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Vor. geschriebene Erscheinung». tage und Platz» orschrifteu werben nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, «.-nahm-bis norm.IVUHr. Für die Richtigkeit der durch Fernrufübermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanfpru ch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oderderAustraggcberin Konkurs gerät. Anzeigennchmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr 229. — 86 Jahrgang Tel gr Adr »Amtsblatt« Wilsdruff« Dresden Postscheck Dresden 264V Freitag, den 3V September 192? Illi!» Ehrungen Mr Hindenburg. Bessern, nicht abschrecken! In langer, mühseliger Arbeit berät der Rechtsaus schuß des Reichstages den Entwurf des neuen Strafgesetz buches und schon erwächst ihm als weitere Aufgabe ein Gesetz über die Neuordnung des Strafvoll zugs. Ein einheitliches Strafrecht haben wir in Deutsch land ja schon seit langem; ganz anders aber steht es mit der Durchführung der Strafe, die das erkennende Gericht über den Verurteilten verhängt. Der Strafvollzug ist — wie ja die gesamte Rechtsprechung, abgesehen vom Reichs gericht — Sache der Länder und das Reich hat sich damit begnügen müssen, hinsichtlich des Strafvollzuges einige Richtlinien zu geben, um wenigstens eine gewisse Einheit lichkeit des Verfahrens herbeizusühren. Das soll jetzt ver vollständigt, manches geändert werden. Das Urteil führt den Verbrecher auch in Zukunst entweder in das Gefängnis oder in das Zuchthaus oder in die „Einschließungsanstalt", die alle zur „Festungshaft" Verurteilten umschließen wird. Eine schon lange auf gestellte Forderung, die Jugendlichen von den älteren Verbrechern zu trennen, soll nun so vollständig wie möglich durchgeführt werden, indem für Strafgefangene unter 25 Jahren besondere Anstalten geschaffen und in diesen die Jugendlichen unter 21 Jahren wieder von den Älteren getrennt werden sollen. Dazu tritt als weitere Berücksichtigung schon längst gemachter Vorschläge die Schaffung von Sonderanstalten für erstmalig Bestrafte, für Geisteskranke und für geistig Minderwertige. All das ist eine Auswirkung der Rechtsanschauung, daß die Strafe verhängt wird nicht unter dem Gesichtspunkt der Ab schreckung, sondern der Besserung und man infolge dessen alles aus dem Wege räumen will, was die Möglich keit dieser Besserung erschwert oder verhindert. Dafür ist M bekanntlich die Fernhaltung der Jugendlichen von den alteren Verbrechern von besonderer Wichtigkeit. Der Strafvollzug soll aber auch nicht eine unnötige Verschärfung der verhängten Strafe herbeiführen. Des wegen schon die Unterbringung der Geisteskranken und der geistig Minderwertigen, deswegen auch die neue Bestim mung, daß der Aufenthalt eines erkrankten Gefangenen im Kranken- oder im Irrenhaus oder in einer sonstigen Heilanstalt auf die Strafzeit ebenso angerechnet werden muß wie auch die Untersuchungshaft, was bis her im Ermessen des Richters gelegen hatte. Eine un nötige Strafverschärfung soll auch beseitigt werden da durch, daß jetzt Geistes- oder lebensgefährlich Kranke nicht mehr zum sofortigen Antritt der Strafe gezwungen werden sollen, daß außerdem Krankheitsfälle oder sonstige schwerwiegende Umstände in der Familie des Verurteilten einen Aufschub des Strafvollzuges herbeiführen können. Andere Erleichterungen kommen hinzu, die dazu dienen sollen, das Ehrgefühl der Gefangenen nicht unnötig zu verletzen. Das