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«no Amgegend Amtsblatt No. 74. I 67. Jahrg Donnerstag, Ven 2. Juli 1908 Strafe für gewachsen erklärte, bekamen die neunschwänz'ge Katze zu spüren. .Ich werde Euch," sagte er bei der Verkündigung des Urteils, „keine lange Gefängnisstrafe zudiktieren. Aber wen» Ihr ins Gefängnis kommt, be kommt jeder von Euch zwanzig mit der Katze, nach neun Monaten dasselbe und wieder zwanzig vor der Entlassung. Dann könnt Ihr Euren Freunden zeigen, was Ihr ge- kriegt habt." Kein Wunder, daß der Richter als der Schrecken der »novl^ans« bezeichnet wurde. Jemand, der sich für Statistik interessierte, hat ausgerechnet, daß Str John Day binnen vierzehn Jahren 137 Verbrechern dieser Art zusammen 3766 mit der Katze zudtkttert hat, was im Durchschnitt 27 pro Mann ausmacht. Zu der Geburt des ueueu Jufanteu von Spanien wird jetzt aus Madrid nachträglich berichtet: Bekanntlich überraschte die Geburt den König sowohl wie die Aerzte, und die Würdenträger wurden so plötzlich zussmmenbe- rufen, daß noch nicht alle im Palast erschienen waren, als der König, der Tradition gemäß, ihnen seinen jüng sten Sprößltng präsentierte. Die Geburt war nämlich um zwei bis drei Wochen zu früh erfolgt, man hatte die Niederkunft der Königin erst in den ersten Tagen des Juli erwartet. Wie nun bekannt wird, hatte die Königin Viktoria am vorvergangenen Sonntag ihren Gemahl zu einem „Corrida de Toros" — zu einem Stierkampf — nach Segovia begleitet. Die Königin besucht diese Kämpfe nur sehr ungern; eben nur, um nicht mit alten, spanischen Traditioneu zu brechen. An diesem Sonntag verlief — wohl um das „Schauspiel" so interessant wie möglich zu gestalten — der Kampf besonders blutig. Sechs Toreros wurden schwer verletzt, dazu zwei „Plccadores", während unzählige Pferde gelötet wurden. Und während die schönen, dunklen Sennoritas sich heiser schrien vor Be geisterung, standen der blonden jungen Frau aus England die Tränen in den Augen. Ganz entnervt traf sie im Palast von La Granja wieder ein und zog sich sofort zurück. Bald daraus erfolgte die Geburt des Prinzen. Es heißt, der König sei sehr besorg! gewesen, habe sich Vorwürfe gemacht (und da« mit Recht!) und beschlossen, seiner Gemahlin nie wieder den Besuch eines Stierkampfes zu gestatten. Srlck-Iot wöchentlich dreimal and zmar DienStagS, Donnerstags und SonuabeudS. BttuaSpreiS vierteljährlich I Ml. 30 Psg., durch die Post bepgeu 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Ad «sie: Amtsblatt Wilsdruff. Aus Stadt und Land. Mlttetluugeu auS dem Leserkreise sür diese Rubril nehme» wir jederzeit dankbar eutgegeu. Wilsdruff, den 1. Juli. — Beförderung. Bezirksassessor Dr. Walther bet der König!. AmtSyauptmannschaft Meißen ist vom 1. Juli ab an die König!. Amtshauptmannschaft Kamenz als Vertreter des Amlshauptmanns versetzt worden. Die plötzliche Veränderung ist auf einen Todesfall im Bereiche der Verwaltungsbehörden zurückzuführen. Bezirks assessor Dr. Walther leitet in Meißen, wie bekannt, das ländliche Gewerbegericht, dem er seit Einsetzung des Ge- werbegerichts im April dss. Js. durch strenge Unpartei lichkeit und nicht minder grobe Liebenswürdigkeit in der Ausführung der Geschäfte das volle Vertrauen und die Anerkennung der beteiligten industriellen Kreisen verschafft hat. Er hat dadurch dem jungen Institut eine zuverlässtge Grundlage aeaeben. — Der schon mehrmals erwähnte G-met«d-- Haflpfltchtversicheruttgsverband des amlshaupt- mannschaftlichen Bezirks Meißen ist in einer im „Ham burger Hofe" abgehaltenen, sehr stark besuchten Versamm lung endgültig gegründet worden. Die Versammlung wurde wieder vom Amtshauptmann Freiherrn von Oer geleitet, der auch die Leitung des Verbandes übernimmt. Außerdem waren zugegen als Vertreter der Königlichen Amtshavptmannschaft Regierungsrat von Koppenfels, als Vertreter der Kirchen- und Schulinspektion Superintentend Grieshammer und Schulrat Dr. Gelbe. Nach nochmaliger für die Kgl. Amtshauptmann schäft Weihen, Mr das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat ru Wilsdruff, sowie Mr das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, AManneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruns bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswaise ma »ansoerg, Hvynvorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kletnschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Mrltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsiwrf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmtedewalde, Sora, Steinbach bei Keffelsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck uuv Verlag vou Arthur Zschuuke, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. pstttische Rundschau. Wilsdruff, den 1. Juli. Der Eulenburg-Prozek. Am Montag vormittag begannen! vor dem Schwur gericht in Moabit die Verhandlungen gegen den Fürsten Eulenburg wegen Meineids und Verleitung zum Meineid. Der Fürst wurde in einer Tragbahre in den Gerichtssaal gebracht. Nach den üblichen Formalitäten wurde die Oesfentlichkeit für die ganze Dauer des Prozesses aus geschlossen. Wie verlautet, stellte der Fürst in der Ver nehmung jede Schuld in Abrede. Mädchenhandel in Ungar«. Der Budapester „Alkotmany" befaßt sich in seiner letzten Nummer mit einem der traurigsten Kapite! der ungarischen Verhältnisse, mit dem Mädchenhandel. Wie das Blatt ausführt, werden in Budapest alljährlich fünf- bis sechstausend junge Mädchen als verschwunden an gemeldet. Diese Mädchen werden fast durchweg von Mädchenhändlern entführt. Weitere sechstausend werden von ihren Angehörigen selbst an die Lasterhöhlen ver schachert. Während die Kuppelei in Oesterreich, Deutsch land und Frankreich streng bestraft wird, enthält weder das ungarische Strafrecht noch das Auswanderungsgesetz entsprechende Verfügungen, um dem schamlosen Treiben der Mädchenhändler Einhalt zu gebieten. In größeren Hafenstädten gibt es formelle Mädchenbörsen. Es gibt Agenten, die auf Grund falscher Dokumente mit einer Anzahl Mädchen getraut wurden und dann ihre „Gattinnen" «n Lasterhöhlen abgaben. Nach Aleraudrten werden alljährlich allein 200 bis 300 Magyarinnen ausgeführt. Zur Bekämpfung des Mädchenhandels haben bereits drei Weltkongresse stattgefunden Auch in Ungarn hat sich nun ein Komitee gebildet, an dessen Spitze der Bischof von Stuhlweisenberg, Dr. Prohaska steht, um den Mädchen handel zu bekämpfen. Di- Prügelstrafe irr England. In England ist die Prügelstrafe nicht abgeschafft, und zwar wird sie nicht nur, wie in Deutschland, in Dis- ziplinarfällen im Gefängnis oder Zuchthaus angewandt, sondern der Strafrichter kann sie durch UrteilSspruch ver hängen. DaS steht völlig in dem Ermessen des Richters, der ja in England bei der Abmessung der Strafe be- kanntlich nicht von den Paragraphen eines Strafgesetz. Luches abhängig ist, sondern durchaus seinem rechtlichen und moralischen Urteil folgen darf. Infolgedessen fallen je nach dem Charakter des Richters die Urteilssprüche recht versa jeden aus; eine Statistik gibt es nicht, und namentlich über die Verhängung der Prügelstrafe erhält man selten und nur gelegentlich zuverlässige Mitteilungen. Ein Überzeugter Anhänger der Prügelstrafe war der Richter Sir Joh« Day, der dieser Tage gestorben ist. Er pflegte überhaupt bei dem Abmessen der Strafe auf die Motive der Tat besonderes Gewicht zu legen. So erregte es in der juristischen Welt Aufsehen, als er einem unteren Postbeamten, der bet langstündiger Arbeit und kärglicher Bezahlung der Versuchung eines Diebstahls erlegen war, mildernde Umstände bewilligte, während seine Kollegen ohne weiteres auf Zuchthaus erkannt hätten. Andererseits gab er einem Mann, der in der Betrunken- heit seine Mutter gewalttätig bedroht und ihr außerdem 10 Schilling aus dem Schrank gestohlen hatte, sieben Jahre Zuchthaus. Sir John Day verfolgte etngestandeuer- maßen das Abschreckungsprinzip. Und dazu schien ihm -die Prügelstrafe ganz besonders geeignet, die er nament- lltch bet Roheitsverbrechen zu verhängen pflegte Und seiner Strenge wurde es ganz wesentlich zugeschrieben, daß eine gefährliche Verbrecherbande, die Liverpool eine geraume Zeit unsicher gemacht hatte, nach den ersten Ver urteilungen sich spurlos auflöste. Alle ihre Mitglieder, hie vor den Richter kamen und die der Gerichtsarzt der Inserat« werden Montags, Mitwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. JnsertlouSpretS 15 Psg. pro viergespaltene Korpuszeile. