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AWdmAÄgMM Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „WNSdrusser Tageblatt" erscheint werktags nachm. 4 Uhr. Bczugspr. monatl L RM. frei HauS, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer lü Rpj Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u Geschästsstelle nehmen zu leder Zeit Be» , ... stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend sonstiger Betriebsstorun. gen besteh, kein Anspruch - aus Lieferung der Zei. tuug oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung ctngesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beilicgt. alle anderen Stande des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut ausliegender Preisliste Nr K. -Ziffer-Gebühr: 20 Rpig. — Vorgeschrie bene Erscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzetgen-Annahm« bis vormittags w Uhr Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermit. 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Es ist erfreulich, festzustellen, daß ein so bedeutender französischer Politiker wie Laval sich für deutsch-französische Verhandlungen ausspricht, aber Lie Frage bleibt nach wie vor, ob die gegenwärtig in Frankreich Regierenden sich auch dazu bekehren lassen werden. Laval hat vollkommen recht, wenn er ohne eine Verständigung zwischen Paris und Berlin eine wirkliche Friedensgarantie für Europa nicht gegeben sieht. Nur können wir ihm nicht zustimmen, wenn er den Nachweis zu bringen versucht, daß Frankreich bereits schwere Opfer für die Annäherung gebracht habe. Im Gegenteil ist sest- zustellen, daß Frankreich dieser Annäherung dauernd Schwierigkeiten entgegengesetzt hat, erst letzthin durch seinen berüchtigten Pakt mit dem Sowjetbolschewismus, dessen Verteidigung auch einem Laval schwerfallen dürfte. Trotzdem hofft auch Laval, daß eines Tages, der hoffent lich nahe sei, eine neue Atmosphäre des Vertrauens zwi schen den verschiedenen Nationen es erlauben werde, das niemals bisher gelöste Problem der Rüstungsbegrenzun gen in Angriff zu nehmen. Deutschland kann in diesen Wunsch mit Laval einstimmen, ebenso in die Meinung Lavals, daß es die Pflicht Frankreichs sei, nichts zu unter lassen, was eine Festigung des Friedens herbeifnhren könne. Laval sagt, wenn gewisse, früher erprobte Systeme gescheitert seien, müsse man neue suchen und finden. Das ist auch unsere Auffassung! Nur ist diese Erkenntnis Lavals nicht in Einklang zu bringen mit der alten fran zösischen These, die als Grundlage aller europäischen Neuordnung das Versailler Dokument ansieht. Davon mutz sich Frankreich erst frei machen, ehe Aussicht auf Wirkliche Verständigung besteht. Sieg des deutschen Leistungswillens. Das erste internationale Autorennen dieses Jahres der erste deutsche Sieg! Das ist das erhebende Ergeb nis des Autorennens um den „Großen Preis von Monaco", das die deutschen Farben überlegen ge wannen. Ein dreifacher deutscher Sieg war es. Carac ciola, der altbewährte Kämpe, führte den Rennwagen von Mercedes-Benz zum Siege, an zweiter und dritter Stelle lagen die Rennwagen der Auto-Union mit Varzi und Stuck. — Die beispiellose Siegesserie der deutschen Rennwagen im vergangenen Jahr soll also scheinbar in diesem Jahre fortgesetzt werden. Das Rennen in Monte Carlo ist eins der schwierigsten und verlangt von Fahrer und Motor Höchstleistungen. Wenn in diesem Rennen drei deutsche Rennwagen die neuesten ausländischen Renn wagenkonstruktionen weit hinter sich gelassen haben, dann berechtigt uns das