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164 — Jie Stelm der MW« Zildüstrie 0M I Oer Reichstag in Ferien. Als die Reichstagsmitglieder die kühlen Hallen des Hauses ihrer Wirksamkeit verließen, da stöhnte ein jeder laut beim Hinaustreten in die sonnendurchglühten Straßen. Und die tropische Temperatur, der schon lang sam kochende Asphalt, die jetzt besonders infernalisch duf tenden Benzindämpfe mögen eine recht schnelle Erfüllung der Sehnsucht nach Berg und See, Wald und Wiesengrün herbeigeführt haben; wenn das Gehirn so langsam zu brodeln beginnt oder, wie ein Kommunist in der letzten Reichstagssitzung äußerte, die Hitze den noch etwa vor handenen Rest von Gehirnschmalz zum Auslaufen bringt, dann wird auch unseren Volksvertretern die politisch-par lamentarische Arbeit allzu sauer. Man ist daher in die Ferien gegangen, und zwar, wenn sich Besonderes nicht ereignet, gleich für fünf Mo nate, bis zum Spätherbst. Man ist, als die Regierungs bildung nach einigem Hin und Her gelungen war, auch nur einige Tage beisammen gewesen, hatte von vornherein keine große Lust, sich parlamentarischen Arbeiten von Be deutsamkeit zu widmen. Und so kam denn von wich tigeren Dingen nur die Erledigung der Amne stie frage und der Initiativantrag auf Senkung der Einkommensteuer für die unteren und mittleren Stufen zustande. Nicht aber konnte der Kampf um den Nationalfeiertag beendet werden. Das wurde vertagt, weil innerhalb der Regierungskoalition sich Differenzen zeigten, man daher die endgültige Regelung erst in An griff nehmen will, wenn im Spätherbst eine festere Bin dung dieser Koalition an die Stelle des vorläufigen Zu sammenschlusses tritt. Die Regierung freilich hat keine Ferien und soll zeigen, ob sie in ihrer neuen Zusammen setzung praktische Arbeit zu leisten vermag. Mitten in die Ferienzeit des Parlaments süllt der Beginn des „Normal jahres" des Dawes-Planes, der ab 1. September von Deutschland die Zahlung von 2,5 Milliarden verlangt. Sic aufzubringen, wird Regierung wie Parlament genüg -Kopfschmerzen verursachen. Dann ist der Wiederbeginn der Handelsvcrtragsverhandlungen mit Polen ein be sonders schwieriger und widerstrebender Gegenstand der politischen Ferienarbeit; ob mau jetzt darin freilich schneller vorwärtskommen wird, ist angesichts der recht ungeklärten politischen Lage in Polen noch zweifelhaft. Und schließlich tritt im September auch der Völker bund wieder zusammen, ohne daß man deswegen damit zu rechnen braucht, daß die bekannten außenpolitischen Wünsche Deutschlands hinsichtlich der Rheinlandbe- setzung offiziell irgendwie zu Wort kommen können. Wenn also der Reichstag in die Ferien gegangen ist, ohne alles Wichtige erledigt zu haben, so darf an dem Beschluß des A m n e st i e g e s c tz e s nicht so ganz sang- und klanglos vorübergegangsn werden. Gewiß bestehen Bedenken, die gegen eine Amnestie an sich und vor allem gegen allzu häufige Anwendung einer solchen Gnaden- inäßnahmc sprechen, aber das Ziehen eines Schlußstriches unter die politischen Kämpfe, Vergehen, Verbrechen ist ab und zu doch notwendig. Dabei war es noch besonders zu begrüßen, daß sich für diesen Beschluß eine parlamen tarische Mehrheit fand, die auch die Dcntschnationalen, Nationalsozialisten und Kommunisten, also auch die Opposition, mit umschloß. Das wird dazu beitragen, der innenpolitischen Auseinandersetzung über diese Streit frage viel von ihrer bisherigen Schärfe zu nehmen. Tas Reichstagsgebäude ist verödet und nur ein paar Beamte verrichten in der kommenden Zeit ihren Aufsichts dienst. Von den vier Ecktürmen sind die Fahnen ver schwunden, die hochgezogen werden, wenn der Reichstag tagt. Aber während der Ferien