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In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Brauereibesitzers Hermann j)anl Gelbrich in Herzogswalde ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichniß der bei der Verthülung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Vermögensstücke der Schlußtermin auf den 2V. Juni 1894, Bormittags 9 Uhr, finanzieller Erfolg sehr zweifelhaft ist, hat der Reichstag es abgelehnt, eine Reichsfinanzreform in dem Sinne an zubahnen, daß das Reich seine Ausgaben aus eigenen Quellen völlig bestreiten kann. Da müssen denn zur Deckung bereits beschlossener Ausgaben wieder die Matrikularbeiträge, diese un gerechte Kopfsteuer, herhalten. Für Bayern beträgt die Steigerung in der Budgetperiode 1894/95 jährlich 5 Millionen. Darüber sind nun die Klerikalen, Freisinnigen und Sozialdemokraten im bayrischen Landtage ganz außer sich; dieselben Leute, die selbst als Abgeordnete oder durch ihre Freunde im Reichstage die Vermehrung der Reichseinnahmen zu Falle brachten, sind sehr erbittert, wenn sic nun in die Tasche des Einzelstaates greifen müssen, um unerläßliche Reichsausgaben zu bestreiten. „Wir sind nicht der Düngerhaufen für irgend einen Rahm der Politik von Bsift und Eisen", rief Abgeordneter Ratzinger geschmackvoll aus. Orterer will, daß man im Bundesrathe „zur Herbeiführung des Völkerfriedens nicht nur militärische Machtmittel, sondern auch Friedensmittel in Erwägung ziehen" sollte. Andere Redner warnen, mit dem tiefen Verständniß, merkbar, namentlich für Weizen. Größerer Export ist gegen wärtig nur für Hafer zu konstatircn und zwar hauptsächlich über Liebau; dagegen will sich der Export von Roggen und Weizen trotz des Handelsvertrages nicht heben. Guillotine, Pulver und Blei haben heute in Frankreich bezw. in Spanien die menschliche Gesellschaft von einigen anarchistischen Mordgesellen befreit, deren Ideal die Herbeiführung des allgemeinen Chaos, deren zielführendes Mittel die Massentödtunz Unschuldiger bildete. Sie sind ihres Zeichens nicht die ersten gewesen und werden auch schwerlich die letzten sein, welche das auf seine kulturellen Errungenschaften stolze Geschlecht die Gegenwart daran erinnern, daß alles seine zwei Seiten hat und daß den hellsten Lichteffekten die schwärzesten Schlagschatten entsprechen. Insofern könnte man den sozial demokratischen Anwälten eines Henry, Vaillant, Raoachol rc. zugeben, daß ihre Schützlinge in den Rahmen des herrschenden Kulturzustandes gehören Aber wenn nun wieder zugunsten dieser Dynamitwütheriche dahin plaidirt wird, daß sie unzu rechnungsfähig und deshalb außer Verfolgung wie Strafe zu setzen seien, so könnte man ebensowohl behaupten, daß, weil auch Krankheiten zu den unvermeidlichen und nothwendigen Uebeln der Menschheit gehören, deshalb alle sanitäre Aktion zu verwerfen und den Seuchenkern in ihrem Vernichtungsfeldzuge gegen die Gesunden völlig freie Hand zu lassen sei. Sowenig nun aber unter vernünftigen Menschen davon die Rede 'ist, den körperlichen Seuchen gegenüber die Hände in den Schoß zu legen, so wenig kann man dem Staat und der Gesellschaft zumuthen, einer sittlichen Verrohung freien Lauf zu lassen, welche den Meuchelmord durch Sprengbomben als Selbstzweck betreibt und zur Erreichung ihrer frivolen Absichtenalle Schand- thaten für erlaubt erklärt. Wer dem Staate und