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WmM ßr Wkuff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne / Nummem 10 Pf. ThmM, Mm, Menlthn md die Um-eMden Imtsblall Inserate werben Msntags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 41. Dienstag, den 22. Mai 1894. die innengedachte Druckschrift über Feuerlöschtaktik betreffend. In I. Schweitzers Verlag (Jos. Eichbichler) in München ist ein vom Königlich Bayerischen Bezirksamtsassessor und Bezirksfeuerwehrvertreter Rudolf Reubold verfaßtes Merkchen „Feuerlöschtaktik für Landgemeinden" erschienen und zum Preise von 30 Pfg. — 20 Exemplaren 5 M. —, 100 Eyemplare 20 M-, größere Partien nach Vereinbarung — zu beziehen. Dasselbe enthält auch nach dem eingeholten Gutachten der Königlichen Brandoersicherungskammer und des von dieser gehörten Vorsitzenden des Landesausschusses sächsischer Feuerwehren be- merkenswerthe und zweckmäßige Hinweise für die insbesondere von den Commandanten ländlicher Feuerwehren und sonstigen zur Leitung des Ortsfeuerlöschwesens durch das Gesetz berufenen oder nach den Ortsfeuerpolizeiverordnungen dazu bestellten und verpflichteten Beamten in Brandfällen einzuhaltende Taktik, so daß auf Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern und beziehendlich der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschaft nicht unterläßt, die Ortsbehörden ihres Verwaltungsbezirkes auf dieses Merkchen aufmerksam zu machen und denselben dessen Anschaffung zu empfehlen. Meißen, am 9. Mai 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbach. Donnerstag, den 24. dss. Mts., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Stadtgemeinderathssitzung. Wilsdruff, den 21. Mai 1894. Der Stadtgemeinderath. Zicker, Brgmstr. Hslzversteigsrung. Vom Naundsrfer Zsrstrevier sollen Dienstag, Von 5 Juni dss. Js. von Bormittag 9 Uhr an in Klotzsche s Gasthof in Naundorf, 4 harte und 646 weiche Stämme, 12 harte und 345 weiche Klötzer, 4000 weiche Stangenklötzer, 4200 weiche Reis- und 650 weiche Derbstangen, 1'/? Rm. harte und 12 Rm. weiche Nutzscheite, 280 Rm. weiche Nutzknüppel, 600 Rm. weiche Brennhölzer und 163 Rm. weiche Stöcke meistbietend verkauft werden. Näheres enthalten die in Schankstätten und bei den Orts behörden der umliegenden Orte aushängenden Plakate. Köniql. Forstrevierverwaltung Naundorf und Königl. Forstrentamt Tharandt, am 18. Mai 1894. Tagesgeschichte. Berlin. Anläßlich der am 30. d. M. stattfindenden Früh jahrsparade wird Sr. Maj. der König von Sachsen am 29. Mai hier eintreffen und im königlichem Schlosse Wohnung nehmen. Gleichzeitig treffen auch Ihre Königl Hoheiten Prinz und Prinzessin Johann Georg von Sachsen in Berlin ein. Bei Gelegenheit eines unlängst im Verein zu Beförderung des Gewerbefleißes in Berlin gehaltenen Vortrages: „Ueber Bildung von Fachgenossenschaften im Handwerk" betonte Gewerbekammerkosulent Dr. Jacobi aus Bremen, einer der tüchtigsten Förderer der Handwerkerbewegung seit langer Zeit, die Thatsache, daß die Innungen augenscheinlich bei der Re gierung in Mißkredit gekommen seien, daß man sie fallen lassen wolle, weil sie sich angeblich nicht bewährt hätten. Zum Beweise werde eine Jnnungsstatfftik vorgeführt, die Redner jedoch keineswegs als zutreffend erachten konnte. Wenn man von vornherein bei einer Statistik Zweifel darüber habe, ob 2 oder 3 Millionen selbständige Handwerker in Deutschland gezählt werden sollen, so sei das eine Unterlage, die für Berechnungen nicht gebraucht werden könne. Deshalb sei auch die Angabe, daß nur 16 Prozent unserer Handwerker den Innungen ange hören, eine willkürliche. Vermuthlich sei die letzte Ziffer größer. Der Jrrthum aber komme daher, weil man oft Lohnabeiter mit selbständigen Handwerkern verwechsele, und weil heute die Grenze zwischen beiden oft sehr flüssig und unbestimmbar sei. Unter den Schustern und Schneidern z. B. gebe es sehr viele Haus- arbeiter, die sich überall als selbständige Schuster und Schneider eintragen lassen.