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MsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschäft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. AnzeigerrpP^r: die 8 gespaltene Raumzelle 20Apfg., die 4 gesvalteue Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich». Pfennig, 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweijungsgebühr 20 Reichspfenmyr. w-rd-n nach Ms,nch^,l Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 -nnadm-dl-vorm.loUhr. — Für „>- RIchligkrU d» durch FcrnrusübernitttellenAnz-igen üdcinchmc« wir keine Gorantie. IederAabatiansprr ch erliichl, wenn de. Betrau dnrch Klage eingezogen werden muß oderder Auftraggeber in Konkurs gerat. Auggen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, 'Aa« Tagedlatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in , *eu Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., de: Postdestellung r «M. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff u^Umgeaend Postboten und unser-Aus. »rSgeruud Geschäftsstellen - U 2-2 nehmen zu jeder Zeit Be. entgegen. Jur Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung r>er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 153. — 86. Jahrgang Montag, den 4 Juli 1927 Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' WilsdrUff-DreSdeN Postscheck: Dresden 2640 ZllnellpMische Schwierigkeiten. Zu der von der Reichsregierung nicht erwarteten Ab lehnung erhöhter Kartoffel- und Zuckerzölle durch den Reichsrat wird uns von parlamentarischer Seite ge schrieben: Der Beschluß des Neichsrates, die Zolltarifnovelle ab zulehnen, wonach auf frische Kartoffeln in der Zeit vom 1. August bis 14. Februar der Zoll von 50 Pfennig auf 1 Mark pro Doppelzentner heraufgesetzt werden soll, des weiteren auch der Erhöhung des Zuckerzolles auf 15 Mack nicht zuzustimmen, hat aus verschiedenen Gründen er hebliches Aufsehen erregt. Die Opposition gegen die Vorlage stand unter der Führung Preußens. In der preußischen Regierung sitzen aber auch Vertreter des Zentrums, und beson ders ist bemerkenswert, daß der preußische Landwirt schaftsminister ein Mitglied der Zentrumspartei ist. Ob wohl nun die von der Reichsregierung gebrachte Vorlage die Zustimmung des Reichskabiuetts, also auch seiner Zentrumsmitglieder, gefunden hat, ist sie vor allem durch die preußische Regierung zu Fall gebracht worden. Das ist wieder einmal ein Beweis, daß das Verhältnis zwischen der Regierung Preußens, die auf dem Boden der Weimarer Koalition steht, und der Reichsregierung ein merkwürdiges ist; sitzt doch im Reich das Zentrum in einem Kabinett, wo die Rechtsparteien starken Ein fluß haben, während in Preußen bei Beteiligung des Zentrums die Regierung links gerichtet ist. Das hat schon mehrfach zu Widersprüchen geführt. Die Stellung der Reichsregierung wurde auch dadurch nicht stärker, daß bei der Abstimmung über das Sperrgesetz das Zentrum seine Unterstützung versagte und dem Beschluß der Regierung, das Sperrgesetz nicht verlängern zu lassen, in offener Reichstagssitzung entgegentrat. Infolge dessen bleibt auch unsicher, was nun eigentlich aus der Zollvorlage werden wird. Es ist damit zu rechnen, daß sie an den Reichstag kommt und daß dann mög licherweise das Zentrum dafür stimmen wird. Dann würde die Vorlage zur Annahme gelangen, könnte aber nur Gesetz werden, wenn der Reichs rat seinen Be schluß wieder umstößt und sich für Annahme der Vorlage ausspricht. Geschieht das nicht, so geht sie wieder an den Reichstag zurück, wo der Widerspruch des Neichsrates ver fassungsmäßig nur durch eine Zweidrittelmehr heit unwirksam gemacht werden kann. Eine solche Mehr heit ist aber nicht zu erzielen. Beharrt also der Reichs- rat auf seinem Widerspruch, so würde eine Niederlage der Reichsregierung nicht aüsbleiben. Erschwert wird die Lage noch dadurch, daß der Reichsrat