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Zweit es Blatt. MMtt für MM'E Tharandt, Aossen, Sieöentel)n und die Anrgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Noitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berqer in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daklbst. No. 12S. I Donnerstag, den 31. Oktober 1SV1 VV. Jahrg. Reformationssest. „Der Herr hat große Dinge an uns gethan, deß sind wir fröhlich" — mit diesem Psalmwort ist die Slimmung gekennzeichnet, die die Evangelischen im Lande am heutigen Festtage erfüllt. Die Reformation ist und bleibt eine große That Gottes, sie hat eine sittliche Neugeburt des deutschen Volkes zur Folge gehabt. Gewiß haben die Reformatoren geklagt über den liefen sittlichen Stand, der sie umgab, der fast noch tiefer sinken wollte nach der Reformation. Das ist keine ungewöhnliche und auffallende Erscheinung und diejenigen, die der Reformation diesen Niedergang in die Schuhe schieben, thun dies entweder wider besseres Wissen und Gewissen oder aus völliger Unkenntniß großer sittlicher Erscheinungen. Der herrliche Gedanke von der Freiheit eines Christenmenschen bedurfte Zeit, bis er sich durchsetzte, bis er in seiner vollen Höhe und Tiefe ergriffen war. Aber in dem Maße, als er sich durchsetzte, als er Volkseigenthum war, vollzog sich die sittliche Neugeburt des deutschen Volkes. Dieser Gedanke hätte diese Kraft nicht, wenn er nicht göttlich wäre; nicht auf philosophischem Wege ist er gefunden, sondern er ist als köstlicherHEdel- stein aus dem Schachte des Wortes Gottes Herausgaben und in seiner Macht und Kraft in schweren, heißen Seelen- kämpfen erprobt. Und was in Luthers Seele als befrei ende That wirkte, das ist durch seinen aus Gott gewonnenen Wagemuth zur befreienden That seines geliebten deutschen Volkes geworden. So lange dieser Gedanke von der Frei heit eines Christenmenschcn in seiner vollen Reinheit sich auswirkt in der evangelischen Kirche, io lange wird sie bleiben, was sie war, und was sie ist: die größte und reinste sittliche Macht der Erde. Um die Freiheit eines Ehristenmenschen drehen sich schließlich alle Kämpfe inner halb der evangelischen Kirche. Diese Kämpfe sehen sich nach außen an, als wäre Alles in Auflösung begriffen. Man kann eher sagen, wären diese Kämpfe nicht, müßte uns bangen um die evangelische Kirche. Denn jede Ge neration muß sich aufs Neue den köstlichen Besitz der Frei heit der Kinder Gottes erringen. Die Entmündigung wegen Ver schwendung und Trunksucht. Von Rechtsanwalt und Notar W. Hohl. (Nachdruck verboten.) > Die Entmündigung ist nach dem B. G.-B. zulässig wegen Geisteskrankheit und Geistesschwäche, wegen Ver schwendung und Trunksucht. Wegen der beiden letztge- nannten Gründe, die hier besprochen werden sollen, ist be- stimmt: „Entmündigt kann werden: Wer durch Ver- .chwendung sich oder seine Familie der Gefahr des Noth- tands aussetzt", und „wer in Folge von Trunksucht eine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der Gefahr des Nothstands aussetzt oder die Sicherheit Anderer gefährdet". Cohn in seinem Buche: „Das bürgerliche Recht m Sprüchen" sagt: „Trinken ist verboten nicht: Doch dreierlei ist Trinkers Pflicht: Sieh nach dem Deinen, Gefährde Keinen Und setze Dich, sowie Dein Haus Gefahr des Nothstands aus". Für die Zulassung der Entmündigung wegen Ver schwendung, die übrigens im größten Theile Deutsch lands bisher schon zugclassen war, ist neben der Rücksicht auf das Interesse des Verschwenders selbst die Fürsorge für seine Familie und mittelbar für das öffentliche Wohl bestimmend gewesen. . _ „„ Das Gesetz selbst glebt kerne Erklärung dafür, was unter einem Verschwender zu verstehen, dagegen geben die Motive einige allgemeine Gesichtspunkte, welche für die Behandlung einer Person als Verschwender maßgebend sein