^ So komme man beispielsweise zu der Annahme, daß in einer größeren Stadt 500 Schuster eingetragen wären, während in Wirklichkeit nur 150 vorhanden sind; aber es werden 500 in den Adreßbüchern, die man als zuverlässige Statistik ansieht, gezählt. Dieser Fehler werde vielfach gemacht und be weise, daß" eine solche Statistik nicht verläßlich ist. Als durch schlagender Grund für das Fallenlassen der Innungen wird re gierungsseitig geltend gemacht, daß sich in Süddeutschland die Innungen bisher wenig entwickelt haben Darum glaubt man auf die Innungen als Grundform der Organisation überhaupt verzichten zu sollen, und der Umstand, daß in Norddeutschland die Innungen tatsächlich heimisch geworden sind, soweit dieses unter den obwaltenden Umständen jetzt überhaupt möglich, wird dagegen gering angeschlagen. Für Süddeutschland habe man wiederholt in maßgebenden Kreisen von oben sagen hören, ist das Wort „Innungen" das rothe Tuch, welches die Leute nur reizt und aufregt. Darum wolle man auch im Norden die Innungen fallen lassen. Demgegenüber behauptete Dr. Jacobi, daß in Süddeutschland es meist die Nichthandwerker sind, die gegen die Innungen durch die Gewerbevereine Stimmung machen, die Handwerker selber weit weniger. Ebenso wenig werde man sich aber in Süddeutschland und am Rhein für die „Fachge- nossenschasten" erwärmen, man werde auch diese ebenso ablehnen, wie man sich gegenwärtig gegenüber den Innungen ablehnend oder mindestens passiv verhält. Hätte man von der Verleihung der Vorrechte, welche die M 100 s und 100k der Gewerbe ordnung den Innungen zugestehen, seitens der höheren Ver waltungsbehörden einen entgegenkommenderen Gebrauch gemacht, wie es der Gesetzgeber anscheinend auch gewollt hat, so würde man wahrscheinlich die Jnnungsbildung wesentlich haben fördern können, und sie würde auch wohl in Süddeutschland mehr Boden gefaßt haben. Dadurch, daß dies nicht geschah, habe man die Handwerker gegen die Handwerker ausgespielt und es sei in der Folge ein heftiger Kampf zwischen den verschiedenen Handwer kerparteien entstanden, den man im Keime hätte ersticken können, wenn ein indirekter Zwang, wie er durch diese beiden Para graphen ausgeübt werden konnte, eingetreten wäre. Wenn man den obligatorischen Charakter, den man den Fachgenossen zuge dacht bat, auf die Innungen übertragen wollte, so würde sich damit sofort der richtige Weg finden lassen, und die Handwer ker würden damit einverstanden sein, und nicht nur diese allein, sondern eine ganze Reihe anderer Personen. Sehr viele große industrielle Betriebsunternehmer sagen, sie fänden kein Bedenken, sich den Innungen anzuschließen. Die Innungen — so schloß Redner — sind ein Stück unserer nationalen Geschichte, die man nicht leichten Herzens preisgeben sollte. Der ideale Zug, der dem deutschen Volkscharakter innewohnt, findet hier einen lebendigen, schönen Ausdruck. Mit ihm zu rechnen, ist der Gesetzgeber verdflichtet; unterläßt er es, so wird sich der Fehler an unserem ganzen nationalen Leben rächen. Darum gebe man dem Handwerk, was des Handwerks ist! — Diese Ausführ ungen entsprechen ganz unseren Anschauungen. Die landwirthschaftlichen Fragen scheinen bestimmt zu sein, auch im laufenden Sommer eine hervorragende Rolle zu spielen. Herr v. Heyden, der preußische Landwirthschaftsminister, hat be kanntlich für Ende Mai eine Conferenz von Gutsbesitzern und von landwirthschaftlichen Sachverständigen aus dem Beamten- und Gelehrtenstande nach Berlin einberufen, um über neue Vor schläge zur Beseitigung der Nothlage der Landwirthschaft zu be- rathen. Herr von Heyden wird der Conferenz ein förmliches Arbeitsprogramm unterbreiten, welches als Hauptpunkt die Neu regelung in der Vererbung des Grundbesitzes und dann die ge eignetsten Maßnahmen zu Beseitigung