zwar die Erhöhung des Zuckerzolls abgelehnt, aber die Ermäßigung der inländischen Zuckersteuer auf 10,50 Mark pro Doppelzentner angenommen hat, wodurch in den Neichs- finanzen ein Einnahmeausfall von rund 140 Millionen entsteht. Da nun aber für die Beamtenbesoldung sehr beträchtliche Mittel in Anspruch genommen werden sollen, so wird auch der Reichsfinanzminister durch jenen Beschluß des Reichsrats getroffen. Sollten doch die Min dereinnahmen infolge der Herabsetzung der Zuckersteuer durch jene Heraufsetzung des Zuckerzolls wettgemacht wer den, was jetzt durch den Beschluß des Neichsrats verhin dert worden ist. So bedeutet innenpolitisch die Ablehnung der Re gierungsvorlage durch den Reichstag eine beträchtliche Schwierigkeit; aber auch rein sachlich werden diese Vor gänge im Lande stark besprochen. Der mittlere und klei nere landwirtschaftliche Besitz wird durch diese Entschei dung des Reichsrats stark berührt. Laut Feststellung der neuesten Reichsstatistik erzeugt der kleine Grundbesitz in Betrieben b/s zu 20 Hektar nicht weniger als 60 Prozent der gesamten Kartoffelernte, während der Großbesitz über 100 Hektar einen verhältnismäßig geringeren Anteil daran hat. Infolgedessen ist auch der Ernteertrag bei spielsweise in der Rheinprovinz und der Provinz Han nover, wo der mittlere und Kleinbesitz vorherrscht, be- trächtlich größer als etwa in der Provinz Ostpreußen, überhaupt werden östlich der Elbe, wie die Statistik für das Jahr 1925, also einem guten Erntejahr, aufweist, etwa ebensoviel Kartoffeln erzeugt wie im Westen und Süden Deutschlands; von den 41,5 Millionen Ton- nen der Jahresproduktion 1925 sind im deutschen Osten 21 Millionen erzeugt worden. Dieses Verhältnis hat sich ergeben durch die Abtrennung weiter Gebiete vom Reichskörper infolge des Versailler Vertrages, vorher wurden im Osten natürlich mehr Kartoffeln als im Westen erzeugt. Bekanntlich soll der Kartoffelzoll die deutschen Er zeuger vor ausländischer Konkurrenz schützen. Die deutsche Ernte ist ja so groß, daß der Bedarf bis Mai und Juni des der Ernte folgenden Jahres ohne weiteres gedeckt ist; in den darauffolgenden Monaten bis zur neue« Ernte unterliegt die Kartosseleinsuhr keinem Zoll. Der deutsche Osten ist an dem Kartoffclzoll besonders deswegen inter essiert, weil die Konkurrenz der polnischen Kartoffeler zeugung angesichts ihrer geringeren Produktionskosten sehr stark ist, und zwar gerade dann, wenn der deutsche Ernteertrag ein guter ist und infolgedessen die Kartoffel preise heruntergehen. Bei den fast gleichen klimatischen Verhältnissen, die diesseits und jenseits, unserer Oft- Me «IW PW zur Frage der MerMWen London, 4. Juli. Die Tatsache, daß Deutschland den auf der Genfer Wirtschastskonferenz gezogenen Schlußfolgerungen, nämlich einen Teil der Zölle zu reduzieren^ so prompt nachgekom men ist, hat in den englischen Wirtschafls- und anderen seriösen Kreisen die größte Beachtung erfahren und wird der englischen Regierung als nachahmenswertes Beispiel hingestellt. Hieran än derte auch nichts die Tatsache, daß Deutschland für einige land wirtschaftliche Produkte die bisherigen Zollabgaben etwas er höhen will. Eine Ausnahme bildet -ieDailiy Mail, die erklärt, ! man sehe ohne weiteres, daß niemand ernstlich an eine Reduzie- s rung der Zolltarife denke. Großbritannien exportiere heute ein i Fünftel der gesamten von der Welt exportierten Waren. Es sei i zu hoffen, haß die Regierung klug genug sei, um durch die Staub- i Wolken hindurch zu sehen, die in Eens und anderswo aufgewirbelt ! worden seien und daß sie dafür Sorge tragen werde, daß die eng lische Industrie nicht aufgelöst werde, nur um den Theorikern die teilweise nur Sand in die Augen streuen wollen, einen Ge fallen zu tun. Heimreise Dr. Stresemanns. „Bleibende Eindrücke." Nach Beendigung der Feierlichkeiten in Oslo ist der