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Sächsische CläMung. Amtsblatt für das Kvnigl. Gerichtsamt und den Stadtrath zn Schandau, sowie für den Stadtgemeiuderath zu Hohnstein. erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch die Erpedition diese» Blatte» fstr 10 Ngr., durch die Post für 12 Ngr. vicrteliahrlich zu beziehen. Inserate für da» MittwochSblait werden bi» Dienstag friih 0 Uhr, für da» Sonn- abcndSblatt bi» Freitag srüh 0 Uhr angenommen; spater eingehende Inserate können erst in der folgende» Nummer Aufnahme finden. — Inserate für die Elbzeitung nehmen an Hr. Hesse in Hohnstein, sowie die Annoueen.Bureau» von H. Engler, E. Fort, Sachse «Co- und Haasenstein »e Vogler in Leipzig, und da» Annoueen.Bureau von W. Saalbach in Dresden. 7. Sounabeud, den 22. Jauuar 1870« Der Aufstand in Paris, welchen Nochefort und seine Genossen beabsichtigten, ist im Sande verlaufen. Die Insurrektion wurde mit Osteuianon cingeleiict. Die von den geheimen Gesellschaften organisirttu Arbeiter wa ren zu diesem Zwecke am Vorabende des Begräbnisses Noir'ü von den Agenten Nochefort'ö bearbeitet und aufgefvrdcrt wor den, bewaffnet sich am Sierbehause zu versammeln. Man sah diese Leute von einer Werksteine zur andern eilen, wo sic mit beredten Worten den Arbeitern den glücklichen Ausgang des bc- absichtigten Kampfes verhießen. Wie wenig entsprach der Er folg der Agitation indessen den Erwartungen! Bei dem Begräb- niß war allerdings eine ungeheure Volksmenge zugegen; Men schen aus allen Stänken, jeden Geschlechts und Alters. Aber zum Kampfe waren sie weder bereit, noch Willens, noch ge rüstet. Die große Mehrzahl haue die Neugierde, einem piqnan- ten Schauspiele beizuwohnen, nach Neuilly gelockt. Als Roche fort und seine Handlanger, namentlich Ulrich de Fonvielle, ihre zum Kampfe gerüsteten Schaarcn musterten und dieselben mit den der Negierung zur Verfügung stehenden Truppen, deren Zuverlässigkeit und Treue über jeden Zweifel erhaben war, ver glichen, cntsiel ihnen der Muth. Rochefort, welcher so eifrig für die Herbeiführung eines Kampfes Hehle, war jetzt der erste, welcher der Menge die Unmöglichkeit eines erfolgreichen'Wider standes schilderte und sic bcschwor, von dem Versuche abzustchcn, die Leiche nach Paris zu bringen. ES kam in Folge dessen zwi schen ihm und eraltirten Persönlichkeiten seiner Farbe zu hefti gen Eonflicten, und wenn irgend etwas geeignet war, Len Ein fluß Nochefori's auf die Führer der Massen abznschwächen, so war cs die an ihm jetzt hcrvorlrcicndc Aengstlichleit, Bcsvrgniß, körperliche Schwäche, die ihn mehrmals zu Ohnmächten führte. Seine Verwirrung wuchs in dem Maße, als die Scciionsfüh- rcr ihn zur Entscheidung drängten und Befehle zur Organisation deö Aufstandes von ihm forderten. Der Beweis war gegeben, daß Rochefort wohl ein Pamphletist, aber nicht der Führer der Bewegung, der Leiter dcs Aufstandes gegen eine über gewaltige Angriffsmittcl verfügende Negierung sein konnte. Ihm fehlten die Nerven, welche das Handwerk eines Ncvolunonäro und Volksdcmagogcn erfordert. Alo Rochefort im Widerspruch mit seinen früheren Agitationen zum Frieden ermahnte, erhob sich un ter den bewaffneten Arbeitern ein Sturm des Unwillens. Mit glieder deü Corps legislativ erzählen, das Rochefort später beim Eintritt in die Versammlung den Eindruck einer verstörten und geistig gebrochenen Persönlichkeit machte. Tages