Besserungsmittel, also neben dem Entzug de: Freiheit die Arbeit, stößt bei ihrer Durchführung auf mannigfache Widerstände besonderer Art. Wenn — wie man selbstverständlich fordern mutz — diese Arbeit eine nützliche und erziehende sein soll, sich nicht auf das be rüchtigte „Tütenkleben" beschränkt, sondern wirkliche Werte schafft, so tritt sofort der schon jahrzehntelang dauernde Kampf namentlich des Handwerks gegen die „Gefangenenarbeit" als Hindernis in den Weg, wobei nian durchaus nicht so ohne weiteres daran vorbei kann, daß die Klagen über die Konkurrenz der aus naheliegen den Gründen sehr billigen Gefangenenarbeit überaus be rechtigt sind. Andererseits würde die Arbeit in den Ge- fängmßen jeden erzieherischen Sinn verlieren, wenn sie keine Werte schafft, wenn dort alfo nur „leeres Stroh gedroschen" wird. Einen Mittelweg bietet die land wirtschaftliche Arbeit in besonderen „Straf kolonien", also auf Ödland, bei der Trockenlegung von Mooren, darüber hinaus aber in der Form eigener land wirtschaftlicher Betriebe. Wo und für wen das nicht mög lich ist, da soll andersgeartete Arbeit, aber immer solche erzieherische und den besonderen Fähigkeiten angepaßte Arbeit ermöglicht werden. Der Vorschlag freilich, un gelernten Arbeitern bei längerer Strafdauer Gelegenheit zur Ausbildung in einem Beruf zu geben, ist theoretisch zwar anerkennenswert, stößt aber wieder auf scharfe Kritik aus Handwerks- und Gewerbekreisen, weil man dort eine Ausdehnung der sehr unerwünschten Gefängnis konkurrenz fürchtet. Fallen aber die Umstände fort, die die Gefangenenarbeit so sehr verbilligen, also vor allem die sehr geringe Entlohnung, so könnte hier ein gang barer Mittelweg besonders dann gefunden werden, wenn auch die häufig vorhandene grundsätzliche Bevorzugung der in den Gefängnissen erzeugten Waren durch die Be hörden fallen gelassen wird. Besserung, Erziehung der Gestrauchelten und Ge fallenen soll an die Stelle der früheren Vergeltung für die Übeltat treten, weil nicht mehr die Tat gerächt, sondern der Täter bestraft werden soll. Diese Strafe aber wird nur das Mittel abgeben, ihn wieder auf bessere Pfade zu bringen. Mdm die HindkMWeude Grandiose Ausschmückung des präßdenienpalais. Die Hindenburg-Amnestie. Die Meldungen zur Spalierbildung am Geburtstage des Reichspräsidenten sind so zahlreich eingegangen, daß die viele Kilometer lange Straße, die der Reichspräsident am Nachmittag seines Ehrentages passieren wird, voll ständig von Abordnungen der verschiedensten Vereine und Verbände umsäumt wird. An dem Spalier werden nicht nur Berliner Bewohner teilnehmen, sondern auch Abordnungen aus dem Reiche. Neben den politischen Parteien werden auch der Landbund, die Technische Not hilfe, der Allgemeine Deutsche Automobilklub, der Verein der Inhaber der Rettungsmedaille, der Bund heimat treuer Ostpreußen, ein Teil des Kyffhäuserbundes, ver schiedene landsmannschaftliche Vereine in Trachten, und Stahlhelmabordnungen ebenfalls in Trachten teilnehmen. Die Polizei wird mit einem großen Aufgebot für einen ungestörten Verlauf der Spalierbildung Sorge tragen. Den Höhepunkt der Geburtstagsfeier am Sonntag wird die Kundgebung von 40 000 Berliner Schulkindern im Stadion bilden. Zum Geburtstage des Reichspräsidenten wird das Präsidentenpalais in ein Blütenmeer verwandelt «erden. Für die Ausschmückung mit Blumen, die eine besondere Gabe des Reichsvcrbandes des Deutschen Gar