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VMMrÄgeblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für WWdsUff UNd ilMgegLNd Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Dk«tt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, -es Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 198. Donnerstag den 25. August 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil Bekanntmachung, Steuerabzug vom Arbeitslohn. Das Finanzamt nimmt Veranlassung, Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf das Gesetz über die Einkommensteuer vom Arbeitslohn vom 11. Juli 1921 (Re'chSgesctzblart Seite 845), dessen Artikel III bereiis in Kraft getreten ist, hinzuweisen. Hiernach und nach den inzwischen ergangenen Erlassen de» Herrn Reichsministers der Finanzen regelt sich dec Steuerabzug wie folgt: I. Vom 1. August 1921 ab unterliegen auch die aus der Leistung von Ueder- stunden, Ueberschichten, Sonntagsarbeit und sonstiger über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsleistungen erzielten Löhne um dem sonstigen Arbeitseinkommen zusammen dem Siruerabzug. 2. Bei ftäubig beschäftigten Arbeitnehmern bleiben wie bisher für den Arbeit' nehmer und die seinen Haushalt teilend« Ehefrau je 4 bzw. 24 bzw 100 Mk. und für jedes zum Haushalt zählende minderjährige Kind 6 bzw. 36 bzw. 150 Mk. vom Arbeit», lohn abzugsfrei. Für die Berücksichtigung der Familienangehörigen ist der Personenstand vom 1. April 1921 maßgebend. Von dem abzugspflichtigen Lohn sind 10 v. H. als einzubehaltender Betrag zu berechnen 3. Der einzubehaltende Betrag ermäßigt stch — zur Abgeltung der nach Z 13 de» Einkommensteue-gesetzt» für Werbungskosten, Kafsendciträge usw. zulässigen Abzüge — für ständige »k für nichtständige Arbeitnehmer bei jeder ««ch de» 31. Ittli 1921 erfolgenden Lohnzahlung: im Falle der Zahlung des Arbeitslohnes nach Stunden um 0,15 Mk. für je zwei angefangene oder volle Stunden, im Falle der Zahlung des Arbeitslohnes nach Tagen um 0,60 Mk. täglich, im Falle der Zahlung des Arbeitslohnes nach Wochen um 3,60 Mk. wöchentlich, im Falle der Zahlung de» Arbeitslohnes nach Monaten um 15 Mk. monatlich In den Fällen, in denen Werbungskosten in der Zeil vom I. April bis 31. Juli 1921 nicht berücksichtigt worden sind, ermäßigt stch für de« i« der Zeit vom 1. August 1921 bis 31. Oktober 1921 gezahlte« uud bis 31. Oktober 1921 fäLig gewordene« Arbeitslohn der einzubehaltende Betrag im Falle der Zahlung des Arbeitslohnes nach Stunden statt um 0,15 Mk. um 0,40 Mk. für je zwei angefangene oder volle Stunden, im Falle der Zahlung des Arbeitslohnes nach Tagen statt um 0,60 Mk. um 1,40 Mk. täglich, im Falle der Zahlung des Arbeitslohnes nach Wochen statt um 3,60 Mk. um 8,40 Mk. wöchentlich, im Falle der Zahlung des Arbeitslohnes nach Monaten statt um 15 Mk. um 35 Mk. monatlich. Die erhöhten Ermäßigungen treten auch dann ein, wenn in der Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1921 zwar Beiträge zu Krank-n-, Unfall-, Haftpflicht-, Angestellten-, In validen-, Witwen-, Waisen- oder Penstonskafsen, uicht «der sonstige WerbungSkosten beim Steuerabzug berücksichtigt worden sind. 4. Ständig beschäftigte Arbeitnehmer können bei dem für sie zuständigen Finanz, amt beantragen, daß mittellose Angehörige, die von ihnen unterhalten werden, beim Steuerabzug in der gleichen Weis- wie minderjährige Kinder berücksichtigt werden. Nossen, am 23. August 1921. Nr. 1325 H. 1. Das Finanzamt. Aepfel-Verkauf sLmbrenetten) PW 1.80 M. Wilsdruff, am 23. August 1921 Der Stadtrat. Jie MrzshlW der TeuemgrSeWe ms Mmt AWst rifolgt Freitag be« 28. d. M. vormittags 9-1 Uhr in der Stadtkasse. Wilsdruff, am 24. August 1921. »87 Der Stadtrat Meine Zeitung für eilige Leser. * Di« nächste Sitzung d«S Reichstages soll Dienstag, den 27. September statt finden. * Die Verhandlungen zwischen den Spitzenverbänden der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Roichsbehörden einer seits und dem Reiche andererseits zur Erhöhung der Bezüge find im Gange. * In Essen ereignete sich e!ne Dynamitexplosion auf der Grube „Vereinigte Helene" und „Amalie", wobei fünf Berg leute getötet und 12 tödlich verletzt wurden. * Dr. Kurt Geyer, Düwell und Waldemar wurden vom Kommunistischen Parteitag in Jena aus der Partei ausge schlossen. * Der amerikanische Arbeiterführer Gompers erklärte, daß Präsident Harding geschrieben habe, an der Abrüstungskonfe renz sollten auch Arbeitervertreter