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Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 «elt-n Anzeigen überneh. men wir keine Gewähr. — — Bet Konkurs unt . ZwangSbergleich erlischt leder Anspruch aus Nachlaß. amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Wilsdruff, sowie des Forstrentamts Tharandt. Nr. 302 — 95. Jahrgang Drabtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden Zaqa Dienstag, den 29. Dezember 1936 Am die Unabhängigkeit der Ration Die deutsche Wirtschaft an der Jahreswende Wieder neigt sich ein arbeitsschweres Jahr seinem Ende zu. Wieder schaut jeder zurück auf das, was im vergangenen Jahre geleistet worden ist und setzt sich mit den Aufgaben auseinander, die seiner im neuen Jahre harren. Brachte das zur Neige gehende Jahr die volle Erfüllung der im ersten Vierjahresplan gestell ten Aufgaben, nämlich, die Ueberwindung der Arbeits losigkeit und die Wiedergesundung des deutschen Bauern tums, so fällt in das neue Jahr der Anfang des zweiten Vierjahresplans, der in den beiden Schlagworten „Nah rungsfreiheit" und „heimische Rohstoffgewinnung" gipfelt. Der glänzende Verlauf des ersten Kampfabschnittes im Vierjahresplan der Wirtschaft gibt uns Mut und Ver trauen, die neuen Aufgaben beherzt anzufassen. Vor Jahren, als 7 Millionen Arbeitslose eine ernste Sorge und eine schwere Gefahr für das ganze Land waren, wird mancher an der Durchführbarkeit des vom Führer an gekündigten Generalangriffs gegen die Arbeitslosigkeit gezweifelt haben. Die Tatsachen haben ihn überzeugt, daß alles möglich ist, was man mit heißem Herzen und mit voller Kräftehingabe beginnt. Aus den 7 Millionen ist etwas über 1 Million Arbeitslose geworden, und diese 1 Million ist zum großen Teil für die volle Wiederein reihung in den Arbeitsprozeß ungeeignet, weil sie nicht mehr für ihren alten Berus geeignet oder nicht mehr in vollem Maße arbeitsfähig ist. Wir können also ohne Uebertreibung sagen, daß die A r b e i t s s ch l a ch t schon heute hundertprozentig gewonnen ist, obgleich die Frist des ersten Vierjahresplans erst Anfang Februar 1937 abläuft. Dieser Sieg in der Arbeitsschlacht war freilich nur dadurch möglich, daß der Staat sich als Großauftraggeber in den Wirtschaftsapparat einschaltete, die Neichs autobahnen anlegen ließ, und Iaht um Jahr, so auch im letzten, neue öffentliche Bauten in Auf trag gab, durch steuerliche Vergünstigungen der Wirtschaft Auftrieb verschaffte, und so der privaten Industrie ein Beispiel entschlossener Tatkraft gab. Im vergangenen Jahr ist in allen Industriezweigen die Be schäftigungslage weiterhin günstig geblieben. Die deutsche Eisen- und Stahlindustrie ist für die nächsten Monate mit Arbeit reichlich versehen. Eine starke Nachfrage besteht vor allem nach Röhren und Stabeiscn. Kohlenförderung und Kokserzeugung bewegen sich au^ bemerkenswerter Höhe. Die Bauwirtschaft hat ein Erfolgsjahr hinter sich, wie sic es seit den Jahren der Hochkonjunktur nicht mehr gekannt hat. Die Kraftwagenindustrie, namentlich die Lastkraft wagenindustrie, hat ihren Aufstieg unentwegt fortsetzen können, ebenso die Maschinenindustrie, die Elektroindustrie, Optik und Feinmechanik. Diese Industrien, in denen im Laufe des Jahres fast durchweg mit Ueberstunden ge arbeitet worden ist, nehmen in das neue Jahr einen un gewöhnlich großen Auftragsbestand mit hinüber. Sicher lich wäre es möglich gewesen, manchen dieser Aufträge noch im abgelaufenen Jahre zu erfüllen, hätte nicht der Facharbeitermangel der Arbeitstätigkeit Grenzen gezogen. Wie sehr die Industrie, ja, die Gesamtwirtschaft heute jede einzelne Arbeitskraft benötigt, geht schon dar aus hervor, daß