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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Ämt 8 blatl für das Königl. Oerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 4. November l864. 44. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljabrgang beträgt 1V Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmrliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl <in der Redaclion», als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. ^ic Redaktion Umschau. Der Friede mit Dänemark ist endlich fertig. 3 Wochen Frist sind den kriegführenden Machten zur Bestätigung gelassen. Wenn nun damit die ganze schleswig-holsteinische Frage erledigt wäre: Aber der Jammer wird nun erst recht beginnen, nachdem Dänemark nichts mehr drein zu reden bat. Preußen Hal allem Anscheine nach seine Gelüste nach den Herzogtümern noch nicht überwinden können, und so wird ein neuer Kampf zwischen Deutschen und Deutschen, vor der Hand bws mit F.dern, entbrennen. Die einfachste Lösung, die „befreiten" Holsteiner und Schleswiger über ihr Loos entscheiden zu lassen, gefallt in Berlin gar nicht. — Die Glogauer Geschichte macht immer noch böses Blut in Preußen. Mag immerhin den be teiligten Offizieren nichts zur Last fallen, als (wie eine ofsiciöse Feder sich ansdrücktc) eine „Verirrung jugendlichen Leichtsinns" und mag der tragische Ausgang des Abenteuers und das furchtbare Aerger- niß, zu welchem dasselbe dadurch Anlaß gegeben hat, auf Rechnung einer bloßen Unvorsichtigkeit fallen, immer bleibt cs charakteristisch, wie eifer süchtig man bei der gerichlsärztl'chen Untersuchung die Civilautorität ausgeschlossen hat, mit welcher Einseitigkeit man für die Unschuld der Ofsicicre Partei genommen, wie man das vollberechtigte Verlangen des Publikums nach Aufklärung mit den unvollständigsten und formlosesten Mitteilungen der Unlersuchungsergebnisse und mit einer beschö nigenden Darstellung, welche an die Leichtgläubig keit die stärksten Anforderungen macht, abspnsen zu können geglaubt hat, wie man endlich für die Ehre des Officiercorps keine Gefahr besorgt, wenn zwei seiner Mitglieder, nachdem sie durch einen Schritt, der auch wenn man ihm die allcrgünstigste Auslegung giebt, doch wenigstens gegen die guten Sitten verstieß, das Leben und den Ruf eines un bescholtenen Mädchens, wenn auch wider Willen, zerstört haben, — wenn diese ohne alles weitere gerichtliche Verfahren durch Versetzung zu anderen Garnlsonen von dem Orte des Aergernisses entfernt werden. — Die lange angekündigte Zusammenkunft Na poleons mit dem russischen Kaiser hat zu Nizza stattgefunden. Ueber ihren Verlauf vernimmt man nichts, als daß beide Monarchen eine lange Unterredung gehabt haben. — Ein Geistlicher im Schwarzburgischen hat sich ein unvergängliches Denkmal gesetzt: Vor Kurzem erhielt die ohnehin starke Familie eines in den dürf tigsten Verhältnissen lebenden hiesigen Einwohners einen Zuwachs durch die Geburt von Zwillingen. Eins der Zwillingskinder starb einige Tage nach der Geburt; der Vater, augenblicklich mittellos, bittet beim Pfarramte um Begräbniß seines Kin des und verspricht, die Stolgebühren, welche un gefähr 17L Sgr. betragen und wovon der Herr Pfarrer 5 Sgr. erhält, am 1. Novbr. e. zu be zahlen. Der Herr Pfarrer verweigert aber be harrlich das Begräbniß, wenn nicht zuvor die Gebühren bezahlt würden. Der Vater setzt das Kind nach Verlauf von drei Tagen in den Dunk (kellerartiges Gewölbe zur Aufbewahrung der Erd äpfel)', es geht in Fäulniß über, bleibt aber unge achtet der wiederholten Bitten des Vaters unbeer digt, bis endlich nach Verlauf von acht Tagen Seitens des Stadtrathes aus sanitäts-polizcilichen Gründen die Beerdigung der Kindesleiche ange ordnet wird. —