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ilsdmfferTageblalt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, ,Wil»druffer Taieblatt" erschein, an «Sen Werktagen nachmittags S UHr. Bezugspreis: Bei Abholung in »er DeschSftostelle und Ken Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,R AM., bei Postbestellung 2 «W. zuzüglich Abtrag. , ,, ,, . gebühr. Einzelnummern lbRpfg.All-Poft-nftalt-n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und UnsereAus. trägerundDeschüftoftellen nehmen zu jeder ZeitBe- ftellungen entgegen. 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Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt- W ilSd k U ff - D vk SV kN Postscheck: Dresden 2640 MvNtag, Ve« 16. Mal 1S27 Lehren des „schwarzen Vörsentages" Von einem namhaften Börsenkenner wird uns aus Berlin geschrieben: Auch wer bereits Jahrzehnte hindurch die Börse besucht, wer den Tag des Zusammen bruchs der Leipziger Bank erlebt hat, den Ausbruch des Balkankrieges, die deutsche Kriegserklärung An fang August 1914, das furchtbare Ende des Weltkrieges und ähnliche Ereignisse an der Börse, wird sich nicht er innern, jemals auch nur einen entfernt ähnlichen Kurs sturz und eine derartige Panik in den Räumen der Börse gesehen zu haben, wie sie sich am 13. Mai 1927, einem in der Tat „schwarzen Freitag", zugetragen haben. Er klärlich sind diese Vorgänge freilich nur, wenn man die ganzen Zusammenhänge kennt. Man muß sich der Tatsache entsinnen, daß die Börse sich seit geraumer Zeit schon in aufsteigender Linie bewegte, und zwar mit kurzen Unterbrechungen seit mehr als Jahresfrist; eigentlich seit dem Beginn des Jahres 1926. Immer größer war all mählich die Zahl derer geworden, die an dem Goldsegen und Goldregen der Börse teilnehmen wollten. Aus hiesigen Großbankkreisen wurde schon vor Monaten auf die Gefahr hingewiesen, die darin bestehe, daß immer weitere Kreise mühelose Gewinne an der Börse erzielen wollten und daß auch zahlreiche Personen sich dort beteiligten, die weder Er fahrung noch Kenntnisse auf diesem Gebiete besaßen, die aber außerdem, was das Bedenklichste war, an der Be wegung teilnehmen wollten, obwohl ihnen auch die ge nügenden Mittel zum Kauf von nennenswerten Effektenmengen fehlten. Die Banken und Bankfirmen gewährten indessen bereitwillig Kredit, und zwar in bestimmten Grenzen, die durch die verschiedenen Bankvereinigungen genau fest- w""" und in denen man kein übermäßiges Risiko erblickte. >ze hoher aber die Kurse stiegen, um so größer wurde die Gefahr, und außerdem wurde das Publikum verlockt, nachdem ihm ein Geschäft geglückt war, ein z w e i t e s emzugehen, alsdann ein drittes und so weiter, aber die Beträge auch nach Möglichkeit zu erhöhen. Dadurch dehnte sich die Beteiligung am Börsengeschäft immer weiter aus und die Börse wurde für zahlreiche Leute der Mittelpunkt ihrer Interessen, weil sie hofften, dort zu großen Reichtümern zu gelangen, die sie auf andere Weise niemals hätten erwerben können. Zwar wußte jedermann, daß einmal ein gewisses Ende der Be wegung kommen müsse und werde. Aber das konnte sich noch lange, lange Zeit hinausziehen, wie die meisten Leute hofften. Ganz urplötzlich ist jedoch der Aufwärtsbewegung ein Ende bereitet worden, und zwar durch ein Machtwort des Reichsbankpräsidenten. Offenbar glaubte Reichsbank präsident Dr. Schacht die deutsche Währung bedroht und in einer Versammlung sämtlicher Berliner Großbanken erklärte er, die Kredite bei Aktienkäusen an der Börse j sowie die Beleihung von Aktien müßten um 25 zunächst > eingeschränkt werden, später um einen weiteren Betrag, i Das mußte ohne weiteres den Anstoß zu einem