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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Des Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3o NM., bei Postbestellung 2 NM. zuzüglich Abtrag- . gebühr. Einzelnummern ISRpfg.ALePostanstalten W0cyenvlatt sür Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus. träger und Geschäftsstelle« — - nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeiiung oder Kürzung des Bezugspreises. — NücksenLung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeilc M Npsg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile I Reichsmark. Nachweisungsgedühr 2V Reich-Pfennige. Vor' geschriebene Erscheinung-. —. . „ „ tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anleigeu. annadmebis rvrm.IVUHr. Für die Rtchligkcil der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir Kinne Garantie. IederAabatlansprvchcrNfcht, wenn LerBetrag durch Klage cingezogcn werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Dcrmittlungsstellei! entgegen^ Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadlrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr 142. — 87. Jahrgang Tetegr.-Adr.: »Amtsblatt« Wilsdrnff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 20 Juni 1918 Die Krankstabilifierung. Bei den letzten Wahlen zur Französischen Deputiertsn- kammer konnte Poincare seinen entscheidenden Sieg vor allem seinen Verdiensten um die wirkliche Stabilisierung des Franken verdanken. Es war d i e Wahlparole ge wesen. Nun soll auch die theoretische, also gesetzliche Fest legung des Wertes des Franken folgen und da fällt ein bitterer Tropfen Wermut in den Becher schäumender Wahlbegeisterung: es wird — und kann — nicht daran Nedacht werden, den Frank wieder zu dem zu machen, was »r vor dem Kriege war, nach deutschem Geldwert: acht zig Pfennig; sondern sein Wert bleibt der heutige: l6 Pfennig. Er wird also „devalorisicrt" auf ein Fünftel seines Vorkriegswertes. Das wird für viele Millionen Franzosen, diesem «Rentnervolk", eine sehr, sehr bittere Pille bedeuten, so weit sie Gläubiger aus der Vorkriegs-, aber auch noch aus der Kriegs- und Nachkriegszeit sind; denn auch in Frank reich wird es jetzt heißen wie einst in Deutschland in schaudervoller Inflationszeit: Frank gegen Frank. Auch in Frankreich wird es jetzt die zahllosen „Auf wert u n g s g e s ch ä d i g t e n" geben, die man drüben freilich besser als „Abwertungsgeschädigte" titulieren mag. Dasselbe Frankreich, dieser „Siegerstaa t", befreit sich selbst durch diese Stabilisierung von vier Fünfteln seiner Staatsschulden aus der Zeit vor und während des Krie ges. Dasselbe Land, das aus Deutschland ab 1. Sep tember alljährlich fast anderthalb Milliarden auf Grund des Dawes-Planes erhält, dessen Industrie und Handel blüht, das die Arbeitslosigkeit kaum kennt, das ein riesiges Kolonialreich besitzt, das militärisch die stärkste Macht der Welt ist, dessen Handelsbilanz ein starkes überwiegen der Ausfuhr über die Einfuhr aufweist — dieses Land vermag nicht, wie England es fertig bekam, seinen alten Wäh- rungsstand wiederzugewinnen, bleibt mit dem Wert seines Franken sogar noch weit hinter der italie nischen Lira zurück, für die vor dem Krieg der Deutsche ja auch 80 Pfennige bezahlte. In Deutschland, dem ausgesogenen, mit schweren Lasten beladenen, sich nur mühsam emporringenden Land, verlor der Hhpothekengläubiger nur drei Viertel seines Vorkriegsbesitzes; in dem blühenden Siegerstaat Frankreich aber vier Fünftel! Und doch regt sich dort nur ein recht geringer Widerstand gegen diese Art der Stabilisierung des Franken. Man ist müde ge worden, resigniert. Höchstens, daß man noch hier und da auf die Art verweist, wie Deutschland die Mark stabili sierte, dann die Einlösung der Schuldenverpflichtungen — abgesehen eben von den Hypotheken im allgemeinen — auf l5 bis 20 Prozent des ursprünglichen Wertes fest- sctzte. Und jene Gläubiger, die beim tiefsten Stand des Franken fest an die Kraft Poincarös glaubten, die Wäh rung wieder zu verbessern und schließlich zu stabilisieren, konnten ihr Vermögen fast verdoppeln. Die Pariser Börse war jetzt endlich von der „Furcht" befreit, man würde die Versuche, den Frank schließlich noch höher hinaufzubrin gen, doch nicht aufgeben, an dem Plan einer vollen „Revalorisierung" festhalten, und beantwortete die Kunde, die sie von dieser Besorgnis erlöste, mit einer kräftigen Aufwärtsbewegung der Aktienkurse. Wat dem eenen — hier nämlich dem Gläubiger — sin Uhl is, dal