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MckWSSilÄiU Tharandt, Massen, Siebentehn und die Mmgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Horstreniamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Specktsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jusertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Berlaa von Martin Beraer in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daieldit. No. 127. Sonnabend, den 2V. Oktober 1901. 6V. Jahrg. Vekanntniachnng. Nach seiner Neukonstituirung setzt sich der Kirchenvorstand der Parochie Wilsdruff aus folgenden Mitgliedern zusammen: 1. Dem unterzeichneten Pfarrer als Vorsitzenden, 2. Herrn Kaufmann Engelmann, stellv. Vorsitz., 3. „ Rechtsanwalt Bursian, 4. „ Privatus Stadtrath Dinndorf, 5. „ Stadtgutsbesißer Mbrig, 6. Herrn Beutlermeistcr Junge, 7. „ Leimfabrikant Krippenstapel, 8. „ Oberlehrer Thomas, sämmtlich in Wilsdruff und 9. „ Ortsrichter Ohmann, 10. „ Erbgerichtsbesitzer Ludwig in Grumbach. Wilsdruff, am 24. Oktober 1901. Der Airchenvorstand. Wolke, Pfarrer, Vorsitzender. Freihandel und freier Handel. Der Streit um die Neugestaltung der deutschen Handels und Zollpolitik treibt recht seltsame bunte Blasen. Da wird von konservativen Zeitungen geargwohnt, daß neben dem für eine Erweiterung der Schutzzollpolitik kämpfenden Reichskanzler Grasen Bülow in der Person des Staats sekretärs und Admirals von Tirpitz ein Minister sitze, der dem Freihandel zustrebe. Der Staatssekretär des Reichs- marinc-Amtes, Admiral Tirpitz, soll nämlich am 25. Ok tober 1899 zwischen 10 Uhr Vormittags und 2 Uhr Nach mittags wiederholt gegenüber dem Abgeordneten Müller- Sagan von der freisinnigen Volkspartei erklärt haben, jedes neue Panzerschiff und jeder neue Kreuzer bedeute ein neues Schwergewicht in der Wagschale des Freihandels. Der Abgeordnete Müller-Sagan hat nun in einer Mittheilung an die Königsberger Hartungsche Zeitung diese Angabe bestätigt und hinzugefügt, daß diese Erklärung des Staats sekretärs v. Tirpitz keine vertrauliche, sondern eine für die freisinnige Volkspartei, die bekanntlich dem absoluten Frei handel huldigt, bestimmte Kundgebung war. Danach säße also wohl doch ein Anhänger des Freihandels an der Spitze eines hohen Rcichsamies!? — Nun, es wird sich ja bald zeigen, wie Herr v. Tirpitz zu dieser Sache Stellung nimmt. Vielleicht giebt er auf diese Anzapfung gar keine Antwort oder erklärt, er habe mit der Verstärkung der Flotte den wachsenden Schutz für den freien Handel Deutschlands und nicht die Anbahnung einer von allen Schutzzöllen befreiten Handelspolitik Deutschlands in Folge der Verstärkung der deutschen Kriegsflotte gemeint, schließ lich kann aber seine Meinung dabei auch diejenige gewesen sein, daß, wenn Deutschlands Welthandel in Folge einer verdoppelten Flotte auf allen Meeren und in allen fernen Zonen vorherrschend geworden ist, das deutsche Reich dann ruhig die Schutzzölle abschaffen und zum reinen Freihandel übergehe» kann. Jedenfalls sind Freihandel und freier Handel keines- Wegs dieselben Begriffe. Der Freihandel ist ein von jedem Schutzzoll befreiter Handel, den ein Land treibt, und der freie Handel ist der Handelsverkehr, der die freie Bewegung aus den eigenen Grenzen über alle fremden Grenzen ge stattet. Daß an diese Bewegung Abgaben, wie Waaren- zölle, Hafenzölle, Canalzölle u. s. w. geknüpft sind, ändert an der Freiheit dieser Bewegung an sich nichts. Das beste Beispiel für die Richtigkeit dieser Anschauung liefern der Handel und Verkehr der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Seit einem Menschenalter haben sich die Vereinigten Maaten zur Hebung ihrer eigenen Industrie undLandwirthschaft und zur Stärkung ihres einheimischen Handels, mst einer immer dicker gewordenen Schutzzollmauer umgeben? aber Niemand wird im Ernste