tenbaues an den Reichspräsidenten darstellen soll, sind »on den Veranstaltern umfassende Vorbereitungen ge- iroffen. Es ist beabsichtigt, sämtliche Räume des Präsi- dentenpalais mit Blattgewächsen und blühenden Pflanzen !n verschwenderischster Weise auszustatten. In den großen Kcpräscntationsrüumen werden zum Teil drei Meter Sin Reichskommiffar für den Osten. Wie mehrfach erwähnt, beschäftigt sich das Reichs ministerium des Innern mit der Frage, eine Art Reichs kommissariat für den Osten einzurichten. Die Anregung dazu hat Reichskanzler Dr. M a rx am 19. September bei seiner Rede in Königsberg gegeben. Durch die zu schaffende Stelle soll für Ostpreußen die Möglichkeit ge schaffen werden, die bei seiner schwierigen Lage besonders eingehend zu behandelnden Angelegenheiten zweckmäßig erledigen zu können. Als zukünftiger Reichskommissar wird nun Freiherr von Gahl genannt. Er war Während der Abstimmung bereits Neichskommissar für Frhr. v. Gayl. Ostpreußen und gehört der Deutschnationalen Volkspartei an. Die preußische Regierung hat bereits eine besondere Ostpreußenvertretung in Berlin geschaffen. Freiherr v. Gayl selbst äußerte sich einem Presse vertreter gegenüber, daß die Meldungen von seiner be vorstehenden Ernennung zum Staatskommissar für den Osten jeder Grundlage entbehren. Allerdings vertrete er seit Jahren den Standpunkt, daß die Sonderlage Ost preußens die Vertretung seiner wichtigsten Fragen durch eine bei den Zentralbehörden des Reiches zu errichtende besondere Stelle erfordert, wie sie Preußen besitze. Es sei für jeden, der die Verhältnisse übersieht, eine Selbst verständlichkeit, daß beide Ostpreußenstellen Hand in Hand arbeiten müßten, damit überhaupt brauchbare Ergebnisse erzielt werden könnten. Seine, Gayls, Ernennung sei überhaupt nicht in Frage gekommen und er habe auch nie einen Zweifel daran gelassen, daß er nicht daran denke, seine unabhängige Stellung gegen einen Beamtenposten hohe Palmen aufgestellt werden, die bis zur halben Höhe son Chrysanthemen umstellt siud, auch in den anderen Zimmern ist beabsichtigt, größere Gruppen von blühenden Pflanzen und Blattgewächsen in den Ecken aufzustellen, während die Tische und Möbel mit Schnittblumen (zum Teil mit kostbaren Orchideen) in großen Schalen usw. ds- 'oriert werden. Insbesondere wird eine Niesenschale mit Maiglöckchen, der L i e b li ngs b l u m e des Prä sidenten, in seinen Zimmern ausgestellt werden. Für Re Vorbereitungen steht nur eine Nacht zur Verfügung, so daß sich am Sonnabend abend um 8 Uhr ein Heer »on Dekorateuren und Arbeitern an dis Arbeit begeben wird, die bis morgens 6 Uhr sertiggestellt sein mutz. Die Liste der Verurteilten, die am Geburtstage des Reichspräsidenten begnadigt werden sollen, ist im Reichs justizministerium jetzt fertiggestellt worden und wird Hindenburg umgehend übergeben werden. Es handelt sich bei dieser Geburtstags« m ne st ie nicht um eine Generalamnestie, sondern um eine Fülle von Einzel- hegnadigungen. Insgesamt werden etwa 200 Verurteilte begnadigt werden, und zwar in der Hauptsache solche Per sonen, die wegen politischer Vergehen ins Gefängnis oder ins Zuchthaus geschickt worden sind. Wie es heißt, wird auch eine größere Anzahl von Kommunisten, die im Jahre t923 zu längeren Freiheitsstrafen wegen Beteiligung an sm Unruhen in Mitteldeutschland verurteilt worden sind, der Begnadigung teilhaftig werden. Die Namen der Legnadigten sollen am 