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MMusserTageblatt Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »N. «ll-vA-nWn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend nehmen zu leder ^cn Bk- «elnnekn enkneeen Kalle höherer »ewali, jtricg oder sonstiger Belriebistörungen destehl kein Anspruch -lls Liescrnng »rr Aeitnn, oder KLqun, de» Bezugspreise». — Rücksendung eingejandtcr Schriftstück- «rsolgt nur, wenn Porto deiiiegl. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaiteneAaumzeile 20 Doldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rachweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Vor- geschriebeneGrscheinungs- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. 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Run hatte der neue Finanzminister, Dr. Köhler, in seiner ersten Rede betont, daß er nicht daran denke, neue Steuern einzuführen, sondern, daß er hoffe, die Ein nahmen und Ausgaben des Reichshaushalts nur mit Hilse der bestehenden Steuern ausgleichen zu können. Diese Hoffnung war durch die Beschlüsse des Reichstages oder durch Anträge, die in den Ausschüssen angenommen waren, über den Haufen gerannt worden. Der Inter parlamentarische Ausschuß der Regierungsparteien hatte sich infolgedessen entschließen müssen, dem Rechnung zu tragen, und hatte eine Reihe von Beschlüssen, vor allem sozialpolitischen Inhalts, zurückgenommen. Auf der anderen Seite glaubt der Finanzminister, daß die Er träge der bestehenden Steuern höher angesetzt werden können, als das in dem Voranschlag für das Jahr 1926 geschehen ist. So hat man durch ein Entgegenkommen von beiden Seiten für eine notdürftige Deckung gesorgt, allerdings unter der Voraussetzung, daß keine neuen Krisen die Wirtschaft und damit die Steuerergebnisse be einflussen. Diese Hoffnung bezieht sich aber nur auf den gegen wärtigen Augenblick, also das Etatsjahr 1926/27, das am 1- April abschließt. Es ist jedoch z. B. nicht gelungen, die Erwerbslosenfürsorge bis zum 1. April neu zu regeln, also eine der schwersten Lasten, die auf den Schultern des Reiches liegen und weit über eine Milliarde im Jahr ausmachen, abzubürdcn. Vielmehr hat das Reich die Verpflichtung übernommen, auch diese Lasten bis zum 1. Oktober weiter zu tragen. Andere, neue, kommen dazu und der Reichsfinanzminister rechnet mit einem Defizit von 478 Millionen, für das keine Deckung da ist. Aber auch jetzt wieder hat er aus drücklich betont, daß er an eine Erhöhung der jetzigen Steuern nicht denke, daß er vielmehr, um die notwendigen Ausgaben zu decken, die allerletzten Reserven herangeholt hat. Wenn sich also die Notwendigkeit ergibt, neue Ausgaben zu beschließen, so muß die Deckung dafür durch Einsparung wieder hereingeholt werden. Daß die Verwaltung im Deutschen Reich, vom Reich an gefangen bis zu den Kommunen herunter, solche Erspar nismöglichkeiten bietet, daß bei uns reichlich teuerver waltet wird, ist eine Tatsache, die lediglich von den — verwaltenden Stellen bestritten wird. Es sind ja frei lich bei den Beratungen des interfraktionellen Aus schusses auch Abstriche bei den einzelnen Etats erfolgt, außerdem hat der neue Neichsfinanzminister darauf hin gewiesen, daß weitere Ersparnisse erzielt werden sollen durch eine Vereinfachung der Verwaltung und des Steuersystems selbst. Die Regierung und der Reichstag werden es nun aber als dringendste Aufgabe betrachten müssen, diese Zusagen zu verwirklichen. Die einzelnen Reichsstellen werden es lernen müssen, die sogenannten „unbedingt notwendigen« Ausgaben