in der Landwirtschaft während der Kartoffelernte Wehrmacht und Arbeitsdienst einspringen mußten, weil andere freie Arbeitskräfte für das Land nicht zur Verfügung standen. Ein Beweis für die volle Be schäftigung. die die deutsche Wirtschaft beute aufweist. Besondere Aufmerksamkeit werden im neuen Jahre all die Unternehmen verdienen, die ihre Aufgaben un mittelbar durch den Vierjahresplan erhalten. Das sind diejenigen, denen die Forschung nach neuen heimischen Rohstoffquellen und die ständige Verbesserung der vor handenen heimischen Rohstoffe obliegt. Es ist nicht eng herziger Nationalismus, es sind nicht auf unbedingte Selbstversorgung ausgerichtete Bestrebungen, die uns zum Ausbau unserer heimischen Rohstoffgrundlage veranlaß! haben. Bittere Notwendigkeit hat uns zu diesem kostspieli gen und mühevollen Umstellungsprozeß der deutschen Wirtschaft veranlaßt. Der stockende Außenhandel, besser gesagt, die verhältnismäßig viel zu geringe Aussuhrmög- lichkeit, durch die allein uns die Mittel für die Beschaffung der aus dem Ausland stammenden Rohstoffe zuflietzen, ist die letzte Ursache dieser Vorgänge. Immer wieder ist von berufener Seite auch in den letzten Jahren noch darauf hingewiesen, daß wir unter allen Umständen Ausfuhr treiben müssen. Das Ausland hat auf diese Forderung keine andere Antwort, als die Verschärfung der Kontingent-, der Verrechnungs- und der Zollpolitik gehabt. So blieb uns nichts anderes übrig, als anch 1936 genau so wie es für 1937 wieder vorgesehen ist, den so genannten „Reuen Plan" durchzuführen, der bestimmt, daß wir ausschließlich Waren aus den Ländern beziehen dürfen, die ihrerseits deutsche Waren dagegen nehmen, und der weiter anordnet, daß im Rahmen dieser Geschäfte nur das Lebensnotwendige gekauft werden darf. Zwar ist es den unermüdlichen Bestrebungen der deutschen Ausfuhrindustrien und der sie unter stützenden Staatsstellen gelungen, unser Ausfuhrgeschäft kme fette MknaHkente. LMüe Seriiam um angebliche keramngen beim Mftrer — LwrÄmelOungen aur ?arit unü Hovaon Ein Weihnachtsfest, das wir in Ruhe und Frieden feiern durften, und an dessen Frieden alle Deutschen ohne Unterschied teilnehmen durften, liegt hinter uns. Es waren drei Tage wirklicher Entspannung, fern von dem politischen Treiben und den Sorgen, die andere Staaten haben. Wir haben alle einmal unser eigenes Leben leben dürfen, nichts beunruhigte uns. Ein Weihnachtsfrieden war cs, wie wir ihn in den letzten Jahrzehnten nicht erlebt haben. Aber in Paris und in London scheint die Ner vosität den Weihnachtsfrieden sehr beeinträchtigt zu haben. Den verantwortlichen Männern ist nicht sehr Wohl zumute, und selbst die Feiertagsstimmung hat ihre Sorgen nicht zu dämpfen vermocht. Denn nur dieser Nervosität und der Unruhe darf man es wohl zuschreiben, daß über Weih nachten in Paris und London eine Gcrüchtemacherci, die ihresgleichen sucht, sich austobte, und seltsamerweise hatte man sich gerade Deutschland als Objekt ausgesucht. Während der Führer in Berchtesgaden von mühevoller Arbeit Erholung suchte, setzte von München aus ein Nachrichtenbetrieb gewisser ausländischer Korrespondenten ein, die ausgerechnet die Weihnachtsseiertage sich dazu ausgesucht hatten, allerlei geheimnisvolle Dinge aus Berchtesgaden an ihre Pariser und Londoner Auftraggeber zu senden. Drei Tage lang haben sie durch die Telephone die unsinnigsten Nachrichten gegeben, Meldungen, die so fadenscheinig sind, daß sie sich mit Leichtigkeit widerlegen ließen. Diese bezahlten Gerüchtemacher berichteten, daß während der ganzen Weihnachtsseiertage beim Führer in Berchtesgaden entscheidende Besprechungen geführt wurden, an denen