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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, L für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gejpattene Naumzette 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlicher: Beltannrmachungen 40 Gold pfennig, dir 3 gespaltene Redlamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Siachweisungsgedühr 20 Goldpfennrg. Dor» velchriedene Grfcheinungs- - -- — tage und Vlatzvorschrifteu werde« nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. b berücksichtigt. nnnahme bis oorm.lOUHr — - — --- - Für dre Richtigkeit d« durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Austra ggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Wochenblatt für Wilsdruff u Umgegend »a, Wilsdruffer Tageblatt enthSU die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zn Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 25 9. — 85. Jahrgang. Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Donnerstag, den 4 November 1926 Oie italienisch-französischen Zwischenfälle de», an der französisch-italienischen Grenze gelegenen Orte Ventimiglia, wo die französischen Bahnen endigen und die ^ollffcllcn l re Tätigkeit ausnben, wurden mwlge der Erregung über das Attentat auf Mussolnu Angriffe auf französische Eisenbahn- und nommen. Das französische Konsulat >var ,»nie ezemang gewaltsam von den Faschisten in Besitz genommen. . feindliche Reden wurden aus einem Fenster des Konsulats ge halten. Die italienischen Ortsbehörden haben dem franzowcye Konsul ihr Bedaucru ausgesprochen. Die französische Regierung wartet den offiziellen Bericht des Konsuls in Ventimiglia av, ehe sie weitere Schritte in der Angelegenheit unternimmt. -0» Beau Soleil kam es ebenfalls zu Handgreiflichkeiten zwischen Franzosen und augrcifcndeu Italienern. Auch aus Benghasi und Tripolis in Afrika werden Un ruhen gemeldet. In Benghasi ist eine Bande von Faschisten tu das französische Konsulat cingcdrungen und hat den fran zösischen Konsul gezwungen, die italienische Flagge zu bissen. Italien im Fieber. Man hat immer geglaubt, daß die Energie, mit der der Faschismus sich gegen seine inneritalienischen Geg ner wandte, kaum noch zu überbieten wäre. Das Parla ment hat man durch Wahlrechtsanordnungen zu einem bedingungslos gehorchenden Instrument gemacht; die gegnerischen Parteien sind zerschmettert und zahllos sind die Gesetze, die jeden Andersdenkenden wirtschaftlich zu vernichten die beste Handhabe abgeben. Diese Diktatur hinter der nach den amtlichen Angaben und auch nach dem äußeren Anschein die Mehrheit des Volkes stehen soll, übersteigert stch aber immer weiter und selbst jenen, die den Faschismus begrüßt haben und ihn grundsätzlich "U." doch allmählich Bedenken auf. Der Faschismus setzt sich gleich mit dem Staat; wer gegen den Faschismus ist, ist gegen den Staat. Unter solcher Begründung hat man in letzter Zeit den Italienern, die stch antifaschistisch einstellten, ins Ausland flohen aus Besorgnis vor gewalttätiger Behandlung und dort ihre Propaganda fortsetzen, das Staatsbürgerrecht aberkannt, weil nämlich Faschismus und Staat dasselbe sei. Höher rast jetzt der See und will mehr Opfer, nachdem wieder ein Attentat aus Mussolini scheiterte — wobei übrigens nicht verschwiegen werden darf, daß in die Tatsächlichkeit des Attentats einige Zweifel gesetzt werden. Sofort Wurden sämtliche Oppositionsblätter in Nom ganz ver boten, obwohl sie an sich schon überaus zahm sind. Anti faschistisch gesinnte Professoren in Padua werden zum Rücktritt gezwungen; man predigt die Lynchjustiz und die Zahl der Verhaftungen geht in die Tausende. Gewalt taten gegen unschuldige Andersdenkende häufen