is dem annern — dem Schuldner, dem man vier Fünftel seiner Verpflichtungen abnahm — sin Nachtigall. Nicht einmal zu einer wirklichen Goldwährung wird Frankreich zurückkehren, denn auch der Frank, wie er jetzt geschaffen werden soll, kann bei der „Banque de France", Französischen Staatsbank, nicht gegen Gold eingclöst werden. Gerade wie in Deutschland. Der Sieges traum, „Der Boche wird alles bezahlen", ist aus- geträumt und in Frankreich wird es mindestens ebenso viele, verhältnismäßig also viel mehr „Kleinrentner" mit all ihrem Elend und ihrer Not geben wie in Deutsch land. Wir Deutsche aber mögen und können aus dieser Art der Frankstabilisierung die Lehre ziehen, daß die Art und die Umstände der Markstabilisierung trotz mancher Härten und Fehler, trotz vieler Enttäuschungen für Gläubiger und Rentner doch ein kraftvolles Werk war, das turmhoch über dem steht, was jetzt in Frankreich geschieht. Denn nie dürfen wir bei dieser Be wertung und diesem Vergleich vergessen: wir stabilisierten die Mark, wir schufen die daraus folgende Aufwertung als ein Polk, das den furchtbarsten Zusammenbruch, die grenzenloseste Inflation durchgemacht hat, die die Ge schichte der neueren Zeit kennt. Und auf der anderen Seite steht das Volk, das den Frieden von Versailles diktierte und das bis heute erst einen ganz geringen Teil seiner Schulden an die Kampfgenossen des Weltkrieges zu bezahlen brauchte. Wir mußten wiederaufbauen aus einem Nichts heraus. Nie Verhandlungen über die AegierungMdlMg. Beendigung der „ersten Lesung". I« Reichstage setzte Abgeordneter Müller-Franken Dienstag seine Besprechungen mit den Verhandlungs- bvMmissionen der sozialdemokratischen, der demokratischen. Zer TriilWhzug -er „Vreulell"-Mger Bremen im Festjubel. Der Empfang Köhls und Hünefelds. Die weltberühmte Freie Hansestadt Bremen hat ein besonderes Anrecht, die deutschen Atlantikflieger zu feiern, denn sie war auch Taufpatin des Flugzeuges, das den ersten Ost-West-Flug über den Atlantik vollbracht hat. Bremen, die Stadt nüchterner Arbeit, trägt jetzt schon seit Tagen ein Festkleid, überall Fahnen, Girlanden und Willkommensgrüße auf den Straßen, dazu die ganze Be völkerung, die „ihre Flieger" sehen will. Unter ungeheurem Jubel haben die Ozeanfliege; ihren Einzug gehalten. Während eine Staffel von zwölf Flugzeugen das Rathaus umkreiste, näherte sich der Zug mit den Automobilen dem Ratbaus, vor dem eine Ebren- Begrüßungsakt an Bord des „CoMmhus." Im Vordergründe die drei „Brcmen"-Flieger Freiherr von Hünefeld, Fitzmaurice, Hauptmann Köhl. kompagnie der Reichswehr ausgestellt war. Unter dem Läuten der Kirchenglocken und den Hochrufen der unüber sehbaren Menschenmenge entstiegen die Flieger dem voll ständig mit Blumen überschütteten Auto. Der Präsident des Senats, Bürgermeister Dr. Donandt, hieß die Flieger willkommen und wies in seiner Begrüßungsansprache darauf hin, daß die all gemeine Freude des deutschen Volkes über die glückliche Heimkehr der wagemutigen Flieger nirgends tiefer emp funden werde als in der bremischen Bevölkerung. Bre mische Kaufleute haben die Fahrt gerüstet und das von Meisterhand erbaute Flugzeug hat den Namen Bremen durch Sturm und Nebel in die Welt getragen. Durch die Erfahrungen, die bei diesem Fluge gesammelt wurden, ist für den weiteren Ausbau des Flugwesens die unent behrliche Grundlage geschaffen worden, und gewiß ist die Zeit nicht mehr fern, in der ein sicherer Flugverkehr die Schranken von Raum und Zeit in ungeahnter Weise zurückdrängen und die Völker des Erdballs als Nachbarn zusammenrücken wird. Nur in friedlichem Wettbewerb der Völker kann die frühere Weltstellnng Deutschlands errungen werden. Durch den Flug der „Bremen" ist abermals dem Auslande vor Augen geführt, daß in dem bedrängten deutschen Volke trotz allem Kräfte lebendig sind, deren die Welt nicht entraten kann. Der Empfang, den unsere Flieger drüben gefunden haben, gibt uns zu gleich die Gewähr, daß die alte Freundschaft zwischen der großen amerikanischen Na tion und dem deutschen Volke, die vorüber gehend, man möchte fast sagen, durch ein Versehen der Weltgeschichte zerstört war, wieder aufblüht. Das ist ein Ergebnis ihrer kühnen Luftfahrt, dessen politische und wirtschaftliche Bedeutung gerade von uns an der Wasserkante auf das tiefste empfunden wird. Darum ist der festliche Empfang auf deutschem Boden zugleich ein Dankes- und Freundesgruß an die Vereinigten Staaten von Amerika. Der Bürgermeister überreichte jedem der drei Flieger eine Große