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Wochenblatt für Wilsdruff Tharandt, Men, Menlkha und dir UmMnden. Imlsöluft für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pfg. — Einzelne Nummern 10 Psg Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittag l2 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Psg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich sür die Redaktion H. A. Berger daselbst. Ro. 83. Donnerstag, de« 11. Oktober 1894. nungen nicht wohl Vorgehen können. Wenn aber angedeutet wird, daß die Entschließungen der Reichsregierung diejenigen, welche eine Börsenreform besonders wünschen, sehr enttäuschen zum Wort zu kommen, wurde von einem dreifachen donnernden Hoch auf den Kaiser abgescynitten. Dann löste die Polizei die Versammlung auf. Der Saal leerte sich unter dem Ge sang „Deutschland, Deutschland über Alles", wobei im Ge dränge Schwartz die Bekanntschaft einiger Fäuste machte, die ihn in wenig zarter und rücksichtsvoller Weise davon überzeug ten, daß dem gesunden und patriotischem Sinn der Schlächter mit verworrenen, hetzerischen Aufwiegelungen nicht beizukommen ist. Die Verlobung des russischen Thronfolgers erhält eine neue Beleuchtung durch eine angeblich von wohl unterrichteter Seite stammende Petersburger Zuschrift der „M. N. N." Die Verlobung des Thronfolgers, so heißt es da, bildet noch immer in dec Petersburger Gesellschaft den Gegen- es bedurfte eines direkten Befehles des Zaren, um ihn zu veranlassen, im Frühjahr dieses Jahres überhaupt nach Coburg zu reisen. Der Grund dieser Abneigung liegt nun aber nicht, wie zeitweilig angenommen wurde, in einer allge meinen Ehescheu, sondern in einer früheren Neigung des Prinzen. Diese Neigung soll ihm sogar den Gedanken einge geben haben, dem Throne völlig zu entsagen. Man hat alles Mögliche versucht, diese Bande zu lösen, aber vergeblich. Einer der Vermittler in der heiklen Angelegenheit soll unter Anderem der General von Wahl gewesen sein, der aber nicht den min desten Erfolg aufweisen konnte und deshalb zeitweilig in Un gnade fiel. Der Thronfolger hatte sich lange zur Ansprache nicht entschließen wollen; und der Großfürst Sergius, welcher vom Zaren beauftragt war, den Verlauf der Sache genau zu beobachten, konnte nur immer Ungünstiges berichten. Da soll Alexander III. die Vermittelung einer sehr hochstehenden Per sönlichkeit erbeten und zugesichert erhalten haben. Dank dieser Vermittlung ist es denn auch zur Verlobung gekommen, aber — wie man sich erzählt — in Folge einer Ueberrumpelung der beiden Betheiligtcn. Wer das außerordentlich gedrückte Wesen des Thronfolgers in Coburg und auch späterhin gesehen, dem erscheint diese Erzählung — die mit aller Reserve hier wieder gegeben wird, obwohl sie von gut unterrichteter Seite stammt — nicht unwahrscheinlich. Jedenfalls ist die Abneigung des Groß fürsten, die hessische Prinzessin zu ehelichen, während der Dauer seiner Verlobung nicht geringer geworden. — «Mag auch obige Erzählung vielleicht in Einzelheiten entstellt sein, im Wesent lichen trifft sie, so meint die „Tägl. Rundsch." dazu, das Richtige. Und wir sind überzeugt, daß vielfach der Wunsch laut wird, die Prinzessin möge unter solchen Umständen ihrer seits den ersten Schritt thun zur Lösung dieses unnatürlichen Bündnisses — der freudigen Zustimmung aller warm empfin denden Deutschen könnte sie gewiß sein." England und Frankreich. In einem Leitartikel über die zwischen England und Frankreich schwebenden Colonialftagen betonen die „Times", deren endgiltige Lösung müsse sich un bedingt auf gegenseitige Zugeständnisse nach dem Prinzip „Geben und Nehmen" stützen. England müsse vor Allem darauf achten, daß die Straßen nach Indien sicher bleiben. Diese Sicherheit würde jedoch nicht vergrößert werden durch die Bildung eines großen französischen Reiches im östlichen Mittelafrika. Die Annäherung der Franzosen an den Nilqueüen, die Ausdehnung des französischen Einflusses in Madagaskar könne nur dazu beitragen, die Sicherheit einer dieser Straßen unter gewissen Möglichkeiten zu vermindern. Gleichwohl