Volltext Seite (XML)
MsdmfferTageblatl Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Tageblatt" erscheint werltags nachm. ^Uhr. BezugSpr. monatl.L RM. frei Haus, bei Postbestellung IM RM. zuzügl. Bestellgeld. Einzelnummer lo Rpf. Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle »ebmen zuiederZeitBe- „ ,, . stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt fUk WtlsdrUss U. UMgLgeNd sonstiger Betricbsstörun- gen besteht kern Anspruch -- — auf Lieferung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufliegender Preisliste Nr. S. — Ziffer-Gebühr: 20 Rpfg. — Borgeschrie bene ErscheinungStage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen-Annahme bis vormittags Ist Uhr. . . - r» , .. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermtt- Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 tetten Anzeigen überneh men wir keine Gewähr. ' " ' — Bei Konkurs und Zwangsvergleich erlischt jeder Anspruch auf Nachlaß. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 243 — 94. Jahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 17. Oktober 1935 Run- um die Sanktionen. Die Forsche, mit der man in Genf an die Sanktions- srage herangegangen ist, scheint etwas gedämpft. Es ist nicht alles so klar und einfach, wie eS nach außen hin erscheinen mag. Es ist auch nicht so, daß die 52 Staaten, die sich grundsätzlich für Sanktionen gegen Italien aus gesprochen haben, so ohne weiteres bereit wären, mitzu machen. Es klingt zwar sehr gut, wenn man nach außen hm erklärt: „Seht, die ganze Welt ist einig in der Frage der Sanktionen, und Italien hat die ganze Welt, soweit ste im Völkerbund eingefangen ist, gegen sich." Aber es tst in Genf genan so wie im menschlichen Leben über haupt. Der heilige Egoismus ist oft stärker, und so mancher Staat, dessen Vertreter in Genf zur Sanktions- ftage mit dem Brustton der Überzeugung Ja gesagt hat, denkt im Innern etwas anders darüber. Italien ist ja schließlich ein Großstaat, dessen wirtschaftliche Beziehungen über die ganze Welt gehen. Und es trifft ja nicht nur Italien, wenn man Sanktionen beschließt. Es trifft auch die Staaten, die nun, wie man in Genf will, nichts juehr an Italien liefern sollen. Diese Seite der Sank- nonsfrage berührt doch sehr ernsthaft die eigenen Jnter- ftftn so manchen Staates. So ist also die Sanktionsfrage mehr als eine bloße -Raßnahme gegen Italien. Sie ist vielmehr wieder ein- uml eine Probe aufs Exempel. Gewiß, die Engländer fuhren bisher noch in der Sanktionsfrage, aber sie Swuben scheinbar auch nicht mehr ernsthaft daran, daß ihnen gelingen wird, alle Völkerbundsstaaten unter kMen Hift zu "bringen. So würde es nicht nur für Ugland, sondern auch für den Völkerbund peinlich werden, wenn sie eingestehen müßten, daß das Sanktions- "e?, das man über Italien zu legen gedenkt, einige Löcher Kommt hinzu, daß Frankreich die ganze Sanktions- Wchichte mit geteilten Gefühlen mitmacht. Frankreich Ann es sich nicht leisten, England zu verstimmen, es will sich aber auch Italien nicht zum ewigen Feinde fachen. Es steht so zwischen Baum und Borke. : .. Kein Wunder daher, wenn Frankreichs Minister präsident und Außenminister Laval jede Möglichkeit ^greift, um im Abessinienkonflikt zu vermitteln. Laval hat mit dem englischen Botschafter Clerk und dem italienischen Botschafter Cerutti in Paris eine Aus- fprache gehabt; in der sicherlich alle Möglichkeiten einer friedlichen Beilegung des Streites erörtert worden sind. Vielleicht wäre allen Beteiligten in Genf heute sehr