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60. Jahrg Dienstag, -en 19. November 1991 Der Transvaalkrieg. Nach französischen Quellen sind die Boeren noch IM Namen des Königs! Vr Privatklagesache des Rechtsanwalts Carl Bursian in Wilsdruff, I gegen Iden Gürtlermeister und Restaurateur Ernst Richard Hartmann, Iden Holzbildhauermeistcr Johann Adolf Schlichenmaier, ssden Stcllmachermcister Emil Hugo Loßner und I den Tischlermeister Ernst Rudolf Ranft, > sämmtlich in Wilsdruff, Angeklagte, Idigung hat das Königliche Schöffengericht zu Wilsdruff am 8. November cht erkannt: ^Angeklagten Ernst Richard Hartmann, Johann Adolf Schlichenmaier, Emil ' und Ernst Rudolf Ranft werden wegen öffentlicher Beleidigung des Rechts- sian in Wilsdruff ein Jeder zu achtzig Mark Geldstrafe, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit je acht Tage Gefängnib zu treten haben und in die Kosten des Verfahrens verurtheilt, wobei die Angeklagten für die Auslagen als Gesammtschuldner haften, auch haben sie oem Privatkläger Bursian die diesem erwachsenen nothwendigen Auslagen zu erstatten. Dem beleidigten Bursian ist auf Kosten der Angeklagten eine Ausfertigung des Urtheils zu ertheilen, auch wird ihm die Befugniß zugesprochen, die Verurtheilung der Angeklagten wegen Beleidigung auf deren Kosten binnen einmonatiger von Ertheilung der Urtheilsausfertigung an zu berechnender Frist durch einmaliges Einrücken der Urtheils- forme! im hiesigen Amtsblatte öffentlich bekannt zu machen. Wilsdruff, den 18. November 1901. Der Gerichtsfchreiber des Königlichen Amtsgerichts. „die Anarchie und die Anarchisten". In einem andern Artikel wird zugejubelt „Hurra for Anarchy!" Kurz, von Kleinmuth ist nichts mehr zu spüren. Zudem scheint die Herausgeberschaft des „Neuen Lebens" wieder bei Kasse zu sein; denn die neueste Nummer des Blattes bringt sogar eine Beilage. Wien, 16. Nov. Die inuerpolitische Lage Oester reichs. Die Blätter aller Parteien bezeichnen ohne Aus nahme die innerpolitische Lage als sehr ernst und be zweifeln, daß es der Regierung gelingen wird, das Par lament arbeitsfähig zu erhalten. Ministerpräsident Koerber erstattete dem Kaiser gestern in einstündiger Audienz Be richt über die Lage; heute findet in dieser Angelegenheit ein Ministerrath statt, in welchem, wie verlautet, auch über die eventuelle Aenderung der Geschäftsordnung des Ab geordnetenhauses berathen werden toll. Graz, 16. Nov. Der Militär-Veteranen-Verein in Zilli beschloß eine scharfe Kundgebung gegen die Beschimpf ung der österreichischen Waffenehre durch Chamberlain und fordert alle Veteranen-Vereine Oesterreichs zu einer gleichen Stellungnahme auf. Das in Brüssel befindliche internationale sozial istische Bureau hat einen Protest gegen das Vorgehen der Engländer in den Flüchtlingslagern in Südafrika versandt. Der Protest fordert die sozialistischen Fraktionen in allen gesetzgebenden Körperschaften auf, möglichst an ein- und demselben Tage ihre Regierungen in Sachen der Flüchtlingslager zu interpelliren, um eine wirksame Intervention zu erzielen. In Ländern, in welchen es keine sozialistischen Deputirten giebt, sollen zu dem gleichen Zweck große Volksversammlungen abgehalten werden. Der Protest ist übrigens auch von den englischen Mitgliedern des genannten Bureaus unterzeichnet; an einen praktischen Erfolg seines Schrittes glaubt dasselbe aber wohl selber nicht. Merkwürdiger Weise veröffentlicht das Londoner Kriegsamt gerade jetzt ein Blaubuch über die Konzentrationslager in Südafrika. Dasselbe enthält amtliche Berichte der britischen Offiziere und Militärärzte über die traurigen Zustände in den Konzentrationslagern, wo noch die dort zusammengepferchten Boeren an der unter ihnen