habe England gegen diese Ausdehnung innerhalb vernünftiger Grenzen nichts einzu wenden, weil es vertragsmäßig verpflichtet sei, dieselbe zu achten. Kein Vertrag nöthige indeß England, Frankreich das Rechtzu zugestehen, Gebiete innerhalb der englischen Einflußsphäre in Ostafriko zu besetzen. Der bloße Versuch Frankreichs, in diesem Welttheile vorzudringen, sei eine Handlung, die nicht als freund lich bezeichnet oder erachtet werden könne. England werde nie mals überzeugt sein, daß Egypten allein stehen könne, während Frankreich innerhalb kurzer Entfernung vom Nil festen Fuß gefaßt habe. Diese Thatsache mag unseren Nachbarn mißfallen, aber wenn sie dieselbe nicht anzuerkennen vermögen, darf, wie wir fürchten, vorläufig keine große Hoffnung auf eine allge meine Lösung der afrikanischen Fragen zwischen uns gesetzt werden. Nizza. Der Bahnbeamte Benian, der 80,000 Franken unterschlagen hat und in Monte Carlo verspielt hatte, hat sich der Behörde freiwillig gestellt. Ein Oesterreicher erschoß sich daselbst, nachdem er 90,000 Gulden verspielt hatte. dürften, so ist das nicht dahin zu verstehen, daß in bezug aus die Oronung des Börsenverkehrs hinter die Vorschläge der Bör senenquetekommission zurückgegangen werden soll. Soweit Ab weichungen von diesen Vorschlägen für nöthig erachtet werden,, rürften dieselben weil mehr nach der Richtung einer strafferen! Ordnung des Börsenverkehrs als nach der entgegengesetzten liegen., Daß extremen Anschauungen und Forderungen auch auf diesem, Gebiete nicht genügt wird und werden kann, ist selbstverständlich." , Wie nach der „B. B.-Ztg." verlautet, sind bis auf zwei,! sämmtliche nach der Citadelle Magdeburg in Untersuchungs- Haft gebrachten Unteroffiziere des älteren Jahrganges der Oderfeuerwerkerschule aus der Haft zu ihren Truppentheilen in ¬ stand lebhafter Erörterungen. Trotz der schon vor Monaten stradirl worden. Das läßt darauf schließen, daß ihnen Be- erfolgten offiziellen Proklamirung des Verlöbnisses ist die Zahl lastendes, wodurch ein längeres Verbleiben in der Untersuchungs- derer nicht gering, welche auch jetzt daran zweifeln, daß es hast bedingt würde, nicht nachgewiesen werden kann. Anderer-' wirklich zur Eheschließung zwischen dem Thronerben und der seits beweist aber die Entlassung von der Schule wieder, daß hessischen Prinzessin kommt. Bekanntlich hat der junge Groß- Giünde sür eine empfindliche Bestrafung der betreffenden Unter- fürst lange Zeit sich gesträubt, das Verlöbniß einzugehen, und Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm wird am Sonnabend, den13. d. M. von Friesack, wohin sich Se. Maj. von Hubertusstock bezw. Eberswalde früh begiebt, um daselbst der Enthüllung des Denk mals König Friedrich des Ersten beizuwohnen, in den ersten Nachmittagsstundcn in Berlin wieder eintreffen, bis abends im königlichen Schlosse daselbst verweilen, später das königliche Opernhaus mit der Kaiserin besuchen und um 9 Uhr 40 Min. abends von Berlin nach Friedrichshof zum Besuche der Kaiserin Friedrich abreisen. Nach dem „Hamb. Korresp." werden die Berathungen des preußischen Staatsministeriums über Maßre geln gegen die Umsturzparteien voraussichtlich auf Grund der vorliegenden Entwürfe Ende dieser Woche beginnen. Nach den letzten, anscheinend aus guter Quelle stammen den Nachrichten durfte man annehmen, daß rem Reichstage bald nach seinem Zusammentritt eine Vorlage wegen der Börf eil st euer zugehen werde. Die Art jedoch, wie die „Berl. Pol. Nachr." heute die Frage behandeln, läßt die Berechtigung dieser Annahme wieder etwas zweifelhaft erscheinen. Das offiziöse Or gan bestreitet zwar nicht direkt die Möglichkeit des Zustande kommens einer Reichstagsvorlage, läßt es jedoch „dahingestellt" sein, ob die darauf bezüglichen Nachrichten zutreffen oder nicht, und empfiehlt zu beachten, daß der größte Theil dessen, was unter einer Börsenreform zu verstehen sei, sich ohne Eingreifen der Gesetzgebung im Verwaltungswege durchführen lasse. Wäre da- der Fall, so meinen wir, daß man es schon früher durch Thaten hätte beweisen sollen. Das