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Im Jahr zuvor hatte das Londoner Ultimatum wieder einmal bewiesen, daß Deutschland nur Objekt der Weltpolitik war, nicht Subjekt, nicht ein Staat, der auch nur die Ellenbogen rühren durste. Mit den eisernen Ketten von Versailles fest an die Entente geschmiedet, ihr ein höriger Sklave. Da schlug wie eine Bombe in die Versammlung die Nachricht vom deutsch-russischen Vertrag, der in aller Heimllch.elt unweit des Tagungsortes, in Rapallo, abgeschlossen war, wo der russische Außenminister Tschi tscherin mit seinen Delegierten wohnte. Und die Wissenden flüsterten sich zu, daß es Ago von Maltzan war, der Staatssekretär und -eiter der Ostabteilung im deutschen Auswärtigen Amt, der trotz starker Bedenken des Reichs kanzlers, selbst des Außenministers, den Abschluß des Ver trages durchgedrückt hatte und damit erreichte, daß die deutsche Außenpolitik einen ersten selbständigen schritt tat. Er hat damit die Politik eingeleitet, die ein Mündliches Verhältnis mit unserem früheren Kriegs- üegner im Osten anbahnte, eine deutsche Politik, die dann später — unmittelbar nach Locarno — zum Berliner Ver trag führte und an der seit 1922 trotz mancher Verlockun gen namentlich von London her sestgehalten wurde. In zwischen war Ago von Maltzan schon längst als unser Botschafter nach Washington gegangen. Vom weltpoliti schen Standpunkt aus gesehen ist das der Zentralpunkt in dem Hin und Her der Politik von heute. Wichtiger als Paris, als London — denn dort, jenseits des Atlantiks, lag als Besitzer der Weltschätze die Union. AlsGläubiger derWelt, somit als wahrer Beherrscher der Welt. Unser Gesandter, der bei Kriegsausbruch deutscher Geschäfts träger in Peking war, war alles andere als ein Neuling auf dem Gebiet der großen Politik. Und der Manu mit seiner unzerstörbaren Lebenskraft, der so gar nichts von einem steifleinenen Diplomaten an sich hatte, sondern sich gar nicht scheute, sich auch einmal in Gesellschaft lustiger Filmleute photographieren zu lassen, gefiel drüben. Weite Reisen trugen ihn durch das riesige Land der „unbegrenz ten Möglichkeiten". Immer stärker wurde dadurch in ihm die Erkenntnis, daß das Entscheidende im heutigen Spiel der politischen Kräfte die W i r t s ch a ft ist. Also Amerika als das Land der stärksten Wirtschaft. Für deutsche Innenpolitik mag er wenig Interesse gehabt haben, gewiß nicht für ihre zahllosen Kleinlich keiten, dazu war ihm durch seinen langjährigen Aufent halt im Ausland der Blick allzusehr geweitet und ge schärft worden. Ob Kaiserreich oder Republik — er diente dem Reich, der Heimat; dieser Mann aus altem Junker geschlecht war über diese Streitigkeiten hinausgewachsen, sparte hier und da nicht mit einem geistvollen — meist berechtigten — Witzwort darüber. Seine „politische Stellung" kannte niemand; und das schadete nichts, weil er eine Persönlichkeit war, die über den Durchschnitt hinausragte. Das mißfiel manchem, in der Kriegszeit und später; aber auch das überwand er durch das einzig überzeugende, die Leistung nämlich. Das zerschmetterte Flugzeug hat eine große Hoff nung Deutschlands zerschmettert. Dieser Mann, der so viele Ähnlichkeiten mit einem der begabtesten deutschen Politiker der Vorkriegszeit, mit Kiderlen-Wächter, hatte, teilt mit diesem das Schicksal eines viel zu frühen Todes. Mit Helfferich die Schrecklichkeit feines Endes. Alle drei haben tiefe Spuren ihres Handelns in der deutschen Geschichte hinterlassen: ob zum Guten oder zum Ver hängnis ihres Volkes, darüber entscheidet erst eine spätere Zeit. * MerfuchrW des AllMUMgM. Die Loslösung einer Strebe. Nur mühsam dringt Licht in das Dunkel des schwersten Unglücks in der Geschichte des deutschen Flug verkehrs, der Katastrophe von Schleiz. Die Sachverstän digen glauben, daß sich eins von den Streben, die die rechte Tragfläche gehalten haben, gelöst hat. Diese Strebe hat dann die Tragfläche durchstoßen, wodurch Luft in die Tragfläche gelangt ist. Durch den ungeheuren Winddruck beim Sturz wird dann wohl die zweite Strebe ebenfalls gebrochen sein. Die beiden Streben haben, als sich das Flugzeug kopfüber überschlug, Heruntergehaugen, und als es abstürzte, wurde es auf die Seiden herabhängenden