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WiwmfferAgeM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, W-ch-nblatt für Wilsdruff u. Umgegend »rin Anspruch auf Liderung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Siüchsendung ringrsandter Schrisiftucke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs» Pfennige, di- »gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Borge, schrieben« Eischeinungs« tage und Platzvorfchriften werden nach Möglichkeit F k l N s p l k lh 0 k t Amt Wilsdruff Nk. 6 b-rüchsichtigt. Anzeigen. annahmebisoorm.wUhr. > Für die Richtigkeit der Lurch Fernrus übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabaltanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 39 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruss-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 15. Februar 1933 Viel Lärm um nichts. Man müht sich draußen in gewissen Teilen des Aus landes geradezu ab, allerhand finstere Pläne oder bevor stehende „Extratouren' in die deutsche Außenpolitik Hin einzugeheimnissen. Herr Herriot erzählt wilde Räuber geschichten von einem deutsch-italienischen Bündnis — und muß sich sogar vom derzeitigen französischen Botschafter in Nom sagen lassen, daß „dortseits" nichts davon bekannt sei. Allerdings müssen leider einige Zweifel bestehen, ob man bei der jetzigen französischen Negierung Daladier den entsprechenden deutschen und italienischen Dementis auch wirklich Glauben schenkt, ob vielmehr nicht jene an gebliche Verabredung bereits zu einer Art fixen Idee geworden ist. Sonst hätte Herriot diese Mißgeburt wohl kaum in die Welt gesetzt und sonst hätte wohl auch nicht einer der Führer der Herriot-Partei jetzt in der Depu- tiertenkammer sich nicht so scharf gegen die kleine Ver minderung der Heeresausgaben ausgesprochen, die von seinem eigenen Parteifreund Daladier vorgeschlagen wurde. Der Widerspruch erfolgte unter ausdrücklicher Berufung auf die „Situation in Deutschland". Andere Abgeordnete der Rechten, aber auch der Linken, kamen immer wieder auf diese „Situation" zu sprechen Dabei handelte es sich um ganze 84 Millionen Mark, die Daladier an den Militärausgabcn zu streichen durchgesetzl hat. Und wenn De Jouvenel aus Rom auch tausendmal die Ge rüchte über ein deutsch-italienisches Militärbündnis als vollkommen haltlos bezeichnet und ihre Verbreitung be dauert, — man weiß das eben in Paris alles viel besser! Man weiß dort auch ganz genau, daß Italien an Ungarn — dem Dritten im heimtückischen Bunde — nicht bloß Massen von Waffen, sondern auch schon 32 Flugzeuge ver kauft hat. Womit eben die Triple-Entente Nom-Budapest- Berlin „erwiesen" ist. „Da kannste halt nix machen", ivürdcn unsere bayerischen Landsleute sagen. Denn der Hinweis darauf, daß der deutsche Außen minister der beiden vorangegangenen Kabinette, v. Neu rath, auf persönliche Veranlassung des Reichspräsidenten auch m der neuen Regierung sitzt, die vielberufene „K o n- tinuität der deutschen Außenpolitik" mit hin auch schon äußerlich gewahrt ist, genügte nicht, den aufkommenden Argwohn gegen irgendwelche wilden Pläne Deutschlands sogleich zu ersticken. Auch die außenpolitisch namentlich in der Abrüstungsfrag-- durchaus gemäßigten Äußerungen des neuen Reichskanzlers Hitler konnten nicht verhindern, daß man in Frankreich von einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Berlin und Rom zu glauben begann, die vor allem eine deutsche Spitze gegen Jugo slawien, indirekt also gegen Frankreich aufweise. Daß Mussolini gewisse Absichten auf die Ostküste der Adria hat, ist