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MsdmfferZügMü Fernsprecher Wilsdruff 7K. 6 Wochenblatt fÜf WilsdkUff UNd ^lMgegLNd PosMelttonto Dresden 2840 Meses Blatt eathält die amtliche« Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts M Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen. m» Arthur 8sch«»kr io Wiledr»-. Verantwortlicher Lchrißleiter: Herman« Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, Heide tu SStl»dr»G> Rr. 206 Sonntag de« 3. September 1922. 81. Jahrgang Amtlicher Teil. StM-olMsteigtrung GrMnSsM Forstrevier. Im „Sachsenhof" bei Klingenberg sollen Sonnabend d. v September 1922 nach«. 4 Uhr: etwa 360 Raummeter fichtene Stöcke von den Kahlschlägen in Abt. 43 und 63 gegen sofdilige Bezahlung in kleinen Posten an Selbstverbraucher und unter den sonstigen vorher bekannt zu machenden Bedingungen versteigert werden. «el? Forstrevierverwaltung Grillenburg und Forstreutamt Tharandt. Maul- und Klauenseuche. Hildebrand in Birkenhain Nr. 22 ist die Maul- und Klauenseuche ansgebrochen. Als Sperrbezirk werden die Wirtschaften von Hildebrand und Bernhardt sowie das Hausgrundstück von Diersche in Birkenhain, als Beobachtungsgebiet der Orts und Flurdcreich der Gemeinde Birkenhain einschließlich der Bahnstation, als Schutzzone die Stadt Wilsdruff, die Gemeinden Grumbach, Helbigsdorf, Blankenstein, Schmiedewalde, Lotzen, Lampersdorf, Sora und Klipphausen mit Rittergut bestimmt. Die Maul- und Klauenseuche unter dem Viehbestände des ErbgerichtSbesttzers Kaiser in Grumbach ist erloschen. Der Sperrbezirk und das Beobachtungsgebiet Grumbach werden hiermit aufge hoben, desgleichen dis über Herzogswalde, Kesselsdorf und Kaufbach verhängte Schutzzone. Meißen, am 31. August 1922. 4°2« Nr. V L 69/V 6 37 Die Amtshauptmannschast. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Reichsregierung hat eine Reihe Einfuhrbeschränkungen für Luxuswaren beschlossen und u. a. die Einfuhrfreiheit für Rohtabak aufgehoben. * Um der Knappheit an Zahlungsmitteln abzuhclsen, will die Regierung Banknoten zu 50 000 und zu 100 000 Mark, zu nächst in kleineren Mengen herausgeben. * Die Spitzcnorganisationen der Arbeiter und Angestellten baben in dringendster Form sofortige Verhandlungen mit der Regierung zur Bekämpfung der Wirtschastsnot gefordert. * In Eberswalde bei Berlin wurden von der Menge mehrere Geschäfte geplündert, wobei es zu blutigen Zusammenstößen mit der Polizei kam. * Die türkische Offensive an der kleinasiatischeu Front erzielte weitere bedeutende Fortschritte Die Entscheidung. Ist es nun eine für Deutschland günstige oder eine ungünstige Entscheidung, zu der die Neparationskommis sion in Paris endlich, nach wochenkmgem Hangen und Bangen, gekommen ist? Wenn man nur auf die äußeren Vorgänge achtet, müßte mau sagen, daß Deutschland mit seinen notwendigen und nur allzu berechtigten Forderun gen wieder einmal unterlegen ist, denn sein Antrag auf G Währung eines Moratoriums wurde mit zwei zu zwei Stimmen abgelehnt, und das gleiche Schicksal erfuhr mit 3 :1 der Antrag Les britischen Vertreters Brad bury aus Gewährung eines Moratoriums unter der Be dingung, daß eine strenge Finanzkontrolle über Deutsch land eingeführt iverde. Einstimmig wurde schließlich der belgische Vorschlag -nm Beschluß erhoben, wonach die nächsten Zahlungen ^Deutschlands bis Ende dieses Jahres durch Schatzscheine gedeckt werden sollen. Zwischen diesen einzelnen Abstimmungen scheint es ja doch nach allem, was bisher darüber bekannt geworden ist, in dem Sitzungszimmer des Reparationsausschusses sehr bewegte Szenen gegeben zu haben. Die Verhandlun gen drohten mehrfach zu scheitern, und als Bradbury