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Mmtsösatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den StadtraLH daselbst. ZZ. Freitag den 26. April 1872. Bekanntmachung. Anher erstatteter Anzeige zufolge sind in der Nacht vom 31. März zum 1. April d. I. aus einem Gute in Wild berg 10 Stück Hühner, ferner aus einem Gute allhier in der Zeit von Weihnachten v. I. bis Mitte Februar d. I. nach und nach ebenfalls 10 Stück Hühner, sodann aus einem andern Gute allhier gegen Mitte Februar d. I. 5 Stück Hühner, gegen Ende desselben Monats 1 Henne und in der Nacht vom 13. zum 14. d. M. abermals 4 Stück Hühner, endlich aus einer Wirtschaft allhier ungefähr in der Mitte des Monates März d. I. 2 Stück Hühner und in der Nacht vom 13. zum 14. d. M. 1 Hahn und 1 Henne spurlos entwendet worden, was behufs Ermittelung des Thäters und Wiedererlangung der Hühner hiermit zur öffentlichen Kenntnis; gebracht wird. König!. GerichLsamt Wilsdruff, den 24. April 1872. Leonhardi. Tugesgeschichte. Nach einer Bekanntmachung des Staatsanwalts zu Dresden sind seit einiger Zeit falsche Einthalerstücke, und zwar preußische VereinSthaler mit dem Jahrcsstempel 1860 und 1L67 zum Vorschein gekommen. Das Gepräge derselben ist mangelhaft, der Klang blei- ähnlick, die Nandnmschrist fehlt gänzlich. Wie dem „Dr. I." ans Niva mitgctheilt wird, erfreuen Ihre Majestäten der König und die Königin Sich daselbst des besten Wohlseins. In Dresden haben die Stadtverordneten zum Van einer Turnhalle für die Siebente Bezirks, und die fünfte Gcmeindeschule 527S Tblr. bewilligt. Mittweida, 21. April. Durch Bohrversuche hat man auf hiesigen Stadiflurcn, nahe der Chemnitz-Riesaer Eisenbahn, nicht unbedeutende Thonlagcr gesunden, deren Ausbeute eine erwünschte Einnahmequelle für die Commun werden kann. Das kais. Gencralpostamt macht bekannt, daß ans Palleten neben der wesentlichen Angabe der Adresse, im Falle der Frantirung, der Vormerk „frei" und im Falle der Entnahme von Postvorschnß der Vormerk „Vorschuß von re." unter Angabe des Betrages, deutlich angegeben sein muß, damit die Pallete auch ohne Begleitbrief nölhi- genfaUS bestellt werden können. Die benachbarten thüringischen Staaten haben sich -zn Maßregeln wegen Vertilgung der Engerlige und Maikäfer im heurigen s- g- Flugjahre vereinigt. Eine ursprünglich von der jesuitischen „Germania" gebrachte Notiz, nach welcher für die beiden verurtheilten Svcial-Dcmokralen Bebel und Liebknecht unter Neichstagsabgcordnctcn aller Fractionen bedeutende Geldsammlungen veranstaltet worden sein sollten, war auch in viele andere Zeitungen übcrgegangcn und hatte den Be treffenden Veranlassung gegeben, öffentlich stolz zu erklären, daß sie nur von Parteigenossen Unterstützungen amu innen würden. Jetzt entpuppt sich die ganze Nachricht als eine Erfindung. Es ist Nie mand eingefallen, für die Verurtheilten Hundert und aber Hunderte zu zeichnen; es ist eine Versammlung nur angeregt, Mer nicht ein mal versucht worden. Und von wem? Von den Ultramvntancn! Natürlich, nur vatcrlandslose Schwarze und Römlinge können mit Vaterlands- und religionslosen Nöthen zusammengehen, wenn es sich um irgendwelche Demonstrationen gegen das geeinigte große Vater land und die neue Ordnung der Dinge handelt. Die Eröffnung der deutschen Universität Straßburg wird in der feierlichsten Weise am I. Mai vor sich gehen. Auch die Stu denten der deutschen Universitäten werden Deputationen dahin ab senden. Laskers Rede im Reichstage über das neue Militärstraf gesetz lassen wir im Auszuge folgen. Lasker zeigt sich als Verlhei- diger der strengsten militärischen Disciplin, aber als Gegner von zweierlei Strafmaß, des geringeren für Vorgesetzte, des härteren für Soldaten. Er läßt nicht zweierlei Ehre oder Ehrgefühl gelten, feit die ganze männliche Jugend im Heere dient, der eine Bruder, der Beamte, Kaufmann, Techniker, Oekouvm rc. unter dem Gewehr, der andere als Offizier. Im bürgerlichen Gesetze, sagt er, gilt auch nickt Zweierlei Strafmaß, ein anderes für den Beamlen, ein anderes für den Bürger. Der strengste (Dunkel ) Arrest gilt ihm geradezu als Verwerflich, weil Geist und Körper gefährdend. Abg. Laster erkennt in der musterhaften Form und Fassung