Volltext Seite (XML)
MdmfferMeblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis : Bei Abholung in d« Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2.30Md., bei Postbestellung »P,V W«'«H°nfta,°.2n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend »Sger und Geschäftsstellen ' — Nichten zu jeder Zeit Be- Arüungeu entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteh: k^n Anspruch auf Lieferung Xr Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt uur. wenn Porto beiliept. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzelgenpni,: ki«.8,rfpalttnk W Doldpfennig, die ^gespalteneFeile der amtlichen Bekanntmachungen40 Gold- Pfennig, die 3,efpaltencRcklamejetl« im textlichen Teile 100 Doldpfennig. Nachweisungagebühr 20 Doldpfennige. Dor- gefchriedenrErschcinungs- c»« « t°ge und Platzvorschrifte» werden nach Möglichkeit Fernsprekykk: AMt WtlSdkUff Vik. v berückfichttgt. Anzeigen- annahmebisvorm.iouhr ' ' ' - Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Darantle. Ieder Rabattanspruch erlischt, wenn dcr Betrag durch Klage eingezogen werden muh oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen Vas Wilsdruffer Tageblat! enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitzen, des Amtsgerichts nnd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen Nr 297. 83 Jahrgang Telcgr-Adr .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Sonnabend, 20. Dezember 1924 NH beine WWW Sbcr die Mer Wmmg. Paris, 19. Dezember. Der „Temps" meldet scheinbar ! ossiziös, daß dir Boischasterkcnjercnz gestern entgegen den Mr!- dungen ous anglo-amelikanischer Quelle keinerlei Entscheidungen über die Räumung von Köln getroffen hat. Der Botschaster- konserenz gehen regelmäßig Berichte der Kontrollkommission zu. Gestern wurde ein Teildericht des Generals Walch, des Vor sitzenden der Kontrollkommission, zur Sprache gebracht. Der Berich» enthält Angaben über die Fabrikbesuche, über die Zu sammensetzung der Reichswehr usw. Ein Schlußbericht liegt aber zurzeit noch nicht vor. Curzon Wer die Riilumg Kölns. London, 19. Dezember. Aus eine Anfrage des Füh rers der Liberalen im Oberhause wegen der Räumung der Köl ner Zone antwortete Lord Curzon für die Regierung. Er sagte, daß die Bedingungen für die Räumung des Rheinlandes im Versailler Vertrag festgelegt worden seien. Die Frage der Räumung Kölns betreffe nicht Großbritannien allein, daher könne die Regierung die Angelegenheit erst nach eingehender Beratung mit den Verbündeten behandeln. Vor allen Dingen hänge die Räumungsklage davon ab, wieweit Deutschland seine Verpflichtungen ous dem Versailler Vertrag erfüllt hat. In der Frage der Reparationen könne Deutschland seit Annahme des Dawes-Gutachtens kein Vorwurf gemacht werden. Mit den von Deutschland übernrmmenen militärischen Verpflichtungen verhalte es sich jedoch anders. Die Voraussetzung sei, daß die Verbündeten sich mit der Erfüllung dieser Bedingungen zufrie den erklärten. Jetzt hänge alles von dem Bericht der Inter alliierten Kontrollkommission ab. Es sei ganz ausgeschloffen, daß der Bericht vor dem 10. Januar fertiggestellt sei, da die Arbeiten der Kontrollkommission in Deutschland durch den be ständigen Widerstand behindert worden seien. Gleich nach Fer tigstellung des Berichts würden die Verbündeten die Frage un tersuchen, ob Deutschland seinen Verpflichtungen soweit nach- r: kommen sei, daß die militärische Räumung begonnen werden könne. Die britische Regierung habe nicht das geringste Ver langen, die Besetzung unnötig auszudehnen, da sie sich besten bewußt sei, daß ein möglichst schnelles Ende der Besetzung sür Europa nur nützlich sein könnte. * Eine neue deutsche