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MmUTageblati Wochenblatt für Wilsdruff Amts Königliche Amtsgericht und -en Gtadtrat zu Wilsdruff für die Königliche Amtshauptmannschast Meißen, für das sowie für das Königliche Korstrentamt zu Tharandt Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6. Postscheck.Konto: Leipzig Nr. 28614. Nr. 189 Sonntag den l! November 1917 Der amtliche Teil befindet sich in der Beilage M oerMM Ä»M HM Re Pi« mW. Sieg davongetragen. Nachdem Friedrich v. Payer der plötzlich im Chaos der Revolution strahlend wie ein Meteor erschien, den die Masse ver götterte, auf den die Sehnsüchtigen hofften, auf den Anhänger und Gegner schließlich als auf den Bringer der Freiheit und des Frie dens blickten, er ist heute landsiüchtig und vielleicht in einmal das Militär, der Versprechungen Kerens kis müde, den neuen Herren der Lage Hilfe leistete, schwand die Macht der Diktatur dahin. Das Schwert, mit dem er, immer von England gehetzt, alle bedrohte, die vom Frie den zu reden wagten, ist seiner Hand ent wunden. Der Mann, Der Llmsturz in Rußland Da» Volk WM Friede« und Brot! wird. Es ist sozusagen ein „ Verständigungs frieden" zwischen der Negierung und den Mehrheitsparteien zu stande gekommen mit „Hin- und Herschieben": Der Abg. v. P a y e r Mrd Vizekanzler (Nachgeben der Regierung), ins preu- ßischeStaatsministerium tritt kein Fortschrittler (Nachgeben der Mehr- heitsparteien), Dr. Helf ferich scheidet aus dem Amte (Stachgeben der Regierung, die sich aber vorbehält, ihn weiter im Staatsdienst zu ver wenden), Abgeordneter Dr. Friedberg nimmt das Amt des Vizeprä sidenten im preußischen StaatSministerium an (Nachgeben namentlich der national liberalen Partei). Im Vordergrund des Interesses steht heute der kommende Vizekanzler Friedrich v. Payers Über, seine Persönlichkeit nur wenige Worte. Friedrich v. Payer lebt in Stuttgart als Rechtsanwalt, ist geborener Württem berger und hat am l2. Juni d. Js. seinen 70. Geburtstag feiern können. Langjähriger Präsident der Zweiten Kammer, hat er in dieser Eigenschaft den persönlichen Adel und bei Niederlegnng dieses AmteS den Exzellenztitel erhalten. Dem Reichstag gehört er mit Unterbrechungen seit 1877 an, war früher Führer der Süddeutschen Volkspartei und gehört seit der Vereinigung der drei linksliberalen Parteien der Fortschrittlichen Volkspariei an, deren Vorsitzender er letzt ist. Die Berichte zweier jetzt von erfolgreichen Fernfahrten zurückgekehrten U-Boote bestätigen übereinstimmend de» immer mehr abnehmenden Schiffsverkehr in den Gewässern vor den westlichen Küsten Englands und Frankreichs. Lem einen U-Boot war es während seines mehrwöchent- liLeu Aufenthalts im Tätigkeitsgebiet überhaupt nicht Ml glich gewesen, auf Dampfer zu Schuß zu kommen, während es Gelegenheit hatte, unter anderem 11 Segler zu vernichten, die sämtlich beladen Len feindlichen Küsten zustrebten. Unter ihnen be fanden sich zwei französische Stahlbarken, die mit je 3000 Tonnen Weizen von Australien nach Frankreich bestimmt waren, ferner eine französische eiserne Bark mit einer vollen Ladung Rum von Martinique nach Bordeaux unterwegs. Des weiteren wurde ein amerikanischer Dier- master versenkt, dessen Ladung ebenso wie die eines eng lischen vernichteten Seglers aus Ol bestand. Das zweite U-Boot sichtete in den südwestlichen Aa- marschstraßen zu den englischen und französischen Wei a trotz klarsten Wetters tagelang weder Dampfer noch (-.».er, trotzdem daS Tätigkeitsgebiet mehrfach wurde. Mld Amgegend. .Erscheint seit dem Lahre -184^. ES ist kein Zweifel, di^Maximalisten haben in Peters burg einen vollständigen Erfolge unseres Ll-Boot-Krieges. Der lahmgelegt- Echiffahrtsverkehr. Amtlich wird gemeldet: Auf dem nördlichen SeekriegS- schauplatz wurden durch unsere U-Boote wiederum 15000 Bi Reg.