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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »E' All^Poftanftattcn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postdolen und unsklk Au«. ^Laer und Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be- LÜenaen entgegen. I« Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung oder Kürzung des Bezugspreise». — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto oeiliegt. für Äürgertum, Äeamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die8gespaLteneNaumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rcchweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Dor- geschriebeneErscheinungs- - _ , tage und Platzvorschrifteu werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. p berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.ioilhr —" —" -- ——- -- ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabatranspruch rrlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderder Auftraggeberin Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Da, Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 230. — 85. Jahrgang. reiegr-Mr: .«mtiblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2840 Freitag, den 1. Oktober 1926 RWBWt voll MeMW 78. Geburtstag. Zum 2. Oktober. Reichspräsident von Hindenburg ist vor seinem Geburtstage von Berlin zu einem Landaufent halt verreist und wird erst nach dem 2. Oktober zurückkchrcn. „Ich habe das sichere Vertrauen, daß es der Ge dankenstärke und der Gedankentiefe der Besten unseres Vaterlandes- gelingen wird, neue Ideen mit den kost baren Schätzen der früheren Zeit zu verschmelzen und aus ihnen vereint dauernde Werte zu prägen zum Heile unseres Vaterlandes.' In diesen Worten Hindenburgs kommt sehr deutlich seine Stellung zu dem zum Ausdruck, was man „neue' und was man „alte" Zeit nennen mag, besser gesagt, was man als „Fortschritt" und was man als „Konser- vativismus" anffasscn will. Ihm, der doch so stark ein Berlorperer Prcußischweutscher Geschichte und preußisch- c entschen Wesens ist, ist eine Idee nicht gleich wertvoll nur deswegen, weil sie neu ist, sondern sie erhält Kraft und Wert nur dann, wenn sie im Boden der Tradition, der Verknüpfung mit den Werten der Vergangenheit wurzelt. Darum ist dieser oberste Repräsentant des Reiches politisch aber auch ebenso weit wie von einem übertriebenen Radikalismus entfernt von einem erstarr ten Ablehnen jeder andersgearteten Idee. Viele Deutsche, die ihn ehedem bekänipften, müssen jetzt, nachdem er anderthalb Jahre hindurch die Würde des höchsten Neichs- beamteu bekleidete, zu seinem 79. Geburtstag zugestehen, daß er in voller Unparteilichkeit seines Amtes waltete. Angesichts der parteipolitischen Überschwemmung unseres öffentlichen Lebens sind wir dem Reichspräsiden ten zu besonderem Dank verpflichtet. Leicht wird ihm diese Unparteilichkeit nicht gemacht, aber er geht unbeirrt seinen Gang. Niemand zu Liebe und niemand zu Leide, und wenn mancher Partei Abneigung von Entgleisungen nicht fernbleibt, so weiß Hindenburg doch genau genug, Reichspräsident von Hindenburg. daß die überwältigende Masse des deutschen Nolkos die Achtung zollt, auf die er rechnen kann, die er errun^ hat durch ein Leben, das nur Dienst, nur Plichterfülluna war. Die Gegenwart spricht so viel, viel zu vier von Rechten: Hindenburg spricht nur von Pflichten. Und besser stände es um Deutschland, wenn es sich stärker als bisher von diesem Geist des Pflichtbewußtseins er füllen ließe. 