Note. Berlin, 19. Dezember. Alle im Völkerbundsrat ver tretenen Regierungen, denen seinerzeit das deutsche Memoran ¬ dum über den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund mit- geteilt worden war, haben nunmehr geantwortet. Da diese Antworten auf einen der wichtigsten Punkte des Memoran dums, nämlich auf die Frage der Beteiligung Deutschlands an kriegerischen Zwangsmaßnahmen des Völkerbundes noch keiner lei Klärung brachten, hat die Reichsregierung weitere Auf- schlüsse über diesen Punkt verlangt. Zu diesem Zweck hat sie das Problem in einer Note an den Völkerbund klargelegt, die zugleich den Regierungen der Ratsmächte mitgeteist worden ist. Das Memorandum und die Noten werden demnächst veröffent licht. Loebe zum Reichstagspräfidenten vorgefchlagen. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 19. Dezember. Die „Vossstche Zeitung" mel det: Die sozialdemokratische Fraktion hat beschlosten, den An spruch der stärksten Fraktion auf die Benennung des Reichs togspräsidenten zu erheben und dafür wieder den Abg. Loebe vorzuschlagen. England und die albanifche Frage. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 19. Dezember. Auf eine Anfrage im Unter hause über die Lage in Albanien erwiderte -er Außenminister Chamberlain, daß die britische Regierung sich der Gefahr voll bewußt sei, die durch die Unruhen in Albanien heraufbeschworen werden könnten. Es würden alle Maßnahmen zur Lokalisierung -er Unruhen getroffen wer-en. Während seiner Anwesenheit in Rom habe er sowohl von der italienischen als auch von der jugoslawischen Regierung Zusicherungen in gleichem Sinne er halten. Drei italienische Zerstörer «ach Albanien entsandt Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Rom, 19. Dezember. Die italienische Regierung hat je einen Zerstörer nach Skutari, Giovani und Medua entsandt, um Mr alle Fälle die Verbindung mit Italien aufrecht zu er- halten. Die Lage wird nicht für besorgniserregend angesehen. Die albanische Gesandtschaft in Rom stellt eine revolutionäre Bewegung in Abrede und behauptet nach wie vor, daß die Wir ren von jugoslawischen Grenzorten ausgehen. Die Meldung -er Einnahme Valonas sei tendenziös. Europa-Trust. Zurzeit finden bekanntlich in Paris Handelsver- rragsverhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich statt. Nebenher gehen aber noch Verhandlun gen ganz anderer Art, die sich zwischen deutschen, englischen, französischen, belgischen, italienischen und tschechischen Ver tretern der Schwerindustrie abspielen. Bekannte führende Männer der deutschen eisenverarbeitenden Industrie, wie Vögeler vom Stinnes-Konzern, von Raumer von der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschafi nno andere vertreten dabei Deutschland; Geheimrat Bücher, das geschäftsführende Vorstandsmitglied des Reichsverbandes der deutschen Industrie, ist gleichfalls nach Paris gefahren. Um was handelt es sich dabei? Die Beziehungen der Schwerindustrie in den europäischen Ländern sind nicht nur vom Gesichtspunkt der Konkurrenz aufzufassen, sondern sie gliedern sich vielfach nach dem Grundsatz der Arbeits teilung. Um ein einfaches, ziemlich bekanntes Beispiel zu wählen: Deutschland hat seine Eisenerzgruben fast restlos eingebüßt, ist für seine eisenverarbeitende Industrie daher bis auf einen geringen Bruchteil auf den Import ausländischen Eisenerzes angewiesen. Auf der andern Seite ist F r a n k r e i ch s Schwerindustrie schon bei der Ver hüttung des Eisenerzes, das ihr in weit über den Bedarf hinansreichendem Maße zur Verfügung steht, angewiesen auf den rheinisch-westfälischen Koks wegen seiner außer ordentlichen Reinheit. Das ergibt wirtschaftlich-organisa torische