-To. versenkt. Unter den vernichteten Schiffen befanden sich der amerikanische Transportdampfer „Antilles' (6878 To.), ein unbekannter Tankdampfer, sowie der fran zösische Segler „Rose". Ler Ltzef des Admiralstab-s der Mariae. KereuSN dieser Stunde schon der Rache Systems ohne denen Vorteile. Sie sind schließlich zUrück- gepfiffen worden und gerade noch ist es der Mehrheit ge glückt, des entgleisenden Seiles Ende zu fassen. Nun hat Graf o. Hertling die Regierungsmaschine zum Antrieb fertig. Was für schwierige Aufgaben harren, braucht nicht nochmals dargelegt zu werden. Die Arbeit soll jetzt im Schutze einer neuen Art des Burgfriedens fortgesetzt werden. Mißtrauisch, aber immerhin abwartend stehen vaterländische Parteien zur Seite, die an der Zu sammensetzung des Kabinetts nicht teilnehmen. Was aber die Stunde erfordert, das ist die volle Wiedergeburt der Einigkeit aus den großen Augusttagen vor drei Jahren. Der Geist jener Tage muß Regierung und Volk wieder voll erfüllen. Wenn der nach innen gewandte Blick das nicht scharf erfaßt, dann schaue ein jeder nach draußen. Wie herrlich kommen die Großtaten unseres Schwertes, dessen Ruhm auch in dieser Woche täglich die Welt aufs neue erfüllt, unsern Entschlüssen zu Hilfe. Greift es dem Patrioten nicht inS Mark, wenn er unter der Wucht der Heeresberichte sich vergegenwärtigt, welche Schätze da auf den Attar der Heimatliebe durch deutsche ManneLkräft und Treue niedergelegt werden? Schließt die Reihen! Laßt daS deutsche Reich endlich so stark und unbezwingbar erscheinen, wie eS in Wirklichkeit ist. Helfferichs RachsoWr. Berlin, 9. November. Schließt die Reihen! (Am Wochenschlutz.) Es wird ein Richtfest auSgerufen. Wir hören, daß nach langem Mühen und harten Kämpfen ein Bau vollendet sei, der eine neue Epoche an- zeige. Die Krone beruft zu dem Kanzler, der aus einer parlamentarischen Partei hervorgegangen ist, weitere Partei führer in die Regierung, und sie tut die», indem sie Vor stellungen berücksichtigt, die auS der Volksvertretung heraus ihr unterbreitet worden sind. Man spricht von dem Mark stein einer neuen Zeit. Es ist vielleicht zweckmäßig, nicht so viele Wahrzeichen an den Wegrand zu stellen, indes die zeitgenössische Entwicklung vorbeikommt. Die Übersichtlich keit könnte notleiden. Gerade die Bedeutsamkeit des Ab schlusses, den die innere Krisis soeben gefunden zu haben scheint, muß dazu mahne«, auf jedes täuschende oder be rauschende Spiel niit tönenden Phrasen zu verzichten und in dem verwirrenden Widerstreit der berufenen und un berufenen Kräfte die nüchternen Zusammenhänge nicht auS dem Auge zu verlieren. Seit Kriegsbeginn steht die innere Politik mit wachsender Stärke im Zeichen des Verlangens nach dem, was man die Parlamentarisierung der regierenden Ge walten nannte. Engere Fühlung mit der Volksvertretung, bessere Nutzbarmachung der erheblichen in den Parteien schlummernden oder sich in überflüssiger oder entbehrlicher Geistesgymnastik erschöpfenden Kräfte für die Allgemein heit Mit dem Ziele der Liberalisierung oder Demo kratisierung der Verwaltung. Die Geschlossenheit der Nation, der Geist vom 4. August 1814, die restlose Er füllung der Pflichten der Vaterlandsverteidigung und die ganze Stimmung, die sich daraus ergab, waren solchen Bestrebungen günstig und auch die Rechtsparteien, deren Überlieferungen am meisten in Mit leidenschaft gezogen waren, sanden sich zu einem großen Teile damit ab, daß ein Wendepunkt in der politischen Kräfteverteilung im Inneren für das Reich wie für