teilnehmen. * Der amerikanische Senator Borah hielt eine scharfe An klagerede gegen das französische und englische Rüstungsfieber. Hinausgeworfen. über die Vorgänge auf dem Parteitag der Vereinigten Kommunistischen Partei Deutschlands in Jena wird uns geschrieben: So ziemlich alle deutschen Parteien stehen vor ihren großen Jahreszusammenkünsten. Der Monat September wird von dem Getöse der Parteipolitik widerhallen. An die Spitze aber haben sich diesmal die Kommunisten ge stellt. Und das, obwohl es doch noch gar nicht lange her ist, daß sie ihre Anhänger zu«einem Parteitage versammelt hatten. Im vorigen November hatten sie sich in Berlin ein Stelldichein gegeben, um die Verschmelzung mit dem linken Flügel der Unabhängigen zu vollziehen. Seither hat es, wenn wir nicht irren, auch noch einen außerordentlichen Parteitag gegeben, der die Folgerungen aus dem März putsch in Mitteldeutschland zu ziehen hatte. Diesmal hat man Jena zum Ort der Tagung er wählt, wo auch schon einmal die damals noch ungeteilte sozialdemokratische Partei einen ihrer stürmischsten Kon gresse abgehalten hat. Dem äußeren Anschein nach sind die rund 270 Delegierten, die aus dem Reich in Thüringens Universitätsstadt sich versammelt haben, ein Herz und eine Seele, denn die erste Abstimmung, die notwendig wurde, entsprach gegen nur ganz wenige Stimmen einem Anträge der Parteileitung, der dahin ging, abermals eine Reihe führender Genossen aus der Partei auszuschließen. Die Opfer sind diesmal: Dr. Kurt Geyer, der Sohn des alten Geyer aus Leipzig, der es von den Mehrheitssozia listen bisher nur zu den Unabhängigen gebracht, den letzten Schritt bis zu den Kommunisten aber noch nicht vollzogen hat. Ein Akademiker also, der sich durch äußersten Radika lismus frühzeitig ein gewisses Ansehen in der Arbeiter schaft zu erringen wußte. Sein Name wurde zuerst weite ren Kreisen bekannt, als in der Zeit der Räteherrschaft an der Pleiße vom dortigen Magistrat eine Viertel- oder eine halbe Million Stadtgelder requiriert wurden, um irgend welche Aufwandskosten zu bezahlen. Der Versuch, Dr. Geyer und seine Mithelfer an diesem Streich hinterdrein nach den Regeln des Strafgesetzbuches für diese Eigen mächtigkeiten verantwortlich zu machen, hat bis jetzt nicht zum Ziere gefuyrr. «seine Genossen r mungrua sind Herr Düwell, auch einer der Radikalsten, Journalist seines Zeichens und ein Ma^n, der sich einfach und schlicht „Wal demar" nennt und hinter dem man Wohl auch einen Feder fuchser vermuten darf. Als wohlbestallte Delegierte waren sie nach Jena gekommen, um sofort als Geächtete wieder von dannen zu ziehen. Was ihnen vorgeworfen wird, ist wie üblich Disziplinbruch, schwerer Disziplinbruch, denn in Moskau war den deutschen Kommunisten abermals bei Strafe des Ausschlusses verboten worden, an nichtkommu nistischen Zeitschriften mitzuarbeiten. Die drei hatten aber gerade in den Tagen vor dem Kongreßbeginn verschiedene Aufsätze, die ihnen von rein kommunistischen Zeitungen nicht abgenommen waren, dem „Neuen Tag" des früheren Vorsitzenden der Partei, Levi, den man schon zu Ostern aus geschlossen hatte, zur Veröffentlichung übergeben. Um eines solchen Verbrechers willen werden also äußerst tätige und rührige Führer der Partei auf die Straße gesetzt. Das geschieht um der Reinheit des revolutionären Geistes wil len, die von Moskau aus allen angeschlossenen „Sektionen" immer wieder mit unerbittlicher Strenge eingeschärft wird. Die deutschen Genoffen folgen diesem Befehl mit einer blinden Ergebenheit, wie sie der entschlafene Militarismus kaum jemals in seinen Reihen gekannt hat. Was in Jena zu beraten und zu beschließen ist, auch dafür sind der Par tei bereits von Moskau her durch Lenin, durch Sinowjew, durch Radek — kommunistische Größen erster Ordnung also — bindende Weisungen zngegangen. Sie lausen alle dar auf hinaus, daß die Masse des Proletariats gesammelt, das heißt also -den Unabhängigen und den Mehrheitssozia listen, vor allem aber auch den Gewerkschaften abspenstig gemacht werden muß. Denn alles kommt auf die große Aktton an, mit der man die Weltrevolution zum Siege füh ren will, und diefe Aktion kann durch Einzelputsche, wie ein solcher in diesem Frühjahr in Mitteldeutschland verursacht worden ist, nur Schaden leiden. Aus den Moskauer Brie fen und Botschaften, besonders soweit sie nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, geht mit aller nur wün schenswerten Deutlichkeit hervor, daß