wohl nicht unbekannt, — aber jene Wünsche Mussolinis interessieren uns nicht im mindesten. Daß sich aber hierin die Dinge nicht bloß zwischen Nom und Belgrad, sondern auch zwischen Nom und Paris erheblich zu gespitzt haben, läßt sich nicht leugnen und — in diesen Zusammenhang werden die Märchen von dem deutsch italienischen Militärbündnis hineingestellt, das wenigstens „moralisch" den Italienern den Rücken stärke. Herriot selbst schreibt aber — und er ist jetzt für Frankreichs Außen politik der Mann schon nicht mehr hinter, sondern vor den Kulissen —, daß mit Italien bessere Beziehungen herzu- stcllen einfach nicht mehr möglich sei, und gleichzeitig macht er weitere Andeutungen über das eifrige Bestreben „seiner" Regierung Daladier, die Beziehungen zu Ruß land nach jeder, auch nach der — militärischen Richtung enger zü gestalten. Der russische Botschafter in Paris ist zur Zeit ein „vielbesuchter" Mann. Und man darf daran erinnern, daß derselbe Herriot es war, der mit Sowjetrußland den Nichtangriffspakt abschloß; jetzt versucht er, für seine Lockungen an Moskau auch die neue deutsche Innenpolitik mit ihrer scharfen Frontstellung gegen den Kommunismus auszuspielen. Diese Ängste nebst den politischen Gegenmaßnahmen in Paris muten in Deutschland geradezu als phantastisch an. Aber der Franzose sieht sich jetzt der erstaunlichen Tatsache gegenüber, daß trotz der schweren innenpolitischen Zuckungen in Deutschland, trotz der scharfen Gegensätze und noch schärferen Wahlkampfreden das ganze deutsche Volk einig und geschlossen hinter jeder Negierung steht, die die Außenpolitik des vor einem Jahre zweimal ge sprochenen „Nein" — in der Frage der Tributzahlung und in der des Wehrlosbleibens — weiterzutreiben ent schlossen ist. Und ebenso steht man in Paris vor der zweiten Tatsache, daß Herr Paul-Boncour in Genf mit seinem ganzen Abrüstungsplan festgefahren ist. Aber er ist dort auch noch mit anderen Dingen festgefahren. Mit dem ganzen deutsch-französischen Verhältnis nämlich, das Politisch immer schlechter geworden ist seit jener Weigerung Herriots, mit Berlin direkt über dieses Verhältnis zu verhandeln. Dieses Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich ist aber nun einmal der Drehpunkt aller euro päischen Politik. Und vorläufig ist gar nicht abzusehen, wie der damals von Herriot begangene Fehler wieder gut- gemacht werden soll. Er versucht es nun durch Ver stärkung des eisernen Ringes um Deutschland herum: daran freilich, daß diesem Streben auch der ganze Weltabrüstungsgedanke zum Opfer fallen muß, wird man auch in Varis nicht zweifeln. Erst „Werheit", RMtW .Meutise UnWgieWeit" Der politische Ausschuß der Abrüstungskonfe- renz trat zum erstenmal seit dem Februar vorigen Jahres zu der von der französischen Regierung geforder ten Behandlung der Sicherheitsfragen zusammen. Zu Beginn der Aussprache gab der italienische Vertreter Marquis Soragna eine kurze Erklärung ab, in der er die bekannte grundsätzliche Haltung der iialieni- schen Negierung uneingeschränkt aufrechterhielt. Er be tonte scharf die „eindeutige Unnachgiebigkeit" in der Haltung Paul-Boncours und verlangte in Über einstimmung mit der deutschen Abordnung eine so fortige Regelung der qualitativen Material abrüstung als der entscheidenden Hauptfrage der Konferenz. Paul-Boncour verlangte, daß der Ausschuß sich zunächst mit dem kontinentalen Pakt gegenseitiger Hilfeleistungen der Staaten befassen müsse, nach dem sich die europäischen Mächte gegenseitige Hilfe im Falle des Angriffes zusichern sollen. Die weitere Behand lung der Sicherheitsfrage