der Ge sellschaft das Recht der Nothwehr gegen anarchistische Mord banditen abspricht, macht sich im Prinzip zum Genossen der letzteren. Nach einem alten deutschen Sprichwort ist dec Hehler nicht besser wie der Stehler, und die Fanatiker der That sind immer noch weniger verächtlicher als jene feigen Seelen, die in Wort und Schrift die Saat ausstreuen, welche Früchte wie Henry aufgehen und reifen läßt. Paris, 21. Mai. Der Anarchist Emile Henry ist heute früh gegen 4'/§ Uhr hingmchtet worden. Ein Zwischenfall ist nicht vorgekommen. Nach der Hinrichtung Henry's wurden drei Individuen, von denen der eine ein Hoch auf die Anarchie, die anderen Hochrufe auf Henry und die Commune ausgebracht hatten, verhaftet. Ein französischer Armeecorps-Commandat hat sich in einer Unterredung mit einem Berichterstatter des „Figaro" für eine allgemeine Abrüstung ausgesprochen, da solche für Frankreich günstig wäre. Weiter hat der nämliche hohe Militär, nach dem „Figaro", hierbei auf das Schwinden des militärischen Geistes in Frankreich, auf die Schwächung der militäriscyen Disciplin und Autorität im Vergleiche zu Deutschland hingewiesen und dann auf das Zurückstehen Frankreichs gegenüber Deutschland in Bezug auf die Mobilistrungsfähigkeit betont. Was werden wohl die Revanchepatrioten zu diesen Bekenntnissen eines fran zösischen Generals sagen?" Charakteristischer Weift hält übrigens auch der besagte Corpscommandant an der Anschauung fest, daß die elsaß-lothringische „Frage" das einzige Hinderniß der allgemeinen Abrüstung bilde. daß man am Fuße der Alpen für solche Dinge natürlich hat, vor weiteren Morinefordcrungen und ermahnen Bayern zur striktesten Sparsamkeit im Bundesrathe. Diesen Klagen und Beschwerden trat Finanzminister Freiherr v. Riedel mit würdigem Nachdruck entgegen: Das deutsche Reich sei nicht die Frucht einer Politik von Blut und Eisen, sondern sei entstanden, weil in dem deutschen Volke ein lebhaftes Bedürfniß der Einigung und einer entsprechenden Machtstellung Deutschlands sich endlich durchgerungen halte. Solange das deutsche Volk deulsch fühle, werde das Reich fortbestehen. Diese Stellung erforvere na türlich auch Opfer, aber für die Ehre und Sicherheit des Va terlandes dürften die dargebrachten Opfer nicht zu hoch er scheinen. Die bayrische Regierung dringe auch im Reich auf Sparsamkeit und schon Dutzende von Einsprüchen seien von dem Finanzministerium erhoben worden. Wenn es sich aber um die Sicherheit des Reichs handle, könne der Finanzminister allein nicht das entscheidende Wort haben, sondern das ganze Volk und die ganze Regierung. Den Vorwurf des Chauvinismus müsse er zurückweisen. „Das Deutsche Reich ist und war bisher der Weltfriede. Diese Friedensliebe hat das Reich auch bei den handelspolitischen Verträgen bewiesen, worüber aber gerade jene Herren Vorwürfe erheben. Soweit mit der Sicher heit des Reiches vereinbar, wird die Regierung alles thun, auf Ersparungen zu dringen. Die bayrische „Königsfrage" scheint ihrer Lösung ernst lich entgegenzugehen. Es heißt, die bayerische ReichsrathSkammer habe nach zwei geheimen Sitzungen sich zustimmend zur Ent mündigung des geisteskranken Königs Otto und zum Uebergang der Königswürde auf den Prinz-Regenten Luitpold ausgesprochen. Man glaube, daß die Abgeordnetenkammer gleiche Beschlüsse fassen werde. Natürlich können diese Nachrichten