vollkomme- f nen Zusammenbruch an der Börse geben; denn die ganze Börsenlage war im wesentlichen auf Kredit aufgebaut, und wer also keine Möglichkeit hatte, seine gekauften Effekten zu bezahlen, mußte an den Verkauf denken, weil die Bank ihm nicht mehr den bisher gewährten Kredit geben konnte. Es wurde gewissermaßen die Parole ausgegeben: „Rette sich, wer kann!" Verkaufen um jeden Preis war die Losung, verkaufen, um nicht später zu vielleicht noch schlechteren Kursen verkaufen zu müssen. So kam es denn zu Kursrückgängen von 50, von 80, von 100 9L und darüber. Ungeheure Verluste sind entstanden, natürlich nicht etwa für die Börse allein, sondern für weiteste Kreise, die sich haben verleiten lassen, den Lockun gen der Börse zu folgen und dort ihr Glück zu versuchen. Wie ungeheuer groß die Gefahren sind, die jedermann und besonders dem Unkundigen beim Börsenge schäft drohen, hatte kein Mensch vorher recht bedacht; alle Welt wollte nur verdienen und reich werden. Anstatt dessen sind die meisten viel ärmer geworden, wenn sie nicht rechtzeitig verkauft hatten, und die Börse hat sich wieder einmal als ein trügerischer Boden, als eine Gefahr für weiteste Kreise erwiesen, die ihren Lockungen gefolgt sind und nun anstatt der erträumten Gewinne schwere Verluste erlitten haben. Die Lehren des „schwarzen Freitags" werden aber ^och lange nachwirken und es dürfte geraume Zeit dauern, bis die Millionen von Leidtragenden diesen Tag und ferne Verluste verschmerzt und vergessen haben werden. Verschiedentlich verbreitete Meldungen, wonach der Druck der Neichsbank auf die Banken zur Einschränkung der Börsenkredite auf einem zustimmenden Kabinetts beschluß beruhe, trifft, wie verlautet, nicht zu. Ins besondere hat das Kabinett keinen Beschluß in der Richtung gefaßt, gegebenenfalls auf dem Wege des gesetz lichen Zwanges gegen die Banken vorzugehen. Das Kabinett hat lediglich einen Vortrag des Neichsbank- präsidenten über die Angelegenheit zur Kenntnis genom men. Auch die Behauptung, daß bei dieser Gelegenheit Übereinstimmung der zuständigen Ressortminister mit dem Neichsbankpräsidenien festgestellt wurde, ist nicht richtig. Verwirrung im englischen Kabinett. Sie Londoner Sowjeifafes gesprengt Die maskierten Tapetentüren. Die Londoner Polizei hält die Bureauräume der russischen Handelsgesellschaft „Arcos" weiterhin besetzt, zumal sich die Russen weigern, die Schlüssel zu mehreren Geldschränken auszuliefern, aus deren Durchsuchung dis Polizei besteht. Sie hat drei Panzerschränke in den Wän den entdeckt, die durch Tapetentüren maskiert waren. Die Weigerung der Ärcos-Gescllschaft auf Aus lieferung der Schlüssel hat die englische Polizei zu einem Schritt veranlaßt, wie er dramatischer auch in Kriminal romanen nicht geschildert werden kann. Sie geht nämlich mit modern st enEinbrecherwerkzeugen gegen die russischen Panzerschränke vor, wobei sie pneumatische Bohrer und einen Azetylcngasapparat verwendet. DaS raffelnde Geräusch dieser Bohrer lockte große Mengen Neugieriger herbei, die sich vor den russischen Gebäuden angesammelt haben. Den Bemühungen der Londoner Polizei ist es, wie „Daily News" meldet, gelungen, bisher drei Geldschränks zu sprengen. Die darin vorgefundenen Dokumente wur den einer besonderen Abteilung zur Bearbeitung über geben. „Daily Telegraph" meldet, daß sich in einem Safe Tische und Stühle gefunden hätten, woraus geschlossen wäre, daß diese zu geheimen Versammlungen benutzt wor den seien, über den Grund der Durchsuchung wird noch immer von den Londoner Behörden strengstes Still schweigen bewahrt. Selbst die Neugierde einiger eng lischer Abgeordneter, die im Unterhaus die Regierung