Wohl, wenn Lavals Vermittlnngsgesuch von Erfolg gekrönt wäre. Dann würde der Völkerbund zum mindesten mancher Schwierigkeit enthoben sein, und er könnte viel leicht nachher sogar noch für sich den Ruhm in Anspruch Nehmen, daß er die friedliche Beilegung des Abessinien konflikts zustande gebracht hätte. . Zwar hat Mussolini bereits mehrfach Vorschläge zur Beilegung des Abessinienstreites abgelehnt, aber Laval scheint die Hoffnung zu haben, daß die Besetzung einiger Gebiete in Abessinien den Duce vielleicht heute doch etwas versöhnlicher stimme. Man spricht bereits davon, daß Laval die Tatsache der Besetzung der Provinz Tigre sehr in den Vordergrund gerückt hat, und auch die Be setzung von Teilen der Provinz Ogaden im Süden nicht zu übersehen gedenkt. Es hat fast den Anschein, als wollte man bei den Vermittlungsvorschlägen diese beiden Tatsachen anerkennen, um auf dieser Basis mit Mussolini zu einer Einigung zu gelangen. Dabei müßte allerdings der Duce wohl die Selbständigkeit Abessiniens an erkennen, was er im September nicht hat zugeben wollen. Abessinien würde man vielleicht durch einen Hafen am Roten Meer entschädigen und ihm einen Korridor durch Somaliland schaffen. Wie immer, werden also in Genf wieder die Fäden hinter den Kulissen gezogen. Frankreich, dem wohl schon etwas bange vor dem eigenen Mut in der Sanktionsfrage ist, wäre heute vielleicht froh, wenn Mussolini nicht mehr so ab lehnend wäre wie im September. Und mit Frankreich würde auch sicher eine ganze Reihe von Staaten sich glück lich schätzen, wenn die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Italien nicht in Kraft träten. Für England würde man sicher geschickt eine Brücke bauen, um zu verhindern, daß es etwa hieße, England habe sich nicht im Völkerbund durchsetzen können. Es wird sich schon machen lassen, daß die englische Regierung, die ja die Sanktionsfrage heute sehr unter innerpolitischen Gesichtspunkten betrachtet, un beschadet aus dieser Klemme herauskäme. Den englischen Konservativen, die die Regierung bilden, würde man sagen können: Ihr seht, daß wir in dem Augenblick, wo das britische Imperium in Gefahr kommt, alles tun, um diese Gefahr abzuwenden, und der Opposition gegen die Regierung würde man sagen: Ihr seht, wir sind im Interesse des Weltfriedens und des Völkerbundes mit aller Schärfe vorgegangen, und es ist uns gelungen, die Brandfackel zu löschen. So wäre schließlich in Genf allen wohl am besten damit gedient, wenn der Abessinienstreit auf irgendeine Weise friedlich beigelegt werden könnte, und die in den Satzungen des Völkerbundes vorgesehenen Strafmaß- nabmen nicht in Kraft zu treten brauchten. SaMWU L englischen Awett England hält zum Völkerbund — Der Vermittlungsversuch Lavals unerwünscht und aussichtslos? Das englische Kabinett hat in einer Sitzung am Mittwoch einen Bericht Edens entgegengenom men und über die Frage der Sanktionen beraten. Auch in der englischen Öffentlichkeit befaßt man sich lebhaft mit den Sanktionen und vor allem mit den soge nannten Pariser Vermittlungsvorschlägen. In der „M o r n i n g p o st" wird die Haltung der englischen Regierung dahin umrissen, die allgemeine Hal tung der Regierung sei, daß die Lösung das Siegel des Völkerbundes tragen müsse. Sie sei entschieden gegen einen Friedensschritt, der darauf abziele, Italiens Erfolge in Abessinien zu legalisieren. Die Gründe für diese Hal tung seien dreifacher Art: 1. Das Experiment der Sühnematznahmen müsse, wenn es lehrreich sein solle, bis zum Abschluß durchgeführt werden. 