zunächst nur unter aller Reserve wiederzegeben werden. Welche Opfer die Lungenseuche beim Rindvieh er fordert, ersieht man aus einer amtlichen Zusammenstellung über d'e behufs Seuchentilgung getödteten Stücke, welche den Aus- führungögesetzentwurf zur Viehseuchennooelle beigegeben ist, wie er kürzlich dem preußischen Abgeordnetenhause zugegangen ist. Danach sind innerhalb Preußens während der sieben Jahre von 1887 bis 1893 an Entschädigungen für auf polizeiliche An ordnung behufs Tilgung der Lungenseuche getödtete Stück Rindvieh von den Provinzial-, bezw. Kommunalverbänden nicht weniger als 1336065,06 M. und aus der Staatskasse 270483,93 M. gezahlt worden. Die Lungenseuche beim Rind vieh hat also in einem siebenjährigen Zeiträume an solchen Ent schädigungen die Summe von rund 1,6 Millionen erfordert. In der Nähe des kaiserlichen Palastes zu Petersburg sollen neuerdings mehrere Bomben gefunden worden sein. Es erfolgten bereits wieder zahlreiche Verhaftungen. — Manschreibt aus Petersburg, daß die nach allgemeiner Auffassung unnatür liche Geschäftslage auf dem russischen Getreidemark t vor Barcelona, 21. Mai. Die zum Tode verurtheilten Anarchisten sind heute Morgen 4 Uhr in der Cidadelle Mont- zerick erschossen worden. Serbien steht anscheinend am Vorabend großer Ereignisse. Es ist eine Verschwörung der Radikalen gegen das Königshaus entdeckt worden, die Prätendentenfamilie Karageorgiewitsch soll mit dem Verschwörern unter einer Decke stecken. Im ganzen Lande herrscht große Aufregung, die Truppen sind allenthalben consignirt. Es heißt, die Regierung des Königs Alexander plane herrschend bleibt. Als unnatürlich muß es allerdings bezeichnet § die Aufhebung der Verfassung. werden, w.nn in denKreisen der russischenLandwirtheund Ge-! Der junge König von Serbien hat denangekündigten lreidehändler während des Zollkrieges darauf gerechnet wurde, zweiten Staatsstreich gewagt und durch einen neuen selbst- daß mit dem Abschluß des Handelsvertrages die Getreidepreise herrlichen Ukas die serbische Verfassung, die im Jahre 1888 Tageögeschichle. lauf den inneren Märkten Rußlands eine Steigerung erfahren Mit Ausnahme der Erhöhung der Börsensteuer, deren j werden, und daß man jetzt in diesen Kreisen darüber enttäuscht - - - - ' ' - m — ist, daß diese Preissteigerung nicht eintreten will. Im Südweste n Rußlands macht sich sogar ein Sinken der Getreidepreise be- auf grund einer Uebereinkunft zwischen dem König Milan und den Radikalen zustande gekommen war, wieder aufgehoben. Zuerst hatte das Ministerium dem Könige vorgeschlagen, die Gesetze über die Gerichtshöfe, über die Presse, die Vereine und Versammlungen abzuändern und von der nächsten Skupschtina die Genehmigung der Aenderungen zu verlangen. König Alexander hielt diesen Vorschlag für nicht entsprechend, auch wollte er nicht, daß das Ministerium eine Verantwortung dafür übernehme. Darauf gab das Kabinet seine Entlassung. König Alexander nahm diese an und unterzeichnete sodann um 11 Uhr nachts eine Proklamation an das serbische Volk. Mit diesem Gewaltstreich ist endgiltig die bisher versuchte Politik der Verwaltung aufgegeben worden. Noch in letzter Stunde dementirte man in Regiecungskreisen, daß die Absicht der Auf hebung der Verfassung bestehe und daß es sich einstweilen nur darum handle, solche Maßregeln zu treffen, welche dem