sich. Mit besonderer Wut aber wendet man sich gegen die Fran zosen. Die. Liebe zu der lateinischen Schivester jenseits der Alpen ist in dem faschistischen Italien nie groß gewesen und dies Verhältnis hat sich weiter zugespitzt, als sich die landflüchtigen Faschistengegner nach Frankreich wandten und von hier aus einen sich nur literarisch betätigenden Widerstand gegen den Faschismus erhoben. In Italien behauptete man anläßlich des vorletzten Attentats, daß in Frankreich die Mordpläne gegen Mussolini ersonnen und vorbereitet würden. Das hat zu recht scharfen Ausern- andcrsetzungcn zwischen den beiden Regierungen geführt, weil Frankreich sich weigerte, gegen die Flüchtlinge vor zugehen, solange nicht der Beweis für die italienischen Be hauptungen erbracht sei. Es war bezeichnend, daß das Gerücht in einer Zusammenkunft zwischen Mussolini und Briand sehr bald eifrigst bestritten wurde. Nun hat der italienisch-französische Gegensatz zu schweren Zwischenfällen auf der italienischen Bahnstation Venti miglia geführt, wo die Menge nicht bloß gegen fran zösische Eisenbahnbeamte vorging, sondern in das fran- rö fische Konsulat eindrang. Ein besonderer B"''otiker hielt dann vom Balkon herunter eine wenig bea>u?o»r^ Rede. Auch die französischen Zoll- zösischeü schwer bedroht und sogar in dem fran- Franzosen und' Italiener.',' gek'on^ zwischen ein diplomatischer HlVisclrenstrN liches Einschreiten des französische« Botschafters beider italienischen Regierung im Gefolge haben muß Mak loser denn je ist dre Sprache der faschistischen Zeitungen gegen Frankreich. Aber alles ,st nur ein Ausdruck dafür, daß die Kluft zwischen Italien und Frankreich sich immer mehr verbreitert; auch politisch hat sich ja Italien von Frankreich abgewandt, hat engsten Anschluß an jene Mächte gesucht und gefunden, die sich als Gegner der französischen Vorherrschaft im Mittelmeer gezeigt haben Mit England ist man befreundet, mit Spanien ist man eng verbündet und die Angrisfspläne gegen die -d u r k e i hat man noch längst nicht aufgegeben D-m s^rderttch^" 'st diese Einstellung wirklich nicht Wir in Deutschland können daran nicht vorbeisek-n Nicht etwa, daß wir uns für die eine oder die andere Seite entscheiden; denn mit beiden Seiten haben .vir Reibungspunkte genug. Mit beiden Seiten verbinden u«s aber auch Beziehungen, die wir nicht aufgeben wollen. Wir sind in der glücklichen Lage, vorläufig Beobachter bleiben zu können. AieäerLUlammrntM ües Reichstages. Nach fünfmonatiger Pause ist jetzt der Reichstag wieder zusammengetreten, um die Winterarbeit zu be ginnen. Die erste Sitzung brachte noch keinen besonderen Anlaß zu größeren Auseinandersetzungen, verlief viel mehr ziemlich kurz und sachlich. Doch dürfte fchon in den nächsten Tagen erhöhte Lebhaftigkeit einsetzen. Überaus wichtiger politischer Stoff harrt der Erledigung. Die E r - werbslosenfrage steht im Vordergründe, das Wahlreformgesetz kommt und vor allen Dingen soll in der nächsten Woche die Außenpolitik der Betrachtung unterzogen werden. Daran reihen sich viele andere Not wendigkeiten, so daß man sich auf starke AnsPannunL ge faßt machen darf. - Srtzungsberlihk. (225. Sitzung.) 