2. Je entschlossener der Völkerbund sich im gegenwärtigen Falle zeige, desto größer werde die abschreckende Wirkung auf künftige Angreifer sein. 3. Tas Ansehen des Völkerbundes würde schweren Schaden erleiden, wenn es ihm nicht gelänge, seinen Willen auch nur zum Teil durchzusetzcn. Die englische Presse berichtet ferner, daß der britischeBotschafter Laval erklärt hat, nach seiner Ansicht werde die britische Regierung keine Einigungs grundlage billigen, die nicht in erster Linie die Zurück nahme der italienischen Truppen von abessi nischem Gebiet vorsehe. Die Genfer Staatsmänner seien der Ansicht, daß der Völkerbund nichts zur Förderung einer Verein- varung tun könne, die eine Austeilung Abessiniens zur Grundlage habe. Es stehe außer Zweifel, so schreibt von den franzö sischen Zeitungen das „Echo de Paris", daß die Hal« tung der französischen Regierung in keiner Weise den eng lischen Erwartungen entspreche, und es wäre falsch, wollte man sich die Tatsache verheimlichen, daß die fran zösisch-englischen Gegensätze von heute sich in sehr ernster Form in der Zukunft auswirken könnten. Der gleichen Ansicht ist auch das „Oeuvre", das von einer sehr ge spannten Atmosphäre in Genf spricht. In der „Vic- toire" wendet sich Hervö an die französische Öffentlich keit und fordert sie auf, den Machtsaktor England nicht zu unterschätzen. Rom sehr zurückhaltend. Gegenüber den viel erörterten Gerüchten über diplomatische Bemühungen Lavals im Sinne einer Überbrückung des Gegensatzes zwischen Rom und London wird in italienischen zuständigen Kreisen sehr große Zurückhaltung geübt. Im gegenwärtigen Augenblick müsse man die Aussichten auf einen Erfolg angesichts der Tatsache sehr gering einschätzen, daß Eng land sich auf das entschiedenste jedem Vermittlungs verfahren außerhalb des Völkerbundes entgegenstelle. Italien habe die Bemühungen Lavals, zu vermitteln, stets zu würdigen gewußt und werde daher auch, falls irgendwelche Vorschläge gemacht werden, sie aufmerksam prüfen. Vorläufig könne jedoch keine Rede davon sein, daß bereits irgendwie greifbare Pläne näher er örtert worden seien. , England sor-m völlige Handelssperre gegen AM. DieAusschüssederSanktionskonferenz verhandelten am Mittwoch in Genf wieder über die wirtschaftlichen Sanktionen, und zwar der Ausschuß über die Sperre der Einfuhr aus Italien und der Ausschuß über die Entschädigungen und die gegen seitige Unterstützung. Das Generalsekretariat des Völker bundes veröffentlicht den Wortlaut des von der eng lischen Regierung schriftlich vorgelegten Vorschlages über das Verbot der gesamten Einfuhr italienischer Waren in die Mitgliedstaaten des Völkerbundes. Der Vorschlag lautet u. a.: „Die Regierungen der Mit gliedstaaten des Völkerbundes werden die Einfuhr aller Güter in ihr Staatsgebiet (mit Ausnahme von Gold- und Silberbarren sowie Geldstücken) untersagen, wenn diese .Güter aus Italien oder einer der italienischen Besitzungen kommen, vom italienischen Ackerbau oder der italienischen Industrie stammen oder entsprechend aus den italienischen Besitzungen, ganz gleich, von welchem Ort die Waren ab geschickt werden. Die Ackerbaugüter und die in Italien hergestellten Waren oder auch die Waren und Ackerbau- güter aus den italienischen Besitzungen, die einer Ver arbeitung in einem anderen Land unterworfen sind, sowie Waren, die zum Teil in Italien oder den italienischen Besitzungen hergestellt sind und zum Teil in einem an deren Lande, fallen gleichfalls unter das Verbot. Die Güter, welche augenblicklich