den Kommunisten jedes Mittel recht ist, wenn sie damit nur ihrem Ziel näherkommen können. Die fortgesetzten Säuberungsaktto nen, die wir erleben, sind immer gegen Elemente gerichtet, die stch noch eitwn Rest von Notwendigkeitsgefühl bewahrt haben, und es darum ablehnew, alle krummen Wege mit zugehen. Um nur «in Beispiel zu nennen: „Kommt es, heißt es in einem dies«: Briefe an die kommunistische Zen trale in Deutschland, zu einem Krieg zwischen Deutschland und Polen, dann darf es euch nur darum zu tun fein, möglichst viel Waffen b«i der Gelegenheit für eure Zwecke zusammenzukriegen. Wir in Rußland werden es dann an uns schon nicht fehlen lassen. Oder: Seht zu, um die Massen zu ködenr, daß ihr scheinbar nichtkommunistischc Gruppen zufammenbekommt, Vie euch die Arbeiter ans den anderen Porteilagern zutreiben können." Und so fort. Das Mitglied „Waldemar" hat sich beim Einblick in diese Ma nieren sofort abgewendet und der Partei den Rücken ge kehrt. Die Talheimer, Stöcker, Hofmann und Zetkin aber scheinen zu finden, daß der politische Zweck alle Mittel hei ligen darf, und sie stellen sich so, als fühlten sie sich um so Wohler, je einsamer es um sie her wird. Wenn aber Vorwärts und Freiheit nach solchen Ent hüllungen abermals mit hörbarem Ruck von der Noten ' Fahne abrücken, so könnte man erwarten, es hier mit mehr als nur einer vorübergehenden Eintagswirkung zu tun zu haben. Es ist nicht das erste Mal, daß das Tischtuch zwischen den Linken und den ganz Linken zerschnitten wird; es fanden sich immer wieder Gelegenheiten, es zusammen zuflicken. Ob sich dieses Schauspiel auch jetzt wiederholen wird? Truppenverstärkungen für Oberfchlesien. Eine französische Brigade — zwei englische Bataillone. Es ist noch erinnerlich, daß vor der großen Sitzung des Obersten Rates in Paris, auf der das oberschlesische Problem entschieden werden sollte und nicht entschieden wurde, das plötzliche Verlangen der französischen Regie rung, eine Brigade nach Oberschlesicn zu senden, Las größte Aufsehen erregte und zu verwickelten diplomatischen Auseinandersetzungen führte. Es wurde dann festgestellt, daß Frankreich nicht das Recht hat, selbständig Truppen transporte zu verlangen, sondern daß darüber nur der Oberste Rat zu befinden hat. Dieser hat inzwischen ent schieden, daß die deutsche Regierung sich bereit halten solle, derartige Truppentransporte durch Deutschland zu beför dern, falls der Oberste Rat sie für notwendig halten sollte. Dieser Fall liegt jetzt vor. Am Laufe Liefer Tage werden zwei englische Bataillone und eine französische Brigade auf dem üblichen Weg, der die Berührung der großen Städte nach Möglichkeit vermeidet, quer durch Deutschland nach Oberschlesien fahren. Man rechnet damit, daß täg lich etwa 4 Züge fahren. Der gesamte Transport wird un gefähr 5 Tage in Anspruch nehmen. Daß überhaupt Truppeilverstärkungen nach Ober- schlefien gesandt werden, ist durchaus kein Fehler, denn trotz der augenblicklichen Beruhigung, die im Abstim mungsgebiet eingetreten ist, muß man doch damit rechnen, daß in den Tagen der Entscheidung neue polnische Versuche einsetzen werden, ein etwa für Polen ungünstiges Ergebnis mit neuen Gewalttaten zu beantworten. Für Deutschland war in dieser Angelegenheit nur zweierlei wichtig. Ein mal, -aß die Truppen nicht nach dem eigenmächtigen Gut dünken Frankreichs allein, und ferner, daß nicht nur Franzosen entsandt wurden. In beiden Beziehungen ist das deutsche Interesse gewahrt worden, um so mehr, als man allen Grund zu der Annahme hat, daß außer den bei den englischen Bataillonen wohl auch zwei italienische Bataillone nach Oberfchlesien geschickt werden. Dir aller dings ihren Weg nicht über reichsdeutsches Gebiet, sondern über die Tsckiechoslowakei nehmen würden, so daß wegen dieses Transportes die deutsche Regierung nicht benach teiligt zu werden braucht. Damit wäre die Gleichmäßig keit der Verteilung der Verstärkungen im Verhältnis der Befatzungszonen aus die drei beteiligten Mächte in Ober schlesien einigermaßen gewahrt. General Le Rond ist übrigens nach neueren Mel dungen noch nicht nach Oppeln zurückgekehrt, ebenso Sir Harald Stuart. Nur General Marini ist wieder an Ort und Stelle. Die Stimmung in der Bevölkerung Wendel sich immer mehr von der polnischen Hetze ab. Die Proteste aus den Kreisen Lublinitz und Rosenberg gegen eine Abtretung an Polen werden durch das Be kenntnis der im nördlichen Teile des Kreises Rosenberg Le