hänge von der Entscheidung dieser Frage ab, die maßgebend für die vorgeschlagene Vereinheitlichung der europäischen Armeen se>. Botschafter Nadolny betonte, daß die Reihenfolge der zur Verhandlung kommenden Fragen gleichgültig sei und verlangte die Aufstellung eines Arbeitsprogramms und den Beginn der sachlichen Verhandlun gen. Die deutsche Abordnung hoffe, daß endlich auf dem Abrüstungsgebiet das gleiche Maß praktischer Er gebnisse erzielt würde, wie dies bereits auf dem völker rechtlichen Sicherheitsgebiet geschehen sei. Der politische Ausschuß beschloß nach längerer Ge- schaftsordMngsaussprache auf Grund eines französisch spanischen Antrages, die sachlichen Verhandlungen mit den beiden Punkten des englischen Arbeitsprogramms am Mittwoch zu beginnen. Diese beiden Punkte sind: 1. Feierliche Erklärung der europäischen Mächte, unter keinen Umständen bei einem künftigen Konflikt Gewalt anzuwenden. 2. Prüfung von politischen Sicherheits abkommen zwischen den europäischen Staaten. Danach hat also Frankreich wieder einmal seinen Willen, die Sicherheitsfrage vor der prak tischen Abrüstung im politischen Ausschuß zu be handeln, durchgesetzl. dm „MiistW" Drei japanische Mimalen an China. China lehnt ab. Die japanische Gesandtschaft in Peking bestätigt, daß drei japanische Ultimaten vorbereitet worden sind, in denen der Rückzug der chinesischen Truppen aus der Provinz Dschehol innerhalb einer bestimmten Frist gefordert wird. Bei Nichterfüllung der Ultimaten würden die mandschuri schen und japanischen Truppen mit militärischen Opera tionen großen Ausmaßes beginnen. Marschall Tschanghsueliang erklärte, daß von China die japanischen Ultimaten nicht beachtet werden würden. In demselben Sinne äußerte sich der chinesische geschäfts führende Ministerpräsident Sung. Die Ultimaten würden abgelehnt werden. Die chinesische Armee werde bis zum letzten Blutstropfen kämpfen. * Der Neunzehnerausslbuß warnt Zavan Der Neunzehnerausschuß hat in seiner Schlußsitzung von der Antwortnote der japanischen Regierung auf die Anfrage wegen der Anerkennung der Oberhoheit Chinas Kenntnis genommen und sogleich der javanisch«« Regie rung seine Stellungnahme hierzu übermittelt. Der Aus schuß wqr der Ansicht, daß die japanische Note keine Grund lage für eine weitere Vermittlung ist und lehnt es ab, in weitere Erörterung der Einzelheiten der japanischen Note einrntreten. Jedoch wird die japanische Negierung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß eine neue Verschärfung der Koufliktslage durch weitere militärische Maßnahmen in der Provinz Dschehol zu einem endgültigen Scheitern der Verhandlungen führen müsse. Der Neunzehnerausschuß beschloß, der Völkerbunds- Versammlung, die am 2l. Februar zusammentritt, die zur Lösung des Fernoststreites vorgesehenen Maßnahmen in folgender Reihenfolge vorzuschlagen: 1. Rückzug der japanischen Truppen aus der Man dschurei bis zu der japanischen Eisenbahnzone; 2. Schaffung der Autonomie in den drei östlichen Provinzen unter der Oberhoheit Chinas; Einrichtung der Verwaltung, Schaffung internationaler Kontrolle und der Gendarmerie, entsprechend den Vorschlägen des Lytton berichtes. Der Grundsatz der Oberhoheit Chinas in den drei östlicl-rn Provinzen wird an die Spitze der Empfehlungen des Berichtes gestellt. Neuer Tumult im Werwachungs- ausschuß. Auszug der Linken. Unter Beteiligung der Vertreter aller Parteien trat der Reichstagsausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung unter dem Vorsitz des Abg. Löbe (Soz.) am Dienstag wieder zusammen. Als Löbe die Sitzung für eröffnet erklärte, setzte