nochmals einer sehr energischen Nachprüfung zu unterziehen, und die Länder und Gemeinden dürfen sich der Erwägung nicht mehr verschließen, daß die Verwaltung nicht Selbstzweck ist, sondern zu möglichst geringen Kosten zu erfolgen hat. Kostenersparnis ist das Gebot der Stunde und dann wird es auch möglich sein, Mittel frei zu machen für solche Aus gaben, die nicht bloß den Zwecken der Verwaltung selbst dienen, sondern zum Ausgleich sozialer übelstände oder wirtschaftlicher Vorbelastungen bestimmt sind. Es ist un tragbar, daß ein Drittel des deutschen Volkseinkommens in die öffentlichen Kassen abfließt und daß die dafür ge leistete Arbeit in keinem rechten Verhältnis zu dieser Summe steht. Leider aber ist der Ruf nach Sparsamkeit in der Verwaltung bisher ziemlich wirkungslos verhallt; wenn der neue Finanzminister es durchzusetzen vermag, daß hier endlich Entscheidendes geschieht, so würde er da mit nicht bloß dem Drängen des deutschen Volkes nach- gcben, sondern würde sich dadurch auch ein bleibendes Ver dienst erwerben. Die Lage aus -em Balkan. Untersuchungskommission oder nicht? über die Lösungsmöglichkeiten des italienisch-jugo slawischen Konflikts sind die Meldungen noch immer widersprechend. Während man in Berliner politischen Kreisen der Ansicht ist, daß eine direkte Einigung zwischen Rom und Belgrad alsbald zu erwarten ist und sich dem gemäß die Entsendung einer internationalen Militär- konirollkommission erübrigen würde, wird von Pariser Blättern die Nachricht verbreitet, daß der jugoslawischen Regierung offiziell der Vorschlag zur Entsendung eines Untersuchungsausschusses gemacht werden soll. Dieser Ausschuß soll ermächtigt sein, auf beiden Seiten der jugo slawischen Grenze Feststellungen zu machen. Er soll aus deutschen, englischen und französischen Vertretern, sowie italienischen und südslawischen Beobachtern zusammen- «esekt sein. Bis zum 30. Juni. Die Wirtschaftsdelegationen Frankreichs und Deutschlands sind nunmehr in Paris, wie gemeldet, zu einem Abkommen über die beiderseitigen Handelsbezie hungen gelangt »nd haben die Fortdauer der gegenwär tigen Abmachungen bis zum 30. Juni vereinbart. Die das Ergebnis ankündigende amtliche Mitteilung hat den folgenden Wortlaut: Das am 15. März unterzeichnete Protokoll zur Fest legung der Grundsätze des endgültigen Handelsvertra ges zwischen Deutschland und Frankreich bildete nur die erste Etappe der seither in ersprießlicher Weise fortge führten Verhandlungen. In Fortführung der Verhand lungen haben die beiden Delegationen beschlossen, ihren Regierungen vorzuschlagen, alle Vereinbarungen, die gegenwärtig für die wirtschaftlichen Beziehungen zwi schen Deutschland und Frankreich maßgebend sind, in ihrer Gültigkeit bis zum 30. Juni zu verlängern. Die Dele gationen hoffen, daß zu diesem Zeitpunkt der neue französische Zolltarif angenommen sein wird, und daß dann eine endgültige und vollständige Re gelung an Stelle der bisher getroffenen vorläufigen und teilweisen Vereinbarungen eintreten kann. Nach Maß gabe dieses Beschlusses haben die beiden Delegationen einen Abkommensentwurf vobeeitet, demzufolge vom 11. April bis 30. Juni einschließlich die französischen Weine im Rahmen eines Kontingentes zu den gleichen Tarif- bedingungen nach Deutschland eingeführt werden können, die den auf Italien und Spanien fallenden Weinen ein geräumt werden. Als Gegenleistung für dieses Zuge ständnis sind für die hauptsächlichsten Industrien ziem lich ausgedehnte Vorteile gewährt worden. Man hofft, daß die vorbereitenden Entwürfe