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MchmsferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitzen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamts Nossen. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Naumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Gold- psenrng, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rechweisungsgebühr 20 Goldpfennig. Vor geschriebene Erscheinungs- tage und Platzvorschriften werdru nach MSgttchkeil Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. b berücksichtig!. Anzeigen. annahmebiLvorm.lvUhr — — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radaltanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, «Pk*,'. L°Pch.°n!^ Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend »eilten ^ta?°^^m Kall« hdbrrcr Gewalt, «lieg oder sonstiger D-tri-d-stSrungen besteht kein Anspruch aus Licserung Mtun^odn «är^u"g de. «ezug-pr-is--. — Rücksendung -ing-sandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt. Nr S09. — 85. Jahrgang. Telrgr Sdr : »Amtsblatt« WilSdkvfs -Dresden Postscheck: Dresden 2810 DteNStag, dkN 7. September 1828 Die spanische Sphinx. Der Völkerbundrat hat ohne jede Abänderung die Vorschläge der Studienkommission in der Ratsfrage an genommen. Man kann darin ein Durchdringen des deut schen Standpunktes sehen, da jetzt nur Deutschland allein einen ständigen Ratssitz erhält. Es bleibt allerdings noch die Bestätigung durch die Vollversammlung des Bundes selbst übrig. Von den verschiedensten Seiten werden allerlei Gerüchte über etwa noch zu erwartende Über raschungen verbreitet. Doch ist wohl anzunehmen, daß auch weiterhin alles Programmätzig verläuft, so daß dem deutschen Eintritt in den Völkerbund nichts mehr ent gegenstehen dürfte. Nach dem ganzen bisherigen Verhalten Spaniens hätte man von ihm wie seinerzeit von Brasilien einen Einspruch erwarten können. Daß dieser unterblieb, kann als ein Beweis dafür angesehen werden, daß Spanien selbst nichts gegen die Ansprüche Deutschlands einzuwenden hat und auch den Schein vermeiden wollte, als ob es eins irgendwie gegen Deutschland gerichtete Politik treibt. Diese Haltung dürfte Spanien in der deutschen Öffentlich keit nicht vergessen werden. Deutscherseits war auch nichts anderes erwartet worden, zumal kein Grund vorlag, daß Spanien auf einmal seine freundschaftliche Stellung uns gegenüber änderte. Trotz dieser Erklärung bleibt aber, was Spanien an langt, genug Rätselhaftes übrig. Nachdenfrüherenscharfen Äußerungen Primo de Riveras und auch des spa nischen Außenministers hätte ein Austritt Spaniens aus dem Bunde nicht überrascht. Wenn dieses davon absah und sich nur in den Schmollwinkel zurückzog, dann ist dies wohl auf die Bemühungen Englands und Frankreichs zurückzuführen, die in Madrid beruhigend wirkten. Aller dings hat Spanien seine Karten noch nicht restlos auf den Tisch gelegt. Daß es die stille Resignation wählte, deutet darauf hin, daß es sich für dis Zukunft volle Hand lungsfreiheit Vorbehalten will. Spanischerseits hätte man die Ratsfrage gern mit der Tangerfrage verquickt. Das haben Frankreich und England auf das bestimmteste zurückgewiesen. Vor einigen Tagen wurde von Spanien aus erklärt, daß die Welt bald vor wichtigen Ereignissen stehen werde. Diese Äußerung verursachte ein allgemeines Rätselraten über den Sinn des Ausspruches. Daß damit der Austritt aus dem Völker bund nicht gemeint sein konnte, haben die Ereignisse ge lehrt. Es blieb also nur die Tangerfrage übrig. Hier wollten viele wissen, daß Spanien das Tangerstatnt kün digen und damit die Frage neu aufrollen werde. Das ist nicht ganz unwahrscheinlich. Diese Wahrscheinlichkeit wird noch dadurch vermehrt, daß