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MsdrusferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der o Mm, >tEe "Nb Lin Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Anstellung durch die Boten 2,30 AMbei Poftbestsllung IVRvig.AIlePostanfialien Wvckenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°stb-tcnun"dun,e» träger und Geschäftsstellen nehmen zu jederzeit Be- siellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Kr»eg oder sonst. Betriebsstörungen desrekr kein Anspruch au^ Lieferung Verleitung oderKürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wennDorto berliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die ^gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen4V Reichs- Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeilr im textlichen Teile 1 RMK. Nachwei'sungsgebLhr 20 Relchspfennige." Vor» Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 onnahrnedisvorm.IVÜHr. ' > — -- --- -— ..... -- Für die Richtigkeit der durch Fernruf Übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anz. nehmen alleDermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 283 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruss-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 5. Dezember 1931 Verunglückte Experimente. Jnflationsgist. — Ehrbare Kaufleute. — Die Winter hilfe-Notverordnung. Ja, wenn man die Inflation dosieren könnte wie irgendein Midikament, das „dreimal täglich zehn Tropfen" eingeslötzt würde! Das ist sie nicht, sondern eher ein Ra us chgift, das in immer grötzeren Dosen genom men werden muß, um die gewünschte und ersehnte Be täubungswirkung zu erzielen. Wir Deutsche haben das alles einmal durchgsmachi — freilich sind wir dazu ge zwungen worden — und wissen auch schmerzhaft genau, wie furchtbar schwer und opfervoll die spätere „Entwöh nungskur" ist. Auch in England hat man bestimmt nicht damit gerechnet, daß das Pfund Sterling 33 Prozent seines Goldwertes einbüßen würde, wie es jetzt geschehen ist. Im September, als die Goldeinlösungspflicht für das englische Pfund aufgehoben wurde und dieses nun ins Rutschen kam, hat man wohl geglaubt, rechtzeitig bremsen zu können und nur eine kleine Dosis „Inflation" nötig zu haben, um eine wirkliche Inflation rechtzeitig zu ver meiden. Man mag es in England durchaus nicht ungern gesehen haben, daß die lieben Nachbarn und Freunde von einst, die im Besitze gewaltiger Pfundbestände oder Pfund- fordcrungen sind, nun natürlich große und mit der Pfund entwertung steigende Verluste erleiden. Die Deutsche Neichsbank gehört übrigens nur in sehr geringem Umfange zu diesen „Leidtragenden", da ihr Pfunddcvisen- bcsitz klein war und ist. Desto schlechter ging es der hol ländischen und namentlich der französischen Staatsbank; man schätzt den Verlust der Bank von Frank reich heute auf mindestens 500 Millionen Mark, da die dort lagernden Devisen oder sonstigen Forderungen in englischen Pfunden sich auf etwa etwa 1,6 Milliarden belaufen sollen. Allerdings ist diePfundschwäche auch wieder eine sehr gefährliche Waffe in der Hand Frankreichs einerseits im politischen Kampf um die Zu kunft des Young-Planes, der deutschen Kurz- kredite und nicht zuletzt beim Ringen um die Welt abrüstung, andererseits versucht man durch den stän digen Druck aus das Pfund den englischen Hochschutz - zoll Plänen und -beschlössen entgegenzuwirken. Wil Deutsche haben ja die bittere Erfahrung noch längst nicht vergessen, was es heißt, im Zeichen der Inflation einen mengenmäßig vielleicht rasch steigenden Export zu be treiben: das bedeutet wachsende Verluste am Volksvermögen! Und wir sehen jetzt auch, daß die