bei den Nationalsozialisten tosender Lärm ein, der minutenlang andauerte. Löbe gelang es nicht, eine Erklärung vor dem Ausschuß abzu geben. Der Lärm legte sich erst, als sich Abg. Dr. Frank II erhob, um eine Erklärung abzugeben. Dr. Frank stellte fest, daß der Vorsitzende nicht imstande sei, die Sitzung zu leiten, weil die größte Fraktion des Hauses es nicht dulden werde, daß ein Marxist und Verleumder weiter die Ausschußverhandlungen leite. Da der Vorsitzende somit verhindert sei, den Äusschußvorsitz zu führen, übernehme er als Stellvertretender Vorsitzender die weitere Leitung der Verhandlungen. Dr. Frank II begab sich darauf zu dem Platz Löbes und verdrängteihn. Die Vertreter der Sozialdemokraten und der Kommunisten verließen den Saal. Dr. Frank eröffnete nunmehr als Stellver tretender Vorsitzender nochmals die Sitzung mit einem Nachruf für die Opfer der Neunkirchener Katastrophe. Die Vertreter des deutschen Volkes seien überzeugt, daß die nationale Regierung ihre Pflicht erfüllen werde, um den Unglücklichen zu helfen. Dr. Frank stellte fest, daß der Ausschuß in seiner Mehrheit seine Erklärung billige und erklärte darauf die Sitzung zum Zeichen der Trauer für geschlossen. Am Ende der Sitzung kam es auch zu einem Zu sammenstoß zwischen dem Abgeordneten Morath (DVP.) und den Nationalsozialisten. Der Abgeordnete Morath ging rauchend an die Tür und wurde darauf von den Nationalsozialisten, die ihm oorwarfen, daß er auch bei der Erörterung des Trauerfalles geraucht habe, gestellt Md angegriffen. Er erhielt von Wa. Streicher (Ngn- Soz.) einen FaustschlagindenRücken und verließ unter erregtem Protest den Saal. Der Führer der Deutschen Volkspartek, Neichstags- abgeordneter Dingeldey, hat beim Neichstagspräsidentcn Göring und bei dem Vorsitzenden der nationalsoziali stischen Reichstagsfraktion, Reichsinncnminister Dr. Frick, Einspruch erhoben. Der volksparteiliche Abgeordnete Morath legt Wert auf die Feststellung, daß er nicht etwa mit den Sozial demokraten und Kommunisten die Sitzung des Über wachungsausschusses verlassen wollte, sondern daß er sich erst zum Ausgang begeben habe, nachdem der Stellver tretende Vorsitzende, Äbg. Dr. Frank II, die Sitzung ge schlossen hatte. Die Sozialdemokraten vertreten die Meinung, daß sich die nationalsozialistischen Mitglieder durch ihr Verhalten gegen KZ 105 und 106 des Neichsstrafgesetzbuches ver gangen und damit die Verfassung gebrochen hätten. Oie Vorgeschichte. Schon in der ersten Sitzung des Überwachungsaus schusses war es zu fortgesetzten stürmischen Angriffen der nationalsozialistischen Ausschußmitglieder gegen den Vorsitzenden gekommen. Anlaß zu diesem Vorgehen war die Behauptung des nationalsozialistischen Abgeordneten Frank II, Löbe habe im lippeschen Wahlkampf schwer be leidigende Äußerungen gegen Hitler getan. Der Reichstags Präsident hat bekanntlich auf ein Schreiben Löbes, in dem gebeten wurde, für einen reibungslosen Verlauf der Aus schußverhandlungen Sorge zu tragen, geantwortet, daß er sich weitere Maßnahmen Vorbehalte und erst einmal Eini- gungsverhandlungen zwischen den Beteiligten abwarten wolle. Löbe hat in seiner Erwiderung zum Ausdruck ge bracht, daß er nur von „Adolf, dem Slowenier", dagegen nichts von Hitlers blutigen Händen gesprochen habe, wie Abg. Frank II ebenfalls mitgeteilt hatte. Die Hoffnung des Reichstagspräsidenten Göring auf einen Erfolg der Einigungsverhandlungen zwischen Nationalsozialisten und Sozialdemokraten haben sich bis her nicht erfüllt. Man wird mit Spannung de« weiteren Verlauf dieser Angelegenheit abwarten müsse«.