können. Nicht Jeder, den man im gewöhnlichen Leben mit dem Namen eines Verschwenders belegt, soll Gefahr laufen, wegen Verschwendung entmündigt zu werden. Es genügt nicht, daß eine Person einen übermäßigen, zu ihrem Vermögen in erheblichem Mißverhältnisse stehenden Auf wand macht. Das Moment, auf das es ankommt, st, daß diePerson einen dauernden, eingewurzel ten Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögens verschleuderung besitzt, welcher die Besorgniß be gründet erscheinen läßt, daß sie durch ihr entsprechend an )en Tag gelegtes Verhalten sich und ihre Familie dem Nothstand preisgiebt. Gleichgültig ist, ob das die wirth- schaftliche Existenz bedrohende Gebühren in unmäßigem Geldausgeben oder unbesonnenem Schuldenmachen besteht. Erforderlich ist auch nicht, daß die Person Vermögen be sitzt; selbst der mittellose Schuldenmacher kann entmündigt werden. Ebensowenig ist erforderlich, daß bereits ein be deutender Theil vorhandenen Vermögens durchgedracyt sei; fruchtlose Bess-rungsversuche, die erfahrungsmäßig nur dazu führen, daß die Entmündigung erst in einer Zeit erfolgt, in welcher sie wenig mehr nützt, bilden gleichfalls keine Vorbedingung. Maßgebend ist lediglich der Hang zur Vergeudung. Die Einführung der Entmündigung wegen Trunk sucht durch das L. G.-B. stellt einen bedeutenden sozialen Fortschritt dar. Die Trunksucht ist eine ernste Krankheit des Volkskörpers und die Kodifikation des bürgerlichen Rechts konnte sich gegenüber dem Verlangen der öffent lichen Meinung nach gesetzlicher Bekämpfung dieses Uebels nicht entziehen. Der Trinker wird durch sein Laster ein nicht nur unnützes, sondern schädliches Glied der Gesell schaft. Das zeigt der erwiesene Einfluß der Trunksucht auf die Zahl der strafbaren Handlungen. Der Trinker gefährdet seine Familie sowohl wirthschaftlich als persön lich, ebenso dritte Personen und fällt schließlich der Armen pflege zur Last. Trunksucht ist ein krankhafter Hang zum Genuß alko holhaltiger Getränke; welches Getränk bevorzugt wird, ist gleichgültig. Nicht jeder an den regelmäßigen Genuß von Branntwein, Bier u. dergl. Gewöhnte, sondern nur der „Trunksüchtige" soll entmündigt werden können, d. h. derjenige, der einer in der Regel oder doch häufig unwider stehlichen „Sucht" zum Trinken verfallen ist, und selbst dieser nur dann, wenn er in Folge dieser Trunksucht seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag, sich oder seine Familie der Gefahr des Nolhstandes aussetzt, oder die Sicherheit anderer gefährdet. Die Entmündigung des Trinkers ist das geeignete privatrechtliche Mittel, um seine zwangsweise Unterbringung in einer Heilanstalt zu er möglichen; sie ist das einzige Mittel zur Besserung, damit eine Wohlthat für den Trunksüchtigen selbst, namentlich gereicht sie aber der Frau und ihren Kindern zum Schutze. Auch der sogenannte Quartalsäufer, dessen Zustand keineswegs weniger gefährlich für die wirthschaftlichen und Familienverhältnisse des Betreffenden ist, als andere Formen der Trunksucht, kann entmündigt werden. (Bericht der Reichstagskommisston S. 4.) Die Entmündigung ist in beiden Fällen, ebenso wie bei den Geisteskranken, nicht auf volljährige beschränkt. Es liegt auch hier die Nothwendigkeit vor, den unmittel baren Anschluß des Entmündigungszustandes an das Auf hören der Minderjährigkeit zu ermöglichen. Wegen Verschwendung oder Trunksucht Entmündigte erhalten einen Vormund und stehen in Ansehung der Geschäftsfähigkeit während der Dauer der Entmün digung den Minderjährigen, welche das 7. Lebensjahr vollendet haben, gleich, sie sind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. Der Entmündigte bedarf zu einer Willenserklar- ung, durch die er nicht lediglich, wie z. B. durch Annahme einer Schenkung, einen rechtlichen Vortheil erlangt, der Einwilligung seines