79 Jahre — fast hat Hindenburg nun jenes Alter Erreicht, das die Bibel als ein glückliches bezeichnet. Aber auch das andere Bibelwort trifft auf Hindenburgs Lebensgang zu, daß dieses Leben ein köstliches war, weil es Mühe und Arbeit gewesen ist. Und dieser Mann, der vom strahlendsten Ruhmesglanz des Sieges umgeben war, der dann den furchtbaren Niederbruch durchmachen, das Auf und Ab des Daseins äußerlich wie innerlich durchwandern mußte, hat eines nicht aufgegeben und wird es nie ausgeben: die Hoffnung auf einen dereinstigen W i e d e r a i« f st i e g. „Ich habe das Heldenringen meines Vaterlandes ge sehen und glaube nie und nimmer, daß es sein Todes- ringen gewesen ist." x. kegegnung Lbamberlain—MuNolini. Sie Konferenz von Eivila-Vechia. Englisch-italienische Aussprache. Zwischen deni italienischen Diktator Mussolini und »em englischen Außenminister Chamberlain hat in Civita vecchia, dem Kriegshafen Roms, eine Begegnung statt- zefunden, der in politischen Kreisen große Bedeutung beigemessen wird und die auf Wunsch Mussolinis zu stande gekommen ist. Die Konferenz der beiden Staats- inänner wurde an Bord der im Tripoliskrieg beschlag nahmten türkischen Jacht „Giuliana" abgchaltcn. Wie In unterrichtete» Kreisen verlautet, war die Begegnung »or allem der Ausdruck persönlicher Freundschaft zwischen Lhambcrlain und Mussolini sowie das Bedürfnis beider Staatsmänner, nach der französisch-deutschen Vcrstündi- »ung ihrerseits als Garanten der Locarnover- lräge sich über ihre Stellung zu verständigen. In erster Linie sollen bei der Unterredung Mittel ns e r f r a g e n zur Besprechung gekommen sein, ferner ne außereuropäischen und die Kolonial- sragen, die dm: Jialienern sehr am Herzen liegen, hierbei wird von englischen Blättern vor allem auf die rbessinische und die Tangerfrage hingewiesen. Nach dem .Daily Telegraph" steht Großbritannien dem italienischen Wunsch auf angemessene Vertretung in der Tangerzone durchaus sympathisch gegenüber. Frankreich und Spa nien seien, so meint das Blatt, schließlich nicht die ein- figen Mächte, die an der strategischen Schlüsselstellung »m westlichen Eingang zum Mittelmeer ein Interesse hätten. Mussolini befand sich bei der Unterredung in Be gleitung seines Unterstaatssekretärs im Ministerium des Äußern, Grandi, und seines Kabinettchefs. Nach dem „Daily Telegraph" hat sich Chamberlain ohne jeden technischen Ratgeber und ohne Sekretäre zu der Unter redung begeben, so daß cs ihm nicht möglich sein wird, wichtige Beschlüsse zu fassen, ohne vorher das englische Kabinett befragt zu haben. * Das offizielle Kommunique. R o m, 30. September. Die Agenzia Stefani gibt folgende Mitteilung Ms: Mussolini und Chamberlain sind heute in Li vorno zusammengetroffen. Die Besprechungen zwischen den bei den Staatsmännern, die, wie man weist, durch Beziehungen ge genseitiger persönlicher Freundschaft miteinander verbunden sind, sind in sehr herzlicher Weise verlaufen. Die beiden Minister haben die wichtigsten unCrnativnalen Fragen der Stunde geprüft und dabei die Genugtuung gehabt, die Intimität der englisch- i italienischen Beziehungen und gleichfalls die von den beiden Regierungen für die Lösung der wichtigsten eurcpäischcnProbleme eingehaltene Linie zu bestätigen. Vie polnffeffe Legierung rurückgelreten. Eigener -Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Warschau, 30. September. Das Budgetprovisorium der polnischen Regierung, das erneut dem Sejm zugegangen war, ist von diesem, mit 206 gegen 94 Stimmen abgelehnt worden. Die Ueberraschung war so stark, daß weder Pilsudski noch Bartels das Wort ergriff. Die Regierung zog sich zu einer sofortigen Be ratung zurück. Um 9 Uhr trat der Sejm erneut zusammen und nahm eine kurze Erklärung des Ministerpräsidenten Bartels ent gegen, in der es heisst, die Regierung trete zurück, weil in der soeben abgehaltenen Kabincttssitzung sich vier Minister „einst weilen und unter Vorbehalt" gegen Auflösung des Sejm ausge sprochen hatten. Die Sejmsitzung wurde sofort wieder geschloffen. Bertels begab sich im Auto zum Staatspräsidenten und über reichte die Demission, die sofort angenommen wurde. PiWM bildet die neue Negierung. Warschau, 1. Oktober. Heute vormittag um 11,05 Uhr erhielt Marschall Pilsudsky den Auftrag vom Staatspräsidenten, eine Regierung zu bilden. Er hat diesen Auftrag angenommen und sich verpflichtet, innerhalb 24 Stunden die Ministerliste vor- zulcgen. Die Sowjet-Union biete« Poten Des interessement an Wilna gegen Sonderpakt Warschau, 1. Oktober. Der sowjetrussische Gesandte in Warschau, Wojkow, hat am. Donnerstag im polnischen Austen- mimsterium. vorgesprochen, wo er dem Staatssekretär Knoll, der