von der Währungsentwertung noch nicht betroffenen Staaten sich ihrerseits mit immer höheren Zöllen gegen jenes „Valutadumping" zu schützen versuchen — auch die Reichsregierung hat sich jetzt dieses Recht zur Zollerhöhung „notverordnet" —, hinzu tritt die Absicht, auf dem gleichen Wege auch zu einer Ausgleichung der Handelsbilanz in Einfuhr und Ausfuhr zu kommen. Dieser „Protektionismus" feiert Orgien selbst in den kleinsten Länderfetzen Europas. Nurgehtdabeider Welthandel mehr und mehr zum Teufel! Verträgt er doch nie und nirgends auch nur die kleinste Dosis vom Gift der Inflation. Wir Deutsche haben — obwohl die Reichsmark selbst nach ihrer Stabilisierung fest blieb, obwohl die Zeit unserer „Entwöhnungskur" von jenem Gift nicht gerade kurz war — innerlich trotzdem die verheerenden Rück wirkungen jener Vergiftung nicht ganz überwunden; die „Millionen" spukten weiter in manchen Gehirnen. In dem so aufschlußreichen Prozeß gegen die Direktoren der „Frankfurter Allgemeinen Persicherungs-A.-G." äußerte ein Zeuge, Leiter einer deutschen Großbank — von der übrigens zurzeit, polizeilich ausgedrückt, „nichts Nach teiliges bekannt" ist —, bei seiner Vernehmung recht melancholisch, die Inflation habe eben bei vielen Geschäfts leuten „jedes Augenmaß für die Zahl zer stört". Leider hat jene Zeit noch viel mehr zerstören können! Wir sehen und erleben es ja erschreckend oft und fast am laufenden Band". Aber durchaus nicht an all und jedem ist „die Wirtschaftskrise" schuld! Man braucht S- V nur an die beiden Nobelpreisträger aus den Reihen deutschen Wirtschaft zu denken, Bosch und Bergius, '"u damit auch gleich zwei deutsche Grobunternehmungen Neunen, die ihren im Krieg gewaltsam zerstörten Welt es langsam, systematisch, produktiv, also in zielbcwußter Arbeit wicdererobert haben! Und wenn der neue Bor gende des Reichsverbandes der deutschen Industrie, Krupp von Bohlen-Halbach, der Erbe dieser Weltfirma, die „tiefbedauerlichen und ungeheuerlichen Vorgänge", die „Häufung von Unredlichkeiten im Getriebe der deutschen Wirtschaft" mit scharfen Worten geißelte und die unbedingte, wenn auch opfervolle Rückkehr auf den Weg des ehrbaren Kaufmanns verlangte, so dürfte gerade " solche Mahnung und Forderung laut denn er und sein Werk haben noch viel bei dem Wiederaufbau auf saube- als selbst die Bosch-Werke und die die Maßnahmen'der Reichsr^i^^ und durch gerade geebnet! Die „öffentliche" auch nicht „ehrlich gemacht" werden insofern^ls^ MWDl sör CWMWllNg Die ausländischen Banken sollen es der Reichsbank melden. Auf den bevorstehenden Finanzkonferenzen soll auf Anregung Frankreichs hin ein großer Plan vorgelegt werden, um das deutsche Fluchtkapital im Ausland zur Finanzierung der deutschen kurzfristigen Schulden und zur Bezahlung von Tributen heranzu ziehen. Der Plan sieht, wie verlautet, folgendes vor: Durch Gesetze in den einzelnen Staaten, also Frank reich, England, Vereinigte Staaten,'aber auch z. B. Hol land, Schweiz, Luxemburg sollen die dortigen Banken ge zwungen werden, der Zentralnotenbank ihres Landes mitzuteilen, wieviel deutsches Kapital bei ihnen angelegt ist. Die Zentralnotenbanken melden dies der Reichs bank, die feststellt, was von diesem Kapital legal im Auslande arbeitet und was steuerpflich tig ist. Das von der Reichsbank als steuerpflichtig bezeichnete Kapital wird bei den ausländischen Zentralbanken auf ein besonderes Konto zur Verfügung der Reichs bank eingezahlt, die daraus die kurzfristigen Kredite ab lösen soll. Man schätzt das deutsche Fluchtkapital im Aus lande auf ein bis anderthalb Milliarden M a r k. Der ganzen Aktion soll eine nochmalige Amnestie vorangehen, d. h. also: