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MdnOrÄlgeblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 fßs WllsdkU^ UNd ^MgLgLNd Postscheckkonto Leipzig 286^4 Dieses Blatt enthält Pie amtlichen Bekanntmachungen der Amkshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 183. Sonntag den 7. August 1921. 8V. Jahrgang. -- - . > . . .... >>> ..... — . .-T- Amtlicher Teil. Körung von Ziegenböcken. die p-waten Backhalter in den zur Zeit dem Körzwang unterliegenden Gemeinden Augustusberg, Bockwen, Vrackwitz. Choren, Daubnitz, Gohlis, Hirschfeld, Klosterhäuser, Korbitz. Lercha, Meisatal, Neukirchen, Niederau, Nisdereula, Noßlitz, Oberau, OckriZa, Questenberg, Rothschönberg, Rüsseina, Sörnewitz, Starbach, Wachtnitz und Weinböhla, sowie in den Städten Nossen und Lommatzsch haben die für die Verwendung zur Deckung bestimmten, noch ungekörten Ziegenböcke spätestens innerhalb 4 Tagen bei der Ortsbehörde anzumelden. Die eingegangenen Anmeldungen sind von den Orlsbehörven sofort an die Amtshauptmannschaft einzureichen. Nr. 736 ck V Meißen, am 3. August 1921. Amtshauptmannschaft Meißen. Kleine Leitung kür eilige Leser. * Die deutsch-tschechischen Schiffahrtsverhandlnngcn sind zum Abschluß gebracht worden. * Am 11. August soll im Berliner Opernhaus eine Gedenk feier anläßlich des zweijährigen Bestehens der Verfassung stalt- siuden. * Im Danziger Parlament kam es zu überaus heftigen und tätlichen Zusammenstößen zwischen den Linksparteien und den vom Senat beauftragten Polizeibeamten. * Der tschechisch-jugoslawische Bündnisvertrag wurde in Prag unterzeichn^. * In-Belgrad verhaftete die Polizei alle kommunistischen Abgeordneten, die dem Exekutivausschuß angchören. Alle Ge meindevertretungen mit kommunistischer Mehrheit sind aufge löst worden. * Die Große Nationalversammlung in Angora hat be schlossen, daß alle Mitglieder der Versammlung an der Ver teidigung des Vaterlandes tcilnchmen sollen. Die militäri schen und die medizinischen Mitglieder werden an die Fron! abreisen. Oeuischenversolgung. Wo alles haßt, können dieTschechen natürlich nicht lieben. Schon ihrer ganzen Veranlagung nach eignen sie sich ungleich mehr zur Leidenschaft als zur Sanftmut und Milde, und wer von ihnen erwartete, daß sie der Fesseln des alten Kaiserstaates ledig, die deutschen Minoritäten in ihrem Lande brüderlicher Liebe voll an ihr Herz drücken würden, der mutete ihnen ein Verhalten zu, das ganz und gar wider ihre Natur ginge. Die drei Millio nen Sudetendeulschen stellen sowohl ihrer Zahl wie namentlich ihrer kulturellen Bedeutung nach schon eine Macht dar in diesem Staate, der eigener Krütur gewiß nicht entbehrt, der aber doch zu sehr auf Haß und Rach sucht begründet ist, als daß er die Grundsätze wahrer Kultur in seinem inneren Volksleben auf den Schild er heben könnte. Und wo selbst Regierung und Behörden schandenhalber den Deutschen gegenüber ein halbwegs anständiges Betragen an den Tag legen, lassen es die lieben tschechischen Bürger um so weniger an Unduldsam keit, an Unverträglichkeit, ja an Brutalitäten aller Art fehlen. Präsident Masaryk, der diesem Treiben gewiß aus menschlichen und sittlichen Gründen abhold ist, hat wohl zuweilen versucht, Ol auf die Wogen zu gießen. Aber Leidenschaften des Volkes sind über ihn rasch immer wie der hinweggeschritten, so daß er es schließlich aufgeben mußte, der deutschen Minderheit zu Hilfe zu kommen. Noch weniger Erfolg war den Versuchen der deutschen Parteien beschieden, innerhalb der Volksvertretung durch parlamentarische Kampfmittel ihre unveräußerlichen Rechte sicherzustellen. Die