königl. Ukas, betreffend die Repatriirung der Eltern des Königs, Geltung sichern sollten. Von vornherein war aber klar, daß diese Re patriirung nur in Widerspruch mit der bestehenden Verfassung erfolgen könnte, da der Kassationshof den Ukas des Königs für ungiltig erklärt hatte. Es blieb der Regierung nur die Alternative, entweder die Verfassung offen zu verletzen oder sie überhaupt aufzuheben. Mit dem letzteren Schritt hofft man die Uebermacht der Radikalen bei den Wahlen zur Skupschtina brechen zu können, zumal, wenn gleichzeitig die Selbständigkeit der Gemeinden, auf der zum großen Theil der Einfluß der Radikalen beruht, wieder beseitigt wird. Es fragt sich, ob die Radikalen diesen Schritt unerwidert lassen werden, oder ob cs zu einem offenen Widerstand kommen wird, der unter Um ständen, obwohl der König über die Armee verfügt, doch für die bestehende Dynastie verhängnißvoll werden könnte. Der serbische Botschafter in Wien, Simitsch, berichtete Kalnocky über die serbischen Vorgänge und gab ihm besonders über die Entdeckung der Verschwörung zu gunsten der Karageorgewitsch weitgehende Aufklärungen. Der „Deutsch. Ztg." zufolge soll die hochverrätherische Verbindung eines Theiles der radikalen Parteiführer mit Karageorgewitsch zum Sturze der Dynastie Obrenowitsch zweifellos sein. Der zweite serbische Prätendent, mit dem die Radikalen verhandelten, ist ein Enkel des alten Fürsten Milosch, nämlich der junge 37jährige Todorovitsch, ein Sohn des ermordeten Fürsten Michael. Nach einem Be richt des „N. Wien. Tagbl." ist festgestellt worden, daß Cebinatz dem Prinzen Peter Karageorgewitsch ein Schreiben des be kannten Popen Gjuntsch überbrachte, worin dieser Bürgschaft bezüglich der bäuerlichen Bevölkerung bei einer allfälligen Er hebung gegen die Dynastie Obrenowitsch anbot. Anfangs April erhielt Milan eine vertrauliche Anzeige über die Ver schwörung. Aus dem bei Cebinatz aufgefundenen chiffrirten Notizbuch ging hervor, daß die Verschwörer König Alexander und Milan bei einem Spaziergang festnehmen und zu Schiff nach Semlin bringen wollten. Inzwischen sollte in Belgrad die Absetzung der Dynastie Obrenowitsch und die Ausrufung des Prinzen Peter zum König proklamirt werden. Vaterländisches. Wilsdruff. Kommenden Sonntag veranstaltet Herr Schießhausbesttzer Schumann in seinem gänzlich neu renovirten Saale ein „Extrakonzerl", gespielt von unserer Stadtkapelle. Ein gutgewähltes Programm wird den zu erhoffenden zahlreichen Besuchern einige angenehme, genußreiche musikalische Stunden bieten. — Kesselsdorf. Am 19. Mai hielt der hiesige land- wirthschaftliche Verein seine letzte Versammlung, welche leider nur mäßig besucht war, für den Winter 1893/94 im Gasthof zur Krone ab. Nachdem der Vorsitzende Gutsbesitzer Striegler- Kesselsdorf die Anwesenden begrüßt und 2 verstorbener Mit glieder ehrend gedacht hatte, wurden zunächst die vorliegenden Tagesfragen erledigt und 3 neue Mitglieder ausgenommen. Alsdann erhielt Cantor Matthes das Wort zu einem Vortrag über die Entwickelung der Lanwirthschaft in Deuischland im letzten Jahrhundert mit besonderer Berücksichtigung des Lebens und Wirkens „Albrecht Daniel Thaer" geboren am 14. Mai 1752 zu Celle, gestorben am 29. Oktober 1828, des wissen schaftlichen Begründers einer rationellen Landwirthschaft. Aus dem sehr erläuternden Vortrag ging hervor, das Thaer, gleich