behaupten wollen oder beweisen können, daß Amerikas Handel dadurch un frei geworden sei, im Gegentheil treibt Amerika trotz seiner- hohen Schutzzölle einen großen freien Handel mit der ganzen Welt, aber Freihandel und Freihandelspolitik im Sinne der europäischen Freihandelsparteien, also unter Beseitig ung der amerikanischen Schutzzölle treiben die Vereinigten Staaten von Nordamerika nicht, dazu sind sie zu gesunde Realpolitiker, und sie haben sich wirthschaftlich und finanziell bei der Ablehnung jeder Freihandelspolitik ganz ausge zeichnet g. .nden. Daß sie selbst alle Welt mit ihren Waaren ÜI schweinmen, aber gegen fremde Waarenein- fuhr ihre H. len mit hohen Schutzzöllen verrammeln, diese Art freier ' Z del wird nun allerdings den Amerikanern nach und . ich etwas versalzen werden, aber freier Handel mit Zöllen auf Gegenseitigkeit oder gegenseitiger Zollfrei heit kann recht gnt von Fall zu Fall zwischen den einzelnen Ländern bestehen, ohne daß der Freihandel ohne jeden Zoll verlangt zu werden braucht. Lslitische Rundschau. In der politischen Tagesdiskussion ist die Zolltariffrage einstweilen wieder etwas in den Hinter grund getreten, es läßt sich eben an diesem schon so viel erörterten Thema schwerlich noch eine neue Seite entdecken. Dasselbe dürfte daher erst dann in der Oeffentlichkeit er neut zur vollen Geltung gelangen, wenn der Bundesrath die Entwürfe des neuen Zolltarifgcsetzes wie des Zoll- tarifes selbst definitiv verabschiedet haben wird und sie an den Reichstag kommen. Was die seltsamen Gerüchte anbelangt, denen zu Folge die Reichsregierung be absichtigen sollte, die gegenwärtigen Handelsverträge nicht zu kündigen, so haben sie jetzt von offiziöser Berliner Seite ein kräftiges Dementi erfahren, welches zu gleich die Erklärung enthält, daß sich die deutsche Regier ung den richtigen Zeitpunkt für die Kündigung der lauf enden Handelsverträge des Reiches schon auswählen werde. In die handelspolitischen Fragen spielt übrigens ein eigenartiger Zwischenfall hinein, der den Marine staatssekretär v. Tirpitz betrifft. Herr v. Tirpitz soll im Oktober 1899, also vor zwei Jahren, zu dem frei sinnigen Reichstagsabgeoroneten Müller-Sagan geäußert haben, jeder neue Panzer und jeder neue Kreuzer bedeute ein neues Schwergewicht in der Wagschale zu Gunsten des Freihandels, womit er bei der Linken habe Stimm ung für die damals im Anzuge befindliche jüngste Flotten vorlage machen wollen. Dem gegenüber versicherte neu lich die Berliner „Post", daß eine derartige Aeußerung des Marine-Staatssekretärs nicht gefallen sei, was aber nunmehr den Abgeordneten Müller-Sagan veranlaßt hat, in einer Zuschrift an ein Königsberger freisinniges Blatt zu erklären, daß Herr v. Tirpitz die beregte Aeußerung zu ihm thatsächlich gethau habe und zwar am 25. Oktober 1899 und dies mit der Ermächtigung, von dieser Aus lassung des Chefs der Marine-Verwaltung seinen (Müllers) Freunden Mittheilung zu machen. Inwiefern dieser Vor gang vielleicht noch politische Folgen nach sich ziehen wird, bleibt allerdings abzuwarten, sehr wahrscheinlich ist es jedoch nicht. Erlegen ist in der Nacht zum 23. Oktober in Berlin seinem schweren Magenleidcn der zur frei sinnigen Vereinigung gehörende Reichstagsabgeordnete Dr. v. Siemens. Derselbe war bis vor einem Jahre Direktor der Deutschen Bank und galt mit Recht als eine Capacität in Bank- und kommerziellen Fragen; im Reichstage vertrat v. Siemens den Wahlkreis Wittenberg. In den verschiedenen Berliner Kommunalstreitfragen scheint nur noch die Neuwahl des Zweiten Bürgermeisters Schwierigkeiten zu bereiten; immerhin ist anzunehmen, daß die Mehrheit des Berliner Stadtverordneten-Kollegiums die Kandidatur des freisinnigen Stadtraths Kauffmann für den zweithöchsten Verwaltungsposten der Reichshaupt stadt fallen lassen und dafür einen der Krone