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Erscheint s wöchentlich dreimal u. zwar DienS^' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. ( Blk. 30 Pf., durch die Post bezogen f Mk.55pf. Einzelne Numnrern f0 Pf. ThmM, Mtil, Ziebenlehli md die UmseMdtü. Imtsölalt Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags (2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 111. Sonnabend, den 15. Dezember 18S4. Bekanntmachung, die diesjährige Aufzeichnung der Pferde und Rind er betreffend. Nachdem das Königliche Ministerium des Innern beschlossen hat, die nach § 4 unter c der Verordnung vom 4. März 1881, betreffend die nach dem Reichsgesetze vom 23. Juni 1880 für die' wegen Scuchen^getödteten Tbiere zu gewährenden Entschädigungen, alljährlich während der letzten 14 Lage des Monats Dezember vorzunehmende Aufzeichnung der Pferde und Rinder fortan an einein und de»nselben Tage in sämmtlichen Ortschaften ausführen zu lassen und hierzu für das laufende Jahr aller Orten Freitag, der 28. Dezember 1894 bestimmt worden ist, erhalten die Ortsbehörden im Bezirke der unterzeichneten Königlichen Amtshauptmannschaft hierdurch Anweisung, an diesem Tage (also nicht früher und nicht später) den vorhandenen Pferde- und Rinderbestand genau aufzuzeichnen und die ausgefüllten Aufzeichnungsformulare bis spätestens zum 6. Januar §8^5 anher einzureichen. Bei der Aufzeichnung sind auch etwa vorhandene Fohlen und Saugkälber mit zu berücksichtigen. Meißen, am 12. Dezember 1894. Königliche Amtshauptmannfchaft. I. A. Meusel, Bezirksassessor. Bekanntmachung, die Lagerung und den Verkauf von Petroleum betreffend. Die Herren Bürgermeister von Wilsdruff und Siebenlehn, sowie die Herren Gemeindevorstände und Gutsvorsteher des hiesigen Verwaltungsbezirks werden unter Bezugnahme auf die amtshauptmannschaftliche Bekanntmachung vom 25. Juni 1883, die Lagerung und den Verkauf von Petroleum betr., daran erinnert, daß ihrerseits jedesmal am Jahresschlüsse über den Befund bei Ausführung der von ihnen unter Zuziehung eines Sachverständigen vorgenommenen Revisionen Anzeigen zu erstatten sind. Ebenso sind spätestens bis Lade Juli jedes Jahres die Abschriften der Verzeichnisse über die in ihren Polizeibczirken vorhandenen Petrolcumlager, eventuell ein Vacatschein dafür, direkt an die ihnen bekannten Sachverständigen einzureichen. Meißen, ^am 4. December 1894. Königliche Amtshauptmannfchaft. vsn Schroeter. Bekanntmachung, die Rekrutirungs-Stammrollen betreffend. Nachdem die Rekrutirungs-Stammrollen für die Ortschaften des hiesigen Bezirkes berichtigt worden sind, werden die Herren Gemeindevorstände hierdurch veranlaßt, dieselben hier abzuholen. Meißen, am 12. Dezember 1894. Königliche Amtshauptmannfchaft. I. A. A eusel, Bezirksassessor. , Die Erklärungen desKeichskaiylers Fürsten Hohenlohe. Die am Dienstag eröffnete Generaldebatte des Reichstags über den Etat ist entsprechend der allgemeinen Erwartung, durch eine Art Programmrede des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe cingcleitet worden. Allerdings begann der Redner mit der Ver sickerung, er wolle keineswegs ein Programm entwickeln, da seine Berufung an die Spitze der politischen Geschäfte System- wech'.l bedeut-, aber trotzdem gestalteten sich seine Dar legungen doch gewissermaßen zu einem politischen Glaubensbe kenntnisse des neuen Kanzlers. In dieser Beziehung war schon die Erklärung bemerkenswerth, daß Fürst Hohenlohe nicht allent- dalben die Wege seines Amtsvorgängerö zu wandeln gedenkt, und in der Tbat scheint der jetzige Reichskanzler auf verschiedenen Gebieten von