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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktag«: nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postdestellung 2 RW. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern i5Rpfg.A^Po,tansta Lvochenblatt für Wilsdruff u. Umgehend Postboten und unsereAus. träger und Geschäftsstellen — — 2 - nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. JmFallc höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Naumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Keichs Pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Neichspfennige. Dor- geschriebene Erscheinung»- cv»,-» < » „ t-ge und Piatz-orjchrislen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wrlsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annabme bis?orm.10Ubr. — Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltcnAnzeigenübernehmenwirkeineGarantie. JederRabatlansprnch erlischt, wennderBetragdurch Klage eingezogen werdenmußoderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 236 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 9. Oktober 1929 Der anglosächsische Block. Macdonalds Besuch in Amerika. Erstaunlich ist es, mit welcher Schnelligkeit das neue englische Kabinett Entscheidungen von allergrößter außen politischer Wichtigkeit fällt. Kaum Hai sich die Aufregung über die englische Kursschwenlung in der Stellung zu Ägypten gelebt, so wird es von Tag zu Tag deutlicher, daß England nicht mehr wie einst unter seinem Außenminister Chamberlain der französischen Politik un bedingte Gefolgschaft leisten will. Wieder vernimmt man eines Tages die Kunde von englisch-amerikanischen Ver handlungen, die baldmöglichst neue Vereinbarungen über die beiderseitigen Seerüstungen bringen sollen. Bian hört mehr: Der englische Ministerpräsident will zum Abschluß dieser Vereinbarungen selbst nach Washington fahren. Bloß dieser Vereinbarungen? Die Konferenz im -Haag läßt es zu besonders scharfen Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich kommen: das Bild des in Paris geradezu feindlich berührenden englischen Kon ferenzvertreters Snowden darf im Film nicht gezeigt werden, weil man sonst mit Demonstrationen rechnen mutz Und Lloyd George, der Führer der englischen Liberalen, drückt seine tiefste Zufriedenheit damit aus, daß endlich das „geradezu unwürdige Hin ter her laufen Englands hinter Frankreich" ein Ende erreicht habe. Man sieht schon aus diesen skizzenhaften Andeutun gen, daß Macdonald Leben, Tempo, Energie in die eng lische Außenpolitik hineingebracht, ja es sogar erreicht hat, daß der Ausgleich auch mit Rußland geschaffen uns zum mindesten von den Liberalen gebilligt wurde. Allerdings ist ein weiteres Ziel der englischen Arbeiter regierung an einer Stelle nicht erreicht worden: irgendein entschiedener Beschluß über dieAbrüstungzuLande ist in der eigens für diesen Zweck in Gens seit langem tagenden Völkerbundkommission nicht gefaßt worden und der entsprechende englische Vorstoß scheiterte. Nun hat dafür die immer näher rückende englisch-amerikanische Aktion in der Frage der Seerüstungen festen Inhalt ge wonnen durch die Einladung an Frankreich, Italien und Japan, in offizielle Verhandlungen über die Rüstungs- b^ch^üukungen zur See einzutreten. „„„ Eißjg ist es, heute schon prophezeien zu wollen, ob „^as und vor allem: was dabei herauskommt. Es den. - ch ein deutlich-drastisches Wollen hinter dow der beiden anglosächsischen Staaten; war es den n