Beziehungen, die einer Regelung vor allem durch die Interessenten selbst bedürfen. Ähnlich z. B. mit der neuen italienischen Schwerindustrie, die modernster Art ist und weniger auf die Kohle als aus elektrischen Strom angewiesen bleibt. Eisenerze hat Italien über haupt nicht; die einzige Gelegenheit nämlich, den Eisenerz- bcrg der Alpino-Montan-Gcsellschaft im Besitz zu behalten, ist gescheitert. Dafür verfügt Italien aber namentlich im Standort seiner Schioerindustrie (Oberitalicn) über mehr wie ausreichende Quellen für die Strombelieserung in den Alpengewässern, deren Ausnutzung für diese Zwecke erst "inen Bruchteil des hierfür möglichen darstellt. Der Grundsatz der Arbeitsteilung aber ist das Wesen des Trusts, der darin weit über das Kartell oder das Syndikat hinausgeht. Produktionstechnisch ist ein solcher Trust weit stärker produktionsfördernd als etwa ein Syndikat, in dem die Stärkeren doch immer auf die wirtschaftlich Schwächeren Rücksicht nehmen müssen. Ei<i leider allzu deutliches Beispiel hierfür bildet die deutsche Kaliwirtschast. Im Trust werden die Kleinen wirtschaft lich stillgelegt, weil die Produktion, nur allerdings in viel größerem Ausmaß, genau wie bei der sogenannten verti kalen Jndustriekonzeutration nach dem Grundsatz größter wirtschaftlicher Ersparnis und der weitestgetriebenen Arbeitsteilung durchorganisiert wird. Was das große Publikum am Trust steht, das ist eigentlich erst das zweite, nämlich die Ausschaltung desfreien Wettbewerbs der früher in Konkurrenz miteinander stehenden Unternehmungen und die dadurch ermöglichte willkürliche Preisfeststellung durch den Trust. Nun ist diese zweite Erscheinung bekanntlich auch eine wesentliche Eigenschaft des Kartells und des Syndi kats. Es ist bisher vergebens gewesen, sich dagegen sträuben zu wollen, daß seit Jahrzehnten schon alle Na tionen, die über eine hochentwickelte Industrie verfügen, sich zu loseren oder festeren Formen von Kartellen und Syndikaten oder zum enggeschlossenen Trust zusammen finden. Die Bestrebungen der deutschen Schwerindustrie nach einer organisatorischen Auseinandersetzung mit der fran zösischen datieren von dem Augenblick an, als durch den Sturz des Kabinetts Cuno der Zusammenbruch des Ruhrwiderstandes eingeleitel wurde. Ist doch der Ruhr kampf vor allem dadurch veranlaßt worden, daß sich die deutsche Schwerindustrie weigerte, der französischen 30 bis 60 ihrer Aktien auszuliefern. Der Widerstand war erfolglos und die Belastung mit den fünf Milliarden Jndustrieobligationen bringt die deutsche Wirtschaft an und für sich schon in starke Abhängigkeit vom Ausland. Die Produktion geht nun, wie angedeutet, über die staat lichen Grenzen hinweg; das gab den Anstoß, daß die Ge danken eines Stahltrustes gerade in einem Augenblick verhandelt werden und vielleicht Verwirklichung finden werden, da die beiden größten in Betracht kommenden Kontinentalmächte, Frankreich und Deutschland, ihre Wirtschaftsbeziehungen zu regeln gewillt sind. Ursprüng lich war überhaupt der ganze Gedanke ein kontinen tal-europäischer und daher zeigte sich in England eine große Beunruhigung wegen eines eventuellen organi satorischen Zusammengehens der deutschen und der fran zösischen Schwerindustrie. Der Gedanke eines kontinental europäischen Stahltrusts ist ja denn auch vorläufig fallen gelassen worden und hat sich in den eines gesamt europäischen umgewandelt, der naturgemäß in einen Gegensatz zur amerikanischen Schwerindustrie geraten muß. Ta nun die organisatorischen Beziehungen ganz wesent lich von den politischen nicht nur, sondern vor allem von den gegenseitigen handelspolitischen Einstellungen der europäischen Staaten zueinander