Streben fozufagen aufgespießt. Im letzten Augen blick überschlug sich die Maschine noch einmal und erreichte dann erst so den Boden, wo sie vollkommen zertrümmerte. In der Kirche des Bergfriedhoses in Schleiz, wo die Opfer der Flugzeugkataftrophe zunächst aufgebahrt waren, fand die amtliche Leichenschau statt. Die Leiche des Bot schafters Freiherrn von Maltzan wurde mit dem fahr planmäßigen Zuge nach dem Stammgut Groß-Luckow in Mecklenburg übergeführt. Der Direktor der Süddeutschen Lufthansa in München patte die schwierige Aufgabe, Frau von Maltzan den Too Ares Gatten mitzuteilen. Er ging auf den Flugplatz, wo "ch noch mehrere Freunde des Botschafters zu feiner Be- vr. 8trelemsnn überNbrüttung Ablehnung weiterer Sicherheiten. In der Völkerbundverfammlung in Genf hielt Reichs außenminister Dr. Stresemann zur Abrüstungs- frage im Laufe der Aussprache nach kurzen Ausführun gen des belgischen Senators de Broverksre folgende Rede: Als ich die Ehre hatte, vor dieser Versammlung in den ersten Tagen unserer diesjährigen Session zu sprechen, habe ich in meinen Ausführungen auf die außerordentliche Be deutung hingewiesen, die dem Problem der Abrüstung zu kommt. In Übereinstimmung mit anderen Rednern dieser hohen Versammlung bin ich der Auffassung, daß in dieser Frage eines der Kernprobleme des Völker bundes liegt. Zwei Grundsätze scheinen sich zunächst gegenüberzustehen. Von Deutschland ist stets mit Nach druck die Auffassung vertreten worden, daß es nicht angängig sei, den Beginn der allgemeinen Abrüstungsaktion noch von der Schaffung neuer Sicherheiten abhängig zu machen. Demgegenüber schien sich neuerdings die Absicht geltend zu machen, daß neue Garantien aus dem Gebiets der Sicherheit die Voraussetzung für den Beginn der Ab rüstung bilden müßten. Nunmehr haben wir ein Pro gramm vor uns, in dem die beiden Grundsätze der Ab rüstung und der Sicherheit zueinander in das richtige Ver hältnis gestellt werden. Die Verhandlungen in den ver schiedenen Kommissionen haben aufs neue gezeigt, welch bedeutsame Rolle hierbei der Entwicklung des Schiedsgerichtsgedankens zufallen wird. Möge der Name Locarno zu einem Symbol für die Sicherheit benachbarter Völker, für den Gedanken friedlicher Verständigung und den Gedanken des Ver trauens unter den Nationen werden. Sobald die allgemeine Abrüstung nun erst einmal auf allen Gebieten wirklich begonnen ist, werden die weiteren Schritte geringeren Schwierigkeiten begegnen und der Welt von selb st neue Faktoren der Sicher heitbringen. So wird sich der grundlegende Satz des Völkerbundpaktes verwirklichen, daß die Erhaltung des Friedens die Herabsetzung der Rüstungen fordert. Rüstun gen können und dürfen nicht die Grundlage der Sicherheit fein! Sie sind nicht einmal mehr der sicherste Schutz und sie haben überdies unvermeidlich die Wirkung, den Nach barn zu bedrohen. Ich bin mir völlig klar darüber, wie stark die natür lichen Hemmungen sind, die Waffen aus der Hand zu geben. Ich erinnere mich der Worte, mit denen Herr Briand davon sprach, welch' Sonnenglanz der Poesie, welch' heroische Empfindung mit dem Gedanken „Waf fen und Kampf" verbunden ist. Deshalb ist es auch völlig verständlich, wie schwer psychologisch auf ein Volk Wie das deutsche, das auf I a h r h u n d e r t e militä rischer Tradition herabfah, der Gedanke der allei nigen Abrüstung wirkte, namentlich unter dem Gesichts punkt der Bedrückung. Deutschland hat diese psychologischen Hemmungen unter Verhältnissen, wie sie schwieriger über haupt nicht gedacht werden konnten, überwunden. Wenn diese Überwindung möglich war, so mit aus dem Grunde, weil hinter ihr der Gedanke stand, daß es sich bei dieser Abrüstung nicht handeln könne um den Gegensatz zwischen Militarismus und Abrüstung, sondern daß es sich hier um die Durchführung eines Grundsatzes handele, der neue Methoden und eine neue Moral unter den Völkern herbeiführen wolle. Wenn das Land, das einst als die stärkste Militär macht der Welt galt, heute abgerüstet ist, so sollte es für die anderen Staaten viel leichter fein, ihm jetzt zu folgen. Nach der Übersetzung der Rede des Reichsaußen ministers Dr. Stresemann ins Französische und Eng lische sprach Lord Onslow, der die gegenwärtige Tagung als