zu großen Hoffnungen für die nene Rennsaison. Wir erinnern uns noch, daß der Mercedes- Benz-Rennwagen schon mehrfach gemeldet und mehrfach zurückgezogen wurde. Er ist jetzt erst in das Rennen ge schickt worden, als er nach allen Seiten hin gründlich er probt war. Es kommt nicht darauf an, um jeden Preis bei jedem internationalen Rennen dabei zu sein, sondern es ist deutsche Art, erst dann in Konkurrenz zu treten, wenn alle Vorbedingungen für einen Erfolg gegeben sind. Der Mercedes-Benz-Rennwagen hat feine Feuertaufe be standen. Hoffnungen, die Konstrukteure und Rennfahrer auf ihn gesetzt haben, haben sich also erfüllt. Erfüllt haben sich auch daniit alle Erwartungen, die die deutsche Auto industrie auf die Entwicklung deutscher Motoren gesetzt hat. Der Sieg von Monaco ist letzten Endes nichts weiter als die Folge einer systematischen Motori sierung Deutschlands. Erst seitdem durch Adolf Hitler die Autoindustrie zu einer Schlüsselindustrie ersten Ranges geworden ist, ist sie in die Lage versetzt worden, nach dem altbewährten deutschen Leistungsprinzip die Qualität zur Höchstform auszubilden. Deutsche Renn wagensiege bei internationalen Veranstaltungen sind stärkste Werbung für das neue Deutschland, und die deutschen Fahrer sind gleichsam Sendboten des neuen Reiches, denn sie künden vom deutschen Leistungs willen, von der Güte deutscher Arbeit und dem unbeug samen Willen, alles das wieder auszuholcn, was Deutsch land durch einen verlorenen Krieg und durch die System zett verloren hat. Weltpolitik am Tanafee. Durch den beispiellos schnellen Vorstoß der italie nischen Nordarmeen in Abessinien hat sich die Abessinien frage über Ostern zu einem Weltproblem ersten Ranges gestaltet. Die italienischeFlagge weht amTana- see. Das bedeutet mehr als irgendeinen Sieg der italie nischen Truppen auf dem abessinischen Kriegsschauplatz. Denn an dem Tanasee treffen sich die Interessen Italiens und Englands. Die Sinkmassen des Tanasees bilden den Londoner Beratungen in der Abessinienfrage. Was wird England tun? Die Spannung zwischen England und Italien — Wo steht Frankreich? Während im Abcssinienkrieg die Italiener von fortschreitenden Erfolgen berichten, sind mit der Er reichung englischen Interessengebietes wie des Tanasees durch die italienischen Truppen zwischen England und Italien neue Spannungen ausgetreten, die den europäischen Diplomaten ernste Sorgen bereiten. Man sicht daher voller Erwartung den bevorstehenden Genfer Beratungen entgegen, wo es sich entscheiden soll, ob England den Schritt zu militärischen und Flotten sanktionen tun will, nachdem die wirtschaftlichen Sank tionen sich nicht als so wirksam erwiesen haben, daß sic den Abcssinienlricg beendigen könnten. Eine englische Kabinettsaussprachc befaßte sich am Dienstag mit diesen Fragen, wobei Außenminister Eden über den Stand der Genfer Friedensbemühungen berichtete. Eden wird am Donnerstag mit neuen Anregungen seiner Regie rung wieder nach Genf fahren. Wie hierzu die englische Zeitung „Daily Telegraph" mitteilen zu können glaubt, sei die britische Regierung jetzt davon überzeugt, daß wirtschaftliche Sanktionen keine Wirkung hätten. Die Minister seien zu dem Schluß ge kommen, daß kollektive Sicherheit nur wirkungsvoll sein könne, wenn die Völkerbundsmitglicdcr bereit seien, wenn notwendig, auch militärische Sanktionen anzuwcudcn. Einige wichtige Mitgliedstaaten seien bereit, England ihre Unterstützung zu geben, wenn es sich für militärische Sanktionen entscheiden sollte. Von diesen Staaten