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MMusserTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da, »Wilsdruffer Ta,«blatt' erscheint an allen Werktagen nachmittag, 5 Uhr. Vezugsprei«: Bei Abholung in ber Delchifl,stelle und den Ausgabestellen r AW. im Monat, bei Austeilung durch die Boten r,3vRM., bei Pondcfiellung 2 AM. ,u,S,Iich Abtrag. ...» —.. . „ . gebühr. Cinzelnummern »Rpig-AlleP-stanft-llen Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgeqend Postboten und NN,ereAus. träger und Desch äst »sieben — nehmen zu jeder Aeii Be. stellnngen entgegen. I»Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betrreb»ftörungen besteht kein Anspruch aus Lieserung der Zettnng ober Kürzung de, Bezugspreises. — Aücksendung eingesandter Schriststllche ersolgt nur, wenn Porto beilieg«. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile rosixfg., die 4gespaltene Aeilc der amtlichen Bekanntmachungen 4a «eich«. Psennig, die Sgeipaltene Reklamezeile im «ertlichen Teile I Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichsp sennige. Boc- geschriebeneErscheinungs. „ „ „ „ iagc und Platzoorschristen werben nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahmebi» oorm.iVUHr. Für die Richiigkeii der durch Fernrus LbermilielicnAnzeigen übernehmen wir keine Garanlie, lieber Radaliansprr. et. erliMt, wenn dcrBelrag durch Klage eingezogt» werden mutz oder berAnstrag,ebcr in Konkurs geräl. Anzeigen nehmen allr Bcrmitllun gsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr. 141. — 87. Jahrgang Ttlegr.-Adr.: »Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 19 Juni 1928 Willkommen in der Heimat! Erinnern wir uns noch? Gar viele, die meisten Wohl schüttelten die Köpfe, als bie Kunde kam, daß ganz überraschend zwei deutsche Flieger aufgestiegen waren, um erst nach Irland und von »ort aus quer über den Ozean nach Amerika zu fliegen, stärker wurde das Kopfschütteln, als sie nun wirklich in Irland starteten und die Richtung gen Westen nahmen. Offizielle und offiziöse Stellen versicherten, daß die Flieger dies alles nicht bloß auf eigene Gefahr, sondern »uch sonst ganz selbständig unternähmen. Das verstärkte nur das Kopfschütteln, verschärfte den Ton unverhohlenen Tadels, der den beiden auf ihrem Fluge mitgegeben wurde. Und man sah sie schon das Unheil teilen, das vor ibnen so manchen Ozeanflicger getroffen hatte. Mit einem Schlage wurde es freilich anders, als nun die zweite Kunde, die ihrer Landung auf dem amerika nischen Kontinent, kam. Da hob stolzeste Freude jedes Deutschen Herz, verstummten Tadel und krächzende Kritik. Denn es war etwas geschehen: Mannestat. Sie war uns Deutschen mehr als ein bloßer sportlicher Rekord, wurde tiefer empfunden, nicht bloß etwa, weil bei dieser Tat die beiden Deutschen im Vordergrund standen. In unserem engen, beengten Da sein als Volk fühlen wir stärker als jedes andere das Er hebende einer Tat. die. wenn auch nur geistig-symbolisch gesehen, hinausführt über diese Enge unseres Daseins, hinansträgt über die Gitter, die uns als Volk umgeben. Dort hinauf in die Luft griff keine Hand des Siegers, den Flug zu hemmen. Es war eine Art leisen Er lös» ngsgefübls. das unser Volk durchströmte, als die Nachricht von der Landung auf Grcenlh Island kam. Die Kunde von der Überwindung feindlicher Gewalten jeden Charakters. Wir freuen uns über den Empfang, den die Flieger in Amerika fanden; denn aus ihm sprach wiederkehrende Achtung vor dem deutschen Volk und seinem festen Ent schluß, sich den Platz an