Volltext Seite (XML)
MdmUMeblaü Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochmblafs fÜk Wllsdruff UNd ^MgMsld Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr 233. Mittwoch den 5. Oktober 1921. 8V. Jahrgang. Amtlicher Teil. für Septemder 1821 ist spätestens bis zum 18 d. Mts. an die Stadtkaffe zu bezahlen. vr Wilsdruff, am 4 Oktober 1921. Der Stadtrat. I!IIIII!!IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlIIIIIIIIIIUI»IIIIIIIIIIIII»III»III»IlI»IIMIMIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII>NIIIIII!IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIUIII!MIIIII,III!NIIIIg Pir Sillen WM, DzeiW Sir 10 Iß MMllG nchngeSkn. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Der Rat des Völkerbundes hat beschlossen, die endgültige Entscheidung des Rates in der oberschlesischen Frage am 11. November bekannizugeben. * Die Unabhängigen stellten in ihrer Antwort an die Mehr- heitssozialisten über die Teilnahme an der Regierung eine Reihe von Forderungen auf, über deren Aufnahme sie sich vor einer Entscheidung vergewissern wollen. * Der Reichstag soll spätestens am 3. November wieder zu- sammentrcten. * Die ungarische Regierung hat beschlossen, sich der Note der Botschafterkonferenz zu unterwerfen. Eine amtliche Note gibt bekannt, das Westungarn vor dem 4. Oktober geräumt wer den wird. Der -rüstende Tiger. Er kann so alt werden wie Methusalem, der grimme „Tiger" George Clemenceau, er wird bis zu sei nem letzten Atemzuge bleiben, was er ist und war: so ziem lich der unversöhnlichste Gegner, den Deutschland auf sei nem Lebens- und Leidenswege mals getroffen hat. Nach seinem jähen Sturz zu Ostern 11.0 verschwand er für mehr als Jahresfrist in den Jagdgesildcn des dunklen Erdteils, um trotz seiner hohen Jahre frisch wie ein Wiesel im Som mer 1921 wieder in die Heimat zurückzukehren. Jetzt hat mau ihm dort, in St. Hermine iu der Vendöe, bei noch le bendigem Leibe ein Denkmal errichtet, und Herr Clemen ceau hat bei dieser Gelegenheit eine Rede gehalten, die sich, wie man zu sagen Pflegt, gewaschen hat. Mit Deutschland, dem besiegten, niedergeschmetterten, in wehen Zuckungen liegenden Deutschland brauchte er freilich nicht viel Federlesens zu machen. Es habe sich, meinte er, von Herrschastsgelüsten leiten lassen, und solange es diesen Traum der Torheit nicht aufgegeben habe, könne die siegreiche Allianz nur zum Schaden desjenigen aufge geben werden, der sich selbst vergessen habe. Frankreich wäre nicht würdig seiner selbst, wenn es vergäße, daß es seinen Sieg der Zusammenarbeit aller Alliierten zu danken habe. Der Tag der Prüfung für die Allianz sei in dem Augenblick gekommen, an dem die Waffen den Händen des Feindes entfallen seien. Frankreichs Richtschnur sei, nicht zu beherrschen und nicht beherrscht zu werden. Die Ver pflichtungen, die man in Versailles von Deutschland er langt habe, zählten nicht mehr. Was sei zum Beispiel daraus geworden, daß die Kriegsverbrecher der deutschen Armee von den siegreichen Ländern abgeurteilt werden sollten? Richter und Beschuldigte, die „Banditen von Leipzig", seien im Triumph herumgetragen worden, wäh rend man ihre Opfer ausgepfiffen habe. Die Verbündeten Frankreichs hätten wohl die Notwendigkeit begriffen, ihm gegen die Möglichkeit neuer Bedrohungen ihren Beistand anzubieten. Sie hätten Verpflichtungen unterzeichnet, von denen eines Tages die Rede sein werde. Aber der Sülle Ozean, von dem jetzt zwischen den Alli ierten soviel gesprochen werde, sei sehr weit und die deutsche Grenze sehr nahe. Gebe es für die Washingtoner Konfe renz eine schönere Aufgabe, als die Fehler der Ausführung des Versailler Vertrages wieder gutzumachen? Habe man die Vertreter der Zivilisation wirklich nur