erwünschteren Kandidaten ausfindig macken wird. Vom Kaiserhofe. Der Kaiser horte Donnerstag Vormittag nach einem Spazierritt militärische Vortrage. Mittag fand die Vereidigung des Bischofs Benzler von Metz statt. Die Hamburger Bürgerschaft bewilligte in der am Mittwoch Abend abgehaltenen Abendsitzung 3V° Millionen Mark zur Vergrößerung der Hafenanlagen und Ouaibauten. Bei einer Feuersbrunst in Konstant inopel betheiligten sich acht Offiziere und 90 Mann vom deutschen Schulschiff „Charlotte" an der Bekämpfung des Feuers. Der Sultan äußerte seine hohe Befriedigung über das thatkräftige Vor gehen der Deutschen. In Kiautschou soll eine Feuerwehr nach deutschem Muster errichtet werden. Die Geräthschaften werden gegen wärtig in Deutschland beschafft. So hat nach den Berl. N. Nachr. eine Firma in Küstrin a. d. Oder einen Auf trag auf Lieferung von zwölf fahrbaren Feuerspritzen er halten. Im österreichischen Abgeordnetenhause beginnt sich bereits wieder eine gewisse Gcwitterstimmung zu zeigen. So kam es in der Mitlwochssitzung anläßlich der Angriffe des Czechen Stransky auf die Deutschen in seiner Be sprechung der in der Stadt Littau stattgefundenen Tumulte zu einem erregten Wortwechsel zwischen allen deutschen und czechischen Abgeordneten, der fast in Thätlichkeiten aus geartet wäre. Zwischen der jungczechischen Partei und der feudal-czechischen Großgrundbesitzer-Partei Böhmens be standen Mißhelligkeiten, die in den Neuwahlen zum böh mischen Landtage wurzelten. Dieser Tage haben nun Vertreter des Czechrnklubs und des Klubs der czechisch- feudalen Großgrundbesitzer eine Besprechung mit einander gehabt, in der beschlossen wurde, ein gemeinsames Vorgehen beider Klubs zu erzielen. Im Abgeordnetenhause wurde von der deutschen Volksparlei einAntrag eingebracht, welcher die österreichische Regierung auffordert, bei den neuen Handelsvertragsvcrhandlungen mit Deutschland für eine möglichste Herabsetzung der deutschen Zölle auf Vieh aus Oesterreich einzutreten. Ueberhaupt widmet man in Oesterreich der künftigen Zollpolitik der habs burgischen Monarchie gegenüber dem Auslande fortgesetzt große Aufmerksamkeit. Eine in Wien am Mittwoch Abend von der Centralstelle zum Schutze der land- und forst- wirthschaftlichen Interessen Oesterreichs und vom Klub der österreichischen Industriellen einberufene Ver sammlung genehmigte nach längerer Debatte eine Reso lution, welche sich in Hinblick auf die zollpolitischen Vor gänge in den Vereinigten Staaten und in Deutschland für eine gänzliche Umgestaltung des österreichisch-ungarischen Zolltarifs ausspricht. Derselbe soll der Landwirthschaft und der Industrie Oesterreichs ausgiebigen Schutz gewähren, aber zugleich auf den Grundsätzen des Abschlusses günst- iger Handelsverträge und der Gegenseitigkeit und Gleich- werthigkeit fußen. , Italien. Im Lande der Estronen ist wieder einmal ein großer Gemeindeverwaltuugsskandal aufgedeckt worden. Er spielt in Neapel, wo der Bürgermeister selber mit den Häuptern der berüchtigten Camorra unter einer Decke steckte und Millionen veruntreute. Der russische Kriegsminister Kuropatkin hat bei seiner kürzlichen Anwesenheit in Merw mehrere als Spione verhaftete Afghanen in Freiheit setzen lassen. Er entließ sie mit der Anweisung, daheim zu verkünden, daß die Russen nach wie vor die wahren Freunde Afghanistans seien. Balkanhalbinsel. Sarafow, das ehemalige Haupt des mazedonischen Verschwörerkomitee's, protestirt in einem Schreiben an den Pariser „Temps" gegen die Beschuldigung, die Räuberbande, welche die amerikanische Missionarin Stone entführte, habe nach seinem Auftrage gehandelt. Sarafow will sich nach seiner Rückkehr aus dem Auslande nach Bulgarien sofort den dortigen Gerichten stellen. — In Konstantinopel hat sich eine besondere Kommission zur Prüfung der traurigen Lage des türkischen Finanzde-