angeblich Reichsminister Göring, Dr. Goebbels, Botschafter von Ribbentrop, die Oberbefehlshaber von Heer und Marine, Reichsaußen minister von Neurath, der Reichsbankpräsident Dr. Schacht, Gesandter von Papen und eine ganze Reihe anderer Mitarbeiter des Führers beteiligt waren. In stundenlangen Beratungen hätte man zusammen gesessen. So weit die Zeitungsschreiber aus Paris und London. Sie hatten Pech! Denn der Zufall wollte es, daß bei dem Brandunglück der Berliner S-Bahn Ministerpräsident Her mann Göring und Reichsminister Dr. Goebbels erschienen, um sich von hen Löscharbeiten zu überführen und sich von dem Brandunglück an Ort und Stelle berichten zu lassen. Bilder belegten die Tatsache. Peinlich für die Herren, die von Berchtesgaden anderes zu berichten wußten, denn so war der einfache Beweis erbracht, daß ihre Meldungen Lügen waren. Wenn Göring und Goebbels am Potsdamer Platz in Berlin waren, konnten sie schlecht zu gleicher Zeit in Berchtesgaden weilen. Und so wie die beiden genannten Minister während der Weihnachtsfeiertage zu Hause waren, so feierten alle die anderen, die angeblich zu den ent scheidenden volitischen Besprechungen nach Berchtes gaden besohlen waren, friedlich daheim das Weih nachtsfest. Ein Telephonanruf, ein Telegramm hätte die Nachrichten erfinder überzeugen können. Oie Hintergründe zu den Tatarenmeldungen Nun fragen wir uns, wozudieseGerüchte, wo her das Interesse und woraus erklärt sich die zweifellos in Paris und London herrschende Nervosität, die den Gerüchtemachern den Auftrag gaben? Ohne Frage bereitet die Entwicklung der Dinge in Spanien den französischen und enguichen Staatsmännern große Sorge. Noch kurz vor den Feiertagen hatte der Nichteinmischungsausschuß in London über die F r e i w i l l i g e n f r a g e in Spanien Beratungen abgehalten, und die englische und französische Regierung haben eine Reihe von Mächten auf die Be deutung dieser Frage hingewiesen. In Deutschland Hai man diese Entwicklung der Dinge vorausgesehen, und die Reichsregierung hat mehrfach schon vor Monaten darauf hingewiesen, daß der Zuzug von Freiwilligen nach Spanien die Frage der Einmischung an der Wurzel treffe. Damals haben London und Paris die Lösung der Frei willigenfrage abgelehnt. Jetzt packt sie die Angst, da sie sehen, daß Sowjet» rutzland ganz systematisch und ohne Tarnung immer mehr Hilfstruppen für die spanischen Bolschewisten schickt. Es ist eine der größten Grotesken der Zeitgeschichte, daß dasselbe Sowjetrußland, das im Nichteinmischungsaus schuß jeder Verschärfung der Nichteinmischung zustimmt, die spanischen Bolschewisten mit Mannschaften, mit Waffen und Munition öffentlich unterstützt. Welche Ausmaße diese Unterstützung angenommen habe, davon gibt das Lon doner Reuterbüro eine Vorstellung, das in diesen Tagen eine Liste der Sowjetlieferungen veröffentlicht hat. Danach ist die von Sowjetrußland ge führte und bewaffnete „Internationale Brigade" 7000 Mann stark, die Bolschewisten erhielten die modernsten Kampf- und Bombenflugzeuge von Moskau, Tanks, Artillerie, Tankabwehrgeschütze, Kraftwagen und der gleichen mehr sind in unkontrollierbaren Mengen nach Spanien gegangen. Und das in der Zeit, in der der Nicht einmischungsausschuß sich den Kopf darüber zerbricht, wie er die Nichteinmischung Tatsache werden lassen soll. Versuchter Druck auf Deutschland? In Paris und London scheint man jetzt zu der Ueber- zeugung gekommen zu sein, daß mit der Freiwilligen frage die Nichteinmischung steht und fällt. Diese Sorge hat eine Nervosität hervorgerufen, und in diese Unruhe möchte man scheinbar auch Deutschland hineinziehen; des halb die Zweckmeldungen aus