Spanien, von Italien unter stützt, alle Anstrengungen macht, um die Tangerzone von allen spanienfeindlichen Elementen und solchen, die ihm Wohlwollen, zu säubern. Daher rührt der ^cit 'mn/, ocgen das französische Blatt in Tanger, dessen Rüae ? Ues;, und das Verlangen nach einer HTng des Blattes w Gesandten, der der seit! soll. sattes nicht scharf genug entgegengetretcn Ans Spanien sind nun in den letzten Stunden aller dings einige überraschende Meldungen einqetroffen, jedoch meist auf indirektem Wege, da nach Pariser Quelle die direkten Verbindungen mit Frankreich, über welches Land man sollst dw meisten spanischen Nachrichten bekam, ge sperrt sei« sollen. Frühere Meldungen über das Aus brechen von Unruhen und Bewegungen gegen Primo de Rivera wurden prompt dementiert. Die jetzigen Nachrichten lassen jedoch erkennen, daß sich in Spanien eine Wendung vorbereitet. Von den Anhängern des Direktoriums wird eifrig für dieses Propaganda gemacht. Man will foaar einen Volksentscheid über sein Fortbestehen herbeiführen Ebenso rührig ist aber auch die Gegenseite. Die ganze Situation wird gekennzeichnet durch die Gegnerschaft zwi schen Primo de Rivera und den Artillerieoffizieren, deren Anhang im Lande ständig wachsen soll. In jedem Fall ballen diese neu aufgetauchten inneren Schwierigkeiten Zi lien wohl bewogen, sich etwas mehr von den äußeren abiukeliren Man wagt vermutlich auch nicht, aus Z L--Ii»d-n L -uff-.-n Mm- °uk ds° Md- -u tt-i. V Li »i-l -i» «chlag d-f-nd-F »w-r° -m,--- Böigen haben könnte. Wie dem auch sei, in ^^riüchlan. bcrfolat man die weitere Entwicklung der Dinge IN Spanien mit größter wohlwolstnder Aus^ hat dabei nur den einen Wunfch, daß findet, die der Stellung Spaniens unter den Nationen keinen Abbruch tut. Brüterei der spanischen AMrie. Der Belagerungszustand verhängt. In Spanien ist cs zu einem förmlichen Auf stand ^.r Artillerieformationen gegen den Diktator Primo de gekommen. Den Anlaß zu diesem Aufstand bildete vxtz Mchluß der Regierung, die Gehälter und den Sold Artiller- "rs auf don Friedensftand hcrabzusctzen. Bei der oorarr»'? diese Verordnung den größten Unwillen her- leite», »-""d S« verschiedenen Disziplinlosig. geführt. Die Negierung hat sich infolgedessen ge- Die 7. Völkerbundstagung. VeneW Eröffnungsrede in Sens. Willkomm ensgrutz an Deutschland. Die siebente ordentliche Völkerbundversammlung ist im Montag in Genf vom derzeitigen Natspräsidenten Benesch mit einer Ansprache eröffnet worden, in der er der Meinung Ausdruck gab, daß der diesjährigen Völkerbund- lersammlung sowohl in der Geschichte des Völkerbundes ils allgemein für die europäische Politik besondere Bedeutung zukomme. Er gab dann einen geschichtlichen Kückblick auf die Tätigkeit des Völkerbundes während der letzten zwölf Monate, wobei er im Zusammenhang mit per Regelung der Mossulfrage die Hoffnung aussprach, ?aß die Türkei als logische Folge dieser Regelung bald in pen Völkerbund eintreten möge. Zur Frage der Ab rüstung bemerkte Benesch, daß in den letzten zwei Zähren auf diesem Gebiete weitere Fortschritte gemacht norden seien, die es bald ermöglichen werden, wenigstens ünen ersten Anfang in der Abrüstung zu verwirklichen. Benesch unterstrich ferner diegrotzeBedeutungder Lchiedsverträgefür die gesamte internationale Politik und insbesondere für die europäischen Staaten, veil diese Verträge die Aussöhnung der großen euro mischen Nationen herbeiführen und eine lange Periode >er Sicherheit und des Friedens gewährleisten sollen. Die Verträge von Locarno, dieses große internatio- mle Ereignis, so führte Benesch weiter aus, haben außer chrem großen internationalen politischen Wert auch für den Völkerbund eine entscheidende Bedeutung, weil sie mit