werde erklärt, daß man sich entweder zu militärischen Sanktionen entschließen müsse oder zu dem Eingeständnis, daß der Völkerbund seinen Willen Italien nicht aufzwingen konnte. In Londoner politischen Kreisen ist man der Ansicht, daß die britische Regierung nicht in irgendwelche neuen Besprechungen eingctreten sei oder neue Beschlüsse über den Verlauf der Dinge, falls die Verhandlungen sehl schlagen sollten, gefaßt habe. Freilich sei die Lage nicht gebessert worden durch die kürzliche Kabinettsverlaut- barung Mussolinis, in der die Vernichtung der Abessinier gefordert worden sei. Gleichzeitig veröffentlicht „Dailv Telegraph" auch einen Leitartikel unter der Überschrift „KeinisoliertesVorgehengegcnJtalien". Eine wirklich versöhnliche Stellungnahme Mussolinis in den informellen Besprechungen würde sofort einen ent sprechenden Einfluß aus den Verlauf der Sitzung des Dreizehnerausschusses und des Achtzehnerausschusses haben. Wenn Italien sich jedoch nicht ehrlich zu Verhandlun gen bereit zeigen sollte, werde es nicht möglich sein, die Genfer Verhandlungen länger hinauszuschiebcn! Das Blatt erklärt dann, daß die wirtschaftlichen Sühne maßnahmen keine Beendigung des Konflikts bewirken könnten. Auch eine Slspcrre werde wirkungslos sein. Die einzige bleibende Möglichkeit seien mili tärische und Flottensanktionen. Man müsse jedoch unter scheiden zwischen der theoretischen Feststellung dieser Tat sache und einem Vorschlag, sie tatsächlich anzuwenden. Die fruchtbaren Nilschlamm, der die Baumwollfelder des Su dans und Ägypten befruchtet. Der Tanasee ist gleichsam der Lebensspender für zwei Gebiete, in denen die Weltmacht Großbritanniens verankert ist. Das siegreiche Vordringen der Italiener bis an die Sudangrenze hat in England daher berechtigtes Aufsehen und Beunruhigung hervor gerufen. Um das Wasser des Tanasees haben schon viele und ernste Verhandlungen vor Jahr und Tag statt gefunden. Schon einmal, im Jahre 1906, haben sich in einem Dreierabkommen England, Italien und Frankreich dahin geeinigt, die Interessen ihrer Länder in dieser Zone unbedingt zu wahren. Und durch einen Briefwechsel zwischen Mussolini und dem damaligen englischen Bot schafter Graham im Jahre 1925 wurden die Einflußzonen zwischen England und Italien festgesetzt. England war von jeher darauf bedacht, sich die Wasser des Tanasees zu sichern. Es sollte bei ihrem Ausfluß aus dem See ein Staudamm zur Regelung der Wasser des Blauen Nils gebaut werden und ebenso eine Autostraße vom Tanasee nach dem Sudan. Am Tanasee verteidigt England seine ägyptischen Interessen und seine Sudan- Politik. Deswegen beachtet es stets mit schärfstem Auge jede Bewegung an diesem See. Nachdem Italien sofort erklärt hat, daß es sich niemals in Verhandlungen um das Gebiet am Tanasee einlassen werde, ist die seit Ausbruch des Abessinienkonflikts ohnehin bestehende eng lisch-italienische Spannung bedenklich verschärft worden. Dabei ist aber kaum anzunehmen, daß Italien die bri tischen Tanasee-Jnteresten anrühren wird. Staaten, die von allem Anfang cm jeden Gedanken eines militärischen Vorgehens von sich gewiesen hätten, seien gegenwärtig stärker als je dagegen eingenommen. Man könne sich nicht vorstellen, daß sich irgendeine britische Regierung auf militärische oder Flottensanktionen ein lassen würde, es sei denn mit der vollen kollek tiven Unterstützung der anderen Völkerbunds staaten. Frankreich muß sich entscheiden. Am Ostermontag hat in Paris eine Unterredung zwischen dem französischen Ministerpräsidenten