mit Fragen über die Durchschuung in den russischen Bureau räumen bestürmten, wurde nicht befriedigt. Sie wurden vielmehr auf den Beginn dieser Woche vertröstet, wo dem Unterhaus dann das Ergebnis der Durchsuchung und der Grund für das Vorgehen der englischen Polizei be kanntgegeben werden sollen. Empörung in Moskau. In einer eingehenden Betrachtung über die Haus suchung der englischen Polizei in den Räumen der Arcos schreiben „Jswestija", der durch das Pekinger Beispiel angeregte Londoner überfall fei der Beginn einer Ver wirklichung der in der Chamberlain-Note enthaltenen Androhungen eines Abbruchs der Be ziehungen. Der Londoner überfall, so führt das Blatt weiter aus, versetze auch der Weltwirtschaftskonfe renz einen schweren Schlag, zu der auf Betreiben der Großmächte, einschließlich Englands, die Sowjetunion zu gezogen wurde, weil ohne ihre Teilnahme der Wiederauf bau des europäischen Wirtschaftslebens unmöglich sei. Die englischen Handels- und Finanzkreise müßten er kennen, daß sie durch den Wegfall des russischen Marktes, der im Zusammenhang mit der beginnenden Durchführung des Jndustrialisierungsplanes besondere Bedeutung ge winne, viel größere Einbuße erleiden werden als die Sowjetunion, denn dieser stünden zahlreiche Konkurrenten Englands zur Verfügung. * Russische Repressalien gegen England. 140 Zentner Dokumente beschlagnahmt. Gegen das Vorgehen der Londoner Polizei gegen dis russische Handelsgesellschaft Arcos wird Rußland wirt schaftliche Repressalien ergreifen. Es heißt, daß alle ae- Es wird hiermit erklärt... Schwierige Beratung der englischen Gewerkfchaftsvorlage. Der parlamentarische Korrespondent des „Daily Telegraph" meldet: Die englische Regierung hat be schlossen, daß der Beratung der Gewerkschaftsvorlage im Unterhaus noch weitere 16 Tage gewidmet werden sollen, und zwar 12 Tage zur Fortsetzung und Beendigung der Kommissionsberatung, drei Tage sür die Berichterstattung und ein Tag für die dritte Lesung. Zu Beginn der Woche wird eine „Guillotine-Entschließung" von der Regierung eingebracht werden, die die Abkürzung der De batte ermöglicht. Der Entschluß zu dieser in den letzten Jahren nur selten ergriffenen Maßnahme ist darauf zurückzuführen, daß bisher in 18stündiger Kom- misstonsberatung von der Vorlage, die im ganzen voraus sichtlich ungefähr 2000 Worte haben wird, nur sieben Worte erledigt sind, nämlich: „Es wird hiermit erklärt, daß jeder Streik..." Gegen die wiöerrechiliche Besatzung. Eine Entschließung des Rheinischen Städtctages. Auf dem in Godesberg zusanunengetretenen Rheini schen Städtetag wurde folgende Entschließung zur Rhein landfrage gefaßt: .... , . „Der Rheinische Städtetag gibt ferner lebhaften Ent täuschung und Entrüstung darüber Ausdruck, daß trotz allem redlichen und opferwilligen Entgegenkommen L > planten Aufträge für England sallengelassen und die dies bezüglichen Verhandlungen sofort abgebrochen werden sollen. Weiter verlautet, daß diese geplanten Bestellungen größtenteils nach Deutschland geleitet werden sollen. Als Protest gegen die Vorgänge im Gebäude der Arcos in London finden überall in der Sowjetunion Versamm lungen und Demonstrationen statt. In Moskau wurden nach Arbeitsschluss in den Betrieben Versamm lungen abgehalten, in denen von der Sowjctrrgierung ent schiedene Maßnahmen verlangt werden. Die Gebäude der englischen Botschaft werden durch verstärkte Milizauf gebote bewacht, die die Demonstranten, die ins Gebäude cinzudringen versuchten, zurückdrängten. Die Demon strationen verliefen bisher ruhig. Die Teilnehmer be schränkten sich auf gelegentliche Katzenmusik und Pfiffe. Es wurden in den Zügen Plakate getragen, die