dem Eintritt Deutfchlands in den Völkerbund ver- Inüpft sind. Benesch feierte weiter den Abschluß des Ver trages von Locarno, den er als das geistreichste Abkommen bezeichnete, das man sich denken könne. Im letzten Teil seiner Rede behandelte Benesch die jüngsten Ereignisse innerhalb des Völkerbundes, die, wie :r sagte, im Augenblick alle mit Sorge erfüllten, and bemerkte dabei in bezug auf Deutschland, daß in den :rsten Monaten nach der letztjährigen Völkerbundversamm- ung eine rasche Ausnahme Deutschlands in den Völker bund erhofft werden konnte. Jedermann wisse, wegen welcher Ereignisse bis heute gewartet werden mußte, um -ruf das Aufnahmegesuch, das der deutsche Minister des itußern, Dr. Stresemann, am 12. Februar d. Js. einge- ceicht hatte, zu antworten. Er glaube aber, daß die im März entstandenen Schwierigkeiten sich nicht mehr wieder- -ölen werden und daß die Völkerbundversammlung in wenigen Tagen mitGenugtuungeinneues M i t- zlicd in den Bund ausnehmen und gleichzeitig zewisse legitime Ansprüche anderer Staaten zufrieden- gellen könne. Im Interesse des Weltfriedens, der inter nationalen Verständigung und der europäischen Versöh nung können wir uns, so sagte Benesch, zu diesem glück- stchcn Ereignis beglückwünschen. Ich erlaube mir, von Reser Tribüne aus schon heute dem neuen Völkerüundmit- zlicd ein herzliches Willkommen zu wünschen. nötigt gesehen, über ganz Spanien den Belagerungs- ;ust a n d zu verhängen. Der König, der sofort nach Ma- orld znruckgekehrt ist, hat alle Artillerieoffiziere des Dienstes unter Verlust des Gehalts und unter Verbot des nmformtragens enthoben. Er soll Primo de Rivera von neuem sein Vertrauen ausgesprochen haben. Infolge einer strengen Depeschenzensur in Spanien ist ?s schwer, ein klares Bild über die Lage des Landes zu gewinnen. Nach offiziösen Mitteilungen soll die Regie rung völlig Herr der Lage sein; andere Nachrichten wollen wissen, daß sich auch ein Teil der Flotte der spanischen Ar- sillerie angeschlossen habe. Ebenso soll es in verschiedenen Garnisonen zu Meutereien gekommen sein, wobei sich sämtliche Truppenkörper dieser Garnisonen den meutern den Artilleristen angeschlossen haben. Das Zentrum des Aufstandes ist in Segovia und Valladolid, wo sich die Ar- üllerieregimeuter weigeiten, ihre Waffen abzugeben. Der Chef der Artillerie und der 'Artilleriekommandeur in Se govia sind verhaftet worden. Lissaboner Meldungen sprechen von schweren Unruhen im Heer. Die EiseMhs-MeMer m LeWe Mitten. Eigener Fernspr-chdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Wie wir von zuständiger Stelle erfahren, hat heute früh einer der wegen dringenden Verdachts, das Eisenbahnattenlat in Leiferde bei Hannover begangen zu haben, Festgenommenen, der Musiker Otto Schlesinger ein Geständnis abgelegt. Nach seiner Mesaae tras er sich durch Zufall ir.it dem Kaufmann Willy We ber und da beide über keine Barmittel verfügten, beschlossen sie, das Attentat aus den Zug, um sich durch Raub Geldmittel zu ver schaffen. Zum Lwluß seiner Rede gav Benesch seinem Be- muern darüber Ausdruck, daß der Eintritt einer euro päischen Großmacht in den Völkerbund und die für die Um- pildung des Völkerbundrates gefundene Verständigung da- nit Zusammenfalle, daß einige Staaten sich aus ihm entsernten. Dann erklärte Benesch, dessen An- prache zum Schluß lebhaften Bcisall erhielt, die siebente Völkerbundversammlung für eröffnet. Die Eröffnungs sitzung, die gegen 12 Uhr zu Ende ging, bot das übliche Bild der letzten Jahre. Der Andrang von Publikum und presse ist jetzt noch größer als bei den früheren Versamm- -ungen. Die für die Delegationen Spaniens und Brafi- !iens bestimmten Bänke im Saale blieben unbenutzt. Nintschitsch Präsident der Völkerbundstagung. Die Völkerbundversammlung wählte mit 42 von 48 Stimmen den jugoslawischen Außenminister Nintschitsch zu s ihrem Präsidenten. Das Ergebnis wurde von den Dele gierten mit lebhaftem Beifall begrüßt. Nintschitsch dankte nach Übernahme des Vorsitzes für die Wahl und die da- ' mit feinem Lande erwiesene Ehre. Von den 55 Mitglieds- staaten des Völkerbundes haben zu dieser Sitzung 48 i Staaten Vertreter entsandt. Es fehlen Spanien, Brasilien, f Argentinien, Bolivien, Costarica, Honduras und Peru. Nintschitsch heißt Deutschland willkommen Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Gens, 6. September. Der neu gewählte Präsident der Völkerbundsversammlung Nintschitsch hielt in der heutigen Nach mittagsversammlung des Völkerbundes zunächst eine kurze Er- vsfnungsrede, in der er für die durch die Wahl seinem Lande er wiesene Ehre der Versammlung dankte. Er sei stolz, diese siebente Tagung des Völkerbundes leiten zu können, denn sie würde in der Geschichte -es Völkerbundes einen bedeutungsvollen Wendepunkt darstellen. Trotz aller Schwierigkeiten, die der Völkerbund durch leben werde, werde er mit neuen Kräften aus dieser Tagung her vorgehen. Die künftige Teilnahme einer großen Nation an den Arbeiten des Völkerbundes bedeute eine Stärkung des Ver trauens zum Völkerbund. Er wünsche dem. neuen Gast des Völ kerbundes alles gute und sei überzeugt, daß diejenigen Staaten, die aus dieser großen Tagung nicht anwesend seien, bald wieder zum Völkerbund zurückkehren würden. * Auch die Türkei will Mitglied werden. In Paris liegt die Meldung vor, daß die Türkei! diplomatische Schritte eingeleitet hat, um ihren Beitritt znm Völkerbund zu erreichen. Die Re gierung von Angora will außer ihren eigenen Interessen auch die Interessen anderer orientalischer Völker ver treten. Der „Temps" nennt Persien und Afghanistan. Deshalb stellt die Regierung der Türkischen Republik die Bedingung, daß ihr ein wählbarer Ratssitz nach Eintritt in den Bund zur Verfügung gestellt wird. Starke Utverveflenemng in DsuWand. Der Retchsstnanzminister für Steuerabbau.! Ans der Bundestagung des Gewsrkschaftsbundes der Angestellten in Hamburg betonte Neichsfinanzminrster Reinhold in einer längeren Rede, es unterliege keinem Zweifel, daß in den letzten Jahren eine starke Über besteuerung eingesetzt habe. Die Steuern müßten wirtschaftlich tragbar und sozial gerecht sein. Bisher seien die Luxussteuer abgeschafft und die Umsatzsteuer ermäßigt wordcu. Die Umsatzsteuer halte er aber trotzdem noch für viel zu hoch. Trotz des Schreckgespenstes einer drohenden Finanzkatastrophe habe sich das bisherige Steuererleichterungsprogramm bewährt. Erstes Erfordernis sei gegenwärtig die große V e r w a l t u n g s r c f o r m. Er, der Finanzminister, wolle damit in seinen« eigenen Hause anfangen, allerdings jedoch keinen Personalabbau treiben, sondern Ausgaben und Ämter abbauen. Diese Reformbestrebungen müßten sich dann über ganz Deutschlanad erstreiken. Nicht minder wichtig seidieAufgabedesFinanzausgleichs, der nicht nur in einer neuen Verteilung der Steuern bestehen dürfe, sondern auch Sparsamkeit in Ländern und Gemeinden znr Folge haben muffe. Beson ders erleichtert werden müßten die schwer tragbaren Nealsteuern. Wenn eine gerechte Stcuererfassung möglich würde, dann wäre auch eine Herabsetzung der Tarife denkbar. S ch w e r b e l a st e t sei die Bevölkerung beson ders durch die indirekten Steuern, die die Kauf kraft uud damit die Konsumfähigkcit schwächten. Man strebe an, die Z u ck e r st e u e r z« ermäßigen und dafür die Branntweinsteuer zu erhöhen. Für lange Zeit sei noch mit erheblicher Arbeits- lokiakei 1 ru rechnen. Deshalb habe die Negierung das