vor Ende dieses Mo nats unterzeichnet werden können. Gras Westarp über Genf. Grenzen für das deutsche Entgegenkommen. Bei einer öffentlichen Kundgebung des deutschnatio- ualen Landesparteiiages in Kiel gab Graf Westarp einen Rückblick auf die letzten Verhandlungen des Völkerbund rates. Die Kompromisse, zugunsten deren die deutsche Delegation den deutschen Rechtsstandpunkt preisgegeben habe, würden allgemein als unbefriedigend anerkannt. Der Völkerbund und seine Freunde könnten sich wahrlich nicht wundern, wenn auch die letzten Ereignisse nicht dazu beigetragen hätten, im deutschen Volke das fehlende Vertrauen zu erwecken. Die Deutschnationalen hätten im Reichstags den Wunsch ausgesprochen, daß Kabinett und Außenminister das deutsche Recht „in enger Fühlung miteinander« wahren möchten. Dagegen habe i stch der Außenminister gewandt. Für den weiteren Gang der Dinge beanspruchten die Deutschnationalen unter loyalster Beachtung der für die Koalition geschaffenen Grundlagen das Recht, ihren Einfluß inderKon ti t i o n für die Anwendung der von ihnen in jedem Einzelfall für richtig gehaltenen Mittel einzusetzen, und dazu gehöre, daß dem deutschen Entgegenkommen be stimmte Grenzen gezogen werden. Graf Westarp ging dann auf die deutschen Aufgaben zum Schutze der deutschen Minderheiten, namentlich auch in der Nord mark, und aus die Ostpolitik ein. Briand habe ver jugoslawischen Negierung bereits auf diplomatischem Wege auseinandergesetzt, daß der Ge danke der Entsendung eines vom Völkerbund einzusetzen den Ausschusses die Einberufung des Völkerbundrates erforderlich machen und so die Liquidierung der jugo slawisch-italienischen Krise hinauszögern würde. Im übrigen erwartet „Matin«, daß die italienische Negie rung gegen die vorgesehene Art der Regelung keinen Widerspruch erheben werde; dasselbe behauptet „Petit Journal« von der jugoslawischen Regierung. Nach dem „Petit Parisien« soll jede Ration zwei Vertreter in dem vorgesehenen Unterausschuß haben, nach dem „Petit Journal« sogar deren drei. Die Pariser Presse veröffentlicht ferner eine römische Depesche, die besagt: Für Italien bestehen keine Gründe, sich dem vorgefchlagenen Verfahren zu wider setzen, obwohl cs offenbar ist, daß eine internationale Enquete ein ziemlich langsames Kontrollmittel bildet und in der Zwischenzeit die beanstandeten militärischen Maß nahmen ausgesetzt oder aufgehoben werden können. Auf alle Fälle wird Italien in loyalster Weise an der Unter suchung teilnehmen und zufrieden sein, daß es durch sein Vorgehen Albanien zum mindesten vorübergehend vor einem Handstreich von außen her bewahrt hat. * Revolutionsgerüchie aus Albanien. Die Pariser Presse gibt alarmierende Nachrichten aus Athen wieder, wonach in Albanien die Revolution ausgebrochen sein soll. Die albanische Regierung soll die Mobilisierung von zwölf Jahresklassen verfügt haben. Beschießung von Nanking. Antienglische Bewegung in Kanton. Wie aus Schanghai gemeldet wird, haben britische und amerikanische Kriegsschiffe Nanking beschossen, nach dem die Verhandlungen über dis Freilassung der fest- gehaltenen Fremden, 95 Amerikaner und 15 Engländer, fehlgeschlagen waren. Nach japanischer Meinung sind mehr als 100 Briten und Amerikaner in Nanking umge kommen. Tatsächlich sind allein 12 englische und 16 ameri kanische Marineangehörigc gefallen. Weitere Nachrichten wollen von viel größeren Verlusten wissen. Auf die Mel dung hin, daß auch der japanische Konsul in Nanking ge tötet worden sein soll, sind 12000 Mann japanische Ver stärküngen nach Schanghai