deshalb nach der amerikanischen Bundeshauptstadt zusammenberufen, um ihnen das Nichüntereffiertsein der Vereinigten Staaten in Sachen der hehren Gesetze der Menschlichkeit kundzu- geben, für die sie zusammen mit England und Frankreich ihr Blut geopfert hätten? Das könne nicht sein. Müßte nicht eine finanzielle Niederlage Frankreichs in diesem Augenblick für Frankreich die gleichen Folgen haben wie eine Niederlage der Waffen? Es dürfe keine alliierte Re gierung geben, die aus Gründen eines umfangreicheren Verkehrs die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Tätig keit auf Kosten Frankreichs begünstigen wolle, denn das wäre Verrat. Clemenceau sprach weiter davon, daß man die gerechte Reparationsschuld im Mai dieses Jahres auf die Hälfte herabgesetzt habe. Frankreich könne auf die Anerkennung des ihm Geschuldeten ebensowenig verzichten wie auf die Bürgschaften für seine Sicherheit; es müsse das Vorrecht der Reparationsschuld vor allen deutschen inneren Schulden fordern; ebenso daß jeder Deutsche we nigstens ebenso viel Steuern zahle wie jeder Franzose. Bis jetzt sei noch nicht einmal der Versuch gemacht worden, diese billigen Bedingungen des Versailler Vertrages zu erfüllen. Jede finanzielle Erleichterung, die Deutschland gewährt werde, verringere zu gleicher Zeit die Bürgschaf ten für die Sicherheit Frankreichs, die Sicherheiten also, deren Verlängerung nach dem Wortlaut des Vertrages als Strase für deutsche Verschlungen zugelassen sei. Ein Kampfruf also, des Mannes würdig, der wäh rend des ganzen Weltkrieges nichts von Versöhnung, nichts von Verständigung wissen wollte, imd der jeden Franzosen unbarmherzig als Vaterlandsverräter unschäd lich niachen ließ, der den Kampf gegen Deutschland nicht bis zum bitteren Ende fortgesetzt wissen wollte. Des Mannes, der von vornherein den Frieden von Versailles nur als Fortführung des Krieges mit anderen Mitteln gelten ließ, und der seine Hand lieber verdorren lassen Möchte, als daß er Deutschland gegenüber auch nur um Haaresbreite vom Standpunkt des übermächtigen Siegers abwiche. Sein Friedensprogramm, erklärte er auf dem Festmahl, das der Denkmalsenthüllung folgte, sei, sich den Besiegten gegenüberzustellen als Sieger, der den Krieg ge wonnen habe, und er wolle, daß der Friedensvertrag er füllt werde. Der Friedensvertrag also muß nach Herrn Clemenceau ersiiüt werden, auch wenn er nicht erfüllt werden kann. Und die Verbündeten Frankreichs, die sich der Erkenntnis zugänglich zeigen, daß dieser unmög liche Friedensvertrag das Unglück aller europäischen Na- üonen zur Folge haben mutz, sic laufen Gefahr, in den Zorn des Tigers mit hineingezogen zu werden. Was er ihnen, insbesondere den Engländern und den Amerika nern, vorhält, läuft auf nichts Geringeres als auf den Vorwurf Les Verrates gegenüber den französi schen Verbündeten hinaus. Für Clemenceau gibt es keine Sprache der Tatsachen, der wirtschaftlichen Tatsachen ins besondere, er kennt und duldet nur die Sprache der Lei denschaften, die er allerdings meisterhaft zu handhaben versteht. Bei ihm muß man die Hoffnung, daß mit zu nehmendem Alter auch die Weltweisheit, die alles begrei fende Klugheit Wachsen werde, ein für allemal aufgeben. Aber daß er mit dieser Sprache noch einmal andere Völ ker werde hinter sich herziehen können, wie es im Kriege gelungen ist, das darf man nach allem, was die letzten Jahre Europa gebracht haben, doch wohl bezweifeln. Wenn Herr Clemenceau sich herausnimmt, von Banditen von Leipzig zu sprechen, so muh mit ungleich höherem Recht den Banditen von Paris gesagt werden, daß die glorreiche Zeit ihrer unbegrenzten Weltbeherrschung denn doch vorüber ist. Wann sprichi der Völkerbund? Neue Berufungen aus Oberschlesien nach Genf. Die