68. Berlin, 3. November. Präsident Löbe eröffnete die erste Sitzung nach den Ferien mit dem Nachruf für die während der Ferien verstorbenen Abgg. Richard Fischer (Soz.), Gras von MeerveldI (Dtn.) und Robert Dißmann (Soz.). Der Präsident teilt« weiter mit, daß Abg. Dr. Bell (Ztr.) wegen seiner Ernen nung zum Neichsjustizminister das Amt des Vizereichstags Präsidenten niedergelegt hat. Vor Eintritt in dre Tagesordnung beantragte Abg Stöcker (Komm.), die kommunistischen Anträge und Inter pellationen zur Frage der Fürstenabfindung aus die Tages- ordnung zu setzen. Der Antrag scheiterte jedoch an dem Widerspruch der Rechten. Ohne Aussprache wurden dann der deutsch-niederländische und der deutsch-dänische Schieds- , gerichts- und Vergleichsvertrag, der deutsch-polnische Vertraj zur Regelung der Grenzverhältnisse, das Abkommen über der gegenseitigen Eisenbahnverkehr zwischen Deutschland einer seits, Polen und der Freien Stadt Danzig andererseits uni schließlich das deutsch-französische und das deutsch-belgisch, Luftverkehrsabkommen dem Auswärtigen Ausschuß über wiesen. Die Novelle zur Gewerbeordnung und zu der Gewichtsvorschriften in Brotbäckereien wurden debattelos den Ausschuß überwiesen. Der Gesetzentwurf über die Sammlun« des Reichsrechls ging an den Rechtsausschutz. Darauf vertagte sich das Haus auf Donnerstag, um di, Wahl des Vizepräsidenten vorzunehmen und kleiner, Vorlagen zu beraten. Ein sozialdemokratischer und kommu nistischer Antrag, die Erwerbslosenfrage morgen mit zuberaten, und ein kommunistischer Antrag, die Fürstenab - sindung auf die Tagesordnung zu fetzen, wurden abgelchnt. brr peinigt ffsdintMrn vrr fMaul ü« Meldest; genebmigj Berlin, 3. November. Das Reichskcbinett beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung u. a. mit der Frage der Veran staltung einer Weltausstellung in der Reichshauplstadt. Das Reichskabinett sah keinen Anlaß, eine Entscheidung zu treffen. Infolgedessen kam die eventuelle Bestallung eines Retchskom- miffcrs nicht in Frage, so daß die Namhaftmachung der in der letzten Zeit erwähnten Persönlichkeiten lediglich auf Kombinati onen oder Vorschlägen beruht. I» der Aussprache wurden übrigens gegen den ganzen Plan sehr erhebliche wirtschastliche und finanzielle Bedenken laut, die sich aus der wirtschaftlichen Gesamtsituation ergeben. Ferner nahm das Reichskcbinelt Herr j Vortrag des Reichsinnenministers über die Wahlresormvorlage , entgegen. Die Entscheidung über die Vorlage wird in einer späteren Sitzung erfolgen. Weiterhin hat das Reichskabinett die Zuleitung der Denkschrift über den Ankauf des Kviserhofes und die Unterbringung der Reichsbehörden in Berlin an den Neichsrat und Reichstag einstimmig genehmigt. In der Denk schrift sind die sachlichen und finanziellen Vorteile, die sich für das Reich aus dem Ankauf im Zusammenhang mit den übrigen Maßnahmen ergeben, eingehend dargelegt. Die Denkschrift wind morgen der Oeffentlichkeit übergeben werden. Auch in Tripolis yapen mehrere Faschisten das französische Konsulatsgcbäude gestürmt und den Konsul und das Kou- sulatspersoual tätlich bedroht. Der französische Botschafter in Rom, Besnard, soll dagegen bereits in schärfster Weise auf der Consulta protestiert haben. keine InIemafionZWerung cker emopMiGen kllenbsknen. Eigener Feinsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 3. November. Zu der Meldung, daß bei der Tagung der Unterkommission des Völkerbundes für Verkehrs- fragen von dem deutschen Vertreter vorgeschlagen worden sei, die europäischen Eisenbahnen unter Leitung des Völkerbundes im Kriegsfälle zu internationalisieren, wird der Telegraphen-Umon authentisch mitgeteilt, daß diese Frage auf der Konferenz über haupt nicht erörtert worden ist, so daß cm derartiger Antrag von dem deutschen Vertreter nicht gestellt werden konnte und auch nicht gestellt worden ist. Schotte Ler französischen und italienischen Negierung. Paris, 3. November. Der französische Botschafter in Rom, Besnard, protestierte bei der italienischen Regierung wegen der Zwischenfälle von Benghari, wo italiemfchr Faschisten den französischen Konsul zwangen, neben der französischen auch die italienische Föhne zu hissen. Die italienische Regierung