Gegenstand einer laufenden Verpflichtung sind, sollen von dem Verbot nicht ausge nommen sein. Die Güter, die sich bereits auf Fracht be finden, sind, wenn das Verbot nicht durchführbar ist, ausgenommen." Der Entwurf Edens hat die Zustimmung der skandinavischen Staaten sowie Hollands, Belgiens, Ru mäniens und Sowjetrußlands gefunden. Ein aktiver Widerstand trat auf keiner Seite in Erscheinung, doch machten einige Länder, darunter Spanien und die Schweiz, gewisse Vorbehalte. Ein Beschluß wurde nicht gefaßt, da zunächst der Ausschuß für gegenseitige Unter stützung befragt, d. h. die Frage der Entschädigungen ge klärt werden soll. Außer den Verhandlungen über die gegenseitige Unterstützung wurde für Mittwochnachmittag eine Sitzung des Großen Ausschusses angesetzt. Außerdem hat der juristische Ausschuß der Sank tionskonferenz sich mit der völkerrechtlichen Frage befaßt, inwieweit die Erklärungen Österreichs und Ungarns mit der Völkerbundssatzung übereinstimmen und inwieweit die Parlamente bei der Durchführung der Sanktionen in demokratisch regierten Staaten wirklich herangezogen wer den «utile». In Kreisen der englischen Abordnung in Genf be hauptete man am Mittwochnachmittag, nachdem am Vor mittag verschiedentlich die Abordnungen untereinander Fühlung genommen hatten, daß man mit einer Annahme der in Paris gemachten Vorschläge durch London nicht rechne. Je stärker übrigens der Wider st anddereng- lischen Regierung werde, um so mehr werde, so wird aus Genf berichtet, in Genf von Kreisen, die hinter Laval stehen, behauptet, daß es sich nicht um einen fran zösischen, sondern um einen französisch-italienischen Vor schlag handele, weil man die Verantwortung möglichst vo« Laval wieder fortnehmen möchte. Veschlüffe der Vollsitzung. In dem Großen Ausschuß und der Voll sitzung der Sanktionskonferenz hat man nacheinander die Vorschläge des juristischen Ausschusses und die Vorschläge des militärischen Ausschusses angenom men. In der Entschließung des Juristenausschusses steht eigentlich nur der eine wichtige Satz, daß nach Auffassung dieses Ausschusses alle Mitgliedstaaten des Völkerbundes die Pflicht haben, die notwendigen Maßnahmen zur Durchfüh rung ihrer Verpflichtung nach Artikel 16 der Völker» bunossatzung „mit der größten Schnelligkeit" zu treffen. Man hat dann weiter sowohl in dem Großen Ausschuß wie in der Vollversammlung zu der Liste für das Waffen ausfuhrverbot noch einige Materialien für den chemi schen Krieg und den Gaskrieg hinzugenommen, hat aber gleichzeitig festgestellt, daß überhaupt der chemische Krieg und der Gaskrieg durch internationale Vereinbarungen v e r b o t e n sind. Mit Recht wies der schweizerische Delegierte Mottain der Vollversammlung darauf hin, daß man unter diesen Umständen auch Abessinien an das Verbot erinnern müsse oder zum min desten Abessinien nicht etwa der Gaskrieg gestattet sei. Zu Beginn der Sitzung machte der Vertreter Vene zuelas einen allgemeinen Vorbehalt hinsicht lich der Beteiligung seines Landes an Sanktionsmaß nahmen unter Berufung auf seine schlechte wirtschaftliche Lage. Er erklärte, es solle mit anderen als Gewaltmitteln eine Lösung des Streitfalls angestrebt werden. In der Erörterung über die gegenseitige Unter- stützungs- und die Entschädigungsfrage ist man im Laufs des heutigen Tages überhaupt nicht weitergekommen. , Lavals Vermittlungsvorschlage. Ju London liegen nunmehr genauere Mitteilungen über den Inhalt der Vermittlungsvorschlage Lavals zwi lchen Liaüß» und Lnüland üzw. dem MllrrlmnL