zurzeit die Vertretung Zaleskis hat, folgendes offiziellen Vorschlag der Sowjetregierung unterbreitet: Die Sowjetregierung ist noch jetzt bereit, Ihr Desinteressement an Wilna offiziell zu erklären, wenn Polen bereit ist, mit der Sowjetregierung ein Sonberab- kommen über gegenseitige Neutralität abzuschliesten. Die Sow jetregierung betont aber die Notwendigkeit eines Sonderabkom mens. — Dieser Vorschlag der Sowjetregierung hat einige Sen sation in Kreisen der Regierung hervorgerufen. Staatssekretär Knoll erklärte Wojkow, er werde umgehend den Vorschlag der Sowjetregierüch der Regierung zur Kenntnis bringen und deren Stellungnahme der Sowjetgesan-tschaft mitteilen. kmopäilcde Hohttahlvereinigung vruMIsnck. Ppsnkreich. Belgien una Luxemburg. Abschluß des Lisenpakles. f In Brüssel unterzeichnet. Donnerstag mittag 1 Uhr wurde in Brüssel das seit langer Zeit in Vorbereitung befindliche Eisenkartell zwischen der deutschen, französischen, belgischen und luxemburgischen Stahlindustrie abgeschlossen und unter zeichnet. Die Vereinigung kam zustande, nachdem die Belgier ihre anfänglichen Forderungen ermäßigt hatten und dem Saargebret ein besonderes Kontingent zuge sprochen war. Das Kartell soll sofort in Wirksamkeit treten. * Die jetzt gegründete Nohstahlgemeinschaft ist nicht international gedacht, Wie mitunter irrtümlich gesagt wurde, sondern soll auf die genauuten wichtigsten Pro- ^Eionsländer Europas beschränkt sein. England vleibt dabei vorläufig ausgeschlossen, weniger wohl, weil es widerstrebte, sondern weil seine Rohstahlerzeugung ge genwärtig wegen des andauernden Bergarbeiterstreikes schwer daniederliegt, weder lcistungs- noch dispositions fähig ist. Die in Brüssel geschaffenen Verabredungen be ziehen sich in der Hauptsache auf eine dem Bedarf anzu passende Erzeugungshöhe beziehungsweise Beschränkung, dann auf die Preisfeststellung, Ausschaltung von gegen seitiger Konkurrenz, Austausch der Rohstoffe usw. Dem Vernehmen nach bringt das Kartell Frankreich eine Jahresproduktion von 8 Millionen Tonnen, Deutschland von 10—11 Millionen Tonnen, Luxemburg wird etwa z weniger als Belgien erhalten. In der eisenschaffenden Industrie wird man das zustande gekommene Werk lebhaft begrüßen, während die bisherigen Widersprüche aus der e i s e n v e r a r b e i - tenden Industrie und der Verbraucherschaft sicherlich nicht verstummen werden, da der europäische Stahlpakt nuumehr einheitliche Preise festsetzen und Unterbietungen Verbindern wird. Vereinsrecht. den vielen Aufgaben, die dem Reichstag in der Wintersession alsbald zur Behandlung be- Voistehen, befindet sich auch ein Entwurf, der die Ab- anderungder Vereinsgesetze enthält. Man muß jagen: der Pereinsgesetze, denn das Vereins- und Versammlungsrecht ist so vielen Abänderungen unter worfen worden, daß von dem alten Gesetz von 1908 nur noch wenig übriggebliebcn ist. Auch die Verfassung be gnügt sich mit einer sehr allgemeinen Regelung, die ja durch die Praxis der Verwaltungsbehörden wieder häufig eine Umbiegung erfahren hat. Die Rechtslage ist also eine außerordentlich unsichere und sie hat durch die einschlägigen Bestimmungen des Nepublikschutzgesetzes und durch die Unbestimmtheiten des Artikels 48 der Reichsverfassuna. dem sogenannten „BL.agerungszu.lanrwparagrapyen--, auch nicht gerade an Klarheit gewonnen. , "/ne Gesetzentwurf soll nun Vie Unbestimmtheit der -Artikel 123 und 12 t der Verfassung, die das Vereins- unv Vcrsammlungsrccht behandeln, endlich beseitigen, und dabei ist festznstcllen, daß von den bisher geltenden Be- stunniungen nicht übermäßig abgewichen wird. Von einer übermäßig weitergehenden Ausgestaltung namentlich des Vereins rechts ist nicht die Rede. Wenn z. B. die politischen Vereine genau so behandelt werden wie alle anders gearteten, V. h. also, das; sic ebenso ihre Satzungen wie die Namen ihres Vorstandes der Polizei witzuteilen haben, so dürfte ein derartiger Vorschlag bei der Beratung des Entwurfes im Reichstage auf einen überaus starken Widerspruch stoßen. Gerade das Wesen der politischen Vereinigungen, die übriacns nach jetzt