Amerikaner Kellogg, der seinen Namen für bei s^^6^"ehlungspakt hergegeben hat. Macdonald hat S e n ö feierlichen Besuch im Amerikanischen daß ausdrücklichen Worten darauf hingewiesen, Washinas» "/"che Veranlassung zu seiner Reise nach Immer w eder Vie Unterzeichnung dieses Paktes ser. Amerika, AmeriA"^ ferner Rede: England und ru weleb betn!"" und England. Und man denkt daran, einem ^abr Auseinandersetzungen es noch vor kaum e mU^ ist, als die Veröffentlichung des Wahinat^ Marineabkommens erfolgte und in Mirman ^ezu als katastrophal für den Gedanken e.ner wlrkl chen Seeabrüstung bezeichnet wurde. ollen^raukAws"^d^ Mächte, Italien, Japan, vor -Dachtpolitisch gesehen ist der anglo- Wucht, dem außerdem noch rwstge Wirt chaftlich^ Kräfte zur Verfügung stehen. Wenn von dort ein „Ja" herüberdröhnt, dann werden dre anderen kaun, ncjj einem „Nein" antworten Kud die Ansichten über Art und Umfang überhöhten und sehr weit ausein- sind etwa die italieni- von denen Englands oder soll abe/'bo^ Konferenz dieser fünf Mächte gemeine Seeabrüstungskonferenr^"^ dann ^soll^es Rüstungen 5 e"' ganzen Gebiet militärischer m o l?c n'd'e s^u?s i Traume hinein die Ge- jv > Welt — das ch l n e s 1 s ch e n K o n f l i k t s. Und die Welt das merken gerade wir Deutschen rinas an unseren Grenzen - ist poch »och nicht so mA worden, daß nun der Anbruch eines neuen goldenen Zeit alters u^lttelbar zu erwar^ Aber wenigstens in kleinem Maßstab hat Richtigkeit, daß nicht bloß die Zecken stch andern, sondern auch mit ihnen die Menschen. Deutsch-schwedische Han-elsveriragsverhan-lungen. Die Besprechungen eröffnet. übcrAn^bschwß'e^ derAutsch^ "d?r'schwedischen Regung begonnen Die Negierungsdelegierten sind an diesem - 83 Rerlin ersten Fühlungnahme zusammengetreten. Aus Berlm sind Geheimrat Waldeck und Mtmstermlrat Heuntz als Vertreter der deutschen Regierung m Stockholm em- getroffen. Die schwedische Delegation leitet Landshovding Eric Trolle. Wemger SGUW, keine ll-Me Die englisch-amerikanischen Abrüstnngspläne. Konferenzeinladungen. Die nach den Besprechungen Macdonalds mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten angekündigten Ein ladungen zu einer Seeabrüstungskonferenz in London Januar 1930 sind mittlerweile nach Paris, Rom, Tokio und Washington ergangen. Die Einladung an Amerika ist von einer längeren Denkschrift begleitet. Es soll sich bei den ersten Vorschlägen im wesentlichen um folgende Punkte handeln: 1. Die gegenwärtigen Verhandlungen sind als Resultat und Erfolg des Kellogg-Paktes aufzufafsen. 2. Für alle Klaffen von Kriegsschiffen wird der Grundsatz der Parität angenommen, soweit die Schiffe nicht bereits von frühe ren Washingtoner Abkommen getroffen seien. 3. Wün schenswert erscheint es. die Frage einer Revision der Lebensdauer der Schlachtschiffe anzuschneiden, um die Durchführung des vollen Ersatzprogramms zu vermeiden, das im Washingtoner Vertrag von 1922 vorgesehen ist. 4. Beide Regierungen sind der Ansicht, daß die Unter seeboote völlig abgcschafft werden müssen. Diese Maßnahme kann aber nicht ohne Zustimmung aller beteiligten Mächte erfolgen. Aus diesem Programm ist zu ersehen, daß man die Einschränkung des Schlachtfchiffbaues durch Verkürzung ihrer Lebensdauer erzielen will. England will offenbar durch die Abschaffung der U-Boote eine größere Sicherheit für feine ausgedehnte Handelsschiffahrt erzielen. Die kürzere Dienstleistung der Schlachtschiffe soll durch Ver minderung dieser schweren Waffe die