deutsche Volk erwartet ein energisches Vorgehen gegen den. nicht nur einzelne Private, son dern den Nativnalwohlstand schädigenden Börsenschwindel; ein noch längeres Hinausschieben der Lösung der Frage würde in den weitesten Kreisen vollberechtigte Mißstimmung erzeugen. Auf welchem Wege vorgegangen wird, ist schließlich Nebensache, wenn nur das Ziel erreicht wird, aber wir glauben, wie gesagt, nicht daran, daß ein anderer Weg als der durch den Reichstag gangbar ist. Vollkommen einverstanden erklären wir uns mff folgenden weiteren Ausführungen der oben genannten offiziösen offiziere doch vorliegen, denn eben die Entlassung vom Institute zum Truppentheile ist eine Strafe, di- besonders dadurch nach haltig wirken wird, daß die Fcuerwerkerkarrisre für die Betref fenden als abgeschlossen zu betrachten ist, sie aber gesetzmäßig den Rest der beim Eintritt in die Schule abgeschlossenen 4'/2 jährigen Kapitulationszeit noch abzudienen haben werden. Dabei ist von den Truppentheilen kaum zu erwarten, daß sie mit den von der Schule unter diesen Verhältnissen entfernten Unter offizieren über die Zeit hinaus weiter kapituliren werden, so daß den betreffenden Unteroffizieren die Beförderung in der Trup-, pen-Unteroffizierscarriäre verschlossen sein wird. Die beiden Hauptübellhäter hat man schon vor dem Abtransport nach Mag deburg gekannt. Gesetze gegen den Umsturz. Das Depeschenburau „Herold" meldet: Wie wir aus bester Quelle erfahren, hat der Reichskanzler in der Audienz beim Kaiser in Hubertusstock sich bereit erklärt, dem Reichstag eine Novelle zum Strafgesetz buch vorzulegen, welche einzelne Bestimmungen des gemeinen Rechtes in der Richtung amendirt, daß der Umsturzbewegung schärfer entgegengetreten werden kann. Als Einzelheit wurde angeführt, daß eine Bestimmung der Novelle dahin zielt, un mündigen, jungen Leuten den Besucy von politischen Versamm lungen zu verbieten. Es wurde uns versichert, daß der Reichs tag, falls er die Regierungsvorlage verwirft und gleichzeitig es ablehnt, aus seiner Mitte einen Ersatz zu bieten, aufgelöst werden soll. Berlin. Eine energische Zurechtweisung erfuhren genau sc wie anderwärts die Berliner Sozialdemokraten bei ihrem Versuch, die Schlächtergesellen für ihre „staatsneugestaltenden Gedanken" zu gewinnen. Die Leiter der Partei hatten eine Versammlung nach Schneidens Gesellsckaftshaus einberufen. Als hier nun der Referent Schwartz einen Vortrag über „Die wirthschoftliche Lage der Schlächtergesellen" zu halten begann, stieß er bei den zahlreich erschienenen kraftvollen Gestalten auf sehr wenig Verständniß. Diese hielten sich für besser orientirt, als der Herr Redner, und wollten ihm einfach nicht glauben, daß ihre Lage wirklich so grau und elend sei, wie jener sie schilderte. Als die ersten Zeichen des Mißfallens den Vor- Vekaniitinaehung. Anläßlich der in Potschappel stattfindenden Lutherfeffspiele verkehrt Donnerstag, den 11s Oktober cr ein Sonderzug von Wilsdruff nach Potschappel Abfahrt von Wilsdruff 6 Uhr — Min. Nachmittags, Ankunft in Potschappel 6 Uhr 45 Min. Nachmittags, sowie ein Ssnderzug von Potschappel nach Wilsdruff. Abfahrt von Potschappel 11 Uhr — Min. Nachmittags, Ankunft in Wilsdruff 11 Uhr 48 Min. Nachmittags. Zur Benutzung der Sonderzüge, welche an allen Verkehrsstellen der Linie halten, berechtigen die gewöhnlichen Fahrkarten. Wilsdruff, am 9. Oktober 1894. Königliche Bahnverwaltung. Korrespondenz: „Soweit es aber nothwendig und zweckmäßig . — erscheint, dieKlinke der Gesetzgebung zu ergreifen, empfiehlt sich tragenden nicht zum Schweigen gebracht hatten, stimmte die ein rasches Vorgehen schon aus dem Grunde, weil, solange nicht Versammlung mit kräftiger Stimme „Heil Dir im Siegeskranz" feststeht, was reichsgesetzlich geordnet wird, auch die La'ndeSre- an. Schwartz versuchte nach Beendigung des Liedes seinen q,erringen mit den im Verwaltungswege zu erlassenden Anord- Vortrag wieder aufzunehmen, doch jetzt tönte ihm entgegen: nungcn nicht wohl Vorgehen können. ' Wenn aber anqedeutet' »Es braust ein Ruf wie Donnerhall". Sein dritter Versuch,