der Sonne, der ihm ge bührt nach Können und Leistung, nicht für immer ver sperren zu lassen. Sprach wiederkehrende Achtung vor dem Mut Deutschlands, nach tiefem Fall sich wieder zum Licht emporzuarbeiten. Und nur Können und Leistung erzwangen diese Achtung, keine noch so gut ge meinten enthusiastischen Phrasen. Nur Können und Leistung und damit Achtung vermögen auch eine haltbare innere Verbindung herzustsllen, vermögen innere Abnei gung oder Mißachtung zu überwinden. Gerade hierfür aber arbeitete die Manncstat der deutschen Flieger, ebenso wie dies vor Fahren die Leistung Dr. Ecken e r s mit seinem Zeppelin es tat. Auf dem Schiffe, das den Namen des Entdeckers Amerikas trägt, sind sie jetzt nach Deutschland zurück- gekehrt, bewillkommnet und umfangen von dem Fubcl eines ganzen Volkes ohne Unterschied von Rang, Stand und Partei. Anch alles Trennende überwand ihre Tat, ihre Leistung, ihr Können. Als vor Jahresfrist die amerikani'cheu Ozcanfliegcr in Deutschland eingetroffen waren und ihren Trinmphzug durch die deutschen Lande hielten, da mag bei dem Fubel, der sie umtoste, auch Freude an der „Sensation" etwas mitgesprochen haben. Jetzt aber ist die tiefe, herzliche Freude dar über. daß es Deutsche waren, die die größere, gefährlichere, die bedeutsamere Tat wagten und vollbrachten, doch nur das einzige, was aus dem millionenfachen Bewill- kommnnngsgruß des Vaterlandes der beiden Flieger spricht. über dem Tor des Schiffahrtsamtes jener Stadt, deren Namen anch das siegreiche Flugzeug trägt, die sie als letzte deutsche Stadt grüßten, als sie abflogen, und die ietzt als erste deutsche Stadt die Heimkehrenden be grüßen konnte, Bremen, steht der Spruch: .Mvigarc neea^o ost. vivvre non". „Schiffahrt zu treiben ist not wendig. zu leben aber nicht"; dieser Hanseatengeist über wand die Meere. In gleichem Sinne von gleichem Geist getragen überwanden auch Köhl und Hünefeld den Ozean Oie Verhandlungen über die Regierungsbildung. Neue Besprechungen über dasProgramm. Im Reichstage setzte Abg. Müller-Franken am Mon tag seine Besprechungen mit den Unterhändlern der sozial demokratischen, der demokratischen, der Zentrumsfraktion sowie den Fraktionen der Deutschen und der Bayerischen Volkspartei fort. Dabei wurde eingehend dasSteucr - und sozialpolitische Programm der neuen Reichsregierung erörtert. Fraktionssitzungen hatten die Deutsche Volkspartci und das Zentrum. Die Wirts chaftspartei war an den Besprechun gen beim Abg. Müller-Franken noch nicht beteiligt, da ihr Führer Abg. Drewitz verreist war. Abg. Müller- Franken wird den Abg. Drewitz sofort nach seiner Rück kehr um eine Unterredung ersuchen, um verschiedene Punkte des von der Wirtschaftspartei überreichten Programms zu klären, deren Formulierung den anderen Fraktionen nicht oharf genug erscheint. Jie,MMll"-Mger iil MMO Begrüßung der deutschen Atlantikbezwinger. Begeisterter Empfang in Bremerhaven. Der festlich geschmückte Lloyddampfer „Columbus" mit seinen Ehrengästen Köhl, von Hünefeld und Fitz maurice wurde von der deutschen Heimat begeistert empfangen. Bremerhaven hatte die Ehre, als erste deutsche Stadt die deutschen Atlantikbezwingsr zu begrüßen. Eine große Zahl von Ehrengästen des Norddeutschen Lloyd fuhr dem „Columbus" entgegen, um die drei Helden von Bord abzuholen. Kurz nach Ankunft au? dem „Columbus" erschienen die Flieger Köhl, Fitzmaurice und v. Hünefeld mit ihren Angehörigen auf der Kommandobrücke, wo sie zunächst in ein Kreuzfeuer der zahlreichen Presscphotographen ge nommen wurden. Alle