wird allmählich die poli tische Konstellation des Winters vorbereitet; bis dahin haben unsere Rerchstagsboten Zeit, Körper und Geist für die kommenden Kampfe zu stärken, auch einmal an das Dabeinr nnd den eigenen Beruf zu denken. Internationale Sozialpolitik. Eine Rede des Reichsarbeitsmiuisters Wisjell. Neichsarbeitsminister Wissell hiell auf der in Magdeburg abgehaltenen Tagung des freigewerkschaft-- lichen Bergarbeiterverbandes einen Vortrag über „Die soziale Bedeutung weltwirtschaftlicher Ver flechtungen". Er schilderte zunächst die ständig zunehmende gegenseitige Durchdringung der Volkswirtschaften, aber die wirtschaftlichen Beziehungen der Völker zueinander Schweres Grubenunglück in Holland. In der Prinz-Hcndrik-Grubc bei Heerlen in Hol land ereignete sich eine Grubengasexplosion. Bis jetzt konnten acht Leichen geborgen werden. Wahrscheinlich haben noch fünf andere Bergarbeiter, die vermißt werden, den Tod gefunden. Unter den Getöteten befindet sich auch ein Mann der Rcttungskolonne, der nach Bergung eines Kameraden den Tod in der Grube fand. Die Schlag wetterexplosion erfolgte in einem Schacht, der 537 Meter unter der Oberfläche liegt, und gerade zur Zeit des Schichtwechsels. Ungefähr 300 Arbeiter wurden von den sofort eingesetzten Rettungsmannschaften in bewußtlosem Zustande herausgebracht. zur Erklärung der Reichsregierung. Nach einem in der letzten Sitzung des Gesamtvor standes des Verbandes Sächsischer Industrieller er statteten Bericht hat sich in den letzten Quartalen die Lage großer Teile der sächsischen Industrie ernst und zum Teil kritisch gestaltet. Die Statistik der Konkurse, Still legungen, Wechselproteste zeigt seit Anfang des Jahres zum Teil Rekordziffern, bei denen jedoch noch nicht alle Firmen erfaßt werden, die aus dem Wirtschaftsleben aus geschieden sind, weil sie die Aufrechterhaltung der Be triebe aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht mehr ver antworten konnten. Auch bei solchen Industriezweigen, die zum Teil wegen günstiger gelagerter Voraussetzungen unter vorteilhafteren Verhältnissen zu arbeiten imstande waren, konnte dem Erlahmen der Wettbewerbsfähigkeit durch die fortgesetzten Steigerungen der Produktions kosten nur bei ganz besonders guten Verhältnissen Wider stand geleistet werden. Auch der sächsische Export weist mit einigen Ausnahmen Verschlechterungen auf. Soweit Steigerungen in der Ausfuhr zu verzeichnen sind, steht diesen eine weitere wesentliche Verschlechterung in an deren Industriezweigen gegenüber, hervorgerufen durch die Steigerung der Produktionskosten. Dieser gespannten Lage trögt die Regierungserklä rung keinesfalls genügend Rechnung. Es fehlen nament lich Ankündigungen darüber, daß sich die Regierung mit der von der Wirtschaft vor längerer Zeit geforderten vor dringlichen Ermäßigungen der Selbstkosten als dem elementaren Erfordernis geordneter Wirtschaftsführung befassen wird. Das weitere Absinken der Wirtschaft ist, wenn sas nm,t geschieht, um so mehr zu befürchten, als die internationalen Verhandlungen bisher leider die Be seitigung der Handelshemmnisse und der sonstigen Hem mungen im zwischenstaatlichen Verkehr noch nicht ge bracht haben. Die Ankündigung einer Senkung des Ein kommensteuertarifs in den unteren und mittleren Stufen ist sehr unbestimmt, doch muß immer und immer wieder darauf hingewiesen werden, daß eine Verbesserung der Lage nur durch Senkuna der Produktionskosten berbei- WMHNWW Sei MiWen. M ü n ch e n, 16. Juli. Am Sonntag abend zwischen 9 und 10 Uhr, also zur Zeit des stärksten Ausflüglerrückstromes, ereig nete sich im Bereich des Münchner Hauptbahnhofes ein schweres Eisenbahnunglück. Der an den Sonntagen