mit sofortiger Abreise nach London drohte, eilte Herr Dubois zu Poincarch um diesem allerobersten der Entente-Götter die Gefahren des Augenblicks zu schildern. Mit dem Er gebnis, Latz Frankreich letzten Endes nun doch einen Schritt zurückwich — und daß damit die unmittelbare Ge fahr eines neuen gewaltsamen Vorgehens gegen Deutsch land vermieden wurde. Und damit auch die unmittelbare Gefahr eines Zusammenbruchs der Entente, zu dem es also der französische Ministerpräsident nicht hat kommen lassen wollen. Insoweit darf man von einer willkomme nen Klärung der Lage sprechen. Herr Poincarö war nicht bereit, das Äußerste zu wagen, und wenn er es bis zur entscheidenden Sitzung hundert- und tausendmal durch seine Agenten ankündigen ließ, so sollte damit eben wieder nur ein Druck auf uns wie auf seine lieben Ententegenossen ausgeübt werden. Vor dem entschiedenen Auftreten Les britischen Vertreters ist er zurückgewichen — wenn auch nur bis zu einer Linie, Lie ihm jederzeit wieder erlauben kann, den jetzt geübten Verzicht rückgängig zu machen. Denn mas man Deutschland gewährt hat, ist lediglich ein zeitlicher Nachlaß, eine Stundung von Forderun gen, die jetzt ohnehin unter gar keinen Umständen beizu treiben wären. Dis deutsche Regierung soll statt dessen Schatzscheine in Höhe der während der nächsten Monate fällig werdenden Beträge, insgesamt 270 Millionen, aus- stellen und sie der belgischen Regierung übergeben, La diese es ist, Lie auf die nächsten Zahlungen des deutschen Schuld ners Anspruch zu machen hat. In welcher Weise aber Belgien sich für den Aufschub Lieser Zahlungen sichern will, das bleibt weiteren Verhandlungen zwischen ihr und der deutschen Regierung Vorbehalten. Der Nepara tionsausschuß seinerseits hat nur für Len Fall, daß diese Verhandlungen zu keiner Einigung führen sollten, die Hinterlegung von Gold bei einer auswärtigen Bank vor- gefthm, im übrigen aber den Beschluß über das Stun dungsgesuch Deutschlands hinausgeschoben, bis er »den Plan einer radikalen Reform der öffentlichen Finan zen Deutschlands" fertiggestellt haben werde. Als Ziel dieses Planes wird Las Gleichgewicht unse res Budgets, Lie Herabscüuna unserer aus wärtige »Schulden zur WtederyerstMung oes veur- schen Kredits — dies jedoch unter der ausdrücklichen Be dingung, daß die beteiligten Regierungen vorher ihre Zu stimmung dazu gegeben haben! — Währungsreform und Aufnahme äußerer wie innerer A nl e i h e n bezeichnet. Und als Ausgangspunkt ihrer ganzen Entschließung wird die Tatsache festgestellt, daß Deutschland jeden Kredit nach innen und -außen verloren hat und daß die Mark aus drei Tausend st el ihres Wertes gefallen ist. Aus einer solchen Erkenntnis hülle jeder andere, nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunk ten urteilende Gläubiger unbedenklich in das erbetene Mo ratorium willigen müssen. Der Neparationsausschuß hat sich, in seiner Mehrheit von politischen Erwägungen ge leitet, nur mit äußerstem Widerstreben zu den allermiude- sten Zugeständnissen bewegen lassen und so gerade nur für den Augenblick eine Atempause zugestanden, unbe kümmert darum, wie sich die Lage nach wenigen Wochen oder Monaten gestaltet haben wird. Man darf nicht eines übertriebenen Pessimismus geziehen werden, wenn man befürchtet, daß die fortdauernde Ungewißheit über unsere Zukunft die wirtschaftliche Lage des Reiches auch weiterhin Noch ungünstig beeinflussen muß, so daß dis Entente, wenn die in Gold einzulösenden Schatzscheine nuch sechs Monaten fällig werden, uns vielleicht noch weniger imstande finden wird, sie einzulösen als jetzt. Die augenblickliche Erleichterung, die uns zuteil wird, scheint