Vormundes. Fehlt dieselbe, so ist das einseitige Rechtsgeschäft (z. B. der Entmündigte verschenkt eine Sache) nichtig, der Vertrag (z. B. der Entmündigte kauft einen Gegenstand) zwar gültig, seine Wirksamkeit aber von der nachträglichen Zustimmung des Vormundes bezw. nach Wiederaushebung der Entmündigung von der Genehmigung des früher Entmündigten selbst abhängig. Personen, welche wegen Verschwendung oder Trunk sucht entmündigt sind, sind unfähig zum Amte eines Vor mundes, eines Gegenvormundes, eines Mitgliedes des Familienrathes und eines Pflegers, sie können Testamente nicht errichten. Die Entmündigung des Mannes berechtigt die Frau zur Zurückbehaltung des von ihr geschuldeten Beitrags zum ehelichen Aufwand zur eigenen Verwendung, sowie zur Klage auf Aufhebung der Verwaltung und Nutz- nicßung des Mannes und der ErrungenschaftSgemeinschast. Entmündigung des Mannes wegen Verschwendung (nicht auch wegen Trunksucht) berechtigt die Frau zur Klage auf Aufhebung der allgemeinen Gütergemeinschaft und der Fahrnißgemeinschaft. Die Entmündigung wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts, der nur auf Antrag zu erlassen und öffentlich bekannt zu machen ist. Der Antrag kann von dem Ehegatten, einem Verwandten oder demjenigen gesetzlichen Vertreter des zu Entmündigenden gestellt werden, welchem die Sorge für die Person zusteht. In Preußen kann die Entmündigung wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht auch von dem Armenverbande beantragt werden, dem die Fürsorge für den zu Entmündigenden im Falle seiner Hilssbedürf tigkeit obliegen würde. Das Gericht hat die nöthigen Erhebungen anzustellen, auch den zu Entmündigenden zu hören. Es ist demselben Gelegenheit zu geben, Beweis mittel zu bezeichnen. Die Entmündigung ist wieder aufzuheben, wenn der Grund derselben wegfällt. Den Antrag hierzu kann der Entmündigte selbst stellen und derjenige gesetzliche Ver treter desselben, welchem die Sorge für die Person zusteht. Vaterländisches. Wilsdruff, den 30. Oktober 1901. — Morgen Donnerstag feiert die evangelische Christen heit das Fest der Reformation, welch letztere den Grund stein zu Dem gelegt hat, was Deutschland groß gemacht. Die Reformation, jene Zeit gewaltigen Ringens und heißen Sehnens, hat bas religiöse Leben der Völker in Einklang gebracht mit dem gesammten Volksleben, den Staaten und Völkern hat sie ihre sittliche Weihe gegeben, jedem Einzel nen die hohen Güter der Freiheit, des Denkens und des Glaubens auf dem Grunde des Evangeliums zugänglich gemacht und endlich hat durch sie das Familienleben an Weihe und Innigkeit gewonnen. Möge drum der Geist der Reformation, der frei und offen tue ewige Wahrheit verkündet, der uns frei und fromm zugleich sein läßt, auch ferner unter uns walten zum Wohle unseres Volkes und der evangelischen Kirche. — Der Weinmonat geht zu Ende und an seine Stelle tritt der Windmonat, wie man den November benennt, da es an ihm nun allen Ernstes trüb und regnerisch, stürmisch und kalt zu werden beginnt. Immer frühzeitiger sinkt die Dämmerung hernieder, denn immer spärlicher sendet die Sonne ihre Strahlen unserer nörd- lichen Erdhälfte zu, wo welke Blätter vom Winde in wirbelndem Spiele dahingejagt werden und die Aeste der Bäume kahl und leer gen Himmel ragen, während auf der südlichen Halbkugel neues Leben beginnt, der Früh ling, der für uns längst dahingegangen und dem, viel zu schnell mit Lust und Freuden der Sommer nachgefolgt ist. So kommt denn jetzt der Winter mit Macht heran gerückt, mit grauen Wolkengebilden und wallenden Nebeln schickt er uns den November als Avantgardisten, und wir können in der That nichts Besseres thun, als uns in das Unvermeidliche zu finden, unsere Gedanken von dem, was war, ganz und gar abzulenken und sie auf die Gegenwart und die zukünftige Zeit zu konzentriren, mit