2. Oktober bekanntgegeben werden. Ein Hindenburg - Park in Eisleben. Aus Anlaß der Hindenburg-Feier hat der Magistrat m Eisleben beschlossen, den Vrunnenpark in Eisleben in Hindenburg-Park umzutanfen und gleichzeitig die Ver- dindungsbrücke an der Karlstraße zu Ehren des ver dorbenen Reichspräsidenten Ebert-Brücke zu nennen. einzutauschen, der den Verlust seiner Mandate zum Retcys- rat und zum Preußischen Staatsrat und damit das Auf hören seiner freien Wirksamkeit mit sich bringen müßte. Deutsch-französische Beziehungen. Vor seiner Abreise aus Genf hat der deutsche Außen minister Dr. Stresemann eine Unterredung mit dem Vertreter des Pariser Blattes „Petit Parisien" gehabt und diesem seine Ansichten über die Möglichkeiten der Zu sammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich mitgeteilt. Rach dem veröffentlichten Bericht sagte Dr. Stresemann u. a.: „Dje deutsch-französischen Beziehungen innerhalb des Völkerbundes müssen aufrichtig und unbedingt loyal sein. Sie können nur von dem ehrlichen Wunsch beherrscht werden, zu einer immer engeren Zusammenarbeit aus allen Gebieten zu kommen. Es ist kein Zufall, daß unser Weg nach Genf über Locarno führte. Durch unsere Teilnahme in Locarno haben wir unseren Willen zu einer neuen Politik kundgetan, zu einer Politik nicht des Kampfes, sondern der Zusammenarbeit. Wir haben geglaubt, daß die deutsch-fran zösische Annäherung unserem Eintritt in den Völkerbund vorausgehen müsse. Ich brauche hier nicht besonders zu er wähnen, daß diese Zusammenarbeit, vom Friedensstand- pnnkt aus betrachtet, nicht ihr volles Ergebnis zeitigen kann, bis gewisse Fragen ihre Lösung gefunden haben werden, von denen die gute und dauerhafte Verständigung zwischen unseren Ländern abhängt. Wir haben im Verlaufe der Arbeiten dieser letzten Versammlung alles getan, was Wir konnten, um dem Frieden zwischen den beiden großen Rationen zu dienen. Wir haben uns von dem Gedanken leiten lassen, daß die Zukunft Europas nur sichergestellt wer den kann, wenn die Nationen nicht ausschließlich an ihre eigenen Interessen denken, sondern wenn sie den Mut be sitzen, die gemeinsamen Interessen nicht zu vergessen. Das gemeinsame Interesse aber fordert in gebieterischer Weise die Festigung des Völkerbundes. Wenn ich an das Mißbehagen denke, das zu Beginn dieser letzten Tagung herrschte, an alle Krisengerüchte, so freue ich mich heute, sagen zu können, daß die deutsch-französische Zusammenarbeit dazu beigetragen hat, das Mißbehagen verschwinden zu lassen und alle Gerüchte zum Schweigen zu bringen. Die anfäng lich zögernde Stimmung gemeinschaftlich belebt und damit dem Völkerbund das so nötige Vertrauen in das Werk von Gens gegeben zu haben, ist schon ein anerkennenswertes Er gebnis, das zum großen Teil der Zusammenarbeit unserer beiden Länder zu verdanken ist. Wenn diese abgelaufene Genfer Tagung, die unter so pessimistischen Anzeichen be gonnen wurde, dennoch einen Abschluß gefunden hat, der im Völkerbund den Eindruck hinterläßt, daß man in Genf trotz aller Schwierigkeiten ehrlich und freimütig reden kann, ohne irgendwelche Hintergedanken und ohne ein anderes Ziel im Auge als die Herstellung des internationalen Vertrauens, dann hat man doch wohl das Recht, zu sagen, daß die achte Versammlung des Völkerbundes, wenn sie auch nicht zu glänzenden und sensationellen Kundgebungen Anlaß gab, sich um die Menschheit Wohl verdient gemacht hat."