Kriegsmöglichkeiten verringern. Über die Kreuzer, die eine Art See polizei darstellen, und in denen England bis jetzt weit überlegen ist, ist anscheinend noch kein Übereinkommen erzielt worden. Kriedensrede Macdonalds. Der englische Ministerpräsident hielt vor dem Ameri kanischen Senat gelegentlich seines Besuches eine Rede, in der er seinen starken Friedenswillen betonte. England und Amerika hätten nicht die Absicht, sagte er, eine die anderen Mächte etwa ausschlietzende Allianz zu schließen. Ein derartiger Versuch würde nicht der Wohlfahrt der Welt dienen. Ein wirklicher Friedensbund könne nicht allein zwischen Amerika und England, sondern nur mit Einbeziehung aller anderen zivilisierten und ehrlichen Völker unter der Sonne geschaffen werden. In diesem Sinne sei er, Macdonald, einig mit dem soeben verstor benen großen deutschen Staatsmann Gustav Strese mann, auf dessen Grab er einen Kranz niederlege. Die Nachfolge GiresemasmS. Wer soll Außen mini st er werden? über dem Sarge Stresemanns hat sich die Grabes- decke geschlossen. Und wenn auch sein Amt provisorisch von dem Gesinnungsgenossen des Verstorbenen und Mit arbeiter im Kabinett, dem Reichswirtschaftsministers Dr. Curtius, verwaltet wird, so wird sich auf der innen politischen Tribüne die Frage nach der definitiven Nach folgeschaft bald genug erheben. Schon wurde sie auf der Herbsttagung der rheinischen Zentrums Partei in Köln angeschnitten. Bei den Gedenkworten für Stresemann kam Prälat Kaas, der Parteivorsitzende, grundsätzlich auf das Erbe zu sprechen. In der Öffentlichkeit, führte Kaas aus, sei auch sein eigener Name genannt worden. Aber er habe schon seinerzeit in Essen dargelegt, daß für ihn als Parteiführer die Übernahme eines Ministeriums nicht in Frage komme. Er habe vielmehr es sich zur Aufgabe ge setzt, den Typ des an Ministerposten völlig uninteressierten Parteiführers wiederherzuftellen. Trotzdem könne es dem Zentrum nicht gleichgültig sein, wie das Ministerium besetzt werde. Bei einer endgültigen Besetzung, ganz gleichgültig, ob es sich um einen Parlamentarier oder um einen Beamten handle, müsse das Zentrum ver langen, daß alle Mitglieder des Kabinetts die Gewähr für innere Festigkeit in den innen- und außen politischen Aufgaben böten. Auf der anderen Seite verkündigt der Sozial demokratische Pressedienst, die Sozialdemokraten würden sich jedem Versuch widersetzen, bei der Ernennung eines Nachfolgers Stresemanns eine Umbildung des ge samten Kabinetts herbeizuführen. Keinen ihrer jetzigen Vertreter würden sie opfern, selbst wenn ihnen ein an deres Ressort zur Verfügung gestellt würde. Ebenso wenig fei die Sozialdemokratie geneigt, einen Berufs- diplomaten zum Minister des Auswärtigen bestim men zu lassen. Fürsorge für die Arbeitslosen. In Deutschland und im Ausland. Aus einer Darstellung, die das Reichsarbeitsministe rium über den gegenwärtigen Stand der gesetzlichen Be stimmungen über die Arbeitslosenfürsorge gab, geht her vor, daß durch die neuen Bestimmungen der jährliche Fehlbetrag im günstigsten Falle um 100 Millionen Mark vermindert wird. Da der Fehlbetrag bisher rund 280 Millionen Mark betrug, so bleibt noch ein Fehlbetrag von 180 Millionen. Es gibt in Deutschland 17 Mil lionen Versicherungspflichtige (in England 12, in Rußland 11, in Italien 3^). Die Einnahmen der für die Versicherung in Betracht kommenden Anstalten beliefen sich in Deutschland im letzten Jahr auf 855 Millionen Mark (in England 860 Millionen Mark, in Rußland 110, in