gefchichte. Sachse». Dresden. In Ler am 19. Januar stattge- fundcnen Sitzung der Zweiten Kammer beantwortete Staa'lö- minisier Frhr. v. Friesen zunächst eine vom Abg. Krause ringe- brachte und ausführlich begründete Interpellation, den Ankauf deü Areals der Helbig'schcn Restauration (deren Besitzer kürz lich verstorben ist) aus Staatsmitteln betreffend, und^bcmcrkte derselbe hierbei, daß Lie Negierung mit dem Interpellanten in sofern einverstanden sei, als sic den Zeitpunkt auch für gekom men erachte, eine Enischcibung in der Sache zu treffen. Inter pellant erklärt sich hierdurch befriedigt. — Die amtlichen Blätter enthalten die Liste der am 15. Januar auSgeloosten Albenöeisenbahnprioritätcn. — Einer Genfer Gesellschaft ist Conccssion zu einer Pferde bahn von Dresden nach Blasewitz crihcilt, was dcn Unicriich- mcrn des Blascwitzer Waldpark-Vereins nur förderlich sein kann. Ueber den in Mittweida wegen aufwiegelneer Reden verhafteten Agitator Nüdt bringen die „Mitiw. Nachr." meh rere interessante Notizen. Der angebliche NechtScandidat, wel cher für einige Zeit unschädlich gemacht worden ist, ist eigentlich Student, der früher einmal ein paar Cvllegicn belegt, aber ein Eramcn noch nicht gemacht hat. Von Mittweida aus wollte cr noch einige sächsische Städte mit seinen Vorträgen beglücken, ob wohl sich bei seiner Arrciur seine ganze Baarschafi auf nur 3 Ngr. 9 Pf. belief. Da er im nächsten Sommer für den Reichs tag als Candida» auftreicn und deshalb noch schnell Norddeut scher werden will, so hat cr in ciucr Anzahl Slädlc Vorträge und zwar ungestraft bisher gehalten. Hierin wurden die Fürsten und höchsten Beamten mit dcn gemeinsten Schimpfnamen belegt. In einer zu Ende vor. Monats in Hainichen gehaltenen Neve war cr jedoch so freundlich, an einer Besserung unserer Zustände nicht zu verzweifeln; als Bedingung stellte cr frcilich hin, daß eine große Anzahl Leute einen Kopf kürzer gemacht würden. Stichwörter, wie Strang und Guillotine haben dabci eine große Nolle gespielt. Der Vortrag fand mit den Worten: „Ja, die Köpfe müssen herunter!" einen entsprechenden Abschluß. Aus Groitzsch wird unierm 18. Januar geschrieben: Der Schuhmachergeselle Bernhard Oscar Zcucrmann von hier, 26 Jahr alt, welcher bei seinem Bruder, dem Hausbesitzer und Schuhmacher Nobert Zetiermann hier in Arbeit stand, kam mit letzterem bei der Arbeit in Streit, gericth in Aufwallung, ergriff daS auf der Werkstatt gelegene Zuschneidcmesscr und stieß cü seinem Bruder unmittelbar in die Herzgrube, so daß derselbe wenige Minuten darauf an Verblutung starb. Der ermordete N. Zettermann ist 32 Jahr alt und hinterläßt eine Frau und fünf unerzogene Kinder. — Der Mörder ist dem Gerichlüamtc Pegau übergeben worden. Am 14. Jan. wurde in Venusberg bei Thum eine Frau auü Schlvßchemnitz ivdt gefahren. Sie hinterläßt einen Gailen und 6 Kinder. Auf einem Wagen, in der sogenannten Schooß- kclle, mit dem Fuhrmann sitzend, springt der Letztere herunter, um das Schleifrad in Ordnung zu bringen, kommt aber zum Fallen und verliert dabei die Zügel. Die Pferde kommen zum Schuß, die Frau springt auch herunter, fällt und der über sie hinwegfahrcndc Wagen drückt sie tod». Preußen. Berlin. Die „Nordd. Allg. Ztg.", Bis- marck's Organ, versichert: „Entwaffnung ist für dcn norddeutschen Bund Aufhebung der allgemeinen Wehrpflicht und dies ist eine Unmöglichkeit." — Die höchstbesteuerten Personen pro 1870 in Berlin sind