herrschenden hohen Sterblich keit durch ihre schmutzigen Gewohnheiten, ihre Unwissenheit, ihre Quacksalberei und ihr Mißtrauen gegen die englischen Aerzte selber Schuld sein sollen. Das wird aber dem englischen Kriegsministerium außerhalb Englands kaum Jemand glauben. London, 16. Nov. Wieder in Gnaden ausge nommen. General Buller ist gestern zum Vorsitzenden des Heeresreform-Ausschusses ernannt worden. Die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und der Pforte ist durch die Ge genwart des französischen Botschastsraths Bapst bei dem am Freitag in Konstantinopel abgehaltenen Selamlik feier- lichst besiegelt worden. Nach dem Selamlik wurde der österreichisch-ungarische Botschafter v. Calice, welcher eine Urlaubsreise antritt, vom Sultan empfangen und hierbei besonders auszeichnend behandelt. vr. p. Frege, dürfte nun doch von seinen parlamentar ischen Ehrenposten zurücktreten, obwohl dies erst jüngst noch von angeblich unterrichteter Seite bestritten wurde. Wie die „Dresdn. Nachr." initzutheilen wissen, hat sich Herr v. Frege in Dresden einer ärztlichen Consultation unterzogen, in der für ihn festgestellt würden ist, daß er sich von allen Geschäften absolut fernzuhalten habe. Herr v. Frege soll beabsichtigen, einen längeren Aufenthalt im Süden zu nehmen; es kann wohl als bestimmt gelten, daß er vorher sein Amt als erster Vicepräsident des Reichstages niederlegen wird. In der bayerischen Abgeordnetenkammer hat ein lebendiges und bemerkenswerthes parlamentarisches Vorspiel zu der bevorstehenden allgemeinen Budgetdebatte im Reichstage in Gestalt der seit dem 14. d. Mts. im Gange befindlichen großen Finanzdebatte begonnen. Denn in deren bisherigen Verlauf sind nicht nur rein bayerische Angelegenheiten, sondern auch Reichsangelegenheiten, wie die Frage der Reichsfinanzreform, die auswärtige Politik des Reiches u. s. w. zur Erörterung gelangt. Höchst be- merkenswerth war die Rede, in welcher der Ministerpräsident Graf Crailsheim in der Freitagssitzung der Kammer die vorher vom Centrum und von der radicalen Linken gegen die bayerische Regierung unternommenen Angriffe zurück wies. So verwahrte er dieselbe energisch gegen den Vor wurf einer schwächlichen Haltung gegenüber der Reichsre gierung in verschiedenen Fragen, rechtfertigte weiter die Weltmachtspolitik der deutschen Regierung und deren passives Verhalten bezüglich der Boeren und bezeichnete ohne Umschweife die Reichszugehörigkeit Bayerns als einen großen Voltheil für das Land. Auch den angeblichen Ausspruch des Prinz-Regenten Luitpold: „Ich lasse mir nichts mehr abpressen", den er in Bezug auf die Frage eines Beitritts Bayerns zu dem Postabkommen zwischen dem Reiche und Württemberg gethan haben sollte, berührte der Ministerpräsident, er versicherte, daß eine solche Aeußer- ung des Prinz-Regenten nicht gefallen sei. Heute Montag wird diese interessante Debatte fortgesetzt. Graf Soden, der bekannte tapfere Führer des deutschen Truppendetachements bei der Vertheidigung der Gesandtschaften in Peking gegen die phanatisirten Chinesen, ist zum Hauptmann und Compagniechef im 1. Seebataillon befördert worden. Die deutschen Anarchisten haben sich offenbar von dem Schrecken, der ihnen durch die momentane Wirk ung des Attentats auf Mc. Kinley beigebracht worden war, erholt. Es hat sich eben wieder gezeigt, daß eine internationale Aktion gegen die internationale Mörder bande nicht so leicht herbeigeführt werden kann. Eng land und die Vereinigten Staaten bleiben die Gönner der Anarchisten. Die deutschen Anarchisten haben also sehr bald herausgefühlt, daß für sie nichts weiter zu fürchten ist. Traten sie einige Wochen in ihrem Berliner Preßorgan recht kleinlaut auf, empfahlen sie, bei Korre