Sar- raut und dem italienischen Botschafter Cerutti statt- gefunden, der man in diplomatischen Kreisen große Be deutung beimißt. Die Besprechung sei, wie das „Jour nal" mitteilt, sehr ernst gewesen, denn Sarraut habe es für notwendig gefunden, sich anschließend sofort zur Berichterstattung zum Präsidenten der Republik zu be geben. In Genf werde ein Abschnitt eingeletter, dessen Entwicklung die schwerwiegendsten Folgen haben könne. Die englische Regierung werde über die An weisungen beraten, die sie Eden »nitgeben werde. Auch die französische Regierung müsse ihre Stellung nahme scstlegcn. Es sei nur natürlich, daß die italienische Regierung vor den Verhandlungen auch ihrerseits ihre Haltung bestim men wolle. Italien wolle augenscheinlich nicht zulassen, daß man es einem Druck und einer Demütigung aussetze. Aus allem kann man entnehmen, daß Frankreich sich jetzt entscheiden mutz, ob es die Genfer Sanktionspolitik gegen Italien Wetter mitmachen will oder nicht. Der „Matin" schreibt, am Mittwoch würden sich Minister präsident Sarraut, Außenminister Fl and in und Staatsminister Paul-Boncour in Paris mit dem in Genf von Eden gestellten Entweder-Oder zu befasse» haben. Eden habe gesagt, entweder seid ihr auf unserer Seite oder aus feiten der Italiener, aber ihr müßt euch entscheiden! Die sranzösischen Staatsmänner würden sich zweifellos über die tatsächlichen Belange Frankreichs aussprechen; sic würden zu würdigen wissen, welche Gefahren eine Politik der Übereilung in sich berge. Scharfer Ton der italienischen Preise gegen England. Lie italienische Presse schlägt erneut einen sehr scharfen Ton in der Beurteilung der englischen Hal tung an. „Popolo di Roma" bringt eine große Schlagzeile, „Der Friede Europas durch die englische Politik bedroht". Sehr verstimmt haben hier die Aus führungen über militärische Sanktionen im „Daily Tele graph", den man allgemein als das Sprachrohr Edens betrachtet. Der „T e v e r e" stellt in einem sehr stark polemischen Leitartikel fest, daß England nur die Wahl zwischen zwei gleich katastrophalen Lösungen übrigbleibe, entweder militärische Maßnahmen gegen Italien und da mit d-n Krieg, oder Abessinien seinem Schicksal zu über lassen und damit den Zusammenbruch des Völkerbundes. Falls England Italien um seine Ansicht fragen sollte, würde es für die zweite Lösung, den Zusammenbruch des Völkerbundes, stimmen. ,„Der Tanasee bleibt britisch!" Erklärungen in der englischen Presse. Die Nachricht, daß die italienische Flagge am Tanasee gehißt worden ist, hat in der eng lischen Presse großes Aufsehen hervorgerufen. „Daily Telegraph" und „Morningpost" berichten in großer Auf machung über den Vormarsch der Italiener an die Sudangrenze und heben besonders hervor, daß die Stadt Gallabat, die durch die Sudangrenze in zwei Teile geteilt wird, von britischen und italienischen Truppen besetzt worden sei, die lediglich durch ein ausgetrocknetes Fluß' bett voneinander getrennt sind. „Daily Expreß" bemerkt dazu in seinem Leit artikel, die öffentliche Meinung Englands habe keinen Grund zur Aufregung. „Der Tanasee ist noch britisch und wird es bleiben!" Das Blatt weist darauf hin, daß, wäh rend italienische Soldaten am Tanasee lagerten, gleich zeitig britische Matrosen immer noch die Wache am Suez kanal hielten. Falls die Italiener versuchen sollten, die britischen Interessen in Ostafrika zu gefährden oder gar die Wasser des Tanasees abzuleiten, würde die englische Flotte die italienischen Armeen vom Mutterland ab- schließen.