freilich fürs erste einen Rückgang der Devisenkurse herbeiführen zu wollen. Ob er aber andauern wird, ist eine offene Frage. Es liegen zu viel ungünstige Faktoren vor, als daß man schon von der jetzigen Entscheidung der Rcparationskommission sine wirkliche und dauernde Be ruhigung der allgemeinen Lags erwarten könnte Die Auffassung bei uns und drüben. In Berliner politischen Kreisen steht man der Entscheidung der Reparationsrommission Ler -Sachlage entsprechend ziemlick zurückhaltend gegenüber. Es ist natürlich zu begrüßen, daß neue gewaltsame Erschütterungen für den Augenblick vermieden sind, aber alles weitere hängt davon ab, ob Belgien bei den bevorstehenden Sonderverhandluugen über die Sicherheiten für die verlangten Schatzscheine vernünftige un-d erträgliche -Bedin gungen bewilligt. Direktor Urbig von der Diskonw-Gesell- fchast äußerle, die Idee, die von belgischer Seite zuerst aus tauchte, daß die D.-Banken eine Garantie für die Summen in Schatzbons aufbringen sollten, sei überholt. Wenn das Reich nicht in der Lage sei, Lie Geldsumme aufzubring-n, wie sollten dann Lie Großbanken diese Summen garantieren? Daher glaubt Direktor Urbig nicht, daß man jetzt noch einmal mit dieser Forderung austreten würde. Der Kanzler und die Parteiführer sind in Beratungen über die neue Situation eingetreten, auch der Überwachungsausschuß Les Reichstages ist zusammengetre ten, um die politische Lage zu besprechen. Man wird jedoch erst nach der Rückkehr des Staatssekretärs Schröder aus Paris zu Beschlüssen kommen können. Als besonders wichtig sieht man in politischen Kreisen seiner die Feststellung der Reparations kommission an, welche die Herabsetzung der auswärtigen Schul denlasten Deutschlands für notwendig erachtet. Hierin ist die Ankündigung einer neuen Konferenz zu erblicken mit dem Ziele der Herabsetzung der deutschen Schuldenlasten; also «in bedeut samer Fortschritt. Französisäp: Stimmen. Zu der Geneigtheit Poincarös, der Entscheidung Ler Kom- „ Mission zuzustimmen, hat vermutlich Lie in den letzten Tagen einfetzende Entwertung des französischen Frank beigetragen; er ging von 45 auf 40 herunter. Das bedeutet für die französische Wirtschaft ein sehr ernstes Sturmzeichen. Der belgische Frank hat die Verbundenheit mit dem Falle der Mark noch starker gezeigt. Die Entscheidung der Kommission wird in französischen politischen Kreisen im allgemeinen günstig beurteilt. Die Auffassung geht dahin, daß sie in den wesentlich sten Punkten Len von PoincarS ständig vertretenen Forderun gen entspreche. Die Meinung Bradburys. In einer Unterredung mit dem Pariser Berichterstatter der „Times" erklärte Bradbury, obwohl er im Interesse des deutschen Kredits einen unbedingten Aufschub' vorgezogen hätte, so sei Loch, wenn die notwendigen Vereinbarungen erzielt wer den könnten, Lie für diesesJahr notwendige Erleichterung gewährt. Es würde bedauerlich sein, wenn es notwendig 2 wäre, Gold in auswärtigen Banken, in Kopenhagen oder Bern, i zu deponieren. Aller Wahrscheinlichkeit nach werde dies ver - z mieden werden. Er hoffe, Latz die Abmachungen mit Belgien i keine große Beanspruchung der deutschen Goldreserve bedeuten ? würden. Mpiergsl- in Rationen. Milliardenfabrikation mit Hochdruck. s. Berlin, 2. September. Zu all den vielen Nöten, unter denen wir gegenwärtig zu leiden haben, ist überflüssigerweise noch eine neue hin- zugekommen: die Zahlungsmittelnot. Not an Zahlungs mitteln dürsten die meisten Deutschen zwar schon seit langem habm, denn wer besäße in diesen merkwürdigen Zeiten, in denen der Welt Ende gekommen zu sein scheint, Mittel genug, um alles, was er brauchen könnte, bezahlen zu können, aber bei