zwischen München und Nürnberg verkehrende Verwaltungs-Sonderzug 52 841 stieß bei der Donnersberger Brücke mit einem Vorzug zusammen. Dabei gerieten zwei Wagen in Brand. Soviel bis jetzt bekannt ist, ist eine Person verbrannt. Außerdem gab es eine Reihe von Ver letzten, die dem Vernehmen nach größtenteils leicht verletzt sein sollen. Die gesamten Sanitätskolonnen wurden alarmiert. Eine reicksbahnemtliche Meldung ist bis jetzt nicht ausgegeben worden. geführt werden kann, wobei die Höhe der Steuern der Industrie eine große Rolle spielt. Auch die große Be deutung der staatlichen Eingriffe in die Gestaltung der Löhne findet in der Regierungserklärung keine genügende Würdigung und doch liegt in der Lohnzwangswirtschaft eines der Hauptprobleme der gegenwärtigen unbefriedi genden Wirtschaftsentwicklung. Nach Ansicht des Gesamtvorstandes des Verbandes Sächsischer Industrieller ist cs die Pflicht der neuen Reichs- regicrung, eine Art Rotprogramm aufznstcllcn, mit dem in der kommenden kritischen Zeit eine beschleunigte Lösung der dringlichen Wirtschaftsprobleme, insbesondere auch im Hinblick auf die besonders schwere Lage der in Sachsen stark vertretenen mittleren und kleineren In dustrie, gesucht wird und wirksame Erleichterungen im Wettbewerbskampf im Interesse des deutschen Ärbeits- erfolges geschaffen werden. Es handelt sich hierbei nicht um SonderwünsÄe eines bestimmten Berufsstandes, son dern um Maßnahmen, die für das gesamte Wohl des deutschen Volkes von allergrößter Bedeutung sind. WeLikonferenZ zur Kriegsächiung. Im Oktober. Wie aus Washinaton gemeldet wird, nimmt man dort an, daß noch im Laufe dieses Jahres, wahrscheinlich im Herbst, eine Weltkonfercnz zusammentretcn wird auf der die Verhandlungen zur Unterzeichnung des van Staats'ekretör Kellogg entworfenen Kriegsäcktunas- n-rtraaes abgeschlossen werden sollen. Man glaubt, daß diese Konferenz in Varis statifindeu und dis größte seit den Tagen von Versailles fein wird Staatssekretär Kelloag soll r-lbst bereit sein, nach Varis zu reifen: auch der deutsche ReichsaußemnitMer Tr Stresemann soll eine solche Zusammenkunft über die Paktvsrbandlunaen befürworten. Von anderer Seite wird nach gemeldet, daß man eine fasche Konferenz kür den Oktober erwartet, vorausacsstzt. dab die inzwischen noch zu führenden Verhandlungen über den Pakt r-übnnassos versanken Brand in einer französischen Pulversabrik. Nach einer Meldung aus Bordeaux ist in der Pulverfabrik von Bergerac cin Brand ausgebrochen, der rasch großen Umsang annahm. Mehrere Tonnen Pulver sind in die Luft geflogen. Dabei wurde eine An zahl Gebäude zerstört. Mehrere Personen wurden ver letzt. Ob auch Töte zu beklagen sind, ist noch nicht zu übersehen. Der Sachschaden ist sehr groß. Die benach barten Wohnungen mußten geräumt werden. Die Explosion erfolgte mit solcher Heftigkeit, daß sich Rauch schwaden von etwa 500 Meter Höhe entwickelten. Rrichsreform. Die Beschlüsse des neuen Kolik „ »ns Das Neichskabinett befaßte ück> >» - """s- m>, d» tungsrefoim. Ans der Grundlage der Beschlüsse der Länderkonserenz bestellte die Reichsregiernnq den Reichsminister des Innern als diejenige Stelle, die zur Herbeiführung von Vereinbarungen ber das Aufqchen kleinerer Lander in Nachbarländer sowie Nft die Auflösung von Enklaven und Exklaven in enger Fühlungnahme mit den Ländern anregend, vermittelnd Und auf Anruf der Beteiligten als Schiedsinstanz tätig werden soll. Da die Berichte der von Verfassungsreformansschuß der Länderkonferenz bestellten Berichterstatter bereits vor- Negen bzw. demnächst eingehen werden, hat die Reichs- Regierung die Einberufung dieses Ausschusses für etwa Ende September dieses Jahres in Aussicht genommen. Die Beratnngen des Kabinetts erstreckten sich sodann "»f eine Anzahl damit zusammenhängender Einzelfraaen wid auch hier kam das Kabinett zu der einmütigen Auft Minng voll der Notwendigkeit der Förderung der Reichs- fesorm. L-ügr.