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WiNmfferAMM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Tageblatt* erscheint täglich nachm. 8 Uhr für ben folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in »««eschastsftclle und den Ausgabestellen 2 Mb. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mb., bei Postdeftellung M «UL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend «i.n s? Ü5?er UN» «esch-st-st-llen — tt — nehmen ,u jeder Zeit Be. «eüungei: ^Zm Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitze», des für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzeilc 20 Doldpfcnnig, die 2gespalteneZeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Bold- pfennig, di« S gespalteneAeklamezeNe im textlichen Teile IVO Doldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpfennige. Bor- geschriebeneLrschcinungs- — - , „ tage und Platzoorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme disvorni.lvUhr > Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage cingezogen werden mutz oderderAustraggederin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nasse» Nr. 290. — 83. Jahrgang. T-lcgr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2K4O Freitag. 11. Dezember 1924 Iw UMM der ReWWwW WM. Englands neue Außenpolitik. Mit einer Selbstverständlichkeit, die Bewunderung Her vorrufen könnte, hat sich in England bei der Debatte über oie Thronrede auch die Opposition bedingungslos hinter oas außenpolitische Programm der neuen konservativen Negierung gestellt. Gewiß haben Macdonald ebenso wie Lloyd George in diesem Programm ein paar Schönheitsfehler entdeckt. Aber im großen ganzen ist man mit dem einverstanden, was die Thronrede Baldwins, des Ministerpräsidenten, als die Linien in der englischen Außenpolitik darlegte. Und diese Linien besitzen eine merk würdige Ähnlichkeit mit denen, die vor einem Jahre der sozialistische Ministerpräsident, Macdonald zog, und würden zweifellos auch mit jenen Lloyd Georges übereinstimmen, wenn dieser in den Wahlen einen Sieg errungen hätte. Wenn Lloyd George jetzt den Völkerbund zu einem Schieds spruch in der ägyptischen Frage veranlassen möchte, so nimmt das im ganzen Parlament kein Mensch ernst und die Liberale Partei denkt gar nicht daran, gerade in dieser Frage der konservativen Regierung ein Bein zu stellen. Es ist eben in Kairo ein Engländer erschossen worden und für jede, auch die rigoroseste Maßnahme als Antwort darauf, hat jede englische Negierung immer die Masse hinter sich. Übrigens ist nicht minder wichtig, daß die konservative Negierung erklärte, sie würde die mit Rußland unter zeichneten Verträge dem Parlament zur Ratifikation nicht vorlegen. Das führt in den Kern gleichzeitig der eng lischen Innenpolitik hinein, die sich gegenüber dem Sozialis mus, noch mehr natürlich dem Kommunismus, als in einer Kampfstellung befindlich betrachtet. Nicht umsonst hat Macdonald bei der Debatte über die Thronrede die Fort setzung der Untersuchung über die Echtheit des Sinow- jew - Brieses gefordert; aber ob die konservative Re gierung das tun wird, das ist zweifelhaft. Der Brief oder das Märchen von ihm hat seine Schuldigkeit getan und da- rstit genug. Und es wird den Konservativen sehr gleich gültig sein, daß die Arbeiterpartei ein formelles Miß trauensvotum gegen die Außenpolitik des Kabinetts Bald win einbringen könnte unter besonderem Hinweis auf seine russische Politik. Das dritte bedeutende Problem ist die Stellung der neuen konservativen Regierung zum Völkerbund. Zunächst einmal hat man durchgcsetzt, daß man sich in Genf um die ägyptische Frage nicht kümmern wird. Also kann England die Völkcrbundangelegenheit weiter mit machen, nachdem die Drohung, aus dem Spiel auszu- scheidcn, wenn das ägyptische Volk in Genf Gehör finden sollte, seinen Zweck erreicht hat. Nun tagt ja der Völker bund zurzeit in Nom; der englische Außenminister A u st e n Chamberlain ist wegen dieser Sitzung nach !