der Politik des Grafen Caprivi mebr oder weniger entschieden abweichen wollen. Dies dürfte namentlich von der Cvlonialfrage gelten, welcher Graf Caprivi bekanntlich ungemein kühl gegenüber stand. Reichskanzler Fürst Hohenlohe indessen bekundete in seinen dem kolonialem Thema geltenden Aus lassungen eine erhebliche andere wärmere und tiefere Auffassung vom Wesen der deutschen Colonialpolitik. Er erblickte hiernach in letzterer einen bedeutsamen Faktor zur Hebung unseres wirih- schaftlichen, nationalen und politischen Lebens und hält eine Be- tbciligung Deutschlands an der großen Culturmisston in fernen Ländern auch im Interesse der Weltstellung des Reiches für geboten. Es steht also auf Grund dieser Erklärungen des Reichskanzlers eine lebhaftere Betonung der kolonialpolitischen Aufgaben Deutschlands unter dem jetzigen Regime als unter dem Caprivi'schen Curs zu gewärtigen, was die Colonialfreunde in unserem Volke gewiß nur mit Genugthuung vernehmen werben. Ueber seine künftige Haltung in den Fragen der Weltpo- link ließ sich der neue Kanzler nicht weiter aus, dafür ginger auf verschiedene Fragen der inneren Politik näher ein. Zu nächst behandelte er hier das schwebende Finanzproblem, er be zeichnete das gegenwärtige System der Matrckularbeiträgc der Emzelstaaten und der Ueberweisungen des Reiches an die Einzel- ftaaten als einen bloßen Nothbebelf, eine organische Finanz reform im Reiche sei daher unerläßlich, und stellte Fürst Hohen lohe die Wiederkehr des im vorigen Jahre gescheiterten Finanz- reiormplanes auf denselben Grundlagen, jedoch wesentlich ein- gcschiänkl in Aussicht. Bemerkenswerth waren auch die weiteren Aeußerungen des Reichskanzlers, wonach die gesetzgeberischen Maßnahmen der letzten Jahre in Deutschland mehr der In dustrie als der Landwirthschast zu Gute gekommen seien; in Anknüpfung an diese allerdings kaum zu leugnende Thatsache verhieß der Kanzler unter dem Beifall der Rechten die Er füllung der berechtigten Wünsche der Landwirthschast. Im ferneren Verlaufe seiner Rede berührte Fürst Hohenlohe das soziale Gebiet und die in der „Umsturz-Vorlage" niedergelegten Vorschläge der Bekämpfung der Umsturz-Bestrebungen, hierbei betonend, baß es sich um kein neues Ausnahmegesetz, sondern lediglich um eine Verschärfung der Bestimmungen des gemeinen Rechtes handele. Darüber, was die Regierung bei einer et waigen Ablehnung der genannten Vorlage seitens des Parla mentes zu thun gedenke, enthielt sich der Reichskanzler jeder Andeutung. Am Schluffe seines Vortrages streifte ec die kirchen- politische Frage, er hob die Nothwendigkeit eines freundschaft- l'chen Zusammenwirkens von Staat und Kirche hervor und erinnerte an seine erfolgreiche amtliche Thätigkeit in dem Reichs lande auf diesem Gebiete. Die Aufnahme, welche die Erklärungen des Reichskanzlers im Hause fanden, war im Allgemeinen eine ruhige, fast zurück haltende, abgesehen von den Beifallskundgebungen des Centrums und der Rechten an einigen Stellen. Indessen kann diese einst weilige Reserve des Reichstags gegenüber den Darlegungen des Reichskanzlers gewiß nicht als ein Zeichen des Mißtrauens des Parlamentes in die Absichten des neuen leitenden Staats mannes gelten. Fürst Hohenlohe hat eben zunächst nur die Hauptgesichtspunkte seiner künftigen Regierungspolitik betont, ohne sich in Einzelheiten ein,zulassen, aber erst die letzteren werden es dem Reichstage ermöglichen, eine bestimmtere Stellung zu dem „neuesten Curs" einzunehmen. Immerhin kann man schon jetzt sagen, daß das erstmalige Auftreten des neuen Reichs kanzlers im Parlament ganz geeignet erscheint, die Hoffnung auf ein ersprießliches Zusammenarbeiten seiner Regierung mit allen besonnenen Elementen des Reichstags zu erwecken. Tagesgeschichte. Berlin, 13. Dezember. Die Geschäftsordnungskommission des Reichstages berieth heute Vormittag 10 Uhr den Antrag auf Genehmigung der strafrechtlichen Verfolgung des Abgeord neten Liebknecht. Den Vorsitz führte Abg. v. Kehler (C.), als Referent fungirte Abg. Dr. Pieschel (nl.), als Korreferent Abg. Roeren (C.). Anwesend war auch Abg. Prinz zu Hohenlohe. Der Referent ist für Ablehnung und hält persönlich eine Reso lution für wünschenswerth, daß der Reichstag künftig eine schärfere Disziplin auöüben möge. Der Korreferent ist gegen den Antrag und auch gegen die Resolution. In der Debatte wird allgemein Ablehnung empfohlen. Abg. Singer (Soz.) verlangt auf Grund des Artikels 27 der Verfassung Ablehnung und spricht den Wunsch aus, die Kommission solle die Ableh nung damit begründen, daß der Reichstag seine Disziplin selbst regele und jede Einmischung zurückweise. An der weiteren De batte betheiligien sich die Abgeordneten v. Holleuffer, Graf Mir bach, Gamp und Träger. Nach 1'^stündiger Debatte wurde die Ablehnung der strafrechtlichen Verfolgung des Abgeordneten Liebknecht mit 9 gegen 4 Stimmen beschlossen. Eine von den Konservativen vorgeschlagene Resolution, betreffend die Ausdeh nung der Disziplinargewalt des Reichstagsprästdenten, wurde gleichfalls abgclehnt, weil sie über den Rahmen der der Kom mission gestellten Aufgabe hinausgehc. Nach dem amtlichen Verzcichniß der Bevollmächtigten zum Bundesrath und der Mitglieder des Reichstages zählt der Reichstag gegenwärtig 396 Mitglieder; ein Mandat ist erledigt, nämlich das des Abgeordneten Gescher (9. Düsseldorf). Diese 396 Mitglieder vertheilen sich auf die Fraktionen wie folgt: Fraktion der Deutsch-Konservativen 61 Mitglieder, Fraktion der Reichspartei 28 Mitglieder, deutsch-soziale Reformpartei 15 Mitglieder, Fraktion des Centrum« 100 Mitglieder, Fraktion der Polen 19 Mitglieder, Fraktion der Nationalliberalen 52 Mitglieder, freisinnige Vereinigung 14 Mitglieder, freisinnige Volkspartei 23 Mitglieder, süddeutsche Volkspartei 11 Mit glieder, Sozialdemokraten 46 Mitglieder, Wilde 27. Der Ee- niorenkonvent des Reichstages hat beschlossen, daß die Zu sammensetzung der Kommissionen und die Vertheilung der Eitze auf die Fraktionen die alte bleibe. Am Dienstag haben mit der ersten Lesung des Etats die eigentlichen Arbeiten des Reichstags begonnen und sind dieselben mit der schon erwarteten programmatischen Kund gebung des neuen Reichskanzlers eingeleitet worden. Zwar war es gerade nicht ein regelrechtes politisches Programm im eigentlichen Sinne de« Wortes, welches Fürst Hohenlohe entwickelte, immerhin hat er zu mehreren Hauptfragen der deutschen Politik zum ersten Male Stellung vor dem Reichstage genommen', so daß seine Erklärungen doch bis zu einem gewissen Grade das Gepräge eines Regierungsprogrammes tragen. Nach den Dar legungen des Fürsten Hohenlohe soll unter seiner Thätigkeit als Reichskanzler namentlich Folgendes erstrebt werden: Stärkere Betonung der Colonialpolitik und Nutzbarmachung der Colonial gebiete für das Reich ohne Vernachlässigung anderer wesentlicher Interessen desselben. Bessere Vertretung der deutschen über seeischen Interessen und speziell Vermehrung der deutschen Kreuzer. Endliche Durchführung der Finanzreform im Reiche, und zwar auf den Grundlagen des vorjährigen Reformplanes- aber erheblich eingeschränkter. Kräftigere Fürsorge für die Land- wirthschaft durch Erfüllung ihrer berechtigten Wünsche. Be-