-Adr.: .Amtsblatt" WiLsdrNff- DV « VvL « Postscheck: Dresden 2640 Montag, den!6 Juli 1ST8 MW»»»»«»«»!»»««« Eine Pulverfabrik fliegt in die Lust. Tote und Schwerverwundete In der Pulverfabrik Hasloch bei Wertheim, die schon vor zwei Jahren von einem schweren Explo sionsunglück hart betroffen worden ist, ereignete sich wie der eine Explosion, die nach allen Anzeichen dem früheren Unglück an Schwere nicht nachsteht. Betroffen wurden Räume der Fabrik, in denen das Pulver zur Trocknung gelagert wird. Eine große Anzahl von Fabrikgebäuden sowie daS Maschinenhaus wurden zum Teil Zerstört. Im weiten Umkreis wurden durch den gewaltigen Luftdruck die Fensterscheiben zertrümmert. Alle Feuerwehren der Um gebung wurden eingesetzt, um die unter den Trümmern begrabenen Arbeiter zu bergen und das Feuer, das an der Unglücksstätte ausgebrochen ist, einzudämmen. Die ersten Meldungen berichteten, daß vier Tote, acht Schwer- und 16 Leichtverletzte geborgen worden seien. Es ist aber zu be fürchten, daß die Zahl der Todesopfer sich noch erhöht. Unter den Schwerverletzten befindet sich ein Pfarrer aus der Gegend von Hasloch, der auf die Detonation hin an die Unglücksstelle geeilt war. Zur Zeit der Explosion betrug die Belegschaft etwa 130 Mann. Der Brand gelöscht Es scheint sicki z« bestätigen daß die Exuloüon vier Todesopfer gefordert hat. doch lieat noch eine V-r^bl Schwerverletzter bssorgniserreaend danieder. Der Braud der Fabrik ist aelöscht. Die Zabl der Leichtverletzten ikt nickt acnan festgestellt ft her die Ursache des Unglücks ist nichts Bestimmtes bekannt Tie Angehörigen der Arbeiter strömten berbei. herz zerreißende Szenen spielten sich auf der Landstrabe ab. Der ersten großen Explosion folgten nock verschiedene kleinere, die das Rettungswerk äußerst erschwerten. An den Gebäuden innerhalb der Fabrik ist grober Schaden angerichtet worden. Das ganze Werk l nebst Autoballe nnd mehreren kleineren Baulichkeiten ist völlig nieder gebrannt. Die Explosion hat auch in der näheren Nm- aebung gewaltige Verheerungen angerichtet. Fenster scheiben wurden eingedrückt, Dächer abqedeckt und Tele phon- und Telegraphenleitungen zerstört. An der Unglücksstelle erschien eine Kommission der Staatsanwaltschaft, die die Leichen beschlagnahmte und die Untersuchung über die Ursachen der Ervlosion ein- leitetc. Schon einmal, im Mai 1926, ist die .Haslocher Pulver fabrik die Stätte eines großen Ervlosionsunglücks ge wesen. Damals flog die Pulvermühle in die Lnst und forderte 13 Todesopfer. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile MRxfg., diel gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen Reich«. Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsg-tühr M Reichspscnuige. DoS- geschriedeneErscheiuungs. — - . tage und Platzvorschriften w-rdrn nach Möglichkeit Kernsvremer: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen. annahmebisvprm.tbUbr. - - > > .Zur die Richtigkeit der durch Fernruf LbermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanfprrcg erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden mutz oderderAuftraggcberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen allc Bnnnttlup gsficllen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff».Umgegend ^Fall-höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anfprulb'au, Lift-rung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. - Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt.