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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. er - Geschäftsstelle, nehmen zu jederzeit Bestellungen ent- Wochenblatt fllt WllsVrUss U. UMsteqeNd gegen. Im Falle höherer Gewalt, od. sonstiger " » Betriebsstörungen besteht dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anz-igrnpr-il- I°ul ousliegendcm Tori! Nr. «. — N a ch we n u ng r.»e b ü dr «20 Np!g. - Dorgelchriebene Erscheinungslage und Platznorschrislen weiden nach Mögiichdeil berüchsichrig«. — Anzeigen - Annahme durch Fernruf üdcrma. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr.ZOöi^-nd'AnAÄn^b^ men nur deine Ecwähr. _ Irdcr Siadalianspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber jn Konkur» Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 206 — 94. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 4. September 1935 Dis Schätze -es schwarzen Kaiserreichs. Die wirtschaftliche Bedeutung Abessiniens. Durch die Nachricht von dem Konzessionsvertrag, den der Kaiser von Abessinien mit einer englisch-amerikani schen Gesellschaft geschlossen hat, wird die Aufmerksamkeit der Welt von dem politischen Streit zwischen Italien und Abessinien auf die wirtschaftliche Bedeutung des Kaiserreichs gelenkt. Wer wußte bisher etwas von Abessinien? Abessinien, der einzige noch selbständige Staat in Afrika, ist rund doppelt so groß wie Deutsch land; aber es ist sehr dünn besiedelt. Die Ziffern über die Bevölkerungszahl schwanken zwischen 514 und 10 Mil lionen Einwohnern. Es ist in der Hauptsache eine Hoch fläche, die bis zu 2000 Meter über dem Meer ansteigt nnd von Gebirgen durchzogen wird, die sich bis 3000 und 4000 Meter erheben. Neben einigen weniger bedeutenden Fluß läufen durchzieht der Blaue Nil das Land, der seinen Ursprung im Tanasee hat. Im großen und ganzen ist das Land unwegsam. Jn den Niederungen ist das Klima heiß, feucht und fiebergefährlich, in den mittleren Lagen warm und für den Anbau von Früchten und Getreide günstig und in den höheren Lagen gemäßigt und teilweise kühl. Dort, wo die Möglichkeit zum Ackerbau vorhanden ist, gibt es oft zwei, ja drei Ernten im Jahre. Die Folge ist, daß der größte Teil der Bevölkerung sich von Ackerbau und Viehzucht nährt. Neben den üblichen Getreidearien wird Gerste, Mais und Reis an gebaut, und nicht zu vergessen Baumwolle und Gummi. Hier werden aber bis heute noch unzureichende Mengen gewonnen, während bei systematischem Ausbau noch sehr viel mehr angebaut und geerntet werden könnte. Kaffee. Rohrzucker und Bananen sind Ausfuhrartikel, aber nicht von großer Bedeutung. Die ganze Landwirtschaft ist überhaupt lediglich dazu bestimmt, die Menschen im Lande selbst zu ernähren. Ebenso ist es mit der Viehzucht. Riesige Viehherden, die man auf ungefähr 20 Millionen Stück be rechnet, weiden im Innern des Landes. Häute und Felle sind ein Posten in der Ausfuhr des abessinischen Kaiser reichs, der mit etwa 250 000 Pfund Sterling zu Buche steht. Nicht zu vergessen ist die Bienenzucht, die einen beachtlichen Umfang einnimmt. Das Bienenwachs ist eben falls ein bedeutender Ausfuhrposten und geht in der Hauptsache nach Großbritannien. Im großen und ganzen ist Abessinien ein Muster beispiel für die Ernährung aus eigener Scholle. Es hat niemals in die Welthandelspolitik eingegriffen, und das, was die Welt aus dem schwarzen Kaiserreich bezieht, macht in der Welthandelsbilanz nu* einen ganz kleinen Posten aus. Aber das liegt daran, daß das Kaiserreich so wenig erschlossen ist. Es ruhen sicherlich große Schätze in diesem Lande. Nicht nur, daß die Agrarprodukte sicherlich wesent lich gesteigert werden könnten, birgt das Land noch un- Leheure Bodenschätze, als da sind Gold, Platin, Kupfer, Eisen, Kohle, Blei und Petroleum. Wenn man jetzt durch den Konzessionsvertrag plötzlich überall das Wort Ql in Abessinien hört, so weiß bis jetzt noch niemand, ob dieses Ql überhaupt in nennenswerten Mengen vor handen ist. Und wenn man von Petroleum spricht, so kann noch niemand angeben, wo und wieviel Petroleum vor handen ist. Aber mit Konzessionsverträgen sind die Schätze allein nicht gehoben. Denn dazu gehört nach eine Technik, die sich nicht von heute auf morgen aufbauen läßt. Man darf nicht vergessen, daß es kaum Verkehrs st ratzen dort gibt. Es sind meist nur Karawanenstraßen nach dem Sudan und Eritrea, über die die Schätze des Landes ins Ausland gehen. Nur eine Eisenbahnlinie gibt es von Addis Abeba nach Djibuti, die in französischem Besitz ist, an der aber auch seit einigen Monaten die Italiener be teiligt sind. Zu einer Ausbeutung des Landes würde also ein Ausbau der Verkehrswege gehören, und der ist nicht über Nacht zu bewerkstelligen. Außerdem ist man sich durch aus noch nicht im klaren, ob bei diesen Schwierigkeiten die Bodenschätze groß genug sind, so daß sie einen Abbau lohnen. Die Goldproduktion, die hauptsächlich von den Einheimischen betrieben wird, ist unbedeutend und wird mit 175 Kilogramm im Jahrsdurchschnitt berechnet. Einen schnelleren Aufschwung Hai der Platinbergbau ge nommen, der in den letzten Jahren durchschnittlich 200 Kilogramm erbrachte, über Umfang und Wert der an deren Bodenschätze sind sich die Gelehrten durchaus noch nicht einig. Wie wenig das Land sich bisher in den Weltverkehr eingeordnet hat, beweist die Währung. Das wichtigste Zahlungsmittel ist der Silbertaler, und zwar in der Haupt sache der Maria-Theresiataler. Das ist jene Münze, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Handelsleben des Morgenlandes die vorherrschende Stellung einnahm. Die Banknote har den Taler bisher noch nicht verdrängen können, und es gibt Wohl keinen Einwohner in dem großen Kaiserreich, der sich aus irgend ein anderes Zahlungsmittel einlassen würde. Abessinien-Streit Min MerM. Das Genfer KuWenfpiel. Der Völkerbundsrat gibt nur den Nahmen für dis englisch-französische Abessinienauseinandersetzung ab. Die bekannten Gesichter, die nun einmal zu einer Ta gung des Völkerbundes gehören, sind alle wieder in Genf versammelt. Alle diese alten Völkcrbnndskämpen werden aber diesmal wohl mehr oder weniger nur Statisten sein. Das Hauptinteresse beanspruchen der englische Völker bundsminister Eden und der französische Minister präsident Laval. Die Ratstagung ist eigentlich nur der Rahmen für die englisch-italienisch-französische Ausein andersetzung über den Abessinienkonflikt. Die Entscheidung — wenn überhaupt eine fällt, was sehr zu bezweifeln ist — fällt wie gewöhnlich hinter den Kulissen. Da man aber die Ratstagung ip üblicher Form ablaufen lassen muß, muß ja wohl oder übel auch eine Tagesordnung festgelegt werden. Da Abessinien der klageführende Staat ist, ergibt sich von selbst, wenn nicht noch ein Programmstreit ausbricht, folgende Reihenfolge in den Verhandlungen: 1. Vorlegung des Berichts des Schlichtungsausschusses über Ual-Ual. 2. Vorlegung des Berichts über die Pariser Dreimächte- besprcchnngen. 3. Rede des abessinischen Vertreters. 4. Rede des italienischen Vertreters. Hierauf wird der Völkerbundsrat selbst über das zu befolgende Verfahren zu beschließen haben, u. a. auch über den Artikel der Völkerbundssatzung, der zur An wendung kommen soll. Die Entscheidung hierüber wird von den Besprechungen der Vertreter der einzelnen Mächte untereinander und besonders von der Entwick lung des französisch-englischen Meinungsaustausches abhängen. Oie (Suche nach dem Vergleich. Die Vorbesprechungen zwischen Eden und Laval in Paris haben keine Entscheidung ge bracht. Man rechnet in französischen Kreisen, daß Laval in Genf einen neuen Ausgleichsversuch unter nehmen werde. Möglicherweise werde sein in Genf zur Sprache kommender Vergleichsvorschlag die erwünschte Lösung bringen, denn er scheine die Würde Italiens zu wahren, Großbritannien zufriedenzustellen und das An sehen des Völkerbundes zu schonen. über das Ergebnis der Zusammenkunft zwischen Eden und Laval wird in der Londoner Presse be richtet, daß die Angelegenheit des abessinischen Qlgeschäf- tes endgültig erledigt worden sei. Verschiedene Meldun gen besagen, es werde zuversichtlich gehofft, daß Edens Bericht in Genf als gemeinsamer englisch-französischer Bericht vorgelegt werden könne. Der Pariser Bericht erstatter des „News Chronicle" erklärt „von maß gebendster Seite" zu hören, daß Laval nicht beabsichtige, den Anschein einer französisch-britischen Front gegen Italien zu erwecken. Völkerbundsratsverhandlungen beginnen mit Vertagung. Die erste „Tat" des Völkerbundes im Konflikt zwi schen Italien und Abessinien war die in Genf übliche Vertagung der ersten Beratung. Die Verhandlungen des Völkerbundsrates sollten ursprünglich Mittwoch vormittag beginnen. Die Vorverhandlungen am Dienstag haben aber nicht geklappt. Man hat deshalb eine erste öffent liche Sitzung nach der üblichen vertraulichen Sitzung auf Mittwoch nachmittag einberufen. Eine neue Vertagung ist aber möglich. Der italienische Vertreter Aloisi ist Dienstag nach mittag, übrigens mit mehreren Kisten, in denen sich das Material gegen Abessinien befindet, in Genf eingetroffen. Zu dieser Zeit war Eden mit dem Auto nach Aix lcs-Bains gefahren, wo er abends eine Unterredung mit Baldwin hatte. Das französische Nachrichtenbüro Havas verbreitete am Dienstagabend die aufsehenerregende Meldung, daß der italienische Völkerbundsvertreter Baron Aloisi Dienstag früh in Aix-les-Bains eingetroffen sei, wo er in den ersten Nachmittagsstunden eine längere Unter redung mit dem dort zur Kur weilenden britischen Pre mierminister Baldwin gehabt habe. Gegen Abend aber erfolgte von der italienischen Botschaft in Paris ein formelles Dementi. Man nimmt in Paris an, daß die Unterredung doch stattgefnnden hat, aber ohne jedes Ergebnis geblieben ist. Das englische Nachrichten büro Reuter streitet eine .Unterredung zwischen Baldwin und Aloisi ab. Sehr interessant ist die io Genf aulaetauckte Ver mutung, daß Rickett, der angeblich mit Mussolinis Schwiegersohn Graf Ciano, dem bisherigen italienischen Presseminister, näher bekannt sein soll, die Absicht habe, im Namen seiner amerikanischen Auftraggeber mit Mussolini über eine Beteiligung oder Weitergabe an der Konzession zu verhandeln. Dieses Gerücht ist für die Genfer Atmosphäre bezeichnend. Salomonische Entscheidung des Schiedsgerichts. In Paris hat nunmehr das vom Völkerbund ein gesetzte Schiedsgericht über den Grenz zwischenfall von Ual-Ual in Abessinien einen, Beschluß gefaßt, der jedoch geheimgehalten wird und dem- Völkerbundsrat in Genf erst unterbreitet werden