spondenzen und Geldsendungen Vorsicht zu üben, so hat jetzt diese „Mäßigung" ihr Ende erreicht. Das „Neue Leben" treibt wieder so dreiste anarchistische Propaganda wie nur je zuvor; ja das Blatt veröffentlicht demonstrativ eine Abhandlung der im Zusammenhänge mit dem Mc. Kinley-Attentat vielgenannten Emma Goldmann, über M-litische Rundschau. daß der jetzt vom Lundesrathe Ler- des neuen Zolltarifgesetzes und selbst bei seiner Vorberathuug Körperschaft keine wesentlicheren Vcrän- habe, bestätigt sich durchaus. Wohl WM zuständigen Bundesrathsausschüffe am Zoll- eine ganze Reihe von Veränderungen vor- nud weiter auch den Entwurf des Zolltarif- Umgestaltungen unterzogen, wie mau betreffenden Veröffentlichungen des „Reichsan- kann, aber diese Abänderungen sind an prinzipieller Natur. Vom Plenum des aber ist der Zolltarifentwurf durchweg in der Ausschußbeschlüsse gutgeheißeu worden, daß die verbündeten Reglerungen mindestens Waroßen Mehrheit mit den Grundlagen und Keru- Wdes Entwurfes des neuen Zolltarifs, wie er am Wi d. I. authentisch veröffentlicht worden ist, ein- Wn sind. Nunmehr kann der Reichstag das Wort Wdie gesammte innere Tagespolitik beherrschenden Wfrage nehmen, was sicherlich bald nach seinem Musammentritte am 26. November durch die als- Mu erwartende erste Lesung der Zolltarifvorlage Mi wird. — Wie versichert wird, haben im Bundes- Megen die gesetzliche Festlegung von Mindestzöllen MHauptgetreidearten und schließlich gegen den Zoll- Mmrf selbst nur die Vertreter der drei Hansapädte M Herzogtums Coburg-Gotha gestimmt. Ms Schulschiff „Charlotte" mit dem Prinzen Adal- Mn Preußen an Bord ist in Syrakus eingetroffen. Michskanzler Graf Bülow contra Chamber- WWir haben von je die Annahme vertreten, Graf D werde die erste sich darbietende Gelegenheit nach Maufnahme der Reichstags-Verhandlungen benützen, It den bekannten Aeußerungen Chamberlains abzu- I. Daß es so kommen werde, wird jetzt von ver- men Seiten berichtet. Um mit einem Chamberlain »zu werden, bedarf es ja auch keiner langen Aus- Icrsetzungen, eine klare und bestimmte Erklärung ge- I Einzelne Londoner Zeitungen bestreiten die Rich- I der über Paris gekommenen Meldung, daß König cd selbst die Aeußerungen seines Ministers nicht e. Warum soll er das aber nicht gethan habend fiel Ehrlichkeit kann man doch bei dem englischen I: ohne Weiteres annehmen, der übrigens ja ebcn- Ider deutschen Armee seit Jahren als Chef der Ir-Husaren in Stolp angehört. Die Vorstände des deutschen Kriegerbnndes Ds preußischen Lande s-Kriegerv erb and es oer- Ilchen eine gemeinsame Erklärung, in welcher sie gegen- kahlreichen Ansragen, warum sie sich nicht an der sstungsbewegung gegen Chamberlain betheiligt hätten, m, daß eine Abwehr solcher Angriffe auf die deutsche führung allein der berufenen Vertretung der deutschen t»aft zukomme. Da warten die Herren wohl auf Verwahrung Wider die beleidigenden Aeußerungen Verlains etwa vom preußischen Kriegsministerium aus d Mr bisherige 1. Vicepräsident des Reichstages, DM fiil UMM Marandt, Vossen, Sieöenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt Amtshauptmannschast Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Milsdruff, sowie für das Rgl. Horstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, !erg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, kch, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, ff, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Nothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bet Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, ' Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. ntlick dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich sirr die Redaktion Martin Berger daselbst.