Mehrheit scheute vor keiner Vergewaltigung der Geschäftsordnung zurck, um ihre tyrannischen Gelüste durchzusetzen, und wo Worte und Beschlüsse dazu nicht ausreichten, mutzten Fäuste und Arme nachhelfen. Datz die Deutschen unter solchen Erfah rungen gegen die über sie verhängte Gewaltherrschaft immer wilder aufbegehrten, versteht sich von selbst. Die Sudetendeulschen sind ein kerniger, in vielen nationalen Kämpfen gehärteter Menschenschlag, und sie wissen, daß einem Feinde, wie dem Tschechen gegenüber, dessen Un bedenklichkeit im Nationalitätenhader keine Grenze kennt, nur ein Grundsatz am Platze ist, daß nämlich auf einen Schelmen anderthalbe gehören, wenn man von ihm nicht niedergeschlagen werden will. In Böhmen mußte dieser Grundsatz für sie um so mehr Geltung haben, als die Re gierung, trotzdem sie über eine wahrhaft ausreichende be waffnete Macht verfügen kann, das Fortbestehen der so genannten Legionen duldete, die sich sozusagen als frei willige Kontroll- und Straforgane zur Wahrung heiligster Rechte allenthalben im Lande etabliert hatten. Man er innert sich, daß diese Elemente schon wiederholt und auch in der Hauptstadt des Landes schwere Ausschreitungen gegen die deutsche Bevölkerung begangen haben. Auch im Nussiger Bezirk spielten sie sich nun ^ron sxjj Wochen gegen die Deutschen gehörig auf und nahmen sich in den letzten Julitagen jogar die Freiheit, an die Regie rung ein auf 14 Tage befristetes Ultimatum zu stellen, in dem sie u. a. die Besetzung aller Behörden mit tschechischen Beamten und eine Verschärfung der Zensur über die deutschen Zeitungen verlangten. Die Regierung tat nichts, um dieser Anmaßung entgegenzutreten Da durch offensichtlich ermutigt, schritten die Legionäre in Aussig zur Tat. Zur Stunde, da sie die deutsche Be völkerung zu einer großen Kundgebung versammelt wußten, sperrten sie zunächst einmal die tschechische Sicher- heuswache ein, um von dieser Seite her in ihrem Be ginnen nicht gehindert zu werden. Dann zogen sie nach dem Theaterplatz, wo die deutsche Kundgebung gerade vor sich ging, und stürmten, mit Handgranaten, Gewehren und sonstigen Waffen ausgerüstet, auf die Menge ein. Eine Salve krachte, als Einleitung einer regelrechten Hetzjagd, die nun auf die von furchtbarer Panik befallenen Versammlungsteilnehmer, darunter viele Frauen und Kinder, ausgeführt wurde. Die Helden dieser tschechischen Legion behaupteten natürlich als Sieger den Kampfplatz. Die Regierung, wegen dieser Vorfälle sofort im Senat zur Rede gestellt, kehrte natürlich den Spieß um. Der Ministerpräsident Czerny lamentierte erst ein langes und breites über die heftigen Reden, die auf einer deut schen Protestversammlung am 18. Juli gegen die schweren Steuerlasten gehalten worden waren — was danach in der freien tschechischen Republik nicht erlaubt zu sein scheint — und bezeichnete das Vorgehen der tschechischen Legionärgemeinde in Aussig am 31. Juli als eine Ver geltungsmaßnahme für jene Protestversammlung. Die Zusammenstöße bei dieser Gelegenheit seien durch das pro vokatorische Benehmen der Deutschen veranlaßt worden und hätten zu unbesonnenen Taten geführt. Die Regie rung habe sofort eine strenge Untersuchung eingeleitet. Solche Ereignisse, sügre er hinzu, wären nicht geeignet, zum ruhigen Zusammenleben der Nationen beizutragen. Damit war die traurige Angelegenheit für Len Senat er ledigt. Die deutschen Senatoren waren zu dieser Ver handlung nicht erschienen, da sie von vornherein wissen konnten, was ihnen bevorstand. Auch der Kammerver- haudlung über diesen Gegenstand bleiben sie in der Hauptsache