Preußen eingetreten sei und neue Anforderungen an die politischen Führer stelle. Offen und strittig blieb aber die Frage über Len Zeitpunkt der Neuordnung der Dinge und bis heute verwirft die konservative Anschauung den Versuch, das Rathaus umzubauen, während vor den Toren die Geschnye Les Feindes dröhnen und alle Kraft unzersphttert der siegreichen Abwehr des Ansturms zu widmen sei. Es ist trotzdem geschehen. Die Baugeschichte ist verwickelt und »oller Zwischenfälle, viel Sorge und Verdruß, ja Erbitte rung haben diese Wochen heraufgebracht. Mit der Auf richtung des Gestühles wollte es immer wieder nicht klappen, der Bauherren drängten sich zu viele heran, hier war ein Riegel zu kurz, dort eine Stütze zu schwach und Lie Pläne wechselten unter der Axt des Zimmermanns. Heute nun soll sie ruhen und wir sollen uns das Werk besehen, an den der Firstkranz aufgebracht ist. Die Be friedigung ist keine ungeteilte und nicht jeder Beschauer sieht dasselbe. Was dem einen die Krone dünkt, die von der Höhe herabgrüßt, das ist dem andern der Freiheits baum, dem dritten die Jakobinermütze. Ein Koalitionskabinett ist zustandegebracht. Der Kanzler auS dem Zentrum Graf Hertling hat sich flankiert mit einem Demokraten und einem Nationalliberalen. Die Vizekanzlerschaft des fortschrittlichen Führers o. Payer und die Wahrnehmung des Amtes eines Vizepräsidenten des preußischen Staatsministeriums durch den nationalliberalen Führer Dr. Friedberg sollen diese Kanzlerschaft auf einen breiteren Boden stellen als die der Vorgänger. Es ist kein Zweifel, daß die parlamentarische Grundlage der Regierung, die sich damit auf die Mehrheitsparteien des Reichstags, auf Zentrum, Nationalliberale, Fortschrittler und Sozialdemokraten ausdehnt, in sichernde Breite geht. Die Linke wird den Erfolg feiern. Die Rechte will dem Kanzler und dem neuen Systeme nicht den Kampf aufS Messer ansagen, sie ist in die neue Verbindung nicht einbezogen, sie erblickt darin einen Abbau der Kronrechte und der Verfassung, aber sie will die Taten der neuen Regierung abwarten. Hier ist eine Gelegenheit ver säumt wordey, dem Lande zu zeigen, daß die Geschicke deS Reiches und'Preußens vertrauensvoll auch einmal mit in die Hände von Männern gelegt werden können, die eine neu« Zeit mit neuer Kräfteverteilung erstrebend ein sicheres Gefühl für die Grenzen deS Angemessenen und Erreich baren verbinden mit einer abgeklärten staatsmännischen Weisheit, die daS Vaterland unter allen Umständen über die Partei setzt. Waren es Wortführer der Linken selbst oder waren eS Rufer im Parteistreit, die kein Mandat hatten, daS gilt für den Erfolg wenig, nachdem man sie gewähren ließ: jedenfalls haben sie ihr weitgehendes Ziel, die Forderung deS parlamentarischen Regierungssystems etwa« in unangenehme Beleuchtung gebracht. Sie boten in Ihrer Krisenerregung daS Schausinel aller Nachteile dieses preisgegeben. Und der Telegraph, der so lange seine Rede» in die Welt trug, ist jetzt Werkzeug seiner siegreiche» Widersacher. Sie machen denn auch weidlich von ihm Gebrauch. Ihre Kundgebung über die Neuordnung lautet: Petersburg, S. November. „Die vorläufige Regierung ist gestürzt, die gesamte Macht ist in die Hände des Organs des Petersburger Arbeitcr- nnd SoldatenratS, nämlich de- revolutionären militärischen Ausschüsse», übergegangen, der an der Spitze des Prole tariats und der Garnison von Petersburg steht. DaS Ziel, für da- daS Volk kämpfte, nämlich Vorschlag eine- so fortigen demokratischen Frieden-, Aufhebung deS Rechte» der Grundeigentümer Laud zu besitzen, Aussicht der Arbeiter über die Erzeugung und Bildung einer Regierung be» Drbeiter- und SoldatenratcS ist gesichert. Es