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1881 Freitag, den 30. August Dic „Sächsische Elb-Zeitung" erscheint regelmäßig Freitags und ist durch die Expedition in Schandau, sowie durch alle Postanstaltcn für 10 Ngr. Vierteljahr!, zu beziehen. — Inserate nehmen an: Hr. Duchbindcrmstr. Brosep in Sebnitz, Hr. Kämmerer Hesse in Hohnstein u. Hr. Kaufm. Angermann in Königstein, welche man an erwähnten Geschäftsstellen spätestens bis Mittwoch Abend, in der Expedition d. Bl. aber bis Donnerstag früh 9 Uhr abzugcben bittet. Sächsische Wochenschau. Sachsen. Schandau, 20. Slug. Wer erinnerte sich nicht gern vergangner, aber schön verlebter Zeiten! Laut unsers in vor. Nr. gegebnen Versprechens kommen wir deshalb Heine nochmals und zwar etwas ausführlich auf die so herrlich und schön verflossenen Tage deü 18., 19. und 20. August zurück, an welchen der weithin so rühmlichst gekannte Universitäts-Gesangverein der Paulincr aus Leipzig hier tagte. Nachdem auf längst erfolgte Ein ladung erst mit Beginn dieses Monats gewisse Zusage Seiten der Paulincr, hierher zu kommen, geschehen war, bildete sich ein Comitö, welcher am 8. August seine erste Zusammenkunft hielt, und nachdem er die allerallgemeinsten Grundzüge bezüglich des Festes dargethan, thcilte er sich in 4 Deputationen, wovon die erste die Einquartierung der Paulincr, die andere die Decoration, die dritte das Arrangement der Festlichkeiten überhaupt und die vierte das ganze Kassenwcscn besonders ins Auge zu fassen hatte. Jede dieser Deputationen wählte sich sofort einen Vor» sitzenden auö ihrer Mitte, worauf man sogleich zu den, Specialberathungcn vcrschritt. Je schärfer man nun daö Einzelne berührte, desto schwieriger erschien hin und wie. der die Ausführung des Ganzen, so daß sich in manchem verzagten Gemüthe bange Zweifel einstellten. Doch dem Muthe und der Ausdauer des Comite's, der Aufopfer ungslust und Fähigkeit eines Hrn. Hohlfeld, Höhne, Haude und vieler, vieler Anderer, der Eintracht und dem gesun den Bürgcrsinn Schandau's im Allgemeinen ward Alles möglich. Als die Einqarticrung der Sänger so rasch von Statten ging; als der DecorationsauSschuß mit seinem colossalen Podium und dem famosen Speisczelte auf dem Festplatze anfing emporzustcigen: da begann im Nu aller Puls rascher zu schlagen. Jung und Alt war geschäftig, trug und fuhr herzu: Aller Hände banden und wanden zu verzieren und schmücken die Häuser und Läden, die Stra ßen und Plätze. Hunderte von Fahnen in allen Farben und Größen prangten allüberall, sodaß am Vorabende deö 18. Augusts, des ersten Festtags, Alles bereitet war und die ganze Stadt ein festliches Gewand angezogen hatte. Vormittags '/z11 Uhr erwartete man im bunten Ge wühl daS Schiff, mit welchem die Paulincr ankommen sollten; pünktlich verkündeten die Böller und bald darauf ein harmonisches Hoch der Paulincr die Ankunft des mit Fahnen, Kränzen und Guirlanden geschmückten Schiffes. Die am User Stehenden erwiderten jenes Hoch und der hiesige Liederkranz schickte sich an, seines ihm gewordenen Auftrages, „die Paulincr durch einen Gesang zu begrüßen", sich zu entledigen. Der Zug bewegte sich unter Voran- iragung der Vcreinsfahnc von dem Landungsplätze an der Elbe herab durch dic Geleitsgassc nach dem Markt, wo dic Paulincr an die betreffenden Bürger überwiesen und in's gastliche Hauö geleitet wurden. In Kurzem fanden sich dic meisten der fröhlichen Sänger wiederum zu einer Erfrischung zusammen, bis der herangekommenc Mittag sie abermals zerstreute. Des Nachmittags 4 Uhr begannen sic ihr Werk nach kurzer Probe im Schulsaale mit einem geistlichen Conccrt in hiesiger geschmackvoll decorirten Kirche. Die Ausführung dieser Gesänge, Lieder in geschichtlicher Reihenfolge von Componistcn auö dem 16. bis"19. Jah» bundert, war unter der Leitung deS Hrn. vr. Langer, Director des Pauliner-VcrcinS, nicht nur eine meisterhaft gelungene, sondern eine wahrhaft erbauende, erhebende. Lei ber war der Besuch dieses Concerteö nicht so bedeutend, als man auö vielen Gründen erwartet hatte; namentlich hatte sich die nächste Umgegend von Schandau verhältniß- mäßig schwach-betheiligt. Am Abende hielten die Studen ten einen solennen Commers auf dem großen Saale des SchützcnhauseS ab, bei dem sich noch viele andere alte Hänscr, wie der Glasermeistcr, Schmidt, Walde, fröhli chen Andenkens ic., die Quarncrwirthe und ein großer Theil anderer Freunde fröhlichens Studentenlebens bethei- ligten. ES war ein wahres Verbrüderungsfest zwischen Studenten und Bürgern. Dic Commerslieder, die man sang, „Brüder, lagert euch im Kreise," „Wo Muth und Kraft in dcntschen Seelen flammen," und „Stoßt an, Leipzig sott leben," versetzten die alten Commilitonen in die schönsten Zeiten deutscher Burschenschaft zurück und machten einen erhebenden Eindruck auf alle andern Theil nehmer. Bis tief in die Nacht hinein dauerte daS Fest und dic durch nichts getrübte Heiterkeit. Am andern Mor gen wurden viele unserer Mitbürger durch Ständchen ge ehrt und am Vormittag fand man sich heiter und froh zu einem Frühstück auf der „Ostrauer Scheibe" zusammen. Nachmittags 2 Uhr versammelten sich die Paulincr auf dcm Markt behufs eines Fcstzuges durch die Straßen der Stadt nach dem Festplatze. Unter Vorantritt der Pau- lincrfahne und des gutgeschulten BerghautboistenchorS der fiscalischen Stcinkohlenwerke zu Zaukerode bewegte sich der große fidele Zug dem Bade zu. Hier gaben von 4 Uhr an bis gegen 8 Uhr die Paulincr ein großes Conccrt im Freien, und entfalteten ihre rühmlichst bekannte Kunst im Chorgesang von Liedern der besten Gattung und unter ihnen fehlten auch die schönsten Freiheits- und Vaterlandslieder nicht. Wiederholter stürmischer Beifall sprach die Befrie digung und Freude des gewaltigen Znhörerkrcises aus. Amts- und Anzeigeblatt für Schandau, Sebnitz und Hohnstein