goldene Staatsmedaille, die auf der Vorderseite das bremische Staatswappen mit der Inschrift „Der Senat der Freien und Hansestadt Bremen", auf der Rückseite einen Genius und die Worte: „Dem Verdien st e" tragen. In den Rand der massiv goldenen Medaille ist der Name des bedachten Fliegers mit dem Vermerk: „Erster Ost-West-Ozeanflug" und den Daten des Fluges sowie der Heimkehr eingeprügt. Alle drei Flieger dankten bewegt in kurzen Ansprachen für die Ehrung. Gesangs- und Musikvorträge beschlosfen die eindrucksvolle Feierlichkeit. Beim Betreten und beim Verlassen des Saales wurden die Flieger von den zahl reichen Anwesenden stürmisch gefeiert. Im Anschluß au diese offizielle Feier bot der Senat den Fliegern und ihren Angehörigen ein Frühstück im engsten Kreise. Eine BiiLs der „Bremen^-Meger. Die Ozenuslieger Hauptmann a. D. Köh' und Freiherr von Hünefeld haben, zugleich im Namen ihres Kameraden Major Fitzmaurice, dem Herrn Reichspräsidenten die Bitte unter breitet, dahin zu wirken, daß die für die Ozeanflieger in ver schiedenen deutschen Städten geplanten festlichen Empfänge in möglichst einfachen Grenzen gehalten werden und etwa hierfür zur Verfügung gestellte Geldmittel der Wohltätigkeit zufließen. So sehr sie auch über die Zeichen der Sympathie weitester Bevölkerungsschichten des Vaterlandes erfreut seien, so seien sie doch überzeugt, daß die Herzlichkeit des Willkommens durch einfache Ausgestaltung der Empfänge in keiner Weise leide, namentlich, wenn gleichzeitig Mittel für die Opfer der Kriegs- und Nachkriegszeit dadurch frei gemacht werden. Der Reichspräsident hat diesen Wunsch der Ozeanflieger dem für die Vorbereitung der Empfänge federführenden Reichsverkehrsministerium mit dem Ersuchen übermittelt, dieser Anregung bei den geplanten Empfangsfeierlichkeiten unter Be rücksichtigung der örtlichen Verhältnisse nach Möglichkeit Rech nung zu tragen. Köhl-Staffel Munster i. W.—Berlin. Der Magistrat der Stadt Münster veranstaltete zu Ehren der „Bremen"-Flieger eine große „Köhl-Staffel Münster t.W.— Berlin", an der sich Läufer, Freiballons, Schwimmer, Ruderer, Reiter, Radfahrer, Motorradfahrer. Kraftwagen und Flug zeuge beteiligten. der Zentrumsfraktion und den Fraktionen der Deutschen und der Bayerischen Volkspartei fort. Den Gegenstand der Verhandlungen bildeten die Fragen der Reichswehr, der Amnestie und des Verfassungstages. In der Frage des neuen Panzerkreuzers, dessen Baubeginn vom alten Reichstag bis zum Herbst verschoben worden war, hat sich bisher keine Einigung erzielen lassen. Auch in der Frage der Amnestie zeigten sich Gegensätze. Grundsätzlich waren alle Parteien für eine Amnestie, die von einem Teil der Parteien für sofort, von anderen Parteien erst für den Herbst gewünscht wurde. Die Bayerische Volkspartei lehnt eine Reichsamnestie ab, da sie der Meinung ist, daß ein Straferlaß ausschließlich Sache der Justizhoheit der Länder sei. Die Verhandlungen, die am Dienstag stattfanden, bil deten gewissermaßen den Abschluß der ersten Lesung des künftigen Regierungsprogramms, da Abgeordneter Müller-Franken beabsichtigt, auf Grund der bisherigen Er gebnisse dieser Verhandlungen die Grundzüge des Regie rungsprogramms zu formulieren, das er bei den Ver handlungen mit den Parteien, die am Mittwoch nach mittag fortgesetzt werden sollen, dem Reichspräsidenten und den Fraktionsführern vorlegen Wik. Nobile sunki nicht mehr. Von Nobile sind keine weiteren Nachrichten cin- gelaufcn. Man befürchtet, daß er nicht mehr lange wird funken können, da die Batterie nicht mehr arbeitet. In einem Funkspruch der „Citta di Milano" heißt es, Riiser Larsen und Lützow Holm seien bei der Rückkehr von ihrem Fluge unterrichtet worden, daß sie von Nobile in einer Entfernung von etwa zwei Kilometern gesichtet wurden Mit bewundernswürdigem Eifer unternahmen beide sofort mit demselben Apparat einen neuen Flug, aber auch dies mal gelang es ihnen nicht, das rote Zelt Nobiles zu erblicken. Major Maddalena ist bei klarem, schönem Wetter in Kingsbay gelandet. Er wird in den nächsten Tagen schon die Erkundnngsflüge aufnehmen. Sowohl das schwedische als auch das finnische Flugzeug sind hingegen wieder wegen zu schwerer Belastung nach Tromsö zurück- gekehrt. Der russische Eisbrecher „Malygin" hat die Hosf- nungsinsel erreicht. Hingegen ist das zur Beteiligung an den Rettungs arbeiten für Nobile entsandte französische Wasserflugzeug „L atha m" mit Amundsen in Spitzbergen noch nicht «ngekommen. Man glaubt jetzt allgemein, daß das Flug-