fern, und der bürgerliche Teil der deutschen Parteien gedenkt auch fernerhin dem Parlament fernzu bleiben. Sie begründen diese Haltung mit einer Erklä rung, in der sie die Regierung der Frivolität beschuldigen, sie habe weder die Macht noch den Willen, die deutschen Staatsbürger zu schützen. So enden also die vielfachen Bemühungen, ein leidliches Verhältnis zwischen Deut schen und Tschechen zumindest in der Volksvertretung herzustclleu, mit einer offenen Kriegserklärung des einen Teils an den anderen. Die Folgen davon werden sich auch draußen im Lande sofort bemerkbar machen. Auch hier wieder darf man fragen, ob die neuen Staatenbildungen, die der Ausgang des Weltkrieges mit sich gebracht hat, den Vergleich mit den früheren Zu ständen, so unvollkommen diese auch als menschliche Ein- richmngen in Einzelheiten gewesen sein mögen, auch nur im entferntesten aushalten können. Die Menschheit iß unter dem Zepter von Versailles wahrlich weder glück licher noch friedfertiger geworden. polnische Drohungen. Die Industrie für ein ungeteiltes Oberschlesien. Das in Berlin erscheinende Blatt „Dziennik Ber linski" läßt sich aus Beuthen berichten: Im Hinblick auf die nahe Sitzung des Obersten Rates veröffentlicht der Verband ehemaliger polnischer Aufständischer eine Reihe von Forderungen. Darin heißt es u. a.: Lloyd George hat in Irland Wohl noch nicht die Lehre erhalten, daß nationale und wirtschaftliche Bestrebungen durch Bajo nette entschieden werden können. Wir wollen glauben, datz die Vertreter von Frankreich, Italien und Amerika dem englischen Projekt nicht beistimmen. Wir erklären, daß wir eine Vergewaltigung unserer Forderungen durch den Obersten Rat für eine Kampfansage ansehen. Ge walt wird gegen eine einheitliche Front stoßen. Bajo nette fürchten wir nicht. Die Entscheidung bereits gefällt? Aus London bringt die „Agentur Radio" eine Mel dung, nach der die Entscheidung über Oberschlesien be reits feststehe laut einer amtlichen Veröffentlichung des englischen Auswärtigen Amtes, die aber in Paris noch nicht verSffemUchi worden sei. Die Meldung lautet: Da die deutsche öffentliche Meinung durch die in Bremen gehaltene Rede des Reichskanzlers Dr. Wirth irregeleitet wird, in der er auch verlangte, daß ganz Oberschlesien an Deutschland fallen solle, veriMenilicht das Foreign Office (Auswärtiges Amt) eine bedeutsame Richtigstellung. Es erklärt, daß die endgültigen Be schlüße bezüglich des grüßten Teiles ObcrMefirns bereits gefällt worden seien, mid daß nur das Los derjenigen mittleren Teils Oberschlcsiens noch nicht e»M,jeden sei, in denen sich die Ziffern der deutschen und der polnischen Stimmen annähernd gleichen. Dagegen könne das Schick sal des anderen Teiles von Oberschlesien nicht urehr er örtert werden. Weiter erklärt, die englische Regierung in einer offi ziellen Note, daß die Bestimmungen des Friedensver trages eine Teilnahme Belgiens an den Erörterungen des Obersten Rates über Oberschlesien nicht gestatten. Die Frage, ob die belgische Regierung zu anderen Beratungen eingeladen werden soll oder nicht, hänge von den Gegen ständen ab, die auf der nächsten Session des Obersten Rates erörtert werden sollen. Verdächtiger Neutralisierungsplan Briands. Der Pariser Berichterstatter des englischen Blattes „Manchester Guardian" erführt aus Oppeln, Briand habe vor einer Woche einem Vertreter der polnischen Regie rung gesagt, Frankreich könne keine antienglische Politik in Oberschlesien treiben. Es müßte sonst zu viel Zuge ständnisse in anderer Beziehung machen. Frankreich könne es sich nicht leisten, Polens wegen einen