abhängig sind, sind die Verhandlungen der Schwerindustrie in Paris auch äußer- Uch mit den deutsck-framösischen Sandelsvertraasver. Handlungen dadurch verknüpft, daß der Führer der deut schen amtlichen Delegation für den Handelsvertrag, Ge heimrat Trendelenburg, an der gemeinsamen Vor sitzung der Schwerindustrie teilgenommen hat und aus drücklich erklärte, daß an irgendwelche Abmachungen außerhalb des Handelsvertrages, etwa auf Kosten der deutschen Verbraucher, nicht zu denken ist. Ein eigenmäch tiger Abschluß der deutschen Schwerindustrie ohne die Ge nehmigung der Negierung sei ausgeschlossen. Das ganze Erpcrimenl ist aber nicht nur wirtschaft lich, sondern auch politisch interessant. So hat in den letzten Jahren dre Wirtschaft maßgeblichsten Einfluß auf die politische Entwicklung ausgeübt, daß man sich nun dem Schluffe kaum versagen kann, daß ein europäisch-wirt schaftliches Zusammenarbeiten nicht ohne Folgen auf die politischen Beziehungen der Nationen bleiben kann, ohne daß man deshalb gleich von einem „Paneuropa" zu träumen braucht. Kabmettsverhalldlungen durch Rar? Berlin, 18. Dezember. Wie vornuSgesagt wurde, hat der Reichsaußenminifter Dr. Stresemann das ihm durch den Reichspräsidenten gemachte Angebot, die Regierung zu bilden, abgelehnt. Stresemann soll bei der Unterhaltung mit dem Reichspräsidenten diesem empfohlen haben, den bisherigen Reichskanzler Marx wieder mit der Kabinettsbildung zu betrauen. Heute empfing der Reichspräsident zuerst den Führer der Bayerischen Volks- Partei, Domkapitular Leicht, und später den Reichskanzler Mar x, mit dem er längere Zeit die durch dir Beschlüsse der Fraktionen geschaffene neue Lage besprach. Im Anschluß daran begab sich Reichskanzler Marx in den Reichstag, um von mit den Parteiführern über die nunmehr zweckmäßig zu treffende Entscheidung Fühlung zu nehmen. Der bisherige Reichskanzler Marx Hal, wie ausdrücklich hervorgehoben wird, leinen direkten Auftrag zur Bildung einer Regierung erhalten, noch viel weniger einen solchen Auftrag übernommen. Er hat vielmehr nur die Ausgabe durch Ver handlungen mit den Parteiführern festzuslellen, welche Möglich keiten für eine parlamentarische Regierungs- und Mehrheits- bildung vorhanden sind. Ttrpitz Ehrenvorsitzender der Oeutschnationalen Als erster Vorsitzender der Deutschnationalen Volkspanei ist bekanntlich der Abgeordnete Schiele gewählt worden. AlS Stellverrrelei wurden bestellt die Abgeordneten Bruhn, v. Goldacker Rippel und Schultz-Bromberg Den Ehrenvorsitz der deutschnauonalen Fraktion hat Herr v. Ttrpitz über nommen Bei ver Wahl des Reichslagspräsidenten wird die Fraktion voraussichtlich wieder sür Wall ras stimmen, wäh rend die Sozialdemokraten Löbe präsentieren werden. Deutschland md Abrüstungskonferenz G e ns, 18. Dezember. Wie zuverlässig gemeldet wird, hat Deutschland die Einladung des Völkerbunds zur Teilnahme an der inter nationalen Konferenz, die im Mat nächsten Jahres zur Prüfung der Frage der Waffen und MunitionstranSport- lontrolle zusammentreten wird, angenommen. Da auch die amerikanische Regierung ihre Teilnahme an der Konferenz bereits zugesagt hat, wird die Tagung im Mai von beson derer Bedeutuna kein. Das Urteil im Haarmann-Prozetz. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Hannover, 19. Dezember. Heute vormittag '/»11 Uhr wurde Fritz Haarmann vom hiesigen Schwurgericht wegen Mor des in 24 Fällen 24 mal zum Tode verurteilt. Hans Grans wurde wegen Anstistung zum Morde in einem Falle ebensalls zum Tode, sowie wegen Beihilse zum Morde noch zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt. Den beiden Angeklagten wurden die bür gerlichen Ehrenrechte abgesprochen.