deutsche Außenminister Dr. Stresemann wieder nach Berlin gereist, auf dem Bahnhof verabschiedet von den Vertretern der norwegischen Regierung und des Nobel- komitees. In einer Erklärung, die Dr. Stresemann Ver tretern der Presse gab, sagte er u. a.: „Die Tage, die ich in Oslo verleben durfte, gehören zu solchen, die für das Leben eines Menschen von bleibender. Bedeutung sind. Die Sympathien, die mir von allen Seiten bekundet wur den und die — wie ich mir bewußt bin — nicht mir als Person, sondern dem Leiter der deutschen Außenpolitik und damit der politischen Entwicklung des deutschen Volkes gelten, sind mir um so wertvoller, als mir in zahl reichen Gesprächen mit hervorragenden Männern Nor wegens immer wieder eine eigentümliche Art, die Dinge ohne Beschönigung und doch frei von untätigem Pessimis- .mus zu sehen, entgegengetreten ist. Ich bedauere nur, daß meine Zeit so knapp gewesen ist, um Land und Volk noch näher kennenzulernen, aber was ich davon gesehen habe, hat so tiefe Eindrücke in mir hinterlassen, daß es mein dringender Wunsch ist, in nicht zu ferner Zeit mit größerer Muße wieder hierherzukommen." AMewertete Hypotheken. Das neue Gesetz über die Verzinsung. Im Reichstag ist das Gesetz über die Verzinsung auf- gewerteter Hypotheken, ihre Umwandlung in Grund schulden sowie über Vorzugsrenten endgültig ange nommen. Da mit einem Einspruch des Neichsrats nicht zu rechnen ist, wird das Gesetz nach der Verkündigung durch das Reichsgesetzblatt in Kraft treten. Es trifft im wesentlichen folgende Bestimmungen: Das Gesetz sieht zunächst vor, daß die Verzinsung bereits gelöschter Aufwertungshypotheken, die nach dem Aufwertungsgesetz erst mit dem aus die Wiedereirttra- gung folgenden Kalcndervierteljahr beginnen sollte, bereits vom 1. April 1926 ab erfolgen soll. Zinsen, die der Gläubiger bereits für eine vor diesem Termin liegende Zeit erhalten hat, braucht er nicht zurückzuzahlen. Der Gläubiger kann der Gefahr eines Absinkens des Aufwertungsbetrags des dinglichen Rechts als selbsttätiger Folge eines erfolgreichen Herabsetzungsantrags des persön lichen Schuldners dadurch entgehen, daß er den Aufwertungs- betrag statt als Hypothek als Grundschuld eintragen läßt; die persönliche Forderung erlischt in diesem Falle. Diese Regelung hat rückwirkende Kraft. grenze herrschen, wurde einer guten deutschen Ernte tn der Regel eine gute polnische entsprechen und somit Polen in die Lage versetzen, große Mengen auszuführen und den deutschen Preis dadurch weiter herunterzudrücken. So ist dieser Beschluß des Reichsrates aus politischen und sachlichen Gründen von großer Wichtigkeit. Ob noch ein Weg gefunden wird, auf dem sich die so stark aus einanderlaufenden Gegensätze finden können, muß ab gewartet werden. Eröffnung der Rheinausstellung. Koblenz, 3. Juli. Bei Eröffnung der Ausstellung „Der Rhein, sein Werden und sein Wirken" sand in dem mit Fahnen und Lorbeer festlich geschmückten Stadttheater ein Festakt statt, an dem zahlreiche hervorragende Vertreter des öffent lichen Lebens teilnahmen. Oberbürgermeister Dr. Russell bewillkommnete dis Gaste, darunter als Vertreter der Reichsregierung den Relchsverkehrsminitter Dr. Kock, als Vertreter der R e st I a u s g e crrz o r v e r u n g e n, Forderungen aus Gutsüberlassuugsvcrlrägen aus vem Jahre 1921, die bisher nur bis zu 100 Prozent des Goldmarkbetrages, berechnet nach der Tabelle des Aufwertungsgesetzes, aufgewertet werden konnten, können, wenn es zur Vermeidung einer groben Un billigkeit erforderlich ist, jetzt bis zu 400 Prozent, und wenn sie aus'dem letzten Vierteljahr 1921 herrühren, bis zu 600 Prozent ihres Goldmarkbetrages aufgewcrtet werden. Die Antragsfrist läuft bis zum 1. Oktober 1927. Kanu der Gläubiger Nachweisen, daß er ohne feilt Ver schulden die rechtzeitige Anmeldung des Anspruchs aus Auf- Wertung aus Grund