der landwirthschaftlichen Ueberschuldung aufweist. Jeder Freund der Landwirthschaft kann nur aufrichtig wünschen, daß die betreffenden Eonferenzverhand- lungen Beschlüsse von praktischem Werth und bleibender Be deutung für die Landwirthschaft zeitigen mögen. Der Verein der Brauereien Berlins und der Umgegend veröffentlicht heute in mehreren Berliner Zeitungen eine längere Erklärung, welche in objektiver und eingehender Weise den Her gang der Angelegenheit klarstellt. Am Schluffe des Inserates heißr es: „Gleichzeitig erklären die unterzeichneten Brauereien, daß sie niemals beabsichtigt haben, die am gestrigen Tage ent lassenen Arbeiter dauernd auszusperren, vielmehr bereit sind, dieselben, soweit es der derzeitige Betrieb gestattet, am Donners tag, den 24. Mai, wieder in Arbeit zu nehmen, wenn bis da hin der Boykott über die obengenannten sieben Brauereien auf gehoben ist. Die Unterzeichner des Aufrufes vom 16. Mai haben es hiernach in der Hand, die von ihnen beklagte Schädig ung von 400—500 Arbeitern rückgängig zu machen, indem sie das unberechtigte Vorgehen gegen einzelne hiesige Brauereien einstellen. Es wird abzuwarten sein, ob sie hierzu bereit sind, oder die Verantwortung für die weiteren Folgen auf sich nehmen wollen!" Der „Vorwärts" veröffentlicht an der Spitze des Blattes einen Aufruf zur Verschärfung und Ausdehnung des Brau- ereiboykotts. Der an erster Stelle von I. Auer unter zeichnete Aufruf lautet m seinem wesentlichsten Theile: „Es kann bloß die Frage sein, ob der Boykott ein allgemeiner sein soll, oder ob diese Maßnahme nachhaltiger und erfolgverspre chender sein wird, wenn wir uns auf eine bestimmte Anzahl Brauereien beschränken. Die Unterzeichneten empfehlen, von einem allgemeinen Boykott abzusehen und sich auf die Boykot- tirung einiger Brauereien zu beschränken. In der heißen Jahres zeit und bei der großen Bedeutung des Biergenusses für die Ernährung der Arbeiter würde ein allgemeiner Bierboykott nicht die erhoffte Wirkung haben; er würde, da wir auf die Energie sehr vieler Arbeiter rechnen können, alle Brauereien unzweifelhaft schwer schädigen, aber sicherlich nicht so, daß sie zum Nachgeben gezwungen würden. Unsere Kraft würde sich zersplittern, da gegen wird die Boykottirung einer Anzahl von Brauereien diesen die ganze Wucht unseres Angriffes fühlbar machen. Bier muß getrunken werden, aber boykottirtes Bier wir desto leichter ent behrt werden, wenn anderes zur Verfügung steht. Ein allge meiner Boykott würde den Bierring stärken, ein partrieller sprengt ihn. Wer aber Bier aus Brauereien, in denen Ar beiter gemaßregelt wurden, nicht trinken will, dem steht dies ja immer frei. Wir schlagen Euch vor, von heute ab keinen ein zigen Tropfen von folgenden Brauereien zu trinken: 1. Schult heiß-Brauerei, Aktiengesellschaft, Berlin (und Tivoli). 2. Brau erei F. Happoldt. 3. Böhmisches Brauhaus, Commanditgesell- schaft auf Aktien, A. Knoblauch. 4. Brauerei Karl Gregory, Berlin, (Adlerbrauerei). 5. Vereinsbrauerei Nixdorf. 6. Span dauer Bergbrauerei, vormals C. Beckmann, Westend bei Char lottenburg. 7. Aktiengesellschaft Schloßbrauerei Schöneberg. Arbeiter! Zu Hause und im geselligen Verkehre, in der Werk statt und bei Ausflügen, überall wo Ihr hinkommt, sorgt für die strenge Durchführung des Boykotts. Nur dann wird jeder Berliner Arbeiter, der sich seiner Ehrenpflicht gegen die Partei, seiner Solidarität mit dem durch den Unternehmerhochmuth brod- los gewordenen Arbeitern bewußt ist, unausgesetzt den Boykott beschlüssen gemäß handeln. Nur dann kann der Sieg unser sein, dann wird er auch ganz sicher errungen werden." Hierzu -bemerkt die „Nordd. Allg. Ztg.", es müsse festgestellt werden, !daß zum ersten Male die sozialdemokratische Partei sich als solche für einen Boykott erklärte, während sie vor noch gar nicht langer Zeit dieses Kampftsmittel als „anarchistisch" bezeichnete.