die bedeutungsvollste Völkerbundversammlung be zeichnete. Hierauf ergriff der französische Delegierte Paul-Boncour das Wort. Er erinnerte zunächst daran, daß die große Resolution zur Abrüstung und Sicherheit aus einer Verschmelzung der fran zösischen, deutschen und holländischen Anträge und einer englischen Anregung entstanden sei. Er glaube, daß die Behandlung der Abrüstungsfrage nunmehr aus der Sackgasse herausge kommen und der Weg frei ist, daß aber Präzisierungen nötig waren, um auf diesem neuen Weg zur Abrüstung zu gelangen, die die wichtigste Aufgabe des Völkerbundes sei. Nach Paul-Bancour ergriffen noch vier Redner, nämlich Vertreter Australiens, Chiles, Finnlands und Rumäniens, das Wort. Große Erregung in Genf über eine belgische Hetzrede Genf, 26. September. Im Laufe des heutigen Abends ist in Genf der Wortlaut der Rede des belgischen Ministerpräsidenten Iaspar, den dieser zur Einweihung des Denkmals für den im Jahre 1912 gestorbenen katholischen Parteiführers Beenaerds geholten hat, bekanntgeworden. Die Rede hat wegen ihrer agressiven, deutschfeindlichen Note in hiesigen politischen Kreisen einen äußerst ungünstigen Eindruck hervvrgerufen. Ursprünglich sollten am Montag Verhandlungen mit dem ersten belgischen Delegierten Senator Brouckere über den vorläufigen Verzicht eines Gedan kens der schiedsgerichtlichen Regelung der Franktireurstage statl- fittden. Durch die Rede des belgischen Ministerpräsidenten ist nunmehr eine völlig neue Lage geschaffen worden. Man darf annehmen, daß nunmehr von deutscher Seite an die belgische Re gierung eine kategorische Ansrage gerichtet werden wird, ob sie sich angesichts der neuen Beschuldigungen gegen die deuischeKriegsfüh- rung zur Bildung eines SchiedsgrichteS bereit erkläre oder nicht. Weitere Verhandlungen in der Richtung eines Verzichtes auf eine unparteiische Untersuchung dürften kaum mehr möglich sein. grüßung eingefunden hatten, und wurde mit Fragen be stürmt, als das fahrplanmäßige Flugzeug nicht kommen wollte. Als er von der Katastrophe erzählte, brach Frau von Maltzan fast ohnmächtig zusammen. An der Beisetzung werden wahrscheinlich Reichs außenminister Dr. Stresemann, Staatssekretär vo n Schubert und zahlreiche höhere Beamte der Regierung und Ministerien, die hervorragendsten Vertreter des Par laments teilnehmen. Doifchsstsrai Dr. Kiep, der jetzt die Geschäfte der deutschen Botschaft in Washington führt und voraussichtlich der Nachfolger des so ;ah verstorbenen Frhrn. v. Maltzan werden durste. Die Trauerseier in Schleiz. Wie der Propellerschaden entstand. In der Burgkirche in Schleiz fand eine Trauerfeier für die Opfer der Flugzeugkatastrophe statt. Die Trauerrede hielt Oberpsarrer Meyer. Die Angehörigen der Verunglückten waren bei der Trauerfeier zugegen. Die wahrscheinliche Ursache der Flugzeugkatastrophe wird von der Sachverständigenkommission, die sich nach Schleiz begeben hat, nach neueren Meldungen darin gesehen, daß ver Propeller schon beim Start in Leipzig durch die Berührung mit irgendeinem Gegenstand beschädigt wurde. Daraus ent wickelte sich dann offenbar eine einseitige Splitterung des Pro pellers und auch der Rumpf wurde in Mitleidenschaft gezogen. Jedenfalls wurde das eine Tragdeck durch diesen Desekt beson ders beansprucht und hieraus würde es sich auch erklären, daß dieser Flügel abbrach. Ob der Flügelbruch bereits in der Luft erfolgte, ist auch jetzt noch nicht sicher. Amerikanisches Lob der Deutschen Lufthansa. Anläßlich des gräßlichen Flugunglücks bei Schleiz werden Stimmen laut, die den Passagierluftverkehr restlos verdammen. Demgegenüber sei betont, daß Amerika, das Land, das den Flugverkehr am meisten ausgebaut hat, die Tatsache hervorhebt, daß die Deutsche Lufthansa den Flug verkehr auf eine hohe, fast sichere Stufe gebracht habe. Im vorigen Jahre habe die Lufthansa 8 7 000 Personen befördert mit nur einem Verlust an Menschenleben. Einstimmig gegen den Angriffskrieg. Beschlüsse der Völkerbundversammlung. Die Vollversammlung des Völkerbundes hat jetzt ihre Arbeiten wieder ausgenommen, nachdem sie für einige Zeit unterbrochen worden waren, um den Ausschüssen die notwendige Zeit zur Vorberatung zu geben. Die Völkerbundversammluna bat nach Annabme des