drei Flieger trugen das von der amerikanischen Regierung verliehene Flicgcrchrcnkreuz, Fitzmaurice irische Fliegeruniform. Alsbald begannen dicht besetzte Dampfer den „Columbus" zu umkreisen, deren Passagiere den Fliegern begeistert zujubelten. Flug zeugstaffeln entboten den Heimlehrenden, die durch leb haftes Tücherschwcnken dankten, die ersten Grüße aus der Luft. Geheim rat Stimm ing begrüßte die Flieger und überreichte ihnen als Gabe der Erinnerung an die Überfahrt auf dem „Columbus" eine Medaille, die der Lloyd, der mit dem Flug ja innig verbunden sei, hat prägen lassen. Er brauche nicht hervorzuheben, was die Flieger geleistet hätten, Aber er danke für den Idealismus, für ihren so glänzenden Willen zur Tat, die eine neue Brücke zu dem großen Volke jenseits des Ozeans geschlagen habe. Ministerialdirektor Brandenburg vom Reichsverkehrs ministerium, der daraus das Wort nahm, erklärte, die Reichsregierung habe den Wunsch gehabt, die drei Flieger beim Betreten deutschen Bodens willkommen zu heißen, ehe die offizielle Begrüßung in Berlin stattfinden werde. Im Namen der Presse richtete dann Direktor Richter vom Reichsverband der Deutschen Presse Worte der Be grüßung an die Flieger. Nach weiteren Begrüßungs ansprachen durch den amerikanischen und den englischen Konsul in Bremen ergriff Hauptmann Köhl, von stürmischem Jubel begrüßt, das Wort, um namens der Flieger den Dank für die herz liche Bewillkommnung zum Ausdruck zu bringen. „Wir bringen Ihnen," so erklärte Köhl, „die Grüße unserer Lands leute aus Amerika. Wir haben zahlreiche amerikanische Großstädte besucht und überallsind uns unter den be geisterten Begrüßungen die Worte entgegengerufen wor den: Hoch Deutschland! Grüßt uns die deutsche Heimat." Hierauf jiellie Köyi den treuen Kampfgenossen der beiden deutschen Flieger, Major Fitzmaurice, unter herzlichem Jubel der Anwesender vor. Er schloß seine Dankrede mit einem GrußandieteueredeutscheHeimat. Langsam fuhr unterdessen der „Columbus" in die Kaiserschleuse ein, die zu beiden Seiten von Tausenden jubelnder Menschen umlagert war, die ihrer Begeisterung in brausenden Hochrufen Ausdruck gaben. Köhl, Fitz maurice und v. Hünefeld standen auf der Kommandobrücke und winkten sichtlich erfreut der Menschenmenge zu. Nach einer kurzen Begrüßung durch den Bürgermeister Bremer havens nahm dann, sichtlich stark bewegt, Freiherr von Hünefeld das Wort zu einer Ansprache, in der er ausführte: Alle für einen, einer für alle — das ist der Wahlspruch unseres „Bremen"-Fluaes gewesen, und so soll es auck bleiben. Nachdem wir mit Gottes gnädiger Hilfe in die Heimat zurückgekehrt sind, in diesem Augenblick, da der „Co lumbus" die deutsche Muttererde wieder berührt hat, möchte ich Ihnen, zugleich auch im Namen meiner Kameraden tiefbewegten Dank sagen für den so herzlichen Empfang. Wir wissen genau: daß so wie wir unsere deutsche Heimat lieben, ehren und achten, unser unerschrockener Kamerad Fitzmaurice sein grünes Irland über alles liebt, und gerade deshalb habe ich das Bewußtsein, auch in seinem Namen die Gefühle auszndrücken, die uns in diesem Augenblick bewegen. Als ich beim Erwachen hinaussah aus dem kleinen Fenster meiner Kabine und das deutsche Land vor mir lag, zum erstenmal nach den Monaten, die für uns so Unerhörtes an Geschehen und Erleben gebracht haben, wie wir es uns niemals erträumt hatten, da habe ich erst einen Be griff von dem bekommen, was der alte Dichter Homer seinen Odysseus erleben läßt, da dieser bei seiner Heim kehr niederkniet und den heiligen