Vorbehalts der Rechte oder krast Rück wirkung versäumt hat, so ist ihm auf Antrag von der Auf wertungsstelle die W i e d e r e i ns e tz u n g i n d e n v o r i g e n Stand zu bewilligen. Die Frist für den Antrag läuft bis zum 1. Oktober 1927. Vergleiche und rechtskräftige Urteile, die lediglich die in in dem neuen Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geregelt haben, sollen der Anwendung der neuen Vorschriften nicht entgegenstehen. Auf dem Gebiete der Anleiheablösung bringt das Gesetz die für die AUbcsitzer der Reichsaulcihe wichtige Bestimmung, daß die Vorzugsrente schon bei einem Jahreseinkommen von nicht mehr als 1000 Mark (bisher 800 Mark) gewährt werden soll. AelchSbankprSBeut Schacht in Aewyock. Konferenz der Staatsnotenbanken. Reichsbankpräsident Dr. S ch a ch t und der Präsident der Bank von England, Montagu Norman, sind zur internationalen Konferenz der Notenbankpräsidenten ein- getrofsen. Schacht und Montagu Norman hatten am selben Nachmittag eine Unterhaltung mit Strong, dem Präsidenten der Federal Reserve Bank, und mit dem Ver treter der Bank von Frankreich, R i st. über den Gegen stand der Unterhaltungen wird strengstes Stillschweigen beobachtet und Newyorker Zeitungsnachrichten darüber werden als müßiges Geschwätz bezeichnet. Die Unter haltungen werden fortgesetzt werden, wobei die Absicht be steht, die Zusammenkünfte außerhalb Newyorks auf einem Landsitz abzuhalten, um auf jeden Fall die nötige Dis kretion zu wahren. Gewerkschaftler beim Reichskanzler. Förderung der Wohlfahrt. Reichskanzler Dr. Marx empfing in seiner Eigenschaft ils Reichsminister für die besetzten Gebiete Vertreter der Spitzengewerkschaften und des Gewerkschaftsausschusses iür die b e s c tz t e n G e b i c t e. In längerer Ansprache würdigte der Reichskanzler die vaterländische Haltung der Bevölkerung am Rhein und an der Ruhr in der bisherigen Besatzungszeit, namentlich auch während der schweren Zeit des passiven Widerstandes. Es fei ihm eine große Freude, den Dank der Reichsregierung gegenüber der Arbeitnehmerschaft heute nicht nur in Worten, sondern nich durch die Tat nochmals zum Ausdruck bringen zu iönnen. Er habe augeordnet, daß der A r b e i t n e h m e r- rnteil des im Reichsetat vorgesehenen 30-Millionen- Fonds zur Linderung der Notlage im besetzten und besetzt zewesenen Gebiet im Betrage von 10 Millionen Mark rlsbald seiner Zweckbestimmung zugeführt werde. Dieser Betrag, so schloß der Reichskanzler, dürfe nicht in Einzel- mterstützungen verzettelt werden, sondern er sei als Ehren- ;abe des Reichs zur Förderung der Wohlfahrt ,er Arbeitnehmerschaft an Rhein und Ruhr bestimmt und tolle unter maßgebender Mitwirkung der Spitzengewerk- schaften zur Verteilung gebracht werden. Preußischen Staatsregierung den Staatssekretär Dr. Dönhoff, als Vertreter des Reichsministers für die besetzten Gebiete den Ministeialdirektor Dr. Dilthey und als Vertreter des preußischen Kultusministers den Ministerialrat Dr. Schnitzler. Ferner waren erschie nen der Protektor der Ausstellung, Oüerpräsident Dr. Fuchs, der Reichskommissar für die besetzten Gebiete, Botschafter Frhr. Langwerth von Simmern und andere hervorragende Persönlichkeiten. Besonders herz lich begrüßte Oberbürgermeister Dr. Russell die Vertreter Hollands und der Schweiz, den Ministerialdirektor Heringer aus dem Haag und den schweizerischen General konsul Schöller aus Köln. Daun ergriff Reichsverkehrsminister Dr. Koch das Wort und führte u. a. aus: Alles, was mit der Geschichte des Rheins, seinem Werden und Wirken zusammenhängt, geht nicht nur den Rheinländer, sondern das ganze deutsche Volk an. Wenn wir an dieser festlichen Stätte die Stadt Koblenz, zu der wohlgelungeueu Ausstellung beglückwünschen, so tun wir das umso lieber, als wir wissen, wie sehr gerade dieser, früher blühenden Stadt durck den Kriea und leine