^om gefahren, und da der Völkerbund grundsätzlich auf irgendeinen Wunsch Englands oder Frankreichs ein schwenkt, kann es höchstens noch bei politisch harmlosen Gemütern irgendwelches Staunen Hervorrufen, daß der Bölkerbuudrat sofort dem Ersuchen Chamberlains nach gab, die Besprechung des so michsam hergestellten Gen fer Protokolls über das obligatorische Schiedsge richtsverfahren bzw. das Eingreifen des Völkerbundes bei Streitigkeiten zwischen verschiedenen Staaten bis auf den März zu vertagen. Das ist eine Ver tagung auf den St. Nimmermehrstag. England hatte ja auch schon erklärt, daß es gar nicht daran denke, die in Genf ausgeklügelten Bestimmungen jenes Protokolls zu ratifizieren, und die Thronrede enthält lediglich die Mit teilung, daß man mit dem Studium dieses Protokolls bereits begonnen habe, aber kein Wort darüber, wie man sich dazu stelle. Chamberlain hat in Rom ausgeführt, daß die britische Negierung nicht etwa das Protokoll nun ab lehnen wolle, vielmehr müsse sie es bei seiner großen politi schen Tragweite eingehend prüfen. Briand, der fran zösische Vertreter, verfehlte nicht, über diese Erklärung einen breiten Strahl öliger Redensarten zu gießen, wie außerordentlich die französische Regierung entzückt sei über die englische Stellungnahme usw. usw., — es lohnt nicht, über diese Luftbewegung auch nur ein Wort zu verlieren. Frankreich war so entzückt, daß es die Beratung des Pro tokolls sogar bis zum Herbst verschieben wollte. Man hat wichtigere Dinge zu tun. Die ägyptische Frage macht manche schlummernden Wünsche in Frank reich wieder lebendig, daß vielleicht doch noch einmal am , Nil die französische Flagge auftauchen soll, wie j sie 1899 bei der Marchand-Expedition zum Nil geführt worden ist, aber unter den Drohungen Kitcheners einge zogen werden mußte. Das Abkommen zwischen Frankreich und England aus dem Jahre 1904 hat zwar die Ab grenzung der Interessensphären ausdrücklich dahin ge troffen, daß Frankreich in Marokko, England in Ägypten vollständig freie Hand haben sollten. Aber so ganz sind die Träume eines Napoleon, den es nach Ägypten Hinübergetrieben hat, in Frankreich doch noch nicht ausgeträumt, und man beunruhigt sich darüber etwas in England. Darum die immer wiederkehrende Betonung aus englischem Munde, daß man vor allem größtes Gewicht auf die Erhaltung der Freundschaft mit Frankreich lege. Und bei diesem Spiel hat Frankreich wieder einmal die Vorhand. Die Frage der Kabinettsbildung. Berlin, 10. Dezember. Wie die Allgemeine Parlamentarische Korrespondenz hört, beabsichtigt der Reichsautzenminister Dr. Stresemann in der heutigen Kabinettssitzung den Antrag auf Demission der Regierung am 3. Januar zu stellen. Die Kabinettssitzung ist für heute abend anberaumt, jedoch ist noch nicht ganz sicher, ob in ihr die Entscheidung fallen wird. Reichskanzler Marx ist heute nach Berlin zurückgekehrt. An der Sitzung nehmen alle Reichsminister teil mit Ausnahme des Reichsfinanzministers Dr. Luther, der wegen des Todes seiner Gattin noch in Urlaub ist. Die Auseinandersetzungen der Parteipresse drehen sich fast ausschließlich um die Fragen der Regierungsbildung. Wird der Bürger- oder Rechtsblock, Deutschnationale, Volkspartei und Zentrum, kommen? Oder die Große Koalition, Volspartei, Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten? Die weitere Andeutung von einem Linksblock, Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten, wird besonders deshalb nicht ernst genommen, weil eine solche Zusammensetzung