versprach, strenge Sanktionen zu ergreifen. Im Zusammenhang mit den Zwischenfällen ist Ventimiglia stattete der italienische Unterstaats sekretär Grandi beim französischen Botschafter einen Besuch cck, um ihm sein Bedauern über die Vorfälle auszusprechen. Die Schuld am Weltkriege London. Bei einem von der Völkerbundvereinigung ge gebenen Essen hielt Sir Edward Grey, der bei Ausbruch des Weltkrieges Staatssekretär des Nutzern war, eine sehr bedeut-- fame Rede. Grey vertrat den Standpunkt, daß die Propa ganda, die Schuld am Kriege auf irgendeine einzelne Nation zu schieben, den wirklichen Ursprung und die Ursache des Krieges nicht enthülle, sondern verhülle. Der Krieg sei durch Umstände bedingt gewesen, die Generationen hindurch all mählich in Europa entstanden seien, nämlich die Teilung Europas in Mächtegruppen, die alle wettrüsteten. Wenn dieser Zustand wiederkehrte, so würden die Folgen- wieder dieselben sein. Zunächst sei es die Hauptaufgabe des Völkerbundes, die Neubildung von einzelnen und einander entgegengesetzten Gruppen unter den europäischen Nationen zu verhindern, und ein großer Fortschritt sei in dieser Hinsicht durch den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund erzielt worden. Ein weiterer wünschenswerter Schritt sei der, daß" Rußland, wenn es zu normalen Zuständen komme, ebenfalls in den Völkerbund eintreten möchte. Wenn Völker ihre« Rüstungen verstärkten und den Völkerbundpatt brächen, so! würden sie die ganze Welt gegen sich haben. Der Locarnopakt; habe eines der gefährlichsten Hindernisse des Friedens, näm-! sich die Rivalität zwischen Frankreich und Deutschland,! nttfernt. DeuisHsandS S-rebsn naH Monier Newhork. In einem „Kolonien für Deutschland" über-! fchriebcnen Leitartikel der „World" wird Deutschlands Wunsch! »ach Wiedererlangung einiger Kolonien als leicht verständlich- gezeichnet. Der Versailler Vertrag habe Deutschland, das am tärksten industrialisierte Land der Welt, seiner kolonialen Vor-! teile beraubt. Tie Nachrichten über von Deutschen begangene, !oloniale Greuel seien zumeist Kriegspropaganda gewesen; - -ebenfalls sprämcn die deutschen kolonialen Leistungen zu-- tunsten Deutschlands, wenn man sic mit denen Belgiens im" Kongogebiet, Frankreichs in Syrien und Spaniens in Marokko ungleiche. Das europäische Kolouialsystcm werde nicht ver- wssert durch Zuteilung der Kolonien eines Landes an andere Länder. Ein dauernder Ausschluß Deutschlands könnte den fegenwärttgen Zustand nur verschlimmern. Eine Änderung >cs VersaillerZLcrtrages sei schwierig, ab»r die Staatsmänner ne jetzt den Frieden Europas zu festigen suchten, follten vor rner solchen Aufgabe nicht zurück">rccken. Komplott gegen die spanische Regierung. An der spanisch-französischen Grenze sind bisher 100 Revolutionäre verhaftet worden, die an einer Bewegung gegen das Königtum und die Diktatur in Spanien teil- nchmen wollten. Die Verschwörung hatte den Zweck, zu nächst in Katalonien eine Vcrschwörnng zu entfesseln, von wo aus die Bewegung ganz Spanien ergreifen sollte. Der König sollte gestürzt, Primo de Rivera verhaftet werden. Der Führer der Bewegung ist ein vierundzwanzig jähriger Mechaniker Joss Carillo, der in einer Fabrik in Billancourt bei Paris angestellt ist. In seinem Besitz war eine Summe von 27 000 Frank, die er von dem eigent lichen Leiter der Bewegung, dem früheren Oberst der spanischen Armee Maria, in Perpignan erhalten hat. Maria leitet von Perpignan aus die separatistische Be wegung in Katalonien. Carillo waren versiegelte Briefe mitgegeben, die erst nach dem überschreiten der Grenze geöffnet werden sollten, und die außer genauen Instruk tionen die Angaben über Waffenverstecke ent hielten.