lebe die Revolution der Soldaten, Arbeiter und Bauern." Der Aufruf, und seine Verbreitung durch die bisher in der Macht Kerenskis befindliche Petersburger Tele- graphen-Agentur läßt keinen Zweifel darüber, daß die Maximalisten in der russischen Hauptstadt die Macht in Händen haben. Vorläufig nur in der russischen Haupt stadt! Wahrscheinlich wird sich auch Moskau ihnen an schließen. Ob auch andere Gebiete den neuen Umsturz mitmachen werden, muß die Zukunft lehren. Das läßt sich — angesichts der tausend Gruppen und Grüppchen, Ler allgemeinen Dezentralisation — schwer voraussagen. Das Programm der Gieger. In einem zweiten Aufruf wendet sich der Petersburger Arbeiter- und Soldatenrat an die Armee, der er folgendes Programm unterbreitet: «) Sofortiger Vorschlag eines demokratischen Frieden». d) Übergabe des Boden» der Grundbesitzer an dte Bauern. - «) Übergabe der Macht an die Räte und sofortige Ei«, berufnng der konstituierenden Versammlung. Fnsenionsprcis 20 pfg. für dic Oqcspalknc Korpuszeilc oder deren N«MI Lokaipreis 15 pfg., MNamcn 45 Pfg., alles mit 10"/« Teuerungszuschlag. Zettraub und tabellarisches Sech mii 50"/« Aufschlag. Bei Wiederholung und Jahresumsätzen entsprechender Nachlass Bekanntmachungen im amtlichen Teil (nur von Behörden) die Spaüzcilc ,>0 psg. bcz. 15 vfg. / Nachweisung»- und Offericngebühr 20 b«j. M.psg. x Telephonische Fuscraicn-Aufgave Meßt jedes Rettamationsrccht aus. / Anzcfgenänn-bmc his 11 Ubr vormittags. Beilagengebühr das Tausend S NN., sür die Postansiagc Zuschlag. / Für das (erscheinen der Anzeigen an bestimmten ' Tagen und Plötzen wird leine Gcwäbr geleistet. / Stritte Piatzvorschrist 25",« Ausschlag ohne Vabatt. / Die Nabattsätze und Nettopreise haben nur bei Bar zahlung binnen 50 Tagen Sültigleü; längeres Ziel, gerichtliche Einstellung, ge meinsame Anzeigen versch. Inserenten bedinaen die Berechnung des Brutto-'-jeiscn- preises. / Sofern nicht schon früher ausdrücklich oder stillschweigend als Erfüllungsort Wilsdruff vereinbar, ist, gilt es als vereinbart durch Annahme der Rechnung, saks nicht der Empfänger iunerh. 8 Tagen, vom Ncchuungstagc an, Widerspruch erbeb,. »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint täglich, mit Ausnahme der Sonn- und Feffsgqc, abends S Uhr für den folgenden Tag. / Bezugspreis bei Sclbstabholuua «n der Druckerei wöchentlich 20 psg., monatlich 7» psg., vierteljävrlich 2,10 Mk.; »nrch unsere Austräger zugetragen monatlich 80 Pfg,, viertcliäbrlich 2,40 Ml., t»> den deutschen Postanstalten vierteljährlich 2,40 Mk. ohne Zustcllungsgcbühr. Hie postanffalten, Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle ncbmen wderzett Bestellungen entgegen. / Zm Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger sigendweicher Störungen der Betriebe der Zeitungen, der Lieferanten oder der Best'terungseinrichtungen — hat der Bcziebcr leinen Anspruch aus Lieferung »der Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Ferner tzst d«r Faseren, in den obengenannten Fällen keine Ansprüche, falls die Zeitung verspätet, in beschränktem Umfange oder nicht erscheint. / Einzel- »eNaufspeeis der Nummer 10 Pfg. / Zuschriften sind nicht persönlich zu «driMren, sondern an den Verlag, die Schriftleitung oder die Geschäftsstelle. / Anonyme Zuschriften bleiben unberücksichtigt. / Berliner Veriretung: Berlin SW.«. Heute morgen konnte man erleichtert aufatmen, als bekannt wurde, daß unsere „innere Krise" (bisher kannten wir eine solche um bei unsire» Gegnern) endlich beseitigt 76. Jahrg. m EM» WVW11» W,! Oer Krieg. Wien, 9. Nov. Der amtliche Heeresbericht meldet Fortschritte der österreichisch-ungarischen Truppen cm der Tiroler Front.