freiwillig zurück kehrendes geflüchtetes Kapital soll von den verwirkten Steuerstrafen befreit bleiben. Das Koover-Feierjahr.. Erster Punkt der Kongrctztagesordmmg Laut Mitteilung des Führers der republikanischen Gruppe im Washingtoner Senat, Watson, bildet die Vorlage über das Hoover-Feierjahr den ersten Punkt auf der Tagesordnung des neuen Kongresses. Für Deutschlands Wehchoheii. Die Forderungen des Stahlhelm. In einer öffentlichen Kundgebung desStahlhelm sprach Oberstleutnant a. D. Düsterberg über „Stahl helm und deutsche Wehrhoheit". In französischen militä rischen Kreisen, so führte der Redner aus, spiele man heute ernsthaft mit der Frage, ob man das Rheinland wieder besetzen oder das Saargebiet zu einem Völkerbundland machen wolle, falls Deutschland seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könne. Der Glaube, daß der Völkerbund sich für Deutschland einsetzen werde, sei wohl nur noch in Köpfen von Phantasten vorhanden. Der Stahlhelm werde bis zur Abrüstungskonfe renz in unzähligen Versammlungen das deutsche Volk darüber anfklärcn, um was es gehe. Bei unserer Waffen- iosigkeit müsse die in Genf auszustellende deutsche Forde rung durch das ganze Volk unterstützt werden, und zwar wolle man fordern, daß Deutschland das Recht erhalte, im Nahmen des von Deutschland selbst aufzustellcnden Wehr baushalts zu bestimmen, wie es die Mittel für seine Ver teidigung und seine Wehrmacht einzusetzen wünsche. Der Stahlhelm wolle keinen neuen Krieg, wohl aber einen neuen Frieden. Der Franzose wolle kerne Verständigung, sondern fordere Unterwerfung des deutschen Volkes. Deshalb wolle der Stahlhelm alle Kräfte einsetzen für die Schaffung einer Wehrmacht, damit Deutschland für seine be rechtigten Forderungen auch die notwendige Rücken- Särkung habe. Eine Unterredung Hitlers mit englischen Berichterstatter» Berlin, 5. Dezember. Wie die D.A.Z. aus London mel det, hat Adolf Hitler am Freitag in Berlin die Berichterstatter der englischen Zeitungen empfangen und ihnen Mitteilung dar über gemocht, wie er die Lags auffaßt und wie er sich die Zu kunft denkt. Zunächst hat Hitler versichert, daß er selbstverständ lich nach wie vor nur auf legalem Wege vorgehen werde. Es wäre ja, so sagte er, auch völlig sinnlos, etwas anderes zu ver suchen und alles aufs Spiel zu setzen zu einem Zeitpunkt, wo der Enderfolg vor der Tür stände und so sicher sei, wie die ihm zuhvrenden Korrespondenten im selben Raum mit ihm säßen. Er ging dann auf das Boxheimer Dokument über und erklärte, in seiner Partei entscheide nur sein Wille allein. Niemand kön ne ihn verantwortlich machen sür die privaten Taten seiner 700 OVO Parteimitglieder. DaM komme, daß in letzter Zeit im mer mehr der Versuch gemacht werde, Provokateure in die Partei hineinzulancieren. Hitler ging dann auf die Außenpoli tik über und erklärte auf eine Zwischensrage über den Ursprung des Krieges, daß weder er noch seine Parte, hiermit etwas zu tun hätten. Die Zukunft, nämlich das Verhältnis von Frank reich und Deutschland, hänge von Frankreich ab. Deutschland könne sich aber nicht auf politische Erpressung einlassen. Rach dem Kriege von 1870 sei Frankreich niedergeschlagen, aber doch nicht wehrlos gemacht worden. Mit erhobener Stimme erklärte Hitler: „Deutschland ist nicht Karthago, und Frankreich ist nicht Rom." politischer Weihnachtsfrieden. Durch „Verordnung". „Frieden auf Erden allen denen, die guten Willens sind!" lautete die frohe Botschaft, die die Engel den Hirten aus dem Feld von Bethlehem verkündeten. An diesem guten Willen des Friedens mangelt es heute mehr denn je in der Welt und besonders in der Politik. In früheren Jahren pflegten