Nachrichten über den Zeitpunkt, an dem der Völ kerbundsrat das ihm übertragene Urteil über Oberschle sien abgeben wird, müssen mit großer Zurückhaltung aus genommen werden, da aus den verschiedenen Quellen auch abweichende Termine gemeldet werden. Nach den letzten Londoner Meldungen hat der Rat des Völkerbundes be schlossen, die endgültige Entscheidung des Rates in der oberschlesischen Frage am 11. November bckanntzugcben. Der polnische Volksrat in Beuchen hat nach einer Konferenz mit der Interalliierten Kommission in Oppeln drei weitere Vertreter außer Len beiden in Genf schon ein getroffenen dorthin entsandt. Daraufhin sind auch zwei weitere Vertreter Ler oberschlesischen deutschen Gewerk schaften vom Völkerbundsrat nach Genf berufen worden. * Recht und Politik. Die Entscheidung über Oberschlesien ist bisher zum großen Schaden der gerechten deutschen Sache fast nur nach politischen, nicht aber nach rechtlichen Ge sichtspunkten gesucht worden. Deshalb richtet jetzt der Königsberger Professor Dr. Kraus in der deutschen Ju ristenzeitung einen „Appell an das Recht in zwölfter Stunde". Er untersucht streng juristisch die Haltbarkeit des Ersuchens des Obersten Rates an den Völkerbund, daß dieser dem Rate eine Grenzlinie durch Oberschlesien empfehlen möge. Er weist nach, daß durchaus kein Rechts grund dafür besteht, daß unter allen Umständen eine solche Grenze gezogen werden müsse. Ferner habe Deutschland das Recht, gegen jede Entscheidung zu protestieren, die nicht im Einklang mit dem Friedensvertrag steht, z. B. wenn sie ohne Amerikas Mitwirkung erfolgt. ^Aufgeklärter Föderalismus" Eine Ansprache des bayerischen Ministerpräsidenten. -n.- München, 3. Oktober. Bei der Jahresversammlung des „Deutschen Museums" in München hielt auch der bayerische Mi nisterpräsident Graf Lerchenfeld eine Rede, in der er auf die Erhaltung des staatlichen Eigenlebens der Länder zu sprechen kam und unter anderem ausführte: „Man gebe dem Reich, was des Reiches ist, aber man hüte sich vor dem Unitarismus, der alles nivellieren will, der aus Nesson- oder Parteisinn erwächst. Steelln wir uns, fuhr der Redner fort, auch bei Zeiten dem allmählichen Abbau der einzel- staatliche» Selbständigkeit entgegen. Komin er: wir zu einem Partikularismus und zu einem Föderalismus, der weder über dem Einzelnen das Ganze, noch über dem Ganzen das Ein zelne vergißt, den ich als aufgeklärten Partikula rismus, als aufgeklärten Föderalismus bezeich nen möchte. Dann wird in alle Zukunft Bauern ein in sich leitgegründeter Eckpfeiler des großen Deutschen Reiches, wie des Deutschtums überhaupt, sein und bleiben." Wenn man die beachtenswerten Wrte des Grafen Lerchenfeld aus den vielen „ismussen" in glätteres Deutsch übersetzt, so muß man seinen Äußerungen zweifellos zu stimmen. Er wünscht, daß der Kamps zwischen den Uni- taristen, die ein einheitliches deutsches Reich unter Beseiti gung der Bundesstaaten wollen, und den Parttkularisten, die den Interessen der Einzelstaaten unter allenUmständen den Vorrang vor denen des Reiches geben, durch eine Einigung nach der Anschauung der Föderalisten geschlich tet werde, die wiederum den Bundescharakter des Reiches betonen und einen vernünftigen Ausgleich zwischen Reichs- und Landesinteressen für notwendig hallten. Die Hinzufügung des Wortes „aufgeklärt" foll offensichtlich darauf hindeuten, daß Gras Lerchenseld die richtige Über zeugung hat, daß in dem ganzen Streit, der in Lem jüngsten Konflikt zwischen dem Reich und Bayern wieder eine Rolle spielte, manche Schärfe vermieden werden würde, wenn die beiden Lager sich weniger von herge brachten starren Anschauungen, als von vernünftiger Ab wägung der augenblicklich vorherrschenden vaterländischen Notwendigkeiten