sich hauptsächlich gegen Chamberlain richten. Wie die „Evening News" zu melden weiß, ist von der Londoner Polizei unter den beschlagnahmten Papieren ein überaus wichtiges englisches Staatsdoknment gefunden worden, das man seit mehreren Monaten vergeblich ge sucht habe. Die meisten Dokumente liegen aber in Chiffren vor und müssen erst mühsam von Sachverstän digen und Sprachwissenschaftlern entziffert werden. Wahr scheinlich werden sie mit den anderen beschlagnahmten Pa pieren, die ein Gewicht von etwa 140 Zentnern haben, nach dem Hauptquartier der Londoner Kriminalpolizei gebracht werden, wo sie dann bearbeitet werden können. * Die Arcos-Affäre. — Verwirrung im englischen Kabinett. London, 15. Mai. Wie der diplomatische Korrespondent des Observe meldet, werde» morgen im Unterhaus wichtige Er klärungen über die Durchsuchung des Arcos-Gebäudes abge geben werden. Unentschieden sei die Frage, ob der Innenminister oder der Außer Minister sprechen werden. Daraus könne man schließen, daß in der Wall-Street Verwirrung herrsche. Bekannt sei, daß das Außenministerium vor der Durchsuchung nicht gefragt worden sei. Scvdland Hards und das Innenministerium hätten wohl geglaubt, der Uebersall würde keine diplomatische Bedeu tung haben. Durch die Arbeit der Polizei und des Innenmini steriums werde das Auswärtige Amt gezwungen, seine Außen politik gegenüber Rußland offen darzustellen und zwar in einem Augenblick, in dem es besondere Gründe hätte, Zurückhaltung zu üben. Das völlige Schweigen aller amtlichen britischen Kreise während des Wochenendes sei ein Zeichen für das Dilemma, in das die britische Regicrvngg durch ihren Mangel an Zusammenar beit geraten sei. Ob Scodstnd Bards im Gewölbe der Arcos o. in den Gewölbci, der Handelsdelegation gewisse Dokumente finde oder nicht, aus alle Fälle sei das britische Kabinett gezwungen, zu crwägcn, ob der Ucberfcll auf das amüiche russische Gebäude ver einbar sei n>L den Beziehungen zu Moskau. Die Meinungsver schiedenheiten hätten anscheinend jetzt ihren Höhcpunlt erreicht. IsumWe m- BriM M LmLm Mneist. Eigener Fernsprcchdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 16. Mai. Staatspräsident Doumergue und Außen minister Briand sind heute 8,15 Uhr vormittag nach London ab gereist. Reiches die fremde Besatzung noch immer auf rheinischem Boden steht und eine große Zahl rheinischer Städte weiter lähmt und bedrückt. Nach Artikel 431 des Friedensver trages hat Deutschland einen R e ch t s a n s p r u ch auf so fortige Zurückziehung der Besatzungstruppen. Entgegen dieser klaren Rechtslage machen die Besatzungsmächte keinerlei Anstalten, das besetzte Gebiet militärisch zu räumen. Vielmehr deutet alles darauf hin, daß diese widerrechtliche Besetzung von ihnen noch lange Zeit fort gesetzt werden soll. Nicht einmal die von den Mächten zugesicherte sofortige Herabsetzung der Vesatzungszahi auf die deutsche Friedeusqarnisoustärke ist erfolgt. Der Rheinische Städtetag verlangt mit dem ganzen Rheinlande endlich die Erfüllung des deutschen Rechts anspruchs. Er bittet die Neichsregicrung, mit allem Nach druck bei den Besatzungsmächten darauf zu dringen, daß dem Rheinlands endlich und ohnew eitere deutsche Gegenleistungen die Freiheit werde, die ihm nach den internationalen Abmachungen völkerrechtlich zusteht." Deutschenmißhandlungen in Polen. Haussuchung bei einer Deutschen in Tarnowitz. Blüttern zufolge zog eine Bande von Aufständischen durch Chwallowitz im Kreise Rybnik. Sre drangen in die Wohnungen der neu» gewählten deutschen Gemeindevertreter em und mißhandelten sie. Besonders schlimm er ging es der Familie Walloschek. deren Wolinunastür m i t