soll. Es^ scheint sich um ein recht salomonisches Urteil zu handeln,, denn man glaubt in Paris zu wissen, daß sich die fünst Schiedsrichter weder nach der einen noch nach der anderen. Seite ausgesprochen hätten. Man sei vielmehr zu der! Ansicht gekommen, daß weder Italien noch Abessinien, eine internationale Verantwortung an diesem Zwischen» fall trügen. Eine Erklärung des abessinischen Gesandten in London. Der abessinische Gesandte in London, Dr. Martin, hielt auf einer Tagung der Nil-Gesellschaft eine Rede. Er sagte u. a.: Laßt uns zwanzig Jahre in Frieden leben und gewährt uns eine Anleihe von zwanzig Millionen Pfund. Diese Summe würde uns in die Lage versetzen, im ganzen Lande Schulen zu errichten und unsere Nutz- quellcn zu entwickeln. Am Ende dieses Abschnittes, so kann ich Ihnen versichern, würden die Abessinier so weit vorwärtsgekommen sein, wie es nur jemand wünschen kann. Indessen scheint Mussolini zu glauben, die sofor tige Tötung der meisten von uns sei die beste Methode, uns zu erziehen und zu zivilisieren. Ich persönlich zum mindesten gestatte mir untertänigst, diesen Standpunkt nicht teilen zu können. Wenn das Schlimmste zum Schlimmen kommt, dann würde mein Volk, so glaube ich, lieber unter der gerechten und durchdachten Verwaltung Groß britanniens als unter der Italiens leben. Wenn Italien durchaus noch eine Kolonie haben müßte, so muß man fragen, warum die Italiener nicht den Mut aufbringen, sich die Kolonie von denen zu holen, die davon im Ueberfluß haben; auf keinen Fall aber werden sie Abessinien als Kolonie erhalten. Im übrigen, so sagte Dr. Martin weiter, sei nicht! der geringste Beweis für die italienischen Beschuldigungen vorhanden, datz die italienische Kolonie der Gefahr eines Angriffes durch die Abessinier ausgesetzt sei. Was die Vergebung von Konzessionen und dis Be schäftigung von Ausländern angche, so finde keinerlei Diskriminierung statt. Tatsächlich habe ein Italiener be reits eine wertvolle Konzession für die Erschließung von Gold und Platin erhalten, während Engländer und an dere keine derartigen Konzessionen besäßen. Alles, was Abessinien wünsche, sei Unparteilichkeit und Gerechtigkeit. Außerdem verlange es die Erlaubnis zur Einfuhr von Waffen znr Verteidigung. Abessinien wolle seinetwegen keine andere Nation in einen Krieg oder in andere Schwie rigkeiten verwickeln, denn die Abessinier seien überzeugt, datz sie mit Gottes Hilfe jedes Land schlagen würden, das völlig ungerechfertigt von Abessinien und seiner Unab hängigkeit Besitz zu ergreifen versuche. Gelingt uns das nicht, so werden wir gewiß nicht als Sklaven irgend eines Volkes leben! Marschiert Italien? Reuter meldet am Dienstagabend: Nachrichten aus Diredawa scheinen zu bestätigen, daß eine italienische Vor hut von 2500 Mann die abessinische Grenze von Erytrea aus überschritten hat und die dort wohnhaften Danakilen in die Flucht treibt. Jn den Dörfern nicht weit von Diredawa entfernt treffen fortgesetzt Flüchtlinge ein, und es wird mit aller Bestimmtheit versichert, daß die Grenz überschreitung erfolgt sei. Reuter fügt hinzu, daß dieser Bericht in Rom amtlich dementiert werde. Sie KnegsvorbmilWgen in Offafrika. Entsendung italienischer Eingeborenentruppen aus Libyen nach Ostafrila. — Auch in Ägypten verdächtige Regsamkeit. Während die Diplomaten in Genf beraten, nehmen die Ereignisse in Ostafrika ihren Laus. Mussolinihat mit dem Gouverneur von Libyen, Balbo, eine Unter- redunL, in der Balbo einaebend Bericht über die Laae in