leiten ließen. LLnabhängige und Regierungsumbildung. Antwort an die M e h r h e i t s s o z i a l i st e n. Die Zentralleitung und Lie Reichstagsfraktion der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands haben an den Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands auf seine Anfrage, ob Lie U. S. P. bereit sei, gegebenenfalls in eine Regierungsaktion einzutreten, fol gendes geantwortet: „Die USPD, hat bisher Lie seit der Annahme des Lon doner Ultimatums gebildete Regierung Wirth in der lovalen Erfüllung des Ultimatums und Ler Führung einer republi- tanifch-Lcmokratische» Politik unterstützt. Das entspricht dem , Gesamtinteresse des Proletariats, Las für die Politik unserer Partei bestimmend ist. Der immer akuter werdende Kampf gegen die Reaktion und für die wirksame Heranziehung des Besitzes zur Steuerleistung und zur Erfüllung des Ultima tums, ein Kampf, in Lem die Massen unserer Partei mit den rechtssozialistischen, kommunistischen, christlichen und Hirsch- Dunckcrschen Arbeitern sowie den republikanisch gesinnten An gestellten und Beamten Schulter an Schulter stehen, schafft eine Situation, in der es Las proletarische Interesse erfordert, die Regierung zu unterstützen, wenn ihre Politik die Verwirkli chung der nachstehenden Mindestforderungen zum Ziele hat. Die Forderungen der Unabhängigen. 1. Herstellung des Gleichgewichts im Staatshaushalt und Sicherung der auswärtigen Zahlungsverpflichtungen durch ausreichendes Heranzichen des Absitzes, insbesondere auf dem Wege der Erfassung der Goldwerte. 2. Wirksame Maßnahmen zum Schutze der Republik und zur Bekämpfung der monarchisti schen Reaktion; Justizreform durch Übertragung der Recht sprechung in Strafsachen aus Geschworenengerichte; Wahl der Geschworenen Lurch das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht nach dem Grundsatz der Verhältniswahl; gesetzliche Maßnahmen, Lie die Entfernung von Beamten im öffentlichen Dienst, Angestellten und Angehörigen der Wehrmacht ans dem Staatsdienst ermöglichen, die monarchistische Auffassungen öffentlich vertreten oder in oder bei Ausübung ihres Amtes be kunden. 3. Fortführung der Sozialpolitik. 4. Sozialisierung des Bergbaues. 5. Eine auswärtige Politik der Verständigung und des Wiederaufbaues, aufrichtiges Streben, die Verpflicht tungcn des Ultimatnms zu erfülle». Das Schreiben schließt mit der Gegenfrage an Lie Mehrhcitssozialdcmokratie, ob die beiden bürgerlichen Parteien der gegenwärtigen Koalition, Las Zen trum und Lie Demokraten, sich mit den obigen Voraus setzungen für weitere Verhandlungen. emvcrstauLen er klären. —— Versicherung gegen Arbeiislosigkeii. Der fertiggestellte Gesetzentwurf. Soeben wird im Reichsarbeitsblatt Ler Entwurf eines Gesetzes über eine vorläufige Arbeitslosenversicherung ver öffentlicht. Nach der Umwälzung im November 1918 wurde eine Regelung Ler Erwerbslosenfürsorge vorge nommen, die aber nicht auf fester gesetzlicher Grundlage be ruht, sondern durch Lie Anordnungen für die Demobil machung bedingt ist. Im Laufe dieses Jahres gehen diese Anordnungen ihrem Erlöschen entgegen, und so loll nun die Arbeitslosenhilfe gesetzlich geregelt werden Vcrsicl^rnngspflichtig sind nach dem vorliegenden Entwurf grundsätzlich alle, die ge gen Krankheit pflichtversichert sind. Bc r si che r u n g s s r e i sollen aber u. a. sein: die in der Land- und Forstwirtschaft, als Hausgehilfen, unständig und im Wandergewerbe Beschäf tigten. Gegenstand der Versicherung soll sein: l. die Gewäh rung einer lausenden Unterstützung für Len Fall der Arbeits losigkeit (Arbeitslosenunterstützung); 2. Lie Versorgung Ar beitsloser für Leu Fall der Krankheit; 3. Kurzarbeiterunter- stühuna. ArbeitAosenuntcrÜüüuna soll erbalten, wer 1. ar-