Italien 40 Millionen Mark). Die Ausgaben für die Arbeitslosenversicherung betrugen im letzten Jahr in Deutschland 1065 Millionen Mark (in England 1000, in Rußland 250 Millionen Mark, Italien unbekannt). Un terstützt wurden aus diesen Beträgen in Deutschland im Jahr 1,3 Millionen Arbeitslose (in Rußland von 1,4 Millionen Arbeitslosen nur die Hälfte). In Deutschland erhalt ein Arbeitsloser monatlich rund 67 Mark (in Ruß land bestenfalls 36 Mark). Unter anderem wurde darauf ytngewtesen, daß in Zukunft auch die höheren und ketten den Angestellten bis zur Gehaltsgrenze von 8400 Mark in die Versicherung mit einbezogen würden. Kamerun und Togo. Rückgabe an Deutschland? Der englische Zeitungskönig Lord Rothermere, der eine Anzahl der wichtigsten englischen Blätter in seiner Hand vereinigt und der auch bereits als Luftschiff fahrtsminister im englischen Kabinett saß, hat kürzlich eine Reise durch Deutschland gemacht. In einem jetzt in der „Daily Mail" erscheinenden Artikel über die Reise, be titelt „Wird die Republik Bestand Haven?" sagt Lord Rothermere, er glaube nicht an die Wiederaufrichtung der Monarchie in Deutschland. Die Republik habe in den zehn Jahren ihres Bestehens viel an Autorität gewonnen und jetzt erst den Triumph der Räumung der Rheinlands er rungen. Die anderen Staaten müßten der republikanischen deutschen Regierung helfen, sich weiter zu stärken. Er rate zu diesem Zwecke der britischen Regierung, als praktischen Schritt die R ü ck e r st a t t u n g des vormaligen Deutsch- Kamerun und des britischen Anteils an T o g o als Akt internationalen guten Willens ernstlich zu erwägen. Es wäre klug, die deutsch-britische Freuudschaft durch einen solchen tatsächlichen Beweis der Versöhnung zu besiegeln. Der Litliergang des „Hakon vn." Schreckliche Szenen an Bord. Das schwere Schiffsunglück an der norwegischen Küste hat sich bei Hegholmen in der Nähe von Florö bei Nebel und Sturm abgespielt. Wegen des schlechten Wetters waren die Decks des „Hakon VII." völlig ver ödet. Auf der Brücke befanden sich nur der Kapitän und der Lotse, als der Dampfer plötzlich von einem heftigen Stoß erschüttert wurde und rasch zu sinken begann. Der Kapitän wurde über Bord geschleudert, konnte jedoch eine kleine Schäre erreichen, auf der er später aufgefunden wurde. In wilder, durch Verlöschen der Beleuchtung ge steigerter Panik eilten die Passagiere, nur mit Nachtzeug bekleidet, an Bord und stürzten sich dann ins Meer. Etwa drei Minuten, nachdem sich das Unglück ereignet hatte, war das Schiff bis zur obersten Brücke gesunken. Es sank mit dem Achterdeck zuerst. Der Bug ragt aus dem Waffer hervor. Mehr als fünfzig Personen konnten sich auf eine etwa zehn Meter von der Unglücksstelle entfernte Insel retten, wo sie fünf Stunden in der nächtlichen Kälte ausharren mußten, bis sie von dem Dampfer „San Lucar" aus gefunden und nach Florö gebracht wurden. Ein Teil der Geretteten war verletzt und wurde an Bord sofort in ärzt liche Behandlung genommen, um später an Land einem Krankenhause zugeführt zu werden. Die genaue Zahl der Todesopfer läßt sich noch immer nicht angeben, da die Passagierliste verlorengegangen ist. Nach einer Angabe sollen sich etwa 70, nach einer anderen 80, nach einer dritten 90 bis 100 Personen an Bord befunden haben. Man muß mit der Wahrscheinlichkeit rechnen, daß etwa vierzig Menschen ihr Leben verloren haben, darunter neun Mitglieder der Besatzung. Unter den Geretteten befindet sich ein Berliner narüens Max Appelt.