Boden des Mutterlandes küßt. Mehr zu sagen vermag ich im Augenblick nicht und so lassen Sie mich für die Teilnehmer des „Bremen"-Fluges Dank sagen. Wir nehmen das herzliche Willkommen, das Sie uns Vieten, an als für unsere Vaterländer bestimmt. Die „Bremen"-Fliegcr wurden durch erneuten herz lichen Beifall lebhaft gefeiert. Dann spielte die Kapelle das Deutschlandlied, das die Anwesenden milsangen, und die irische Nationalhymne. * Was die Flieger erzählten. Die Ozeanflieger erzählten bereits viel von ihren teil weise schnurrigen Erlebnissen in Amerika. So hatFrei - Herr v. Hünefeld eine Fülle von Heiratsanträgen erhalten. Nichts hat sich so schnell herumgesprochen wie die Nachricht, daß er noch Junggeselle ist. Er erhielt täg lich einen großen Stoß von Briefen amerikanischer Damen und Hütte manche gute Partie machen können. Das Flugzeug „Bremen" bleibt, wie Frhr. v. Hünefeld weiter erzählte, vorläufig auf Wunsch der Versicherungs gesellschaft in Labrador, später aber wird es in ein ameri kanisches Musen m kommen. Hauptmann Köhl erzählte von der schweren Nacht im Flugzeug, als sie alle drei glaubten, in eine Eiswüste ab getrieben zu werden. Sie richteten ein Verzweiflungs» gebet zu Gott: „Herr, laß diesen Flug nicht mißlingen, u m Deutschlands Ehre willen." Der persönliche Erfolg war ihnen gleichgültig. Von besonderem Interesse waren die Angaben Köhls über den künftigen Atlantikflugverkehr. Er ist der festen Überzeugung, daß der regelmäßige Transozeanluftverkehr bald kommen wird, und meinte, daß die Amerikaner ihn organisieren werden. Von der Aufnahme, die den Fliegern in Amerika zuteil ge worden ist, sind sie noch ganz entzückt. Sie haben eine Un menge Geschenke bekommen. Mit dem Auto, welches Köhl von den Amerikanern erhalten hat, ist er selbst von Bremerhaven nach Bremen gefahren. Die Ankunft in Bremen erfolgte am Montag um 8 Uhr abends. Im Anschluß an den Empfang fand ein geselliges Beisammensein im Bremer Ratskeller statt. * Besuch der „Bremen"-Flieger in Hamburg. Bremen. Bei der Ankunft der „Bremen"-Flieger i» Bremerhaven teilte Freiherr v. Hünefeld niit, daß die Fliege: bei ihrem Flug nach Berlin am Mittwoch eine kurze Zwischen landung aus dem Hamburger Flugplatz vornehmen werden, um das Programm für die späteren Hamburger Empfangs feierlichkeiten festzulegen. Geglückter Ozeanflug einer Frau. Atlantikflug in 21 Stunden. Das Flugzeug „Freundschaft" mit Fräulein Amelia Earhart und den Piloten Stulz, Ellsworth und Gordon ist nach einem Nonstopflug von 21 Stunoen im Hasen von Llanclly (Grafschaft Wales) in England nicdergegangen. Der Start erfolgte in Neufundland. Miß Earhart, die erste Ozeanbezwingerin. Es herrschte während der ganzen Zeit das denkbar beste Flugwetter, so daß die „Freundschaft" vorübergehend mit einer Geschwindigkeit von 150 Kilometern pro Stunde vorwärts kommen konnte. Sie wurde von mehreren Atlantikdampfern gesichtet und lebhaft begrüßt. Von allen bisher dnrchgcführtcn Ozcanflügcn hat wohl dieser den schnellsten und glättesten Verlauf genommen. Schon mehrmals sind Frauen zum Atlantikflug ge startet, bisher blieb ihnen aber der Erfolg versagt. Fräulein Earhart hat mehr Glück gehabt und wird nun nicht nur von den Amerikanern, sondern von der gesam ten Frauenwelt gefeiert werden. Sie hat das Flugzeug selbst abwechselnd mit dem Piloten Stulz gesteuert. Der Flug wird weniger als ein sportliches Wagnis als ein Beweis dafür angesehen, daß ein regelmäßiger Luftpost dienst zwischen Amerika und Europa heute schon möglich ist.