der derzeitigen Zahlungsmittelnot handelt es sich um anderes. Man hat so lauge von einer Papiergeldinflation ge sprochen, daß in jedermann der Glauben erweckt werden mußte, wir erstickten geradezu in Banknoten, und nun stellt sich plötzlich heraus, daß wir noch lange nicht Papier ge nug aus den Geldmarkt geworfen haben. Als vorgestern, am Monatsende, besonders starke Geldansprüche an die Neichsbank und an die andern Großbanken gestellt wurden, erwies sich der Bestand an Zahlungsmitteln^«^ so knapp, daß man ihn, um einigermaßen zu Rande zu kommen, rationieren mußte, wie man ehedem Zucker, Brot, Butter usw. rationiert hat. Die Reichsbank gab den Banken nur einen geringen Prozentsatz der angeforderten Summen; und die Banken, die das Geld an Großhandelsfirmen, Warenhäuser- und Detailgeschäfte weiterzugeben hatten, mochten zuseheu, wie sie mit ihrer „Kundschaft" fertig wurden. Daß jemand, weil ihm „seine" Bank nicht genug Geld geben konnte, ihn etwa die Freundschaft kündigen und seinen Geldbedarf bei der „Konkurrenz" decken würde, war jedenfalls nicht zu befürchten, denn die Konkurrenz hatte auch nichts. Und was man bei früheren Ratio nierungen erlebt hat, erlebte man auch diesmal: die geld- hungrigen Leute „standen" in langen Reihen — der Ber liner nennt das: Polonäsen — vor den Bankgebäuden „auf Banknoten", wie man sich in den Jahren des Un heils vor den Schlächterläden aufstellte, um einen— Happen Fleisch zu ergattern. Die Banken griffen hier und da zu ungewöhnlichen Hilfsmitteln, um dem Ansturm gewachsen zu sein: mehr als eine pumpte ihre eigenen Depotkunden an und holte sich hinterlegtes Bargeld aus den Safes, um einen Ausweg aus der Zahlungskalamität zu finden. In nicht geringe Schwulitäten gerieten unter sotanen Umständen besonders die vielen Ausländer, die jetzt Deutschland überschwemmen und zumal in der Reichs- Hauptstadt eine dominierende Rolle spielen, alldieweil sie viel Geld unter die Leute bringen. Wenn sie an den Bankschaltern erschienen, um ihre hohen Schecks einzu lösen, mußten sie meist mit langen Gesichtern abziehen, denn es wurde ihnen mehr als einmal bedeutet, daß be sagte Schecks zwar sehr achtungswert seien, aber „momen tan" nicht gegen Bargeld eingetauscht werden könnten, bares Geld nur in kleinen Dosen verabreicht werden könne. In vielen Fällen begnügten sich die Herren Ausländer dann auch mit Abschlagszahlungen, um wenigstens aus augenblicklichen Verlegenheiten herauszukommen. Was ist nun der tiefere Grund dieser großen Zah lungsmittelknappheit? Das ist bald gesagt: „der" tiefere Grund sind eigentlich drei tiefere Gründe, deren einen, die starken Geldansprüche am Monatsende, wir bereits er wähnt haben. Als zweiten dieser Gründe hat man den Buchdruckerstreik, unter dem Berlin vor mehreren Wochen zu leiden hatte, anzusehen. Dieser Streik dehnte sich auch auf die Reichsdruckerei aus, und die Folge war, daß ein paar Tage lang nicht einmal ein lumpiger Tausendmark schein gedruckt werden konnte. Dafür wird jetzt „mit Hoch druck gedruckt", bei Tag und bei Nacht, in Sonntags schichten und Überstunden, und wir werden das notwendige Geld schon bald wieder beisammen haben, wenn es nicht — und damit kommen wir zum dritten und letzten Grunde der Geldmisere — sofort wieder „gehamstert" und ins Ausland verschleppt wird. Es gibt nämlich kuriose Leute, die blaue und braune Lappen sammeln, wie andere sich eine Briefmarken- oder Schmetterlingssammlung zulegen. Wohl dem, der's kann, aber wir andern, die wir's nicht können — und das sind wohl die mehr«reu — haben dar unter zu leiden. Nachdem sie uns unsere Textilwaren, unsere Klaviere, unsere Schreibmaschinen weggrkauft