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks MIsdmff 20 Psg. Zettraubeuder und tabellarischer Satz mit 50 Aufschlag. Donnerstag, den 2. Juli 1908, nachmittags 6 Uhr öffentliche Stadtgenieinderntsfitzung Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. n,« Wilsdruff, den 1. Juli 1908. Der Bürgermeister. Kahlenberger. Durchberatung der Statuten, die sich in der Hauptsache auf die in der vorhergegangenen Versammlung angeregten Abänderungen heschränkte, wurden die Statuten genehmigt und die Gründung des Verbandes durch Unterschrift der beteiligten Gemeinden vollzogen. Bis jetzt haben rund 150 politische Gemeinden, 8 Gutsbeztrke und eine Anzahl Kirchen- und Schulgemeinden ihren Beitritt erklärt, die Lebensfähigkeit des Verbandes erscheint damit hinreichend gesichert. Die meisten Gemeinden gehören dem Verbände erklärlicherweise vorläufig als nichtversicherte Mitglieder an, da sie noch anderweit durch Versicherung auf eine kürzere oder längere Reihe von Jahren gebunden sind. Sie bezahlen daher vorläufig keine Beiträge, sondern nur die auf sie entfallenden Stammanteile. Von den be- schlossenen Abänderungen des Statuts ist hervorzuhebe», daß die Beiträge der Kirchgemeinden von 0,4 auf 0,3 Pfennige für jedes Mitglied der Kirchgemeinde herabge setzt worden find und daß der Verband vorläufig auf einen Zeitraum von 15 Jahren gegründet ist. Im Laufe des Geschäftsjahres 1921—22 ist den Mitgliedern unter Einräumung zweimonatiger Frist Gelegenheit zur Er- klärung zu geben, ob sie über den 31. März 1923 hinaus Mitglied des Verbandes bleiben wollen. Verneint ein Viertel sämtlicher Mitglieder diese Frage, so ist eine Hauptversammlung zu berufen, welche über die Auflösung des Verbandes oder das Fortbestehen unter Entlassung der den Austritt Begehrenden zu beschließen hat. Zur Auflösung des Verbandes ist die Zustimmung von drei Vierteilen der in der Versammlung Anwesenden erforder lich. Weitere Bestimmungen regeln das Verfahren bei der Auflösung und beim freiwilligen Ausscheiden. Weiter ist zu erwähnen, daß nach Abschluß des 5. Geschäftsjahres eine Prüfung der Angemessenheit der Jahresbeiträge und nach Befinden eine Neufeststellung derselben auf Grund der gemachten Erfahrungen erfolgen soll. Der Ausschuß, der die Wahl des außer dem Vorsitzenden aus drei Mit gliedern und zwei Stellvertretern bestehendes Vorstandes vorzunehmen hat, wurde wie folgt gewählt: Vertreter der politischen Gemeinden: Bürgermeister Kahlenberger-WilS- druff, Gemeindevorstand Blümich-Jeffen, Gemeindeältester Thomas-Lautzschen, Bürgermeister Wunderlich-Sicbenleh», Gemetndevorstand Mehner-Zadel; Stellvertreter: Gemeinde vorstand Grafe-Zaschendorf und Gemetndevorstand Wall- rabe-Birmenitz; Vertreter der Kirchgemeinden: Pfarrer Wallenstein-Ntederau, Pfarrer Dr- Lippert-St. Afra; Stellvertreter Pastor Schüttoff-Constappel; Vertreter der Schulgemeinden: Gemeindevorstand Rubelt in Weinböhla, Schuldirektor Kluge-Coswig; Stellvertreter: Pfarrer Dinter-Bieberstein. — lieber den Geschäftsgang i« der Möbel- Industrie im Jahre 1907 wird in dem soeben erschienenen Jahresbericht der Dresdner Handelskammer berichtet: Der Geschäftsgang in der Herstellung von Möbeln hat nach den uns vorliegenden Berichten wenigstens bis zum Herbst allgemein befriedigt. Dann wurde aber hier und da bereits ein Nachlassen der Nachfrage bemerkbar. Trotzdem ist der Jahresumsatz vielfach größer oder wenigstens ebenso groß wie im Vorjahre gewesen. Zum weitaus größten Teile fanden die Möbel wieder im Inlands satz, doch wird von einzelnen Firmen berichtet daß sie auch vom Auslande größere Aufträge erhielten Die M NL? di?Ausfuhr nicht unwAL über schnelles Anwachsen der Gestehungskosten dadurch verursachten Preis- Äb^^n^n. sur die fertige Ware scheinen jedoch von der Kundschaft in der Regel als unvermeidlich hingenommen M sein. Für gut gearbeitete, künstlerisch auSge- führte Möbel sind jedenfalls die geforderten Preise meist ohne Widerstreben bewilligt worden. Immerhin fehlt es auch nicht an Stimmen, die von gedrückten Pressen infolge starken Wettbewerbes zu berichten wissen. Be sonders Stapelsachen sollen nur zu niedrigen Preism ver käuflich gewesen sein. Der Zusammenschluß der Möbel-