weniger als die Hälfte der Reichstagsmitglieder in sich vereinigte, also keine tradfähige Mehrheit abgeben würde. Die Erhaltung des jetzigen Kabinetts der Mittelparteien, Volkspartei, Zentrum und Demokraten, war schon eine Minderheitsregierung. Daß dies zur Reichtagsauflösung führte, wird kaum in Betracht gezogen. Unkontrollierbare Gerüchte sprechen schon von Dr. Stresemann als zukünftigem Reichskanzler, Hergt als preußischem Ministerpräsidenten, einem Zentrumsabgeordneten als Kultusminister. Jedoch ist auf derartige Vorausahnungen nicht viel zu geben. Selbstverständlich wird die Entwicklung im Reiche ihre Wir kungen auch auf Preußen erstrecken. Haltung -er Parteien. Berlin, 10. Dezemver. Der Parteivorstand der Deutschen Volkspar tei trat heute zu einer Beratung zusammen. Er beriet über die Neubildung der Reichsregierung. Die Verhand lungen werden als vertraulich bezeichnet. Ein Lokalabend blatt weiß zu melden, nach Informationen aus volks parteilichen Kreisen sei sicher damit zu rechnen, daß der Parteivorstand, und zwar voraussichtlich einmütig, die Auffassung bestätigen wird, daß der einzig mögliche Weg für die Neubildung der Reichsregierung in der Richtung auf einen BlockderbürgerlichenParteien, also in der Richtung einer Rechtsregierung, zu suchen ist. Und die Deutschnationale Parteikorrespondenz schreibt in hervorragendem Druck über die Stellung derDeutsch- nationalen: „Die Deutschnationale Volkspartei in der Opposition muß und wird ihre Macht einsetzen zur end lichen Erzwingung der gerade nach demokratischem Prin zip durch die Wahl des 7. Dezember erneut als ihr zu- stehend attestierten Machtposition." Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 11. Dezember. Die französischen Pressevertreter in Rom berichten über aufsehenerregende Angaben Chamberlains in der Frage der Räumung Kölns. Nach dem Berichterstatter des Pellt Parisien erklärte Chamberlain, daß Großbritannien laut seiner mit Herriot am letzten Sonnabend getroffenen Verabredung die Be setzung Kölns vorläufig verlängern werde, bis der Völkerbund in der Lage sei, die Ausübung der Abrüstungskontrolle im unbesetzten Deutschland wie auch in der entmilitarisierten Zone zu übernehmen. Auch nach der Räumung Kölns, werde Großbritannien weiter im Rheinlands bleiben. Die Frage der Räumung werde restlos erst in einer erneuten Unterredung mit Herriot geklärt werden, die Cham berlain auf seiner Rückreise nach London in Paris mit dem franzö sischen Ministerpräsidenten haben werde. Der Korrespondent des Petit Journal meldet, daß Briand den Völkcrbundsrat dazu bewog, die Modalitäten der Abrüstungskontrolle für die Kölner Zone zur Sprache zu bringen. In den maßgebenden Kreisen sei man über einstimmend der Auffassung, daß diese Frage nicht im März, son dern erst in der Iunisitzung des Rates endgültig geregelt werden könne. Die Besetzung Kölns werde also bis zu diesem Zeitpunkt ver längert werden. Das Hemmnis der Lustfahrtsbeschränkung Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 11. Dezember. Wie die Telunion erfährt, hat die französische Wirtschaftsdelegation bei den Verhandlungen in Paris den Wunsch ausgesprochen, auch schwebende Luftverkehrs- Der Verlauf der gestrigen Kabinetts- sitzung Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Berlin, 11. Dezember. Ueber die gestern von 5 Uhr nachmittags bis kurz vor 9 Uhr abends dauernde Kabinetts- fißunq wurde folgende amtliche Erklärung abgegeben: Das Reichs tabmett beriet heute über die durch den Ausfall der Wahlen geschaffene Lage. Nach eingehender Aussprache beschloß es den alsbaldigen Rücktritt. Ueber den Zeitpunkt des Rücktritts wird sich der Reichskanzler mit dem Reichspräsidenten in Verbindung fetzen . Berlin, 11. Dezember. Die „D. A. Z." berichtet über die gestrige Kabinettssitzung wie folgt: Der Kanzler berichtete ein gehend über den Ausgang der Wahlen und die durch sie ge schossene Verschiebung der Parteistärken. In der anschließenden Aussprache ließ der Reichsaußenminister Dr. Stresemann deut lich zum Ausdruck kommen, daß die Deutsche Volkspartei nur für einen Nechtshlock zu haben sein wird. Die Sitzung dauerte von 5 Uhr nachmittags bis gegen 9 Uhr abends. Einem Mitarbeiter der ,D,. A. Z." ließ Reichsminister Dr. Jarres keinen Zweifel darüber, daß er keinem neuen Kabinett bsitreten werde. Ob Mi nister Dr. Hamm eine mneuen Kabinett mit eventueller Be teiligung der Demokraten oder als Fachminister sich zur Ver fügung stellen wird, kann noch nicht als feststehend bezeichnet werden. Es ist ungewöhnlich, daß der Termin des Rücktritts erst durch eine Konferenz zwischen dem Reichspräsidenten und dem Reichskanzler festgesetzt werden soll, zumal der Nücktritts- beschluß einmütig gefaßt wurde. Auf jeden Fall bedeutet der Rücktrittsbeschlutz eine Klärung der pvlit schen Lage. Es ist zu hoffen, daß die Bildung einer großen staatsbürgerlichen Regie rung der Volksparteien nunmehr reibungslos vonstatten geht. Der Volksparteiliche Beschluß. Berlin, 11. Dezember. Das „Berliner Tageblatt" mel det über die gestrige Sitzung des Vorstandes der Deutschen Volks partei folgendes; Der Vorstand der Deutschen Volkspartei trat gestern vormittag zu einer Sitzung zusammen, die sich bis in die späten Abendstunden hinein ausdehnte. Wie schon vorher nicht mehr zweifelhaft war, ging die Ansicht des Parteivorstandes einmütig dahin, die kommenden Regierungsverhandlungen nur auf der Basis des Bürgerblocks zu führen. An der Sitzung nahm auch Reichsaußenminister Dr. Stresemann teil, der dafür ein trat, auf der Grundlage früherer Beschlüsse zu verharren, eine rein bürgerliche Regierung anzustreben und sich an der Regie- rungsbildimg im Reiche und in Preußen zu beteiligen. Ir. Mrrkrneiit Reichskanzler? Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Berlin, 11. Dezember. Die Frage, wer die Kanzler schaft im neuen Kabinett übernehmen wird, läßt fick zurzeit noch nicht mit Bestimmtheit beantworten. Man kann aber mit ziem licher Wahrscheinlichkeit annehmen, daß der Reichspräsident zu nächst den jetzigen Reichskanzler Dr. Marx mit der Kabinetts bildung beauftragen wird. fragen in die Abmachungen einzubeziehrn. Den« steht jedoch der Grundsatz der Meistbegünstigung in den mit anderen Ländern ab- gejcylossenen Verträgen entgegen, vor allem aber die Tatsache, daß die Beschränkungen -es deutschen Lustzeugbaues immer noch nicht aufgehoben sind. Nansen über den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund.' Kopenhagen, 11. Dezember. Ueber die Frage des Ein tritts Deutschlands in den Völkerbung erklärte Nansen einem Ver treter der TU. folgendes: Der Völkerbund ist sehr unvollkommen, so bald eine Großmacht wie Deutschland nicht dabei ist. Im letzten Jahr hat der Völkerbund den Fortschritt zu verzeichnen, daß die deutsche Regierung den Wunsch geäußert hat, dem Bund bcizutreten. Ich hoffe, daß dieser deutsche Wunsch bald in Erfüllung gehen möge und daß alle Nationen Deutschland willkommen heißen werden. In meinem Bewußtsein steht der Völkerbund als der praktische An fang einer neuen Nächstenliebe. Das Geheimabkommen über Marokko. Paris, 11. Dezember. Der römische Berichterstatter des Neuyork Herald hält daran sest, daß Chamberlain mit Frankreich und Italien ein Geheimabkommen in der Marokkofrage getroffen habe. Der Wortlaut des Abkommens werde voraussichtlich erst ver- össenilicht werden, nachdem der britische Außenminister es seiner Regierung »nierbreitet habe. Pariser AWdcu zm Mmmig der Mm M.