d"." Vorlage die selbe meisterliche Hand, die das bürgerliche Strafgesetzbuch auSgearbeitet hat, willig an; aber diese sein gewühlte Forni verbirgt ost einen wenig zusagenden Inhalt und verdeckt in der Tiefe die bedenklichsten Bestimmungen. Im vorliegenden Falle wird es Sache des bürgerliche» Reichstages sein, die Kluft zwischen bürgerlichem und mi- Märischcm Strafrecht aufzusnchen und auszugleichen, das zur Strenge drängende militärische Bedürfnis; von Fall zu Fall genau zu prüfen, diese Strenge unter Um- ., ständen zu mildern, die Fülle, in denen Todesstrafe angedroht ist, im Einzelnen zu untersuchen. In gewissen Fallen wird zu erwägen sein, ob die Strafen nicht zu niedrig und zu milde bemessen sind. Redner geht sodann auf die einzelnen Bestim mungen der Vorlage näher ein. Der Mangel an Willenskraft sei nicht unter allen Umständen als StrafmilderungSgrund ans;nsch!ies;en, höchstens vor dem Feinde. Tie Vergehen der Vorgesetzten gegen die Untergebenen, das Anreizen der letzteren Lurch erstere sei viel zu Milde bedroht, und diese Milde werde »och bedenklicher durch die Bestimmungen LeS Einsührungsgesetzes, wornach dergleichen Vergehen sogar im TiSciplmarwege bestraft werde» kömu». Auch Las ausgestellte System der Stras- w.le» gebe zu so schweren Bedenken Veranlassung, Latz ohne eine durchgreifende Aendcrung in dieser Beziehung an eine Annahme des Gesetzes nicht zu denken sei. Der strenge Arrest sei eine barbarische Slrafart, Lie mit der Tortur auf gleicher Laue steht; ebenso gut könnte man die Anwendung der Danmschraube» vertheidigen denn Wasser und Brod sei keine ausreichende Rahrung für den Menschen, sie müsse schließlich Len Tod herbeisühren, und hätte der Bundesrat!) eine sachverständige Un tersuchung darüber anst.llen lassen, so würde sich sicher keil, Militärarzt dafür aus gesprochen haben. Durch die Schärfung, daß der gemeine Mann drei Tage im Sunkcln zubringcu soll, wird der Krankheit des Körpers noch eine Krankheit des Geistes hinzugefügt. Den Offizier freilich treffen alle Liese Strafe» nicht, er bekommt Hausarrest. Fast scheint cs, als nehme man in militärischen Kreisen an, der Offizier empfinLe Lie Straje des Stubenarrestes ebenso schwer, wie der Bürgerliche das Ge fängnis;; aber dann solle man Loch einer Verjammlung von überwiegend bürgerlichen Elementen nicht zumuthen, sich selber ein solches schmähliches Zeugniß auszustellen. (Sehr richtig!) Wir sind der Würde des Landes und der Würde desKricgsheeres gleiche Ehrfurcht schuldig, wir machen darin keinen Unterschied, ebenso wenig unter- zcheiden nur aber auch zwischen einem bürgerlichen und militärischen Beamten, denn die Würde LeS Staates ist so hoch, daß sie einer Steigerung durch den militärischen Rang nicht mehr bedarf und nicht mehr erfahren kann. Eine gleiche Strasmessung müsse wenigstens für die Verbrechen cintreten, welche mit dem Militärdienste gar nicht Zusammenhängen. Redner tadelt endlich, daß Ler Entwurf nicht vorher der vfientMzen Kritik unterworfen worden, und schließt mit dem Wunsche, daß etwas Gedeihliches zu Stande kommen möge; er werde gern Mitwirken, daß überall da, wo cs möglich ist, eine Verständigung herbeigeführt wird, welche bei vielen Punkten unenlbehtüch sei. (Lebhafter Beifall.) Die Berliner „Gerichlsztg." schreibt Folgendes: Zwischen dem geadelten Bankier Bleichröder und seinem Rechtsanwalt, dein ebenso talentvollen wie allgemein geachteten Jnstizralh Wiener, hat sich Folgendes ereignet. Wie das bei allen beschäftigten Rechtsanwälten üblich, hatte der Jnstizralh Wiener ein Schreiben an seinen Mandanten mit dem Ersuchen gerichtet, ihn behufs einer Conferenz - in einer Prozeßangelegenheit zn besuchen. Hierauf empfing der Absender eine Antwort folgenden Inhalts: „Der Jnstizralh Wiener kann wohl zum Geheimen Lommcrzienrath v. Bleichröder, nicht aber dieser zu dem Justizrath Wiener kommen." Die Erwiderung des Jnstizraths Wiener hierauf lautet: „Wenn der Geheime Cvmmerzienrath v. Bleichröder nicht zmn Jnstizralh Wiener kommen kann, so kann auch der Justiz- raih Wiener nicht der Anwalt des Geheimen Commerzienrathcs von Bleichröder sein und sendet ihm deshalb die Akten seiner Prozesse hiermit zurück." m vc,)cyeueven. AM So»""