, daß die Rosen bald auf ihre bleichen Wangen zurückkehren werden." Nach einem nochmaligen Lebewohl entfernte sie sich. Alexa sah dem Wagen nach, bis er hinter Bäumen und Häusern verschwunden war; dann wandte sie den Blick nach der See, welche wie ein großer Spiegel vor ihr ausgebreitet lag. Sie trat an das Eckfenster, welches eine herrliche Aussicht darbot über das Meer, das felsige Ufer unterhalb des Dorfes und auf das stattliche Schloß, welches sich majestätisch auf dem hohen Felsen erhob und scharf am Himniel abgrenzte. Von dem viereckigen Turm wehte die Flagge mit dem Familienwappen. Es bedurfte keiner Erklärung, um sich zu überzeugen, daß sie Mont Heron, das Schloß ihrer Ahnen, den Platz ihrer Geburt und ihrer ersten Kindheit, vor sich hatte. Ihr Herz schlug rascher und ihre Augen blitzten. „Das ist das rechtmäßige Eigentum meines Vaters!" dachte sie. „Mein Vater ist in Wirklichkeit Marquis von Montheron, obwohl er unter dem Bann eines ungerechten Todesurteils steht und ein verurteilter Flüchtling ist. Und ich bin in Wirklichkeit Lady Constanze Heron, obwohl ich hier nur Alexa Strange bin und, wenn mein Vorhaben mißglückt, ich Alexa Strange bleiben muß bis zu meinem Tode. Bergen jene alten grauen Mauern da drüben das Geheimnis des Rätsels, welches zu lösen ich gekommen bin? O, mein gütiger Gott! Hilf mir, meines Vaters Namen zu reinigen und ihm zu seiner rechtmäßigen Stellung zu verhelfen! Jetzt mag der Kampf beginnen, ich bin entschlossen, eher zu sterben, als, ohne Rettung zu bringen, zu meinem unglücklichen Vater zurückzukehren!" Es wurde an die Tür geklopft, und auf Alexas „Herein!" erschien der Wirt mit dem Fremdenbuche, Feder und Tinte. „Wollen Sie so gütig sein, Miß, Ihren Namen hier einzutragen?" sagte er. „Und wenn sie etwas begehren,' stehe ich zu Ihren Diensten." Alexa schrieb ihren Ramen eim «Ich gedenke, einige Wochen hie? zu bleiben", sagte sie, „vielleicht auch länger, wenn es mir gefällt; deshalb wünsche ich, mir eine Dienerin zu engagieren, eine ältliche, gut empfohlene Person. Wollen sie so freundlich sein, sich nach einer solchen für mich umzuschen?" , „Ich wist zu meiner Frau gehen", entgegnete der Wert. „Die weiß in solchen Dingen besser Bescheid als ich. Ich will sie Ihnen sogleich zuschickcn." Er entfernte sich und wenige Minuten später erschien seine Frau. Sie hatte ein gutmütiges Gesicht. Alexa grüßte sie höflich uud trug ihr Anliegen vor. „Was ist das für ein Schloß dort in der Ferne?" fragte sie, nachdem die Wirtin ihr versprochen hatte, eine taugliche Dienerin herbeizuschaffen und zwar in der Person einer Mrs. Goff, die, wie sie erzählte, früher Dienerin im Schlosse Montheron gewesen war und auch als Zeugin vor Gericht gestanden hatte. „Das ist Mont Heron, der Sitz des Marquis von Montheron", antwortete die Wirtin. „Die erste Frage, welche alle Fremden gewöhnlich tun, betrifft dieses Schloß. Ich nehme an, Sie haben davon gehört, — doch es ist möglich, daß sie nichts davon wissen, da sie noch so jung sind. Es trug sich dort das Drama von Montheron zu. Haben Sie davon gehört?" „Ich habe die Geschichte gehört", antwortete Alexa; „aber ich möchte sie wohl noch einmal hören". „Ich werde sie Ihnen gelegentlich gern erzählen Miß. Ich habe sie schon hundertmal meinen Gästen erzählt, bin aber nicht müde geworden, sie zu wiederholen." „Was bedeutet die Flagge auf deni Turm?" fragte Alexa. „Sie bedeutet, daß der Marquis zu Hause ist. Er war sonst beständig auf Reisen; aber im letzten Jahre war er zu Hause, ausgenommen während der Londoner Saison." «Ist er sehr beliebt?" „Der Marquis? Ja, er ist allgemein beliebt, und wehr noch in London, als hier, wie ich höre; aber jeder mann sieht ihn gern und er hat viele Freunde." Hiermit war das Gespräch zu Ende und bald darauf verabschiedete sich die Wirtin von Alexa. Nach Ablauf von einer Stunde kam sie schon mit Mrs. Goff zurück Die Erscheinung der Letzteren gewann sogleich die Gunst Alexas. Sie war eine ruhige, ältliche Person, einfach gekleidet, und hatte ein ehrliches, gut mütiges und angenehmes Gesicht. Sie machte eine tiefe Verbeugung vor Alexa, welche sie mit forschenden Blicken betrachtete. Auf die Frage des Mädchens erklärte sie sich geübt in den Obliegenheiten einer Kammerzofe. Sie wurde engagiert und trat sofort ihre neue Stelle an.