Bruch mit England zu riskieren. Wenn dagegen Oberschlesicn neutral würde, dann würden die Interessen Frankreichs auf dem europäischen Festland eher gewinnen als verlieren. Frankreich wäre dann in der Lage, ein starkes reguläres Heer in Oberschlesicn zn unterhalten. Dies würde für Frankreich sowohl anläßlich eines russisch, polnischen Krieges, als auch bei ernstlichen Vrrwickiuugcn mit Deutschland von Vorteil sein. Der Korrespondent des „Manchester Guardian" be richtet weiter, Polen sei dem Neutralisierungsplan feind lich, denn es wünsche einen Anteil an Oberschlesisns ma teriellem Reichtum, selbst wenn es nur Pleß und Rybnik erhalte. Deutschland widersetze sich diesem Platt noch mehr als Polen. Es bestehe tatsächlich mehr Grund zur Beunruhigung für das Deutsche Reich, als dieses sich überhaupt vergegenwärtige Schießereien zwischen alliierten Truppen. Die Gegensätze zwischen Franzosen einereits, Eng- ländern und Italienern andererseits verschärfen sich in Oberschlesien immer mehr. Tagtäglich kommen Zusammen stöße bor. Ein besonders heftiger ereignete sich in diesen Tagen. Fünf Italiener wurden von einer Gruppe ange trunkener Franzosen angerempelt und als „Boches" be zeichnet. Als die Italiener hiergegen Front machten, zogen die Franzosen ihre Messer, worauf die italienischen Soldaten ebenfalls von der Waffe Gebrauch mach-cn. Es kam zu eiuer Schießerei, der erst durch das Da- zwischcuireten einer von einem italienischen Offizier ge führten Wache ein Ende gemacht wurde. Die Franzosen, von denen zwei schwer verletzt waren, wurden festqe- nommen. Ein italienischer Soldat wurde leicht verletzt. Der Oberste Rai. Die bevorstehenden Beratungen in Paris. Lloyd George hat sich für sein Verhalten auf der Pariser Konferenz eine Rückenstärkung geben lassen. Wie der „Daily Telegraph" berichtet, ist die Politik, für die Lloyd George in der bevorstehenden Pariser Konferenz des Obersten Rates bezüglich Oberschlesiens eintreien wird, von der Konferenz der Premierninister des britischen Rei ches gebilligt worden. Zum erstenmal seit der Friedens konferenz werde daher die britische Politik auf einer Kon ferenz der Alliierten nicht nur Großbritannien, sondern das gesamte Britische Reich vertreten. Ans der Tagesordnung der Konferenz werden nach einer Mitteilung des Neuterschen Bureaus voraussichtlich außer der Obcrschlesischen Frage noch die Fragen der Kriegsbcschuldigten, der Sanktionen und des nahen Orients stehen. Reuters Bureau fügt hinzu, die Lage im nahen Orient habe infolge der abweisenden Haltung der Negie rung von Angora gegenüber den Alliierten sich schwieri ger gestaltet. Nach wie vor steht die britische Regierung nach Mit teilungen von Londoner angeblich gutunterrichteter Seite auf dem Standpunkt, daß eine Entsendung von Verstär kungen nach Oberschlesien nicht erforderlich ist. Die Frage soll als erste aus der Konferenz des Obersten Rates be handelt werden, um Frankreich Gelegenheit zu geben, seine Gründe für die Truppensendungen vorzubringen. Nach in den letzten Tagen vorliegenden Berichten der eng lischen Vertreter dürste die Möglichkeit solcher Grund« aber als durchans unwahrscheinlich angesehen werden. Die englische Regierung hat auch, wie betont wird, keine Ver pflichtung übernommen, das französische Verlangen nach Entsendung weiterer Truppen anzuerkennen. In Rom wurde im auswärtigen Kammerausschutz «in Anttag, der Regierung für die Konferenz feste In struktionen betreffend Oberschlesiers zu geben, mit Stim mengleichheit angenommen. Sozialisten und Volls« VartÄ stimmten dafÜL alle anderen Parteien dagegen.