Berchtesgaden, um der Welt zu zeigen, daß die deutsche Reichsregierung ernste Sorgen hat, die ihr nicht einmal ein friedliches Weih nachtsfest erlauben. Vielleicht steht sogar eine amtliche Stelle hinter diesen Erfindungen, und man will nach be« um 10 Prozent auszuweiten. In den ersten 10 Monaten des Jahres war die Ausfuhr um rund 445 Millionen Mark größer als im Vorjahr, obwohl die durchschnitt lichen Ausfuhrerlöse noch weiter zurückgegangen sind. Die Hauptträger der Ausfuhrerzeugnisse waren die Maschinen industrie, Eisenindustrie und die Textilindustrie. Ihnen folgte die Kraftwagen- und chemische Industrie, der Berg bau und die Papierwarenindustrie. So erfreulich dieser Fortschritt im ersten Augenblick erscheinen mag, so un befriedigend bleibt er im Rahmen unserer Gesamtwirt schaft. Es ist ein offenes Geheimnis, daß eine aus höchsten Touren laufende Wirtschaft eines Landes, das nicht über Rohstoffe verfügt, auf die verstärkte Einfuhr von Rohstoffen angewiesen ist. Der deutsche Einfuhrbedarf bei uns kann nicht in vollem Maße gedeckt werden, da der Devisenanfall aus der Ausfuhr nur die Befriedigung der dringendsten Einfuhrwünsche gestattet. Da es sich bei den fehlenden Einfuhrgütern überwiegend um industrielle Rohstoffe handelt, blieb keine andere Wahl, als die Suche nach heimischen Rohstoffen. Die bisher größten Fortschritte auf dem Gebiet der heimischen Rohstoffgewinne hat die Zellwolle gemacht, die heute bereits qualitativ gleichwertig neben den Naturprodukten steht. So kommt es, daß die Nachfrage nach Zellwolle heute bereits die Erzeugung übertrifft, und ein entsprechendes Produktionsausbauprogramm notwendig gemacht hat. Beste Fortschritte machte auch die Gewinnung von synthe tischem Gummi und die Erdöl gewinnung. Das Ver sprechen des Ministerpräsidenten Göring, daß in 18 Mona ten das deutsche Benzin fertig sei und daß wir dann mit Benzin unabhängig sind, ist bekannt. Eine starke Stütze erfuhr die deutsche Textilwirtschaft durch die Ausweitung des Anbaus von Hanf und Flachs und die Ver mehrung der Schafzucht Neben diesen großen Auf gabengebieten ist es dem deutschen Forschergeist gelungen, eine Reihe neuer Werkstoffe ausfindig zu machen, so Hartporzellan, Kunstharz usw. Das kommende Jahr wird in erster Linie eine Fortsetzung dieses großen Kamp fes um deutsche Rohstoffe bringen. Die gnten Beschäftigungsmöglichkeiten in der deut schen Wirtschaft bedingten naturgemäß auch ein ent sprechendes Ansteigen des Lohn- und Ge haltseinkommens, das sich wiederum in einem vermehrten Verbrauch auswirkte. Allein die Einzel handelsumsätze sind in der Zeit von Januar bis August 1936 um 9,5 Prozent gestiegen. Das Lohneinkommen wuchs um 2,5 Milliarden gegenüber dem Vorjahr. Trotz des verstärkten Verbrauchs blieben noch Mittel genug für die Kapitalbildung übrig. Nach fachmännischer Schätzung flossen allein den Sparkassen rund 800 Millionen Mark, den Genossenschaften 300 Millionen, den Versicherungen 1,2 Milliarden und den sonstigen Kreditinstituten 250 Millionen Mark Kapitalien zu. Nicht zu reden von den Beträgen, die im Anleiheweg dem Staate für seine Auf gaben zugeflossen sind. Ein schweres Arbeitsjahr geht zu Ende. Ein vielleicht noch arbeitsgesegneteres erwartet uns. Aber für die deutsche Wirtschaft gilt, was auch für den einzelnen Gül tigkeit hat: Wir wollen uns segnen, wenn wir wissen, wo unsere Pflichten liegen. Unsere Wirtschaftsansgabe 1937 lautet: Kampf um die Unabhängigkeit der Nation, wie in politischer, so auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Diese Auf gabe muß und wird ebenso wie die schwerwiegenden Verpflichtungen des ersten Vierjahresplans erfüllt werden.