beordert worden. Aus Hongkong wird berichtet, daß die antienglischc Bewegung in Kanton wieder so ernste Formen annimmt, daß man es in Hongkong für zweckmäßig hält, Truppen zum Schutze nach Schamin, dem Ausländerviertel Kan tons, zu entsenden. Nach einer späteren Meldung hat das englische Kanonenboot „Tarantula« bereits eine Abtei lung Marinesoldaten gelandet. Vie surlänüsiLen croppen in Schanghai in böwrtrr MrmberrittLslt. Eigener Fernfprcchdienft des „Wilsdruffer Tageblattes«. London, 27. März. Wie aus Schanghai gemeldet wird, liegen alle ausländischen Truppenkontingente an den Grenzen der Internaticnalen Niederlassung nach wie vor in höchster Alarm bereitschaft, da trotz der äußeren Ruhe, -le in Schanghai einge zogen ist, mit dem nationalen Fanatismus der Kantonesen ge rechnet wird. Man rechnet immer noch mit einem kantonesischen Kebtrfall auf die ausländischen Konzessionen, der, wenn er Er folg haben dürfte, bei dem Ausländerhaß führen konnte. In den ausländischen Kreisen Schanghais begrüßt man sehr das Ein greffen der Amerikaner. Aus Kalifornien sollen allein 28 ame rikanische Bombenflugzeuge nach Chino unterwegs sein. Bei der Beschießung von Nanking sind auch zwei französische Untertanen umgekommen. Der Kantonesische Oberbefehlshaber warnt Amerika. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes«. London, 27. März. Wie aus Schanghai gemeldet wird, hat der kantonesische Oberbefehlshaber Tschangkoischek in einer Presseerklärung darauf hingewiefen, daß die Ereignisfe in Nanking nur örtlichen Charakter getragen hätten. Es sei bedauerlich, daß sich die Amerikaner von den Engländern in die Nankinger Affäre heben hineinziehen lasten. Die Vereinigten Staaten sollte» sich hüten, sich von England in eine ungünstige Situtotion in China hincinmenöverieren zu lasten, sonst würden sie sich bald in der selben ungünstigen Lage in China befinden, wie England selbst. China sei sich der Macht wirtschaftlicher Repressalien wohl be wußt; das Problem der ungleichen Verträge wolle China nicht mit Waffengewalt, sondern im geeigneten Augenblick mit diplo matischen Mitteln zur Lösung bringen. Nach Meldungen aus Korfu sollen die Italiener In Valona bereits Trnppen gelandet haben, über London wird berichtet, daß italienische Truppentransporte in Be gleitung eines leichten Kreuzers auf der Insel Saseno an der albanischen Küste gelandet worden sind. Stapellaus des Kreuzers „Königsberg«. Eine Ansprache des Admirals Zenker. Aus der Reichswerft in Wilhelmshaven wurde der Kleine Kreuzer „Königsberg" vom Stapel gelassen, überall grüßten Fahnen und Wimpel. Zahlreiche Ehren gäste waren aus dem ganzen Reich herbeigcströmt, um dem feierlichen Akt beiznwohnen. Die Taufrede hielt der Oberbürgermeister der Stadt Königsberg, Dr. Lohmeyer. Das Schiff wurde anschließend von Frau Loos, der Ge mahlin des Vizeadmirals Loos, des Kommandanten des »ns dem Kriege bekannten Kreuzers „Königsberg", aus den Namen „Königsberg" getauft. Nach dem Stapellauf fand ein Frühstück im Offiziers- Heim statt, bei dem der Ehef der Marineleitung, Admiral Zenker, in einer Ansprache im Namen der Marine allen dankte, die an dem Werk mitgearbeitet haben, den Konstrukteuren, den Werftbeamten und Werftarbeitern und der Industrie. Er führte aus, der neue Kreuzer solle vas sichtbare Zeichen des Treubekennt- nisses des Reiches zu der Provinz sein, die ein grau sames Geschick vom Reich abgetrennt habe. Wenn kein Weg durch deutsches Land mehr nach Ostpreußen führe, so werde die Marine auf See die Brücke öinüberschlaaen. >»7