die Parteien selbst untereinander eine Art politischen Weihnachtsburgfriedemzu vereinbaren, Demon strationen, politische Reden, Aufzüge und Kundgebungen unterblieben um die Weihnachtszeit ohnehin. Angesichts der heutigen Radikalisierung der Wählermassen, nicht zu letzt der von kommunistischer Seite getätigten Propaganda gegen die weihnachtlichen Gebräuche hält man eine solche Vereinbarung anscheinend heute für unmöglich. Die Reichsregierung beabsichtigt durch Maßnahmen in Fühlungnahme mit den Ländern dafür zu forgen, daß während der Weihnachtszeit alle politischen Versamm lungen und Kundgebungen unterbleiben. Diese politische Weihnachtsruhe soll bis znm 6. Januar dauern. Besser als solcher Frieden „durch Notverordnung" wäre aller dings ein Weihnachtsfrieden „aus gutem Willen". Gegen den Mißbrauch von Waffen beabsichtigt ferner die Regierung schärfer vorzugehen. Sie unbedingt valanciert oder, wo dies nicht mehr der Fall ist — und leider liegt dieser Fall vom Reich über die Länder bis zu zahllosen Gemeinden herunter ganz offen vor! —, wieder zum Ausgleich gebracht werden sollen. Es ist ja bezeichnend, daß sozusagen im Anfang des Er scheinens der „W i n t e r h i l f e" - N o t v e r o r d n u n g eine eiligst einberufene Zusammenkunft der Länderfinanz minister in Berlin gestanden hat. Da wird es der Privat wirtschaft vom Arbeitgeber bis zum letzten Arbeitnehmer trübe um den Sinn und wer an einen energischen Abbau der „festen" Kosten in Erzeugung und Handel, also vor allem der öffentlichen Lasten mannigfachster Art, geglaubt hat, um auf diese Weise auch zum Preisabbau gelangen zu können, seufzt jetzt mit Dante: „Laßt alle Hoffnung fahren". Aber bisweilen sind nicht bloß Hoffnungen, son dern auch — Befürchtungen enttäuscht worden. Dr. Pr. will, wie verlautet, nötigenfalls durch eine Notverord nung die Länderregierungen ermächtigen, Maßnahmen gegen Waffenmißbrauch zu ergreifen. Vorgesehen soll u. a. eine Anmelde- und Ablieferungspflicht für Waffen sein, desgleichen eine Konzessions pflicht für Waffenhandlungen. Arbeitsbeschaffung das Gebot der Stunde. Erklärung der Spitzengewerkschaften. Die Spitzengewerks chaften aller Richtungen, einschließlich der B c a m t e n b ü n d c, traten erneut zu sammen. Über das Ergebnis der Besprechung teilt der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund mit: „Angesichts der mit jedem Tage zunehmenden Nöte der Volksmasscn, insbesondere der Millionen Arbeitslosen, herrschte volle Übereinstimmung darüber, daß die Ar» beitsbeschaffung und die Wiedereinschaltung der Arbeitslosen in den Arbeitsprozeß nach wie vor das dringendste Gebot der Stunde ist. Ebenso müsse die Kaufkraft der Volksmassen geschützt und der so ziale Schutz der Arbeitnehmerschaft aufrechtcrhalten werden. Eingehend befaßte die Besprechung sich mit dem würdelosen Bruderkrieg, in dem weite Kreise des deutschen Volkes sich gegenwärtig zerfleischen. Man beschloß, sich mit einer gemeinsamen Ver lautbarung an die Öffentlichkeit zu wenden." * Billigeres Geld verlangt. Wirtschaft und Reichsbank. Auf der Tagung des Deutschen Industrie- und Handelstages sand eine ausgedehnte Aus sprache zwischen Vertretern der Wirtschaft einerseits und dem Reichsbankpräsidenten Dr. Luther andererseits statt. Namens der Schwerindustrie verlangte Dr. Silverberg eine Erweiterung des Kreditvolumens für die deutsche Wirtschaft, die von der Reichsbank durch die Senkung des Diskontsatzes herbeigeführt werden könne. Dem widersprach